9 Ballade
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Kristin Felsner
, Holger Helbig und Therese Manz
Abstract
Das Bild stammt aus einem Klassiker der Comic- und Filmgeschichte, aus Walt Disneys „Fantasia” (1940 / 2000). Die Keimzelle des Films war eine kurze Sequenz zu einer Komposition von Paul Dukas: „L'Apprenti sorcier” (1897; Der Zauberlehrling). Ihr Untertitel zeigt an, woran sich jeder deutsche Betrachter des Bildes unvermeidlich erinnert: „Scherzo pour orchestre d'apres une ballade de Goethe” (Scherzo für Orchester nach einer Ballade von Goethe).
Das Stichwort „Zauberlehrling” eignet sich für grundlegende Beobachtungen zur Ballade ebenso wie für eine Betrachtung kultureller Unterschiede. Tatsächlich dürften die Amerikaner dabei an Mickey Mouse denken, die Franzosen vielleicht noch an Dukas, die Deutschen ganz bestimmt an Goethe. Die wenigsten denken dabei an Lukian (Lukianos von Samosata, etwa 120–180), einen griechischen Satiriker. Dabei geht die Geschichte von dem etwas faulen Lehrling, der sich selbst überschätzt und die Macht des Meisters anmaßt, auf ihn zurück. Sie beruht auf einer Episode, die sich in Lukians Schrift „Der Lügenfreund oder der Ungläubige” findet, und hier hat Goethe sie auch entdeckt. – Die Änderungen, die Goethe vornahm, sind auf den ersten Blick gering. Er tauschte die antiken Freunde gegen Meister und Gesellen und die Mörserkeule gegen einen Besen aus. Auf den zweiten Blick allerdings sind die Veränderungen gewaltig. Goethe machte aus einer Prosavorlage eine Ballade. Wie das Beispiel zeigt, ist es eine der kultur- und mediengeschichtlich interessantesten Gedichtformen.
Abstract
Das Bild stammt aus einem Klassiker der Comic- und Filmgeschichte, aus Walt Disneys „Fantasia” (1940 / 2000). Die Keimzelle des Films war eine kurze Sequenz zu einer Komposition von Paul Dukas: „L'Apprenti sorcier” (1897; Der Zauberlehrling). Ihr Untertitel zeigt an, woran sich jeder deutsche Betrachter des Bildes unvermeidlich erinnert: „Scherzo pour orchestre d'apres une ballade de Goethe” (Scherzo für Orchester nach einer Ballade von Goethe).
Das Stichwort „Zauberlehrling” eignet sich für grundlegende Beobachtungen zur Ballade ebenso wie für eine Betrachtung kultureller Unterschiede. Tatsächlich dürften die Amerikaner dabei an Mickey Mouse denken, die Franzosen vielleicht noch an Dukas, die Deutschen ganz bestimmt an Goethe. Die wenigsten denken dabei an Lukian (Lukianos von Samosata, etwa 120–180), einen griechischen Satiriker. Dabei geht die Geschichte von dem etwas faulen Lehrling, der sich selbst überschätzt und die Macht des Meisters anmaßt, auf ihn zurück. Sie beruht auf einer Episode, die sich in Lukians Schrift „Der Lügenfreund oder der Ungläubige” findet, und hier hat Goethe sie auch entdeckt. – Die Änderungen, die Goethe vornahm, sind auf den ersten Blick gering. Er tauschte die antiken Freunde gegen Meister und Gesellen und die Mörserkeule gegen einen Besen aus. Auf den zweiten Blick allerdings sind die Veränderungen gewaltig. Goethe machte aus einer Prosavorlage eine Ballade. Wie das Beispiel zeigt, ist es eine der kultur- und mediengeschichtlich interessantesten Gedichtformen.
Kapitel in diesem Buch
- Front Matter 1
- 1 Was ist ein Gedicht? 9
- 2 Lyrik und Gedicht im historischen Wandel 25
- 3 Metrik 45
- 4 Reim, Kadenz, Klang 63
- 5 Strophenformen 79
- 6 Antike Formen 101
- 7 Gedichtformen 119
- 8 Sonett 137
- 9 Ballade 151
- 10 Rhetorische Figuren 171
- 11 Tropen, Bild und Text 191
- 12 Gedichte im Kontext 211
- 13 Intertextualität. Zwei (oder mehr) Gedichte in einem 229
- 14 Wie interpretiert man ein Gedicht? 249
- 15 Serviceteil 267
- Back Matter 277
Kapitel in diesem Buch
- Front Matter 1
- 1 Was ist ein Gedicht? 9
- 2 Lyrik und Gedicht im historischen Wandel 25
- 3 Metrik 45
- 4 Reim, Kadenz, Klang 63
- 5 Strophenformen 79
- 6 Antike Formen 101
- 7 Gedichtformen 119
- 8 Sonett 137
- 9 Ballade 151
- 10 Rhetorische Figuren 171
- 11 Tropen, Bild und Text 191
- 12 Gedichte im Kontext 211
- 13 Intertextualität. Zwei (oder mehr) Gedichte in einem 229
- 14 Wie interpretiert man ein Gedicht? 249
- 15 Serviceteil 267
- Back Matter 277