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Demokratieförderung zwischen Staat und Zivilgesellschaft

Zur Entwicklung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“
  • J. Olaf Kleist

    Dr. J. Olaf Kleist ist Co-Leiter der Fachgruppe Demokratie, Transfer und Politikberatung am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin. E-Mail: kleist@dezim-institut.de

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    und Mirjam Weiberg

    Dr. Mirjam Weiberg-Salzmann ist Leiterin der Fachgruppe Demokratie, Transfer und Politikberatung am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin. E-Mail: weiberg-salzmann@dezim-institut.de

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Veröffentlicht/Copyright: 24. März 2022
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Zusammenfassung

Die Bundesregierung hat mit der Förderung von Programmen für Demokratie immer wieder auf extremistische und anti-demokratische sozio-politische Herausforderungen reagiert. Neben der institutionalisierten politischen Bildung wurden so seit Anfang der 1990er Jahre – in Reaktion auf rechtsextreme Ereignisse und gesellschaftliche Forderungen nach Gegenmaßnahmen – zunehmend zivilgesellschaftliche Projekte durch Sonderprogramme gefördert. Aus der Zivilgesellschaft ist diese Entwicklung kritisiert worden, u. a. aufgrund der eingeschränkten inhaltlichen Schwerpunktsetzungen, dem Aufbau von Parallelstrukturen, der mangelnden Qualitätssicherung, der politischen Alibi-Funktion sowie der zeitlichen Befristung und der mangelnden Nachhaltigkeit der Programme. Wir zeichnen zunächst die Entwicklung dieser Programme als einen aus sich heraus entwickelten, aber strukturell begrenzten Lernprozess nach, der in das bisher größte und komplexeste Bundesprogramm Demokratie leben! des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mündete. Hierbei diskutieren wir insbesondere die Kurzfristigkeit der geförderten (Modell)Projekte und die aktuelle Möglichkeit und Grenzen, diese nach den Plänen der neuen Bundesregierung zum Demokratiefördergesetz in eine dauerhafte Strukturförderung zu überführen.

Abstract

The federal government has repeatedly reacted to socio-political challenges by extremism and anti-democratic tendencies by funding programmes for democracy. Thus, in addition to institutionalised political education, since the early 1990s – in response to right-wing extremist events and societal demands for countermeasures – civil society projects have increasingly been funded through special programmes. This development has been criticised by civil society, among other things because of the limited content focus, the establishment of parallel structures, the lack of quality assurance, the political alibi function as well as the time limits and the lack of sustainability of the programmes. We first trace the development of these programmes as a learning process that developed out of itself but was structurally limited, resulting in the largest and most complex federal programme to date, “Live Democracy!” of the Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth (BMFSFJ). In particular, we discuss the short-term nature of funding (model) projects and the possibilities and limits of transferring them into permanent structural funding according to the new federal government’s plans for the Democracy Promotion Act.

Über die Autoren

Dr. J. Olaf Kleist

Dr. J. Olaf Kleist ist Co-Leiter der Fachgruppe Demokratie, Transfer und Politikberatung am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin. E-Mail: kleist@dezim-institut.de

Dr. Mirjam Weiberg

Dr. Mirjam Weiberg-Salzmann ist Leiterin der Fachgruppe Demokratie, Transfer und Politikberatung am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin. E-Mail: weiberg-salzmann@dezim-institut.de

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Online erschienen: 2022-03-24
Erschienen im Druck: 2022-03-28

© 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Heruntergeladen am 24.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/fjsb-2022-0011/html
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