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Überlegungen zur Dolmetscherausbildung an chinesischen Germanistikabteilungen

  • Ning ZHANG

    promovierte im Fach Dolmetschen in Mainz/Germersheim, sie ist Dozentin an der Deutschabteilung der Beijinger Fremdsprachenuniversität, seit über 10 Jahren Dozentin im Fach ’Dolmetschen’ im Masterstudiengang sowie seit 2010 im MTI-Studiengang. Darüber hinaus ist sie seit 20 Jahren praktizierende Dolmetscherin.

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Veröffentlicht/Copyright: 16. März 2019
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Zusammenfassung

Dieser Beitrag liefert eine kritische Bestandsaufnahme der germanistischen Dolmetscherausbildung in China, wobei der Schwerpunkt auf der Ausbildung ‚Master of Translation and Interpreting‘ (MTI) im Sprachenpaar Deutsch-Chinesisch liegt. Zudem wird erörtert, wie sich die Dolmetscherausbildung unter den bestehenden Voraussetzungen optimieren lässt. Schließlich werden konkrete Vorschläge zur curricularen Gestaltung der Dolmetscherausbildung im MTI-Format vorgestellt. Dabei wird ebenso die klassische Dolmetscherausbildung innerhalb des chinesischen Germanistikstudiums zur Sprache kommen.

Abstract

This article offers a critical survey of the current interpreter training in the field of German Studies in China, focusing on the training course ‚Master of Translation and Interpreting’ (MTI) in the language pair German-Chinese. It will also be discussed how to optimize the interpreter training at present. Furthermore, practical suggestions for the curricular design of interpreter training in the MTI-format will be given. Finally, traditional interpreter training within the field of German Studies in China will be looked upon.

1 Einleitung

Das Ziel dieses Beitrags ist es, die Dolmetscherausbildung an chinesischen Germanistikabteilungen kritisch unter die Lupe zu nehmen, die sich in China heutzutage auf zweierlei Weise präsentiert, nämlich zum einen in Form des traditionellen Dolmetschstudiums innerhalb des Germanistikstudiums, zum anderen in Gestalt der noch recht jungen MTI-Ausbildung (MTI = Master of Translation und Interpreting). Der MTI-Studiengang tritt dabei mit den beiden Schwerpunkten Dolmetschen sowie Übersetzen in Erscheinung. Das Augenmerk richtet sich nunmehr in erster Linie auf den relativ neu eingerichteten MTI-Dolmetschstudiengang, aber auch das traditionelle Dolmetschstudium findet Erwähnung. Mit der kritischen Darstellung soll zu einer offenen Diskussion über Wege der Optimierung der germanistischen Dolmetscherausbildung in China angeregt werden.

Das Fach Dolmetschen wird an einer Reihe von Deutschabteilungen chinesischer Universitäten bereits seit Jahrzehnten unterrichtet, entweder als ein integrierter Teil eines vierjährigen philologischen Deutschstudiums oder während eines darauf aufbauenden Masterstudiengangs. Bis vor etwa zehn Jahren konnte man sich nur an wenigen Universitäten in Form eines Studiums für Postgraduierte zu professionellen Dolmetschern ausbilden lassen, wobei die häufigste Sprachkombination Englisch und Chinesisch ist. An der Pekinger Fremdsprachenuniversität wurde allerdings bereits 1980 ein Ausbildungszentrum eingerichtet, an dem Dolmetscher für das Sprachenpaar Englisch-Chinesisch zum Einsatz im Rahmen der UNO ausgebildet worden sind, die Organisation und der Unterricht liegen dort seitdem in den Händen der Englisch-Fakultät. Anderenorts obliegt die Ausbildung den Fremdsprachenuniversitäten, an denen es jedoch keine speziellen Fachbereiche oder Fakultäten für das Dolmetschen gibt. Im Mai 2003 wurde an der Shanghaier Fremdsprachenuniversität das Übersetzer- und Dolmetscherinstitut zur Weiterbildung akademisch hochqualifizierter Dolmetscher und Übersetzer im Sprachenpaar Englisch-Chinesisch gegründet.

Mit der Einführung des MTI-Studiengangs im Jahr 2007 zunächst im Sprachenpaar Englisch-Chinesisch erhielt die Dolmetscherausbildung in China ein neues Format mit der Zielsetzung, hochqualifizierte und vor allem praxisorientierte Übersetzer und Dolmetscher auszubilden. Hintergrund der Einrichtung eines derartigen Studiengangs war die Erkenntnis, dass die Ausbildungskonzeption des stärker wissenschaftlich orientierten traditionellen Postgraduierten-Studiengangs „Theorie und Praxis der Translation“ in den vorangegangenen Jahrzehnten nicht im erwünschten Umfang zur Ausbildung hochqualifizierter Übersetzer und Dolmetscher geführt hatte (Zhang, J. 2006: 61). Anfang 2005 wurde von dem landesweit renommierten Dolmetschwissenschaftler und -didaktiker Zhong erstmalig die Errichtung eines Studiengangs angeregt, in dem hochqualifizierte, praxisorientierte sowie professionelle Übersetzer und Dolmetscher ausgebildet werden sollten. Zhongs Vorstoß stieß umgehend auf ein äußerst positives Echo und wurde von zahlreichen renommierten Fachkollegen unterstützt. Zhongs Initiative führte schließlich dazu, dass im Januar 2007 das „Programm zur Errichtung des ‚Master of Translation and Interpreting‘“ von der Kommission für akademische Grade des chinesischen Staatsrates verabschiedet wurde (Zhong 2007: 9; Kong/Wang 2011: 41). Bis zum März 2017 ist die Zahl der MTI-Studiengänge an Universitäten oder Institutionen von 15 auf 215 angestiegen.

2010 wurde dieser Studiengang an der Tongji-Universität auf das Sprachenpaar Deutsch-Chinesisch mit Übersetzen als Fachrichtung ausgeweitet, ein Jahr später erfolgte die Einrichtung dieses Studiengangs mit Dolmetschen als Fachrichtung an der Deutschabteilung der Pekinger Fremdsprachenuniversität. Dolmetschen kann seitdem nicht nur als Teilkompetenz der Sprachanwendung für einen angehenden Germanisten erworben werden, sondern man kann sich nunmehr in einem postgraduierten Studiengang zum professionellen Dolmetscher ausbilden lassen. Indessen hat eine Reihe von Deutschabteilungen nachgezogen, bislang wird das MTI-Studium mit der Paarung Deutsch-Chinesisch an 12 Deutschabteilungen chinesischer Universitäten angeboten, entweder mit Übersetzen oder mit Dolmetschen als Fachrichtung, manche bieten gar beide Schwerpunkte an (Wang/Zhang 2016).

2 Allgemeine Probleme beim MTI-Studium in China

Nahezu zehn Jahre nach der Einrichtung des ersten MTI-Studienganges an chinesischen Hochschulen mehrt sich die nachfolgend aufgelistete Kritik, insbesondere von ursprünglichen Initiatoren und Gründern (vgl. Liu 2016; Zhong 2014; He/Yuan 2012; Kong/Wang 2011). Der sich rasant entwickelnde Studiengang weist nach deren Ansicht universitätsinterne Schwächen auf, die gewissenhaft zu prüfen sind. Dabei ist anzumerken, dass die Kritiker den MTI-Ausbildungsgang generell ins Visier nehmen, doch richtet sich ihr Blick überwiegend auf die MTI-Ausbildung Chinesisch-Englisch. Denn in fast allen Fällen entstammen die Kritiker chinesischen Englischabteilungen, da der MTI-Studiengang dort zuerst etabliert wurde und offenkundig am ausgereiftesten ist. Vergleichbare Untersuchungen fehlen jedoch für MTI-Studiengänge, in denen Chinesisch mit kleineren Sprachen gepaart ist, dem Deutschen beispielsweise. Die formulierten Kritikpunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Unscharfe bzw. nicht passende Ausbildungskonzeption: Lehrkräfte und Verwaltungspersonal vieler Ausbildungsinstitutionen (vor allem Universitäten) haben kein klares Verständnis von dem noch ziemlich jungen Studiengang und erkennen oft nicht dessen Unterschied zum traditionellen Fremdsprachenunterricht. Die Ausbildungskonzeption für den MTI-Ausbildungsgang unterscheidet sich daher kaum von dem für das wissenschaftsorientierte Postgraduierten-Studium. Die Ausbildungsinstitutionen lehnen sich meistens sehr stark an die Konzeption des Anleitungskomitees für Bildung des Bildungsministeriums, das eigene Profil und die anzustrebenden Kompetenz- und Leistungsanforderungen an das MTI-Studium werden dabei nicht gebührend berücksichtigt. Manche Ausbildungsinstitutionen bedienen sich nach wie vor der Ausbildungskonzeption für wissenschaftsorientierte Master-Studenten, wobei die Entwicklung praktischer berufsorientierter Fähigkeiten der Studierenden viel zu kurz kommt.

b) Qualitätsmängel der Lehrkräfte: Das stellt ein allgemein festzustellendes Problem dar, das fast jede Ausbildungsinstitution betrifft. Nach den Anforderungen an Lehrkräfte, die für das praxisorientierte Postgraduierten-Studium eingesetzt werden, sollen die Lehrkräfte außer translatorischer Lehre und Forschung auch Erfahrungen in der translatorischen Praxis nachweisen können. Für Dolmetscherlehrkräfte gilt beispielsweise, dass sie als Dolmetscher an mindestens zwanzig offiziellen Konferenzen/Veranstaltungen teilgenommen haben sollten, was aber derzeit von vielen Ausbildungsinstitutionen kaum erfüllt wird.

c) Nicht angepasste Unterrichtsdidaktik und -methodik: Die Art und Weise, wie der Unterricht im MTI-Studium geplant und durchgeführt wird, unterscheidet sich auch kaum vom traditionellen Übersetzungs- und/oder Dolmetschunterricht im Rahmen eines wissenschaftsorientierten Studiums.

d) Mangelhafte bzw. ineffiziente außeruniversitäre Einrichtungen für praktischen Unterricht: Es werden zwar in der Ausbildungskonzeption vorgesehene Einrichtungen für Praktika angegeben, die in der Tat kaum oder nicht effizient genutzt werden.

Nun kann man davon ausgehen, dass diejenigen Unzulänglichkeiten, die für den MTI-Studiengang in Englischabteilungen festgestellt worden sind, ebenso auf die kleineren Sprachen zutreffen und demnach auch in der MTI-Ausbildung Deutsch-Chinesisch identifiziert werden können. Denn der MTI-Studiengang Englisch-Chinesisch weist grundsätzlich in fast jeder Hinsicht – i. e. bessere Ausgangslage, professionellere Organisation und Verwaltung des Studiengangs, erprobte Ausbildungskonzeption, ausreichende und qualifizierte Lehrkräfte, bessere Sprachkompetenz der Studierenden, Englisch als die am besten untersuche Sprache u. a. – gegenüber anderen weniger gängigen Sprachenpaaren einen erkennbaren Vorsprung auf.

In der bereits zitierten Befragung zum MTI-Studiengang an chinesischen Germanistikabteilungen, die 2016 von der Deutschabteilung der Pekinger Fremdsprachenuniversität durchgeführt wurde, lassen sich viele der genannten Mängel belegen (Wang/Zhang 2016). Beispielsweise haben fast 85 % der befragten Lehrkräfte im Bereich Übersetzen/Dolmetschen ihr Fach nicht studiert. Zudem erfüllen knapp 64 % der befragten Lehrkräfte im Fach Dolmetschen und fast 72 % im Fach Übersetzen die Anforderungen der Kommission für akademische Grade des chinesischen Staatsrates an praktische Erfahrungen im Lehrfach nicht.

3 Stand der MTI-Dolmetscherausbildung an Deutschabteilungen

Bis jetzt liegen noch keine ausführlichen Untersuchungen über die konkrete Konzeption und Durchführung des MTI-Dolmetschstudiengangs an einzelnen Deutschabteilungen vor, auch hinsichtlich der Umsetzung der Ausbildungskonzeption, der curricularen Gestaltung, der Unterrichtsangebote sowie hinsichtlich didaktischer und methodischer Aspekte bei der Unterrichtsdurchführung herrscht hier Dürre. Man muss bedenken, dass Daten dieser Art nicht leicht zu erfassen sind, weil die MTI-Dolmetscherausbildung ein sehr junges Studienfach ist und noch Zeit benötigt wird, den eigenen Studiengang kritisch zu evaluieren und sich mit anderen Deutschabteilungen im Lande darüber auszutauschen. Zudem ist es fraglich, ob Abteilungen, die einen MTI-Ausbildungsgang anbieten, bereitwillig und zuverlässig Auskunft geben wollen, da sich deren Lehrkräfte der Unzulänglichkeiten möglicherweise bewusst sind, diese aber nur ungern preisgeben.

Das Problem mangelnder Bereitschaft gilt für die MTI-Ausbildung insgesamt (Cui 2017) wie auch für den MTI-Ausbildungsgang Deutsch-Chinesisch. An der von der Deutschabteilung der Pekinger Fremdsprachenuniversität durchgeführten Befragung (Wang/Zhang 2016) nahmen beispielsweise lediglich knapp 65 % der Dolmetschlehrkräfte teil. Zweifel an der Validität der erhobenen Daten sind daher berechtigt.

Ein Grund für einen noch nicht ausgereiften MTI-Dolmetschstudiengang in der Paarung Deutsch-Chinesisch liegt wohl auch darin, dass sich dessen Ausbildungskonzeption an manchen Universitäten an der des MTI-Ausbildungsgangs Englisch-Chinesisch anlehnt, die daraus abgeleitete curriculare Gestaltung konzeptionell und inhaltlich jedoch nicht deren Niveau erreicht.

Ein weiteres Problem ist, dass manche Universitäten bereits die Genehmigung zur Einrichtung dieses Studienfachs erhalten haben, obwohl die Voraussetzungen für die fachliche Grundlage, die Kapazitätslage, die Qualität der Lehrkräfte, die universitäre Infrastruktur wie auch die Verwaltungsstruktur, die zur qualifizierten Ausbildung professioneller Dolmetscher erfüllt sein müssen, noch nicht ausreichend geschaffen worden sind (vgl. dazu Zhong 2014).

Am schwersten wiegt der Punkt der mangelhaften Qualifikation bei Lehrkräften. Nach der Umfrage der Deutschabteilung der Pekinger Fremdsprachenuniversität (Wang/Zhang 2016) werden die Anforderungen an einen ausreichenden Ausbildungshintergrund von vielen der Lehrkräfte nicht erfüllt, wie zuvor erwähnt wurde. Viele sind eher „Quereinsteiger“ und verfügen auch häufig nicht über die erforderlichen Praxiserfahrungen in ihrem Unterrichtsfach. Daher ist eine didaktisch durchdachte Unterrichtsplanung und -durchführung in praxisnahen Unterrichtssituationen kaum zu gewährleisten, was sich in vielen Punkten zeigt: Unklare Kriterien bei der Auswahl der Übungstexte sowie ein fehlender Überblick über die mit dem Dolmetschen zusammenhängenden Faktoren. Ein praxisferner Lehrender kann bestimmte Fragen nicht überzeugend erklären bzw. begründen, warum beispielsweise manche sprachlich korrekte in die Zielsprache gedolmetschte Formulierungen situationsadäquat sind und andere nicht, welches Verhalten in einer bestimmten Dolmetsch-Gesprächssituation unangemessen ist, wie Dolmetschleistungen aus unterschiedlichen Perspektiven verschieden bewertet werden können u. a.

Bei der Anwerbung außeruniversitärer Lehrkräfte wie freiberuflicher oder hauptberuflicher Dolmetscher muss überdies darauf geachtet werden, ob diese überhaupt über didaktisches und methodisches Grundwissen zum Dolmetschunterricht verfügen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass aus dem Unterricht ein Erfahrungsbericht der Lehrkraft wird und wenig sinnvolles Übungsmaterial, Übungselemente u. ä. zum Einsatz kommen. Der Lerneffekt nimmt hierbei fraglos Schaden.

Ein weiterer Punkt ist, dass das Dolmetschen aus dem Chinesischen ins Deutsche im Unterrichtsangebot nicht gebührend gewichtet wird. Übungen in beide Dolmetschrichtungen sollten klar voneinander getrennt und in vergleichbarer Intensität gefördert werden. Erfahrungsgemäß ist ein Qualitätsunterschied der Dolmetschleistungen bei Studierenden wie übrigens auch bei praktizierenden Dolmetschern festzustellen: In der Regel ist die Qualität der zielsprachlichen Produktion in die Muttersprache besser als in die Fremdsprache. Studierende, die nach dem Studium in China wirklich auf höherer Ebene als Dolmetscher tätig sind (angestellt bei Ministerien oder sonstigen amtlichen Organisationen), müssen in erster Linie ihre Dolmetschkompetenz aus der Muttersprache in die Fremdsprache nachweisen, da sie bei offiziellen bilateralen Anlässen lediglich für die chinesische Seite dolmetschen werden. Auch hier besteht ein Nachholbedarf an weiterer Qualifikation der Lehrkräfte.

Anders als im Übersetzerstudiengang, in dem Studierende echte Übersetzungsaufträge unter Betreuung von Lehrkräften eventuell mit Vor- und Nachbesprechung ausführen können, fehlen angehenden Dolmetschern oft anspruchsvolle Dolmetschaufträge. Bei gelegentlichen Einsätzen als Dolmetscher können deren Leistungen meistens nicht von einem Fachkundigen ausgewertet werden, was für die Erhöhung des Lerneffektes allerdings sehr wichtig ist. Überdies haben Berufsanfänger kaum Chancen, während des Studiums als Konsekutiv- oder Simultandolmetscher an offiziellen Konferenzen, Verhandlungen oder amtlichen Gesprächen als Dolmetscher mitzuwirken. Mit Simulationen solcher Dolmetschsituationen kann versucht werden, Studierende in eine realitätsnahe Dolmetschpraxis zu versetzen.

4 Anforderungen an Lehrende und Lernende in der Dolmetscherausbildung

Will man eine effektive Dolmetscherausbildung sicherstellen, müssen sich die Lehrkräfte allesamt – sei es im MTI-Studiengang oder in der traditionellen Dolmetscherausbildung – mit dem erforderlichen Rüstzeug aus der Dolmetschdidaktik ausstatten. Dazu zählen vor allem Lehr- und Lerninhalte und nicht zuletzt die speziellen Vermittlungsmethoden. Der Übungseffekt im Dolmetschunterricht hängt maßgeblich von den didaktischen Anweisungen der Lehrkraft ab. Daher ist es äußerst wichtig, dass sich der Lehrer vorher sorgfältig Gedanken über den Unterrichtsablauf macht. Deshalb soll anschließend skizziert werden, welche Voraussetzungen an Lehrer und Lerner in einer Dolmetscherausbildung zu stellen sind.

Einer Lehrkraft, die Dolmetschunterricht erteilt, obliegen Planung, Durchführung und Evaluation des Unterrichts, daher muss sie über eine besonders hohe mutter- und fremdsprachliche, translatorische, linguistische und pädagogische Kompetenz verfügen. Im Einzelnen sollte eine Dolmetschlehrkraft über folgende Voraussetzungen verfügen (vgl. Zhang, N. 2006: 166f.):

  1. Sie sollte möglichst umfassende eigene dolmetscherische Erfahrungen haben.

  2. Sie sollte über solides translatologisches (nicht nur über linguistisches) Grundwissen verfügen, so dass sie weiß, welche Bereiche zum Dolmetschen gehören, sowie dass sie die mit dem Dolmetschen zusammenhängende Probleme erkennen und systematisieren kann.

  3. Sie sollte diese Erfahrungen und dieses Wissen didaktisch effektiv im Unterricht umsetzen können, d. h., das eigene Wissen und die eigenen Erfahrungen nicht nur intuitiv anwenden, sondern explizit und argumentativ darlegen und am konkreten Beispiel überzeugend begründen. (Kautz 2000: 139 f.)

Die jüngere Generation der Fremdsprachenlehrer in China hat eine Fremdsprache in der Regel unter günstigeren Bedingungen als ihre Vorgänger erworben, was sich vor allem in ihrer fremdsprachlichen Sprechfertigkeit zeigt. Jedoch mangelt es ihnen oft an didaktischer und methodischer Kompetenz. Es ist daher ratsam, jüngeren Dolmetschlehrenden Möglichkeiten zu bieten, ihre pädagogische Kompetenz zu erhöhen, bevor sie als Lehrkraft eingesetzt werden. Denn ein guter Fremdsprachensprecher ist nicht unbedingt ein guter Fremdsprachenlehrer und ein guter Fremdsprachenlehrer ist nicht automatisch ein guter Didaktiker im Dolmetschunterricht.

Für das Sprachenpaar Deutsch-Chinesisch könnte man in China mit Rücksicht auf Faktoren wie potenziellen Marktbedarf, Lehrkräfte, fremdsprachliche Voraussetzungen der Bewerber sowie finanziellen Aufwand von einer Art postgradualer „Eliteausbildung“ ausgehen. Es sollte nur an denjenigen Deutschabteilungen der Universitäten ein Dolmetscherstudiengang für Deutsch-Chinesisch eingerichtet werden, an denen die grundsätzlichen Rahmenbedingungen dafür bereits vorhanden sind, vor allem bezüglich der Lehrkräfte. Derzeit kommen daher nur ganz wenige Deutschabteilungen in Frage, die ihre Leistungsfähigkeit durch einen erfolgreichen deutschen philologischen Studiengang konstant unter Beweis stellen.

Daher sollte hier das Prinzip „Schuster, bleib bei deinem Leisten“ Gehör finden. Jede Abteilung sollte ihre eigene Kapazitätslage und ihren Qualitätsstand erheben, bewerten und auf dieser Grundlage die Entscheidung treffen, ob sie überhaupt in der Lage ist, den MTI-Dolmetschstudiengang auf einem vertretbaren Niveau anbieten zu können. Eine selbstkritische Einstellung ist hierbei sehr wichtig, weil auch eine äußere Überprüfung – wie die vor fünf Jahren auf der staatlichen Ebene veranlasste Evaluation des MTI-Studiums in China – nicht alle Mängel und Probleme aufdecken kann. Akten offenbaren eben nicht immer die Fakten.

5 Lernziele des Dolmetschunterrichts innerhalb des Germanistikstudiums

Für Deutschabteilungen, die in absehbarer Zeit keinen MTI-Dolmetscherstudiengang anstreben und Dolmetschen weiterhin als ein Unterrichtsfach innerhalb eines allgemeinen Germanistikstudiums vor allem im Hauptstudium anbieten, kann das Unterrichtsniveau durch ein übersichtlicheres und durchdachteres Curriculum wie auch durch eine optimierte Planung und Durchführung des Unterrichts erhöht werden. Dazu sollen in diesem Abschnitt einige Hinweise gegeben werden.

Der im Hauptstudium eingeplante Dolmetschunterricht an chinesischen Hochschulen sollte im Hinblick auf die spätere Phase der Intensivierung und Spezialisierung der Dolmetschkompetenz gestaltet werden. In diesem einführenden Stadium sollte Grundsätzliches über das Dolmetschen vermittelt werden, was später noch zu erweitern ist. Nicht zu übersehen ist, dass während dieses Zeitraums ein beträchtlicher Aufwand für die Verbesserung der Sprachbeherrschung zu betreiben ist. Deshalb sollten bei der Gestaltung des Dolmetschunterrichts folgende Ziele beachtet werden:

  1. Es sollte den Studierenden leicht verständliches theoretisches Grundwissen über das Dolmetschen vermittelt werden (vor allem der Unterschied zwischen übersetzerischer und dolmetscherischer Tätigkeit).

  2. Die einzelnen Teilfertigkeiten des Dolmetschens (Hörverstehen, Speichern und Wiedergeben der gehörten Redeinhalte) können und sollten getrennt eingeübt werden.

  3. Das Vokabular zu allgemein interessierenden Themen sollte ausgebaut werden, Referate zu bestimmten Themen mit vorheriger Recherche sind äußerst empfehlenswert.

  4. Freies Sprechen (man denke an die erwähnte Schwäche chinesischer Studenten) muss durch entsprechende Übungen besonders gefördert werden.

  5. Die Lehrkraft sollte auf eine progressive Schwierigkeitssteigerung der Unterrichtsstoffe achten.

  6. Bei der Einführung ins Dolmetschen sollte auf das Dolmetscherverhalten der Studierenden geachtet werden – wie immer sie später auch eingesetzt werden. Ein korrektes Verhalten hinterlässt stets einen guten Eindruck und stärkt wiederum das Selbstvertrauen.

  7. Den Studierenden sollte Grundsätzliches über den Dolmetscherberuf und dessen ethische Fragen vermittelt werden (die Stellung des Dolmetscherberufs weltweit, berufsethische Normen, aktueller Zustand in China, wissenschaftsgeschichtlicher Abriss etc.).

6 Vorschläge zur Gestaltung eines Curriculums für einen MTI-Dolmetschstudiengang im Sprachenpaar Deutsch-Chinesisch

Die positiven Erfahrungen der Absolventen einer postgraduierten Dolmetscherausbildung, wie es das MTI-Studium darstellt, belegen, dass professionelle Dolmetscher auch professionell ausgebildet werden müssen. Eine derartige Ausbildung muss auf guter bis sehr guter Sprachbeherrschung aufbauen, die sich in der Regel nicht nach einem vierjährigen philologischen Studium einstellt, weil Deutsch für die meisten Studierenden in China keine schulisch vermittelte Fremdsprache ist.

Falls sich eine universitäre Dolmetscherausbildung an ein vierjähriges Germanistikstudium anschließt, könnte man ein durchgehendes Curriculum entwerfen, was fraglos deutlich mehr Erfolg bei der Ausbildung verspricht (vgl. dazu Zhang, N. 2006: 209ff.). Rechnet man mit einem angeschlossenen Fachstudium fürs Dolmetschen nach dem regulären Fremdsprachenstudium (beispielsweise der MTI-Ausbildung, die in der Regel zwei Jahre dauert), kann man, vom realen Sprachniveau der Studierenden ausgehend, die Dolmetscherausbildung rationell planen: Statt bereits im fünften Semester voreilig Dolmetschübungen einzuführen, sollten besser ein bis zwei Semester zur Verbesserung der fremdsprachlichen Kompetenz eingeplant werden, damit die Dolmetschfertigkeiten später im Fachstudium fürs Dolmetschen effektiv geübt werden. Man kann dieses Stadium als „Propädeutikum“ des Fachstudiums bezeichnen (vgl. Kautz 2000: 420). Der in dieser Zeit zu unterrichtende Inhalt sollte selbstverständlich schon im Hinblick auf die kommende Dolmetscherausbildung konzipiert sein, damit auch tatsächlich eine solide Vorentlastung für das eigentliche Studium erreicht wird.

Da in China für einen Masterstudiengang ohnehin eine Zulassungsprüfung vorgeschrieben ist, wird in diesem Fall auch empfohlen, bei denjenigen Master-Kandidaten, die Dolmetschen als ihr Studienfach auswählen, einen zusätzlichen mündlichen Eignungstest einzuführen, um unter den Bewerbern diejenigen auszuwählen, welche die besten Voraussetzungen für eine aufbauende Dolmetscherausbildung besitzen. Solche Voraussetzungen beinhalten nicht nur die sprachliche Beherrschung des betreffenden Sprachenpaares, sondern auch ein Persönlichkeitsprofil, welches zum zukünftigen Berufsbild passt. Eine Art Eignungstest (Feststellungsprüfung) ist in China auch deshalb wichtig, weil an chinesischen Universitäten keine etablierte Studienberatung oder etwas Vergleichbares vorhanden ist. Es ist nach wie vor festzustellen, dass Hochschulberechtigte Fächer wählen, von denen sie glauben, dass ihnen die vermittelten Fachkenntnisse später vor allem im Beruf finanzielle Vorteile bringen. Dabei machen sie sich eher wenige Gedanken darüber, ob das Fach dem eigenen Interesse und den eigenen Fähigkeiten entspricht. An dieser Stelle sollen einige Hinweise zu einem möglichen Eignungstest eingeschoben werden (ebd.: 26 f.):

Die allgemeinen persönlichen Voraussetzungen für den Translatorberuf werden meist in einem Gespräch zwischen dem Kandidaten und der Prüfungskommission geprüft. Zum Zweck der Überprüfung der sprachlichen Eignung, die sich in der allgemeinen Sprachkompetenz, im assoziativem Gedächtnis, in der induktiven Sprachfähigkeit, in der grammatischen und stilistischen Sensibilität, der syntaktischen Geläufigkeit und Wortflüssigkeit (= Geschwindigkeit, mit der eine Person Wörter nennt, die entweder mit demselben Anfangsbuchstaben beginnen oder zu einem bestimmten thematischen Bereich gehören) zeigen wird, können im Rahmen von Eignungsprüfungen verschiedene (mündliche und schriftliche) Testformen eingesetzt werden. Zu nennen sind Synonym-, Antonym- und Kollokationsaufgaben, „cloze“-Test (= Lückenübungen), Paraphrasier-, Zusammenfassungs- und andere Transformationsaufgaben, Aufsatzschreiben, Fehlererkennen, Gedächtnistest, Hörverstehensaufgaben (Beantwortung von Fragen zu gehörten Texten), Übersetzungen und Shadowing (= simultanes Nachsprechen, nur für angehende Dolmetscher).

Beim Beratungsgespräch für eine professionelle Dolmetscherausbildung für das Sprachenpaar Deutsch-Chinesisch beispielsweise würde jemandem von dieser Ausbildung abgeraten, der zwar seine guten Deutschkenntnisse schriftlich unter Beweis gestellt hat, aber deutliche Schwächen in der mündlichen Kommunikation zeigt: z. B. durch Unsicherheit bei freiem mündlichem Ausdruck, Stottern, ungenügende Reaktionsschnelligkeit. Außerdem kann man sich auch nur schwerlich vorstellen, dass ein vom Typ her wortkarger Mensch ein gewandter Dolmetscher wird.

In einem zweijährigen Master-Dolmetschstudiengang könnten folgende Zielsetzungen angestrebt werden:

  1. Vertiefter theoretischer Überblick über das Dolmetschen, d. h. Dolmetschen als interdisziplinäre Disziplin und dessen Verflechtungen mit Nachbardisziplinen wie Linguistik, Psycholinguistik, Kommunikationswissenschaft, Kulturtheorie und Kulturanthropologie, Soziologie usw.

  2. Systematisches Einüben der Dolmetschfertigkeit im Konsekutiv- und Simultandolmetschen mit progressivem Schwierigkeitsgrad.

  3. Vertiefte Einsicht in die Berufskunde des Dolmetschers, Schulung professionellen Dolmetscherverhaltens (wichtig: sich gegenüber Laienleistungen durchsetzen und gegen unberechtigte Kritik verteidigen können).

  4. Fähigkeit zur selbständigen Durchführung eines Dolmetschauftrags und Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft in einem Team: Fachbezogenes Recherchieren vor dem eigentlichen Dolmetschen, Beschaffung von Informationen über den Themenkomplex, mit dem sich der Dolmetscher auseinandersetzen wird, eventuelle Vor- und Nachbesprechung mit anderen Kommunikationsteilnehmern; Üben der Arbeit im Team: Ablösen während des Einsatzes, Bereitschaft zur Hilfe bei eventuell auftretenden Schwierigkeiten des anderen u. ä.

  5. Erweiterung der Wissensbereiche und Aufgeschlossenheit für Neues (sich fit halten: Das betrifft nicht allein die Sprach- und Kulturkompetenz, sondern als Dolmetscher muss man sein bereits erworbenes Wissen über sein Fach sowie sein Allgemeinwissen ständig erweitern bzw. aktualisieren).

  6. Absolvierung von Praktika außerhalb der Ausbildungsstätte unter Anleitung der Lehrkraft, damit die Studierenden neben trockenen Übungen, die meistens authentische Situationen nur simulieren, auch die Chance bekommen, lebendige Erfahrungen als praktizierende Dolmetscher zu machen und sich selbst als erfolgreich oder weniger erfolgreich Agierende zu erleben, was sich auf die Motivation der Studierenden auswirkt.

Eine mögliche curriculare Planung sieht stichwortartig wie folgt aus:

Im ersten Studienjahr:

  1. Theoretische Grundkenntnisse des Dolmetschens

  2. Bilaterales Konsekutivdolmetschen (Verhandlungsdolmetschen)

  3. Unilaterales Konsekutivdolmetschen (Begrüßungs- und Eröffnungsreden, allgemeine Informationsreden)

  4. Einüben der Notizentechnik in ihren Grundzügen und individuelle Entwicklung der Notizentechnik des einzelnen Studierenden

  5. Bilaterales und unilaterales Konsekutivdolmetschen mit vertiefenden Themen und Inhalten (mit ausreichender vorheriger Recherchier- und Vorbereitungsmöglichkeit)

Im zweiten Studienjahr:

  1. Üben des Simultandolmetschens anhand bereits bearbeiteter Themen und Inhalte

  2. Fachbezogenes Konsekutivdolmetschen in Bereichen wie Wirtschaft, Recht und Technik (mit guter Vorbereitung der Fachtermini durch Paralleltexte und Hintergrundtexte aus beiden Sprachen)

  3. Simultandolmetschen frei vorgetragener Redetexte (mit und ohne Vorbereitung, mit und ohne Textvorlagen)

Ein Dilemma der Dolmetscherausbildung in China ist zurzeit hinsichtlich der Kombination wichtiger Fächer wie Technik, Wirtschaft und Recht mit dem Dolmetschstudium zu konstatieren. Obwohl sich die ausgebildeten Dolmetscher möglichst auf vielen Gebieten behaupten müssen, wird ihnen während ihrer Ausbildungszeit in solchen Sachfächern kein fundamentales Wissen angeboten. Dies ist so, obgleich fast alle Auszubildenden vorher kein Fachstudium absolviert haben, sondern lediglich ein allgemeines Sprachstudium. Es scheint zurzeit keine diesbezüglichen Möglichkeiten zu geben, da der organisatorische und finanzielle Aufwand für die Hochschulen zu hoch ist.

Abschließend wird der Entwurf einer Unterrichtsplanung im Rahmen eines postgradualen Dolmetschstudiums (wie z. B. im Rahmen eines MTI-Studiengangs) vorgestellt, der auf folgenden variierbaren Ausgangspunkten basiert: Die gesamte Studiendauer könnte zweieinhalb Jahre dauern, davon umfasst die Unterrichtszeit zwei Jahre, das letzte Semester ist hauptsächlich der Masterarbeit vorbehalten. Die geplante Unterrichtsstundenzahl pro Woche beträgt zehn Stunden, eine Unterrichtsstunde dauert 45 Minuten (vgl. Tab. 1).

Tab. 1

Entwurf einer Unterrichtsplanung des postgradualen Dolmetschstudiums

UnterrichtsinhaltWochenstundenzahlSemester
Dolmetsch-Propädeutikum

(Theoretische Einführung ins Dolmetschen)
2I
Übungen zum Hörverstehen / zur Speicherung des Ausgangstextes (Mutter-/Fremdsprache)2I
Übungen zum Transfer / zur Produktion des Zieltextes (Fremd-/Muttersprache)2I
Bilaterales Konsekutivdolmetschen: Verhandlungsdolmetschen zu allgemeinen Themen2I
Unilaterales Konsekutivdolmetschen mit vorheriger Recherche (Fremd-/Muttersprache)2I
Verhandlungsdolmetschen2II
Unilaterales Konsekutivdolmetschen mit Stegreifdolmetschen als Vorübung

(Fremd-/Muttersprache)
2II
Unilaterales Konsekutivdolmetschen

(Fremd-/Muttersprache)
2II
Unilaterales Konsekutivdolmetschen mit Stegreifdolmetschen als Vorübung

(Mutter-/Fremdsprache)
2II
Unilaterales Konsekutivdolmetschen

(Mutter-/Fremdsprache)
2II
Simultandolmetschen mit Shadowing-Übung in der Muttersprache als Vor- oder Zwischenübung

(Fremd-/Muttersprache)
2III u. IV
Simultandolmetschen zu allgemeinen Themen

(Fremd-/Muttersprache)
2III u. IV
Simultandolmetschen zu Fachthemen

(Fremd-/Muttersprache)
2III u. IV
Simultandolmetschen zu Fachthemen mit Shadowing-Übung in der Fremdsprache als Vor- oder Zwischenübung

(Mutter-/Fremdsprache)
2III u. IV
Simultandolmetschen

(Mutter-/Fremdsprache)
2III u. IV

Je nach Spezifik der Lernergruppe sind folgende Punkte zu beachten:

  1. Die Übungen zur Entwicklung der Dolmetschkompetenz in Teilbereichen können teils auch flexibel in den Unterricht im zweiten, dritten und vierten Semester eingebaut werden.

  2. Verschiedene Übungstypen zur Entwicklung der einzelnen Teilfertigkeiten beim Dolmetschen sollten je nach erzielten Lernfortschritten während des Semesterverlaufs entsprechend flexibel gewichtet werden.

  3. Auch konsekutive Dolmetschübungen neben dem Simultandolmetschen können im dritten und vierten Semester einen gewissen Anteil am Unterricht haben, falls bei der Lernergruppe beträchtliche Schwächen im Konsekutivdolmetschen festgestellt werden.

  4. Es ist zu überlegen, ob den Lernern im fünften (und letzten) Semester noch zusätzlich zwei Übungsstunden angeboten werden, während sie ihre Abschlussarbeit anfertigen. Solche Unterrichtsstunden zur Aufrechterhaltung der „dolmetscherischen Fitness“ haben sich in den vergangenen Jahren an manchen chinesischen Ausbildungsstätten bewährt.

  5. In jedem Unterrichtsblock sollte unbedingt Zeit für die Bewertung und Nachbesprechung eingerechnet werden (vgl. hierzu Zhang, N. 2006: 212ff.).

7 Abschließende Bemerkungen

Der Beitrag liefert eine kritische Bestandsaufnahme der germanistischen Dolmetscherausbildung in China, wodurch zu einer offenen Diskussion über Möglichkeiten ihrer Optimierung angeregt werden soll. Im Mittelpunkt steht dabei die MTI-Dolmetscherausbildung im Sprachenpaar Deutsch-Chinesisch, Der Beitrag kann auch von Deutschabteilungen genutzt werden, um ihren eigenen MTI-Dolmetschstudiengang zu evaluieren und ggf. Schwächen festzustellen. Jede Deutschabteilung mit einem MTI-Ausbildungsgang weist einen anderen Stand auf, jede Abteilung hat mit ihren eigenen Widrigkeiten zu kämpfen. Zudem ist es wünschenswert, dass sich ein offener Austausch unter den Deutschabteilungen mit MTI-Studiengängen ergibt, in denen die besonderen Schwierigkeiten offen diskutiert werden. Wenn die hier vorgetragenen Gedanken und Vorschläge auch nur ein wenig zur Verbesserung beitragen können, ist schon viel erreicht.

Über den Autor / die Autorin

Dr. Ning ZHANG

promovierte im Fach Dolmetschen in Mainz/Germersheim, sie ist Dozentin an der Deutschabteilung der Beijinger Fremdsprachenuniversität, seit über 10 Jahren Dozentin im Fach ’Dolmetschen’ im Masterstudiengang sowie seit 2010 im MTI-Studiengang. Darüber hinaus ist sie seit 20 Jahren praktizierende Dolmetscherin.

Literatur

Cui, Qiliang 崔启亮 (2017): 全国翻译硕士专业学位研究生教育与就业调查报告 Quan guo fanyi shuoshi zhuanye xuewei yanjiusheng jiaoyu yu jiuye diaocha baogao (Landesweite Umfrage zur Ausbildung und Beschäftigung von Postgraduierten des MTI-Studiums). Beijing: Verlag der UIBE.Suche in Google Scholar

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Online erschienen: 2019-03-16
Erschienen im Druck: 2019-03-13

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Artikel in diesem Heft

  1. Frontmatter
  2. Frontmatter
  3. Deutsch als Fremdsprache in China: Einführung in den Themenschwerpunkt
  4. Beitrag zum Themenschwerpunkt „DaF in China“ I. Germanistik und Deutsch als Fremdsprache in China
  5. Perspektiven zur Didaktik und Methodik für Deutsch als Fremdsprache (DaF) in China – am Beispiel „Hochschuldeutsch“
  6. Beitrag zum Themenschwerpunkt „DaF in China“I. Germanistik und Deutsch als Fremdsprache in China
  7. Deutschdidaktik und -methodik in China – Entwicklungen und Erfahrungen
  8. Beitrag zum Themenschwerpunkt „DaF in China“I. Germanistik und Deutsch als Fremdsprache in China
  9. Die Sprachspezialisten der philologisch ausgerichteten Germanistik in China – vom Sprachtalent zum Multitalent?
  10. Die Bedeutung des Deutschen in wissenschaftlicher und institutioneller Kommunikation chinesischer Nachwuchsforscher in Deutschland
  11. Zukunftsvisionen für die chinesische Germanistik
  12. Beitrag zum Themenschwerpunkt „DaF in China“ II. Aus- und Fortbildungsprogramme
  13. Deutschlehrerqualifizierung in China am Beispiel der Kooperationsprogramme der Fremdsprachenuniversität Guangdong und der Zweiten Fremdsprachenuniversität Peking
  14. Anwendungsorientierter Deutschunterricht im 2 plus 3-Programm
  15. Die Hochschullehrerfortbildung für junge chinesische Deutschlehrkräfte: Rückblick und Evaluation
  16. Eine rasante Entwicklung: Deutsch als Fremdsprache an chinesischen Schulen im Kontext der Programme des Goethe-Instituts China
  17. Überlegungen zur Dolmetscherausbildung an chinesischen Germanistikabteilungen
  18. Beitrag zum Themenschwerpunkt „DaF in China“ III. Deutsch als Fach- und Wissenschaftssprache
  19. Einsatzmöglichkeiten einer Bedarfsanalyse zur Curriculum-Entwicklung für berufsorientierten DaF-Unterricht in China
  20. Integration von Sprach- und Fachlernen im Kontext chinesisch-deutscher Kooperationsstudiengänge am Beispiel des Maschinenbaustudiums an der Chinesisch-Deutschen Technischen Fakultät (CDTF, Qingdao/Paderborn)
  21. DaF als Berufssprache für die Automobilfertigung in China. Zur kollaborativen Entwicklung von bedarfsorientierten DaF-Lehrmaterialien
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