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Umzugsplanung mit Fabrikdatenmodellen und Virtual Reality

Digitale Werkzeuge zur Unterstützung der Restrukturierung von Produktionssystemen
  • Lukas Schuhegger

    Lukas Schuhegger, M. Sc., geb. 1996, studierte Maschinenbau mit der Vertiefungsrichtung Produktionstechnik im Bachelor an der Technischen Hochschule Rosenheim und IT-Projekt- und Prozessmanagement im Master an der Technischen Hochschule Augsburg. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der OTH Regensburg am Innovationszentrum für Produktion und Logistik erforscht er Digitale Zwillinge und Fabrikdatenmodelle.

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    , Sinan Kara

    Sinan Kara, M. Sc., geb. 1997, studierte Technische Informatik im Bachelor und Wirtschaftsinformatik im Master an der OTH Regensburg. Als Technischer Mitarbeiter am Innovationszentrum für Produktion und Logistik erforschte er Virtual-Reality-Anwendungen in der Fabrikplanung.

    , Stefan Galka

    Prof. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Galka ist Professor für Materialfluss und Fabriksimulation an der Fakultät Maschinenbau der OTH Regensburg und Leiter des Innovationszentrums für Produktion und Logistik.

    , Jan Dünnweber

    Prof. Dr. Jan Dünnweber ist Professor an der Fakultät Mathematik und Informatik der OTH Regensburg und leitet das Labor für parallele und verteilte Systeme.

    and Sebastian Meißner

    Prof. Dr. Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Sebastian Meißner ist Professor für Produktionsmanagement und Logistik an der Fakultät für Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut und leitet den Forschungsschwerpunkt Produktions- und Logistiksysteme am TZ PULS in Dingolfing.

Published/Copyright: November 18, 2024

Abstract

Angesichts eines dynamischen industriellen Umfelds müssen produzierende Unternehmen flexibel bleiben und sich kontinuierlich anpassen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Eine effektive Planung von Restrukturierungen in Produktionssystemen, oft als Umzugsplanung bezeichnet, ist entscheidend, um Verzögerungen zu vermeiden und Stillstandszeiten zu minimieren. Die Identifikation von Umzugsfällen, welche den Umfang umzuziehender Ressourcen wie Maschinen, Anlagen, Ausrüstungen und Arbeitsplätzen beschreiben und die Definition zugehöriger Aufgaben sind essenzielle Schritte der Umzugsplanung. Dieser Beitrag stellt eine Vorgehensweise zur Bestimmung von Umzugsfällen mittels eines Fabrikdatenmodells vor, ergänzt durch eine Visualisierung in Virtual Reality, um Planende bei der Umzugsplanung zu unterstützen.

Abstract

Given a dynamic industrial environment, manufacturing companies must remain flexible and continuously adapt to maintain their competitiveness. Effective planning of restructuring efforts in production systems, often referred to as reconfiguration planning, is crucial to avoid delays and minimize downtime. Identifying reconfiguration cases, which describe the scope of resources to be relocated, such as machines, equipment, and workstations, and defining the associated tasks are essential steps in reconfiguration planning. This paper presents an approach for determining reconfiguration cases using a factory data model, complemented by visualization in virtual reality, to support planners in the reconfiguration process.

Einleitung

Umfangreiche Restrukturierungen machen eine Planung von Abbau, Umstellung, Modernisierung und Errichtung von Anlagen notwendig [1]. In der Fabrikplanung befasst sich die Umzugsplanung mit der gezielten und schrittweisen Umsetzung von Anlagen, Ausrüstungen und Arbeitsplätzen [2, 3, 4]. Es wird ein Umzugsplan erstellt, der Aufgaben definiert, die Dauer abschätzt und die notwendigen Mittel für einen Umzug festhält [5]. Diese Informationen fließen in einen Projektplan ein, der die Termin-, Kapazitäts- und Budgetplanung aller beteiligten Fachbereiche umfasst [1, 6]. Fabrikumzüge bestehen aus vielfältigen, vernetzten Leistungsinhalten mit unterschiedlichen Detaillierungsgraden [4, 7].

Um die wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, ist eine umfassende Umzugsplanung unverzichtbar, die sowohl die Kontinuität der Produktion als auch die Einhaltung der Zeitpläne gewährleistet [3], denn Verzögerungen in der Umsetzung können die Reaktionsfähigkeit des Unternehmens einschränken und Konkurrenten einen Vorteil verschaffen [1]. Verzögerungen in der Ausführung können entstehen, wenn aufgrund unzureichender Planung nicht genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, was das Risiko von verbleibenden Mängeln erhöht und zu Nacharbeiten sowie unnötigen Zusatzkosten aufgrund ungeplanter Produktionsunterbrechungen führen kann [1, 8]. Eine präzise Planung der Umzugsaufgaben und die effektive Abstimmung von Ablauf- und Terminplänen ist daher besonders bei komplexen Projekten von hoher Bedeutung [5, 6, 7, 9].

Die Umzugsplanung ist eine anspruchsvolle und koordinationsintensive Aufgabe, die Interdisziplinarität erfordert [6, 7, 8] und spezielle Kompetenzen von den Planenden verlangt [2]. Angesichts der Komplexität und Einzigartigkeit von Fabrikplanungsprojekten sowie der damit verbundenen Herausforderungen in der Kommunikation und Vermittlung von Planungsergebnissen ist es entscheidend, innovative Werkzeuge zur Unterstützung des Planungsprozesses zu entwickeln. Im Folgenden wird ein Konzept für ein generalisiertes Fabrikdatenmodell vorgestellt, welches für beliebige Planungsprojekte adaptiert werden kann. Der Fokus des Beitrags liegt dabei auf der Modellierung und Visualisierung der vom Umzug betroffenen Ressourcen, wie z. B. Maschinen. Für die Visualisierung wird eine Virtual-Reality-Umgebung vorgestellt, welche Veränderungen zwischen Fabrikzuständen aufzeigt.

Modellierung eines Fabrikdatenmodells für die Umzugsplanung

Für eine effiziente und standardisierte Planung ist der Einsatz digitaler Werkzeuge, die den Fabrikplanungsprozess unterstützen, unverzichtbar [10]. Die Umzugsplanung basiert stark auf den Ergebnissen der vorangegangenen Planungsphasen, deren umfassende Dokumentation entscheidend für den Erfolg ist [4, 11, 12]. Eine nicht standardisierte Dokumentation erschwert die Informationsbereitstellung aus vorangegangenen Planungsphasen für die Umzugsplanung. Durch den Einsatz von Fabrikdatenmodellen kann dem entgegengewirkt werden. Diese Modelle speichern Planungsergebnisse aus vorherigen Planungsphasen formalisiert und gewährleisten deren Wiederverwendung in digitalen Werkzeugen. Ein zentraler Aspekt eines solchen Fabrikdatenmodells, das die Umzugsplanung berücksichtigt, ist die Darstellung verschiedener Fabrikzustände zu unterschiedlichen Zeitpunkten, um Veränderungen systematisch zu erfassen.

Die Abbildung von mehreren Zuständen einer Fabrik in einem Fabrikdatenmodell ermöglicht einen Ist-Soll-Vergleich, um die Umzugsfälle der jeweiligen Ressourcen zu identifizieren und notwendige Aufgaben abzuleiten. In diesem Kontext bezeichnet eine Ressource jedes nicht verbrauchbare Betriebsmittel, das in der Fabrik für die Produktion notwendig ist, allen voran Anlagen, Maschinen und Ausrüstung. Hierzu wurde ein Konzept für die Modellierung von Ressourcen in einer Fabrik entwickelt, das in der Lage ist, verschiedene Zustände einer Fabrik abzubilden (Bild 1).

Bild 1 Klassendiagramm zur Abbildung von Ressourcen in unterschiedlichen Fabrikzuständen
Bild 1

Klassendiagramm zur Abbildung von Ressourcen in unterschiedlichen Fabrikzuständen

Die Klasse FactoryState dient als Verwaltungseinheit, die die unterschiedlichen Zustände der Fabrik zu verschiedenen Zeitpunkten repräsentiert. Es können mehrere Zustände einer Fabrik angelegt werden, sowohl aus der Vergangenheit, der aktuelle Zustand oder mögliche zukünftige Zustände aus der Planung. Über die Klasse ResourceType lassen sich Objekte mit deren Geometrie und weiteren Eigenschaften definieren, welche als Bibliothek für die Planung von Fabrikzuständen mehrfach wiederverwendet werden können. Durch eine rekursive Beziehung können RessourceType-Objekte verschachtelt werden, um Ressourcen zu hierarchisieren und detaillierter zu beschreiben. Die ResourceState-Klasse wird verwendet, um für einen FactoryState-Ressourcen anzulegen und zu positionieren. Angelegte ResourceState-Objekte verweisen auf ein ResourceType-Objekt, wodurch deren Geometrie und Eigenschaften bestimmt sind. Mehrere ResourceState-Objekte sind einem Fabrikzustand zugewiesen, wodurch sich ein Layout aus Ressourcen zusammenstellen lässt. Um einen Ist-Soll-Vergleich von Ressourcen über Fabrikzustände hinweg durchzuführen, kommt die ResourceConnector-Klasse zum Einsatz. Diese Klasse ermöglicht es, Verbindungen zwischen denselben Ressourcen in verschiedenen Fabrikzuständen zu schaffen, wodurch Zustandsänderungen systemisch identifiziert werden können. Durch dieses Fabrikdatenmodell sind dieselben Ressourcen über Fabrikzustände hinweg miteinander verknüpft und können so im nächsten Schritt für einen Ist-Soll-Vergleich und die Identifikation von Umzugsfällen genutzt werden.

Identifikation von Umzugsfällen anhand eines Fabrikdatenmodells

Mit der Einführung des Fabrikdatenmodells wurde die Grundlage geschaffen, Planungsdaten mehrerer Zustände strukturiert zu speichern und für die Umzugsplanung wiederzuverwenden. Mit der zunehmenden Anzahl von Fabrikzuständen wächst allerdings auch der Planungsaufwand [5]. Insbesondere die Datenmenge, die eine Fabrik beschreibt, nimmt mit der Entwicklung neuer Zustände signifikant zu. Die Qualität der weiteren Planung hängt maßgeblich von der Fähigkeit der Fabrikplaner ab, die gesammelten Fabrikdaten effektiv zu verwalten [13]. Um den Planer dabei zu unterstützen und eine Standardisierung bei der Umzugsplanung zu gewährleisten, wurde ein Vorgehen für den Ist-Soll-Vergleich entwickelt. Für einen Ist-Soll-Vergleich der Ressourcen werden zuerst eine Ist- und eine Soll-Zustand der Ressourcen im Datenmodell definiert. Zustandsveränderungen werden auf Grundlage einer Analyse von Attributen und Beziehungen erkannt und in Umzugsfälle kategorisiert. Mit den Umzugsfällen können im Anschluss notwendige Aufgaben wie Demontage, Transport und Montage bestimmt werden [14].

Die Zustandsänderungen der Ressourcen bei einem Ist-Soll-Vergleich können grundsätzlich in die vier Fälle: Neuanschaffung, Außerbetriebnahme, Relokation und Upgrade unterschieden werden. In Bild 2 ist ein Objektdiagramm auf Grundlage des beschriebenen Datenmodells mit identifizierbaren Umzugsfällen dargestellt. Im Folgenden wird darge stellt, welche Unterschiede sich bei den einzelnen Umzugsfällen im Datenmodell erkennen lassen. Diese werden für die automatische Klassifizierung der Umzugsfälle durch den entwickelten Algorithmus untersucht.

Bild 2 Objektdiagramm zur Identifikation von Umzugsfällen zwischen Ist- und Soll-Zustand
Bild 2

Objektdiagramm zur Identifikation von Umzugsfällen zwischen Ist- und Soll-Zustand

Neuanschaffung

Bei einer Neuanschaffung handelt es sich um den Prozess der Einführung und Installation neuer Ressourcen an bestimmten Positionen in der Fabrik. Diese neuen Ressourcen, die im Soll-Zustand vorhanden sind, weisen keine Verbindung zu entsprechenden Ressourcen im Ist-Zustand auf. Dies bedeutet, dass ein ResourceState-Objekt im Soll-Zustand existiert, das über eine Beziehung zu einem ResourceConnector-Objekt keine entsprechende Verbindung zu einem ResourceState-Objekt im Ist-Zustand aufweist. Diese Konfiguration zeigt an, dass eine Ressource neu in die Fabrik eingeführt wurde.

Außerbetriebnahme

Die Außerbetriebnahme bezieht sich auf die Stilllegung und Entfernung von Ressourcen, die nicht mehr benötigt werden oder durch neue Ressourcen ersetzt wurden. Im Ist-Zustand sind diese Ressourcen noch vorhanden, im Soll-Zustand jedoch nicht mehr. Dies wird im Datenmodell durch ein ResourceState-Objekt im Ist-Zustand dargestellt, das keine Verbindung zu einem entsprechenden ResourceState-Objekt im Soll-Zustand über ein Resource-Connector-Objekt aufweist. Diese Konfiguration zeigt an, dass eine Ressource außer Betrieb genommen und entfernt wurde.

Relokation

Eine Relokation beschreibt die Verlagerung bestehender Ressourcen innerhalb der Fabrik, um den Produktionsprozess zu optimieren oder Platz für neue Ressourcen zu schaffen. Diese Veränderung wird im Datenmodell durch Ressourcen abgebildet, die in beiden Zuständen existieren, jedoch eine unterschiedliche Position aufweisen. Ein ResourceState-Objekt, das im Ist-Zustand existiert und über eine ResourceConnector-Objekt-Verbindung zu einem ResourceState-Objekt des Soll-Zustands verbunden ist, aber unterschiedliche Positionsattribute besitzt, deutet auf eine solche Verlagerung hin.

Upgrade

Ein Upgrade umfasst die Modernisierung bestehender Ressourcen, um die Effizienz zu steigern oder neue Produktionsanforderungen zu erfüllen. In diesem Fall bleibt die Ressource in beiden Fabrikzuständen bestehen, jedoch ändert sich ihre Beziehung zu einem ResourceType-Objekt, was auf eine Änderung in den Spezifikationen oder Funktionen der Ressource hindeutet. Ein ResourceState-Objekt, das im Ist-Zustand und über eine Beziehung eines ResourceConnector-Objekts zu einem ResourceState-Objekt im Soll-Zustand verbunden ist, aber unterschiedliche ResourceType-Beziehungen aufweist, signalisiert, dass die Ressource ein Upgrade erhalten hat.

Virtual-Reality-Visualisierung von Umzugsfällen

Nachdem die Umzugsfälle mithilfe des entwickelten Algorithmus aus dem Fabrikdatenmodell automatisiert identifiziert werden können, besteht die Herausforderung darin, diese Informationen den Planungsbeteiligten auf intuitive und effektive Weise zugänglich zu machen. Angesichts der Tatsache, dass eine digitalisierte Fabrik große Mengen an Daten enthalten kann, welche ein räumliches Layout definieren, ist eine geeignete digitale Datenvisualisierungsmethode wichtig, um den Planenden die Informationen zugänglicher zu machen [15]. Die Fähigkeit von Virtual Reality (VR), ein 3D-Fabrikmodell mit höchster Realitätstreue in Verbindung mit einer benutzerfreundlichen Schnittstelle darzustellen, kann Aufgaben vereinfachen und beschleunigen [15, 16]. Dadurch können Planende komplexe Zusammenhänge im Detail verstehen und virtuell Lösungen für Probleme erarbeiten, bevor diese in einer realen Fertigungsumgebung umgesetzt werden [17, 18]. VR hat daher den Vorteil, schnelle Entscheidungen durch ein intuitives Erfassen der Situation zu ermöglichen [19]. Die Darstellung von Umzugsfällen, um daraus Aufgaben der Umzugsplanung abzuleiten, ist daher für eine Virtual-Reality-Umgebung prädestiniert, da bei der Planung von Restrukturierungen und dem Umzug von Anlagen und Einrichtungen der kollaborative Austausch mit Spezialisten der jeweiligen Fachbereiche vorausgesetzt wird [6].

In diesem Kapitel werden die Entscheidungen für Design-Elemente einer umgesetzten VR-Anwendung beschrieben, welche dabei helfen die dargestellten Fälle der Umzugsplanung verständlicher zu gestalten. Durch Erweiterung der Ressourcen-Klassen mit visuellen Attributen, wie z. B. eine farbliche Kennzeich nung innerhalb der VR-Anwendung, wird die Fall-Klassifikation den Planern zugänglich gemacht. Wie Bild 3 zeigt, ist dazu jedem Fall eine einzigartige Farbkodierung zugeordnet. Eine Neuanschaffung wird durch die Farbe grün signalisiert und eine Außerbetriebnahme durch eine rote Farbgebung. Der Relokationsfall ist in blau dargestellt. Das linke, transparente Modell zeigt den Ist-Zustand, das Modell an der neuen Position rechts den Soll-Zustand. Beide Modelle einer Relokation sind über eine blaue Linie verbunden. Ressourcen, welche geupgradet werden, sind in einer violetten Farbgebung dargestellt.

Bild 3 Visualisierung der Umzugsfälle: Neuanschaffung, Außerbetriebnahme, Relokation und Upgrade
Bild 3

Visualisierung der Umzugsfälle: Neuanschaffung, Außerbetriebnahme, Relokation und Upgrade

Bild 4 zeigt beispielhaft einen aus Ist- und Soll-Zustand resultierenden Ist-Soll-Vergleich. In der technischen Umsetzung ermöglicht eine Schnittstelle zwischen der VR-Anwendung und dem System des Fabrikdatenmodells die Nutzung der Datenbank als einheitliche Wissensbasis. Dies erlaubt den dynamischen Import von Fabrikdaten innerhalb der VR-Umgebung und implementiert eine generische Architektur, die Zustandsvergleiche zur Laufzeit automatisiert visualisieren kann. Eine Umsetzung als VR-Anwendung für mehrere gleichzeitige Nutzer in derselben VR-Umgebung unterstützt zudem die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Dies erlaubt es verschiedenen Akteuren, zeitgleich und von verschiedenen Orten aus, an der Umzugsplanung zu arbeiten und ihre Entscheidungen abzustimmen. Zur initialen Validierung der VR-Anwendung als Werkzeug zur Planung von Umzügen wurde ein exploratives Experiment mit acht Teilnehmern durchgeführt, die über Fabrikplanungskenntnisse verfügten.

Bild 4 Ist-Soll-Vergleich von Fabrikzuständen in Virtual Reality
Bild 4

Ist-Soll-Vergleich von Fabrikzuständen in Virtual Reality

Die Teilnehmer arbeiteten in Zweiergruppen an einem vorbereiteten Umzugsszenario, wobei zwei Gruppen ohne und zwei Gruppen mit der erarbeiteten VR-Anwendung arbeiteten. Ziel dieses Experiments war es, erste qualitative Hinweise zur Nützlichkeit der VR-Awendung zu sammeln. Die farbliche Kennzeichnung der Umzugsfälle in der VR-Anwendung half den Gruppen, die verschiedenen Umzugsarten wie Neuanschaffung, Außerbetriebnahme und Relokation leichter zu überblicken und die notwendigen Aufgaben gezielt auszuplanen.

Die Gruppen ohne VR-Umgebung hatten Schwierigkeiten, wenn mehrere Objekte nah beieinander platziert waren, insbesondere bei der Identifikation von Freiräumen und Hindernissen. Darüber hinaus trug die Visualisierung in einer VR-Umgebung zu einem besseren Verständnis der räumlichen Gegebenheiten bei, um Probleme schneller und sicherer zu identifizieren. Besonders bei der Kollisionsprüfung für Umzüge von Ressourcen sowie bei Barrieren wie niedrigen Decken oder schmalen Durchgängen erwies sich die Immersion als äußerst hilfreich. Durch das Verschieben und Rotieren von Ressourcen in der VR-Anwendung konnten Umzugsaufgaben simuliert und kritische Engstellen schneller erkannt werden. Dies erleichterte die Auswahl geeigneter Transportwege bei Relokationen. Die Unterstützung mehrerer Nutzer erleichterte die Echtzeit-Koordination der Gruppen und beschleunigte die Bearbeitung des Szenarios durch eine verbesserte Kommunikation, da Vorschläge zur Aufgabenplanung in Echtzeit verfolgt und gemeinsam diskutiert werden konnten.

Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Beitrag wurde eine innovative Methode zur automatisierten Identifikation und Visualisierung von Umzugsfällen in Produktionssystemen vorgestellt. Durch die Kombination eines Fabrikdatenmodells mit dem entwickelten Algorithmus ermöglicht diese Methode eine präzise Erfassung und systematische Analyse von Umzugsfällen. Die initialen experimentellen Ergebnisse sind vielversprechend und legen nahe, dass die VRgestützte Visualisierung eine effektive Ergänzung zur traditionellen Umzugsplanung darstellt. Sie bietet Planenden die Möglichkeit, potenzielle Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und Entscheidungen fundierter zu treffen. Allerdings bleibt die Notwendigkeit bestehen, diese Methode in umfangreicheren und komplexeren Szenarien weiter zu validieren. Zukünftig sollten zusätzliche Funktionen in die VR-Anwendung integriert werden, wie beispielsweise die Planung und das Anlegen spezifischer Umzugsaufgaben wie Demontage, Transport und Montage der Ressourcen. Durch diese Weiterentwicklungen könnte die vorgestellte Methode wesentlich zur Standardisierung und Unterstützung der Umzugsplanung in der industriellen Praxis beitragen und somit die Planungsprozesse nachhaltig verbessern.


Hinweis

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen von den Mitgliedern des ZWF-Advisory-Board wissenschaftlich begutachteten Fachaufsatz (Peer Review).



Tel.: +49 (0) 176 34657261

Funding statement: Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des H2Giga-Projekts Stack Revolution mit dem Förderkennzeichen 03HY102.

About the authors

Lukas Schuhegger

Lukas Schuhegger, M. Sc., geb. 1996, studierte Maschinenbau mit der Vertiefungsrichtung Produktionstechnik im Bachelor an der Technischen Hochschule Rosenheim und IT-Projekt- und Prozessmanagement im Master an der Technischen Hochschule Augsburg. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der OTH Regensburg am Innovationszentrum für Produktion und Logistik erforscht er Digitale Zwillinge und Fabrikdatenmodelle.

Sinan Kara

Sinan Kara, M. Sc., geb. 1997, studierte Technische Informatik im Bachelor und Wirtschaftsinformatik im Master an der OTH Regensburg. Als Technischer Mitarbeiter am Innovationszentrum für Produktion und Logistik erforschte er Virtual-Reality-Anwendungen in der Fabrikplanung.

Prof. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Galka

Prof. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Galka ist Professor für Materialfluss und Fabriksimulation an der Fakultät Maschinenbau der OTH Regensburg und Leiter des Innovationszentrums für Produktion und Logistik.

Prof. Dr. Jan Dünnweber

Prof. Dr. Jan Dünnweber ist Professor an der Fakultät Mathematik und Informatik der OTH Regensburg und leitet das Labor für parallele und verteilte Systeme.

Prof. Dr. Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.Ing. Sebastian Meißner

Prof. Dr. Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Sebastian Meißner ist Professor für Produktionsmanagement und Logistik an der Fakultät für Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut und leitet den Forschungsschwerpunkt Produktions- und Logistiksysteme am TZ PULS in Dingolfing.

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Published Online: 2024-11-18
Published in Print: 2024-11-20

© 2024 Lukas Schuhegger, Sinan Kara, Stefan Galka, Jan Dünnweber, Sebastian Meißner, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 8.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zwf-2024-1154/html
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