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Wissenschaftskommunikation und Informationsverhalten während der COVID-19-Pandemie: Eine Analyse von Umfragedaten und Interviews

  • Ramona Böcker

    Ramona Böcker ist Studentin im Masterstudiengang „Internationales Informationsmanagement – Informationswissenschaft“ der Universität Hildesheim. Sie interessiert sich vor allem für die Themengebiete Informationsverhalten und Mediennutzung sowie Wissensmanagement.

    , Thomas Mandl

    Thomas Mandl ist seit 2010 Professor am Institut für Informationswissenschaft und Sprachtechnologie der Universität Hildesheim. Nach dem Studium der Informationswissenschaft an der Universität Regensburg und der University of Illinois at Urbana-Champaign hat er sich 2006 habilitiert. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind Mensch-Maschine Interaktion, Bildverarbeitung in den Digital Humanities sowie Information Behaviour.

    , Hannah Mitera

    Hannah Mitera ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Informationswissenschaft und Sprachtechnologie der Universität Hildesheim. Nach ihrem Abschluss im Studiengang „Internationales Informationsmanagement – Informationswissenschaft“ vertieft sie dort nun Ihre Forschungsinteressen im Bereich der automatischen Verarbeitung von Daten aus Social Media.

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    and Franziska Schmidt

    Franziska Schmidt ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Medienlinguistik und multimodale Wissenschaftskommunikation.

Published/Copyright: February 7, 2023

Zusammenfassung

Die Coronapandemie hat einen hohen Bedarf an Informationen ausgelöst. Gleichzeitig wurde eine große Menge an Wissenschaftsinformationen über verschiedene Kanäle verbreitet, darunter häufig auch über Social Media. Somit entstanden für die Forschung zum Informationsverhalten neue Chancen zur Beobachtung von Nutzenden, aber auch neue methodische Herausforderungen, dieses Verhalten mit dem sonstigen Konsum von Nachrichten und Wissenschaftskommunikation in Bezug zu setzen. Es wird ein Mixed-Methods-Ansatz aus einer Befragung zur Nutzung und Bewertung von Informationsquellen kombiniert mit Beobachtungen aus einer Nutzungsstudie vorgestellt Für diese wurden in einem Experiment Ergebnislisten verschiedener Web- und Videosuchen als Ausgangspunkt genutzt, um Auswahlmethoden und Qualitätskriterien für Wissenschaftskommunikate zu ermitteln. Beide methodischen Ansätze zeigten, dass die Seriosität und die Bekanntheit einer Quelle eine dominierende Rolle bei Auswahlentscheidungen spielen.

Einleitung

Seit Ende 2019 sorgte die Covid-19-Pandemie weltweit für eine Situation, in der allgemein ein großes Informationsbedürfnis bestand und zeitgleich Informationen schnell veralteten. Durch das sich kontinuierlich verbessernde Verständnis des Virus und seiner Verbreitung folgten ebenso kontinuierlich neue Verhaltenshinweise und Regelungen, die den Alltag der Menschen mitunter stark beeinträchtigten.

Die Covid-19-Pandemie wird häufig nicht nur als gesellschaftliche, sondern auch als Informationskrise beschrieben, wie beispielsweise Xie et al. (2020) in ihrem Aufsatz deutlich argumentieren. Dabei greifen sie Problematiken wie Fehlinformation, Desinformation und geringe Informationskompetenz im gesundheitlichen Kontext auf, welche in der Pandemie verstärkt sichtbar wurden und sich nachteilig auf den Informationsfluss von der Wissenschaft zur Bevölkerung ausgewirkt haben. Um diesen Problemen zu begegnen und eine adäquate Informationsversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, kommt der Wissenschaftskommunikation in der Pandemie eine wichtige Rolle zu. Dieser Beitrag, der im Rahmen des Forschungsprojekts InDisCo (Information Behaviour and Media Discourse during the Corona Crisis: An interdisciplinary Analysis) entstanden ist, befasst sich damit, wie Informationen rund um die COVID-19-Pandemie von der Bevölkerung rezipiert werden und wie die Wissenschaftskommunikation in diesem Kontext wahrgenommen und bewertet wird. Bezugspunkte bestehen zusätzlich zum WInCO-Projekt (Wissenschaftsvermittlung in der Informationskrise um die COVID-19-Pandemie) derselben Forschungsgruppe, welches das Ziel hatte, Kriterien für gute Wissenschaftskommunikation zu ermitteln.

Aktueller Forschungsstand

In diesem Zusammenhang sind verschiedene Forschungsfelder von Bedeutung. Dazu zählt zunächst die Auseinandersetzung mit Wissenschaftskommunikation im Allgemeinen sowie deren Ausgestaltung und ihr Einfluss bei ihrer Rezeption. Daneben sind Untersuchungen zum Informationsverhalten der Bevölkerung relevant, die einen Einblick vermitteln, welche Quellen auf welchem Wege gesucht, ausgewählt und schließlich konsumiert werden. Durch die einschneidenden Veränderungen der COVID-19-Pandemie bestand auch in den genannten Bereichen ein großes Forschungsinteresse, das in einer Vielzahl von Studien zahlreiche neue Erkenntnisse zu der veränderten Situation hervorbrachte. Aus diesem Grund können nachfolgend lediglich einige ausgewählte Arbeiten Erwähnung finden, die als Überblick über den aktuellen Forschungsstand dienen.

Einleitend ist dabei zuerst zu bestimmen, was als externe Wissenschaftskommunikation, also der Kommunikation von Informationen aus der Wissenschaft, beschrieben werden kann. Diese richtet sich primär an Laien der jeweiligen Forschungsgebiete und hat das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse für anstehende Entscheidungen und die Gesellschaft zugänglich und verständlich zu machen (vgl. Wissenschaftsrat, 2022: 8). Dabei umfasst Wissenschaftskommunikation wesentlich mehr als Pressemitteilungen von Universitäten, wie der Soziologe und Kommunikationswissenschaftler Massimiano Bucchi in einem Interview mit allea erläutert (vgl. allea, 2022). Für ihn beinhaltet Wissenschaftskommunikation jede Form der Einbindung oder Erwähnung von Wissenschaft, darunter auch Radioprogramme oder Comedy-Beiträge, weshalb er argumentiert, dass zur Verbesserung der Wissenschaftskommunikation nicht notwendigerweise mehr Wissenschaftsjournalismus, sondern verstärkte Kommunikations- und Interaktionsaktivitäten benötigt werden (vgl. ebd.).

Wie die Wissenschaftskommunikation dabei besonders zielgruppen- und zeitgerecht gestaltet werden kann, wurde unter anderem im Forschungsprojekt WInCO unter Einbeziehung von Fachleuten sowie der allgemeinen Bevölkerung untersucht (vgl. Jaki et al. 2022: 5). Wichtig ist dafür zunächst das Verständnis des Informationsverhaltens, das bereits in verschiedenen Untersuchungen auf unterschiedliche Aspekte hin überprüft wurde. So lässt sich in unsicheren Informationslagen beispielsweise ein Zusammenhang zwischen dem Informationsverhalten und der individuellen Gesundheitskompetenz (vgl. Brill/Rossmann, 2022) sowie ein Rückgriff auf aus der Familie vertrauten Medien feststellen (vgl. Sandhagen, 2022). Während die Tagesschau und andere bekannte Nachrichtenquellen eine allgemein wichtige Rolle spielen, nehmen bei jüngeren Zielgruppen, wie beispielsweise Studierenden, auch interpersonelle Kontakte und Social Media einen hohen Stellenwert bei der Informationsversorgung ein (vgl. Schäfer et al., 2022). Hier ist etwa die Plattform YouTube zu erwähnen, die „mittlerweile inhärent mit dem Genre Wissenschaftsvideo verknüpft“ (Schmidt/Jaki, 2022: 269) ist und zur verständlichen Vermittlung von coronabezogenen Informationen dient – durch die mangelnde Qualitätskontrolle, die Reichweite und den Algorithmus aber ebenso die Verbreitung von Desinformation fördern kann (vgl. ebd.). Auch solche Fehlinformationen stellen im Kontext der COVID-19-Pandemie, die häufig auch als Infodemie bezeichnet wird, einen wichtigen Forschungsgegenstand dar, weil ihr Wahrheitsgehalt variieren und sie die Informationsversorgung und das Handeln der Menschen stark beeinflussen können (vgl. Majchrzak, 2022).

Neben dieser deskriptiven Auseinandersetzung mit der Wissenschaftskommunikation und dem Informationsverhalten in der Pandemie stand für die hier vorgestellte Untersuchung vor allem im Vordergrund, wie sich die kommunizierten Informationen auf die Bevölkerung auswirkten. Auch in Anbetracht der zu Beginn genannten Problematiken wie einer sehr großen Informationsmenge, kursierenden Falschinformationen und einer häufig niedrigen Informationskompetenz in der Bevölkerung (vgl. Wineburg et al., 2016; Xie et al., 2020) wurden im Laufe der Pandemie diverse Umfragen und Studien mit verschiedenen Schwerpunkten veröffentlicht, die das veränderte Informationsverhalten untersuchen, das sich in der Pandemie zeigte. Ein Überblick über einige diesbezügliche Forschungen ist bei Montesi (2022) zu finden, welche die bestehenden Untersuchungen in sieben Kategorien wie etwa Fehlinformation, Desinformation und Infodemien, Nutzung von traditionellen Quellen und Social Media oder Unsicherheiten und Informationen einteilt.

Zur letztgenannten Kategorie zählt beispielsweise die Untersuchung von Erikson-Backa (2020), die sich mit der Wahrnehmung und Nutzung von pandemiebezogenen Informationen beschäftigte, nachdem in Finnland im März 2020 die pandemische Lage ausgerufen wurde. Diese Onlineumfrage setzte den Fokus auf eine sehr offene Frage, bei der die Teilnehmenden völlig freie Äußerungen zu bisherigen Erfahrungen mit der Pandemie machen konnten. Hiermit sollten jene Themen ermittelt werden, die für die Befragten besondere Relevanz hatten. Am häufigsten wurde dabei die Informationsversorgung und konkreter die Unzufriedenheit mit der Informationsversorgung durch Behörden als dazugehörige Unterkategorie genannt. Liu (2020) untersuchte hingegen die Zusammenhänge zwischen präventiven Verhaltensweisen bezüglich COVID-19-Erkrankungen und der Nutzung verschiedener Medien. Dabei zeigte sich unter anderem, dass der Konsum von Social Media zu mehr Sorgen führen und eine Verstärkung präventiven Verhaltens, wie z. B. gründliches Händewaschen mit Seife und das Meiden stark besuchter Orte, zur Folge haben kann. Derweil untersuchten Kim et al. (2020) die Auswirkungen von Fehlinformationen während der Pandemie unter kulturellen Aspekten. Dabei wurden Personen aus den USA, Südkorea und Singapur untersucht und Unterschiede in der Interpretation von und Reaktionen auf Fehlinformation aufgedeckt. Ebenso wurden indirekte und direkte Effekte vom Kontakt mit Falschinformationen untersucht, wobei beispielsweise ermittelt wurde, dass es zwar signifikante Zusammenhänge zu Informationsvermeidung und heuristischer Informationsverarbeitung gibt, aber nicht zur Informationssuche.

Die hier beschriebene Studie orientiert sich außerdem zum Teil an der Analyse von März, Mandl und Dreisiebner (2021), in der eine zweistufige Untersuchung, bestehend aus einem Onlinefragebogen und einigen ergänzenden Interviews, präsentiert wurde. Erforscht wurde darin die Mediennutzung vor und während der Pandemie, das Informationsbedürfnis und die Zufriedenheit mit verfügbaren Informationen sowie Faktoren zur Auswahl von Informationsmedien, wodurch unter anderem gezeigt werden konnte, dass das Informationsbedürfnis in der Pandemie insgesamt gestiegen ist. Für die Befriedigung dieses Bedürfnisses zeigte sich, dass die Befragten vor allem aktuelle und qualitativ hochwertige Informationen nutzten, wobei sich die Kanäle und Informationsquellen jedoch unterschieden. Ergänzt wurde diese Analyse durch eine Folgestudie, in der neben einer Erneuerung der Umfrage zu einem späteren Zeitpunkt in der Pandemie vor allem ein kontrastiver Ansatz im Vordergrund stand, bei dem das Informationsverhalten von Personen aus Deutschland mit solchen aus spanischsprachigen Ländern Südamerikas verglichen wurde (vgl. Dreisiebner et al., 2021).

Methode

Zur Untersuchung der Lage wurde häufig die Methode der Onlineumfrage zur Datenerhebung gewählt. In der Studie von März et al. (2021) wurde eine solche Onlinebefragung zusätzlich durch semi-strukturierte Interviews ergänzt. Dabei wurden Personen aus dem deutschsprachigen Raum zu ihrem Informationsverhalten, den von ihnen genutzten Medien sowie ihrer Zufriedenheit mit diesen und ihrem Umgang mit falschen Informationen befragt.

Abb. 1: Ergebnisliste einer Beispielsuche aus der Interviewstudie.
Abb. 1:

Ergebnisliste einer Beispielsuche aus der Interviewstudie.

Ähnlich wurde auch in dieser Studie vorgegangen. Zunächst wurde ein Onlinefragebogen mit verschiedenen Fragenkategorien entwickelt. Neben allgemeinen Fragen zu genutzten Medien zur Informationsbeschaffung in der Pandemie wurde der Fokus dabei entsprechend dem Ziel der Studie auf Fragen zur Wissenschaftskommunikation gelegt. Dabei wurden Fragen zur Wahrnehmung der aktuellen Wissenschaftskommunikation mit solchen über zukünftige Vorstellungen zu diesem Thema kombiniert. Vorwiegend wurden geschlossene Fragen mit einer fünfstufigen Likert-Skala verwendet, abschließend konnten die Befragten zusätzlich in offenen Fragen weitere Wünsche oder Kritikpunkte äußern. Diese offenen Angaben finden in diesem Beitrag jedoch keine weitere Beachtung, sondern sollen an anderer Stelle in angemessenem Umfang besprochen werden. Die Rekrutierung der Teilnehmenden erfolgte vor allem über Social Networks wie die Projektaccounts des WInCO-Projekts auf Twitter und Instagram.

Die quantitativen Daten der asynchronen Onlinebefragung mittels Fragebogen sollten durch weitere qualitative Daten ergänzt werden. Dadurch sollte zusätzlich zu den Angaben über das Informationsverhalten detaillierteres Wissen über Motivationen und Gründe für Entscheidungen gewonnen werden. Hierzu fiel die Wahl auf synchrone, online durchgeführte Interviews. Somit implementiert das Vorgehen einen Mixed-Methods-Ansatz, bei dem qualitative und quantitative Methoden parallel eingesetzt werden (Creswell & Plano 2018: 62–63), um komplementäre Erkenntnisse zu gewinnen (Schifferdecker & Reed, 2009).

Die Gestaltung der Interviews orientierte sich dabei an Keats (2000). Da dieses Format mit einer großen Anzahl an Teilnehmenden einen hohen Aufwand birgt, sollten die Interviews weniger dazu dienen, die quantitativen Daten durch mündliche Abfragen zu überprüfen, sondern diese vielmehr durch realitätsnähere Testsituationen zu hinterfragen und Hinweise darauf zu geben, wie stark die durch den Fragebogen erhaltenen Antworten möglicherweise durch den Effekt der sozialen Erwünschtheit beeinflusst sind. Für die Interviews wurden verschiedene Onlineplattformen zum Rekrutieren von Teilnehmenden verwendet, darunter Facebook- und Telegram-Gruppen, aber auch die Website der Universität Hildesheim sowie deren Auftritte in Social Networks. Durchgeführt wurden die Interviews mit dem Videokonferenzsystem BigBlueButton. Nach anfänglicher Begrüßung und Einführung in das Thema folgte die Abfrage des Einverständnisses mit der Aufzeichnung, woraufhin die Aufnahme von Bild und Ton zur bestmöglichen späteren Auswertung der Interviews gestartet wurde. Im weiteren Verlauf beinhaltete das Interview drei Bilder von Beispielsuchen auf Google und YouTube zu Themen rund um die COVID-19-Pandemie, einen Abschnitt mit allgemeinen Fragen zum Informationsverhalten und einen abschließenden Teil mit schriftlich zu beantwortenden demographischen Fragen. Innerhalb der Beispielsuchen sollten die Teilnehmenden zunächst ihr Vorgehen bei Erhalt einer Ergebnisliste beschreiben und die erste Sichtung dieser vornehmen. Anschließend wurden je nach Ausführlichkeit der Antworten Nachfragen bezüglich einzelner Beiträge oder Merkmale der Ergebnisse gestellt. So konnten Meinungen und Vorlieben, aber auch einige implizite Qualitätskriterien für Relevanzentscheidungen festgehalten werden, ohne durch vorgefertigte und explizit gestellte Fragen das Gespräch von vornherein in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Ergebnisse

Mit der beschriebenen Methodik konnten vielfältige Ergebnisse ermittelt werden, welche sich grob in zwei Teilbereiche aufteilen lassen, die nachfolgend ausführlich diskutiert werden sollen. Begonnen wird mit Erkenntnissen zum Informationsverhalten in der Pandemie, wozu etwa die Mediennutzung im Allgemeinen und wichtige Kanäle im Besonderen, sowie die Veränderungen im Nutzungsverhalten zählen. Der zweite Teil dieses Abschnittes umfasst Auswahl- und Qualitätskriterien von Wissenschaftskommunikation und beschreibt die Angaben der Studienteilnehmenden zu ihrer Vorgehensweise bei der Auswahl von Quellen zur Pandemie.

Informationsverhalten in der Coronapandemie

Die Onlineumfrage wurde mit einer allgemeinen Frage zur grundsätzlichen Informiertheit in der Pandemie gestartet. Hier gaben die Teilnehmenden an, sich insgesamt eher gut informiert gefühlt zu haben (Ø 2,46 mit 1 = trifft voll und ganz zu, 5 = trifft überhaupt nicht zu). Dies entspricht auch dem Bild der 2020 durchgeführten Umfrage von März et al. (2021: 168), in der sich nur 12 Prozent der Teilnehmenden mit der Informationsversorgung unzufrieden zeigten. Von diesem insgesamt positiven Bild wichen die durchgeführten Interviews jedoch ab, denn hier äußerten vier der sechs Befragten Kritik an der Informationsbereitstellung in der Pandemie. Dabei wurden sowohl die Art der Kommunikation, etwa im Hinblick auf eine zu monothematische Berichterstattung oder die Instrumentalisierung von Ängsten, als auch die Inhalte bemängelt, beispielsweise durch einen zu geringen Informationsgehalt oder Verwirrung durch unterschiedliche Meinungen. Ein Mangel an Informationen wurde allerdings in keinem Fall als Kritikpunkt genannt.

Zur Informationssuche wurden verschiedene Medien genutzt, wobei in der Umfrage insgesamt vor allem Onlinezeitungen, Fernsehen und Webseiten als Informationsquellen genannt wurden. Unterschiede zeigten sich dabei hinsichtlich verschiedener demographischer Faktoren. So wurden von den meisten Befragten häufiger digitale als klassische Medien genutzt, lediglich bei Personen mit einem Abschluss bis zur Realschule und Personen über 60 Jahren war das Gegenteil der Fall. Auch nutzten Männer klassische Medien wie Fernsehen und Printzeitungen häufiger als Frauen, während diese stärker auf Social Media und dabei vor allem Instagram zurückgriffen. Die Teilnehmenden mit einem niedrigeren Bildungsabschluss verwendeten die klassischen Medien Fernsehen und Radio sowie Facebook und YouTube häufiger als ihre Vergleichsgruppen, welche vor allem Onlinezeitungen und Webseiten aufriefen sowie auf Twitter und Instagram agierten. Auch bei der Betrachtung verschiedener Altersgruppen zeigten sich deutliche Unterschiede, wie Abbildung 2 zeigt. So hatten klassische Medien vor allem bei älteren Menschen eine größere Bedeutung in der Informationsversorgung, wohingegen Social Media von Jüngeren stärker genutzt wurden. Dabei standen aber je nach Altersgruppe verschiedene Social Netzworks im Vordergrund. YouTube und Instagram wurden vor allem von Menschen unter 35 genutzt, während die mittlere Altersgruppe bei Facebook und Twitter den größten Anteil stellte.

Neben dieser allgemeinen Nutzung wurden auch die von den Teilnehmenden am häufigsten genutzten Informationsquellen erfragt. Hierbei wurde vor allem auf Webseiten mit 214 Nennungen und TV-Programme mit 130 Nennungen verwiesen. Bei den konkreten Formaten war in erster Linie die Tagesschau (161 Nennungen) von großer Bedeutung, gefolgt vom Robert Koch-Institut (86 Nennungen). Weitere wichtige Quellen waren verschiedene etablierte Zeitungen wie Der Spiegel, Die Zeit oder die Süddeutsche Zeitung und auch Ministerien und Regierungsorgane. Dabei wurden diese Formate jedoch nicht nur auf klassischem Wege, also als Nachrichtensendung im Fernsehen oder als Printzeitung, sondern auf vielfältige Weise konsumiert. Häufig wurden Onlineangebote über eine entsprechende Webseite oder App genannt, sowie die dazugehörigen Auftritte in verschiedenen Social Media. Es wurden in der Pandemie insgesamt also vor allem bereits bekannte und vertraute Formate genutzt, die jedoch zunehmend auch über neue Verbreitungskanäle abgerufen werden. Dies entspricht auch den von Sandhagen (2022) aus Befragungen gewonnenen Erkenntnissen.

Abb. 2: Nutzung von verschiedenen Medien zur Informationssuche in der COVID-19-Pandemie nach Altersgruppe.
Abb. 2:

Nutzung von verschiedenen Medien zur Informationssuche in der COVID-19-Pandemie nach Altersgruppe.

Diese Angaben decken sich auch mit den durchgeführten Interviews, in denen ebenfalls viele dieser etablierten Quellen wie Der Spiegel, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, verschiedene Nachrichtensendungen und Talkshows im Fernsehen sowie die Website der lokalen Gemeinde genannt wurden. Oft gaben die Interviewten eine oder einige wenige Quellen an, die sie im Alltag (z. B. Podcast oder Radio nebenbei) und/oder aus Gewohnheit nutzen, sowie die gezielte Internetrecherche auf Seiten ihres Vertrauens als weiterführende Möglichkeit, um Informationen zu erhalten. Auch durch die ausgewählten Suchergebnisse im ersten Teil der Interviewstudie wird diese Beobachtung gestützt. Hier erwähnten mehrere Teilnehmende, dass sie ihre Auswahl unter anderem anhand des Vorwissens über die Quellen treffen würden. Neben der allgemeinen Vertrautheit mit der Quelle spielte es auch eine Rolle, ob die Quelle allgemein als seriös und deren entsprechende Recherchearbeit als hochwertig und vertrauenswürdig eingeschätzt wurde.

Eine besondere Rolle, vor allem in der Interviewstudie, spielte YouTube, weil hiervon zwei der drei präsentierten Suchergebnisseiten stammten. Wie bereits erwähnt, gaben aber nur wenige Personen (insgesamt 27 %) im Onlinefragebogen an, YouTube zur Informationsbeschaffung in der Pandemie zu nutzen. Größere Anteile hatte die Plattform bei Personen unter 35 Jahren sowie Menschen mit einem Abschluss bis zur Realschule mit jeweils über 38 Prozent. Diese eher geringe Nutzung von YouTube wurde in den Interviews zusätzlich erläutert und begründet. So wurde von mehreren Teilnehmenden angegeben, dass sie allgemein nur wenige bis gar keine Videos anschauen würden. Eine Teilnehmerin führte zudem weiter aus, dass YouTube für sie kein Informationskanal, sondern eher für Musik, Rezepte oder Freizeitbeschäftigungen relevant sei. Die Vermittlung von Wissenschaft über YouTube fände sie dabei nicht unpassend, würde entsprechende Informationen jedoch nicht selbstständig dort suchen.

Trotz dieser verhältnismäßig weniger frequentierten Nutzung von YouTube zu Informationszwecken spielt diese Plattform dennoch eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Möglichkeit, dass jede Person auf ihrem Kanal nahezu uneingeschränkt jegliche Inhalte veröffentlichen kann, begünstigt die Verbreitung von ungesicherten oder falschen Informationen, wie es in der Pandemie auch durch verschiedene Kanäle mit großer Reichweite geschieht. Ein Beispiel hierfür ist der emeritierte Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, der zu Beginn der Pandemie einen eigenen YouTube-Kanal eröffnete und dort mit einzelnen Videos mehrere Millionen Menschen erreichte (vgl. Basl et al., 2022). Nach aktuellem Stand (Juli 2022) ist dieser YouTube-Kanal jedoch nicht mehr zugänglich. Im Interview berichtete eine Teilnehmerin, dass auch sie durch eine Bekannte mit einem derartigen Video in Kontakt gekommen sei, in dem Falschinformationen ohne den entsprechenden Kontext geteilt wurden. In weiteren Interviews wurden zudem Kontakte mit Falschinformationen auf Facebook sowie im privaten Umfeld und über Chatnachrichten erwähnt.

Neben den verwendeten Medien war auch die Art der Mediennutzung in der durchgeführten Studie von Interesse. Vor allem zu Beginn der Pandemie führten die neuartige Situation und die rasante Entwicklung zunächst zu einem gesteigerten Informationsbedürfnis, sodass ein Großteil der damals befragten Personen angab, ihr Medien- und Nachrichtenkonsum sei während der Pandemie gestiegen (vgl. März et al., 2021: 165). Im weiteren Pandemieverlauf wandelte sich dies jedoch. So berichteten alle Interviewten, dass sich ihr Informationsverhalten in der Pandemie verändert hatte. In zwei Fällen schilderten die Befragten, dass die Recherche mit der Zeit abgenommen habe, nachdem das erste Informationsbedürfnis gestillt war und sich ein gewisser Pandemiealltag etabliert hatte. Eine weitere Person beschrieb einen bedarfsorientierten Konsum, der kurzfristig an aktuellen Gegebenheiten orientiert war. Die weiteren drei nannten vor allem eine Veränderung bezüglich der genutzten Informationsquellen. So wurden weitere Medien wie etwa die Corona-Warn-App hinzugezogen oder auch persönliche Kontakte zu Fachleuten gesucht. Interessant ist auch TN2, der zunächst angab, seinen Medienkonsum nicht verändert zu haben, später jedoch beschrieb, dass er häufiger auf Facebook aktiv sei, was eine Veränderung zur Zeit vor der Pandemie darstellte. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass eine Veränderung im Informationsverhalten teilweise nicht bewusst wahrgenommen wird, weshalb die Antwort auf eine derartige explizite Frage und die Beschreibung des eigenen Verhaltens differieren können.

Der intensive und praktisch durchgängige Kontakt mit Informationen rund um die Pandemie hatte zudem auch Auswirkungen auf die Gefühlslage der Interviewten. So berichteten sie oft von einer einsetzenden Lethargie oder einem Sättigungsgefühl und fühlten sich „voll“ von den Coronainformationen. Eine Teilnehmerin hatte außerdem „keine Ahnung mehr, wem ich wirklich Glauben schenken soll, weil alle durcheinander reden“ und schien durch die Vielfalt an Informationen und Stimmen eher verunsichert als aufgeklärt zu werden. Diese intensive Konfrontation mit coronaspezifischen Informationen führte bei einigen Teilnehmenden zu einer Distanzierung von derartigen Inhalten, sodass eine Teilnehmerin beispielsweise im Freundeskreis die Bitte äußerte, das Thema Corona bewusst nicht anzusprechen. Auch zwei weitere Personen erwähnten, zum eigenen mentalen Schutz eine Abwehrhaltung eingenommen zu haben beziehungsweise stark negativ klingende Schlagzeilen zu meiden. Dem gegenüber steht ein Teilnehmer, der angab, durch die Pandemie gezielt häufiger mit Falschmeldungen zu interagieren, um den Verbreitenden dieser Nachrichten seinen Widerstand deutlich zu machen.

Diese Selbstauskünfte spiegeln sich auch in der durchgeführten Onlineumfrage wider. Zunächst wurde in dieser gefragt, ob sich die Teilnehmenden von den vielen Informationen zur Pandemie überfordert fühlten. Dabei ergab sich eine insgesamt eher unentschlossene Einschätzung mit einem Durchschnittswert von 3,20 (mit 1 = trifft voll und ganz zu, 5 = trifft überhaupt nicht zu). Etwas stärker überfordert zeigten sich die Gruppen der jüngeren Menschen unter 35 (Ø 2,81) sowie die Personen mit einem Abschluss bis zur Realschule (Ø 2,71), doch auch hier war nur eine leichte Tendenz in diese Richtung erkennbar. Bei der Frage danach, ob dieses Übermaß an Informationen zu einer reduzierten Beschäftigung mit dem Thema geführt habe, vergrößerten sich diese Unterschiede aber teilweise. Insgesamt standen die Befragten dieser Aussage neutral bis leicht verneinend (Ø 3,40) gegenüber und auch bezüglich des Bildungsniveaus zeigten sich hier geringere Unterschiede. Auffällig waren jedoch vor allem die Angaben in den verschiedenen Altersgruppen. Während die älteren Menschen ab 60 eher keine Informationsvermeidung beschrieben (Ø 4,10), war der Wert bei den jungen deutlich geringer (Ø 2,92), sodass hier eine leichte Tendenz zur Informationsvermeidung besteht. Dies geht einher mit den Beobachtungen aus den Interviews, weil die beiden Teilnehmerinnen, die ein entsprechendes Verhalten berichteten, ebenfalls dieser Altersgruppe zuzuordnen sind. Eine mögliche Ursache könnten die oben beschriebenen Unterschiede im Konsum verschiedener Medien sein. Im Gegensatz zu Personen, die lediglich wenige Male am Tag Nachrichtensendungen ansehen oder die Zeitung lesen, sind jüngere Menschen durch die verstärkte Nutzung von Social Media mutmaßlich häufiger mit entsprechenden Nachrichten konfrontiert, wodurch eine Informationsüberflutung, also ein Information Overload, eher erlebt wird. Dieser Zusammenhang zwischen Information Overload und Altersgruppe sollte noch intensiver untersucht werden. Darüber hinaus zeigten sich auch bei (Nicht-)Angehörigen der Risikogruppe für eine COVID-19-Erkrankung deutliche Differenzen. So erfolgte eine Reduktion des Informationskonsums bei Personen in der Risikogruppe (Ø 3,98) deutlich weniger als bei den anderen Befragten (Ø 3,24).

Insgesamt gaben dabei aber 87 Personen und somit gut 27 Prozent der Befragten an, sich zumindest teilweise aufgrund der Informationsvielfalt weniger mit dem Thema beschäftigt zu haben. In der von März et al. (2021) durchgeführten Studie gaben hingegen nur vier Prozent an, aktiv Informationen zur Pandemie zu vermeiden (vgl. März et al., 2021: 168). Hier zeigt sich also eine deutliche Erhöhung dieses Werts, der auf eine Sättigung des Informationsbedürfnisses hindeutet und sich auch in der beschriebenen Gefühlslage der interviewten Personen wiederfinden ließ. Diese Ergebnisse liefern demnach bei den Teilnehmenden sowohl der Interviewstudie als auch des Fragebogens deutliche Hinweise auf einen Erschöpfungszustand aufgrund der Vielzahl an Informationen, die Information Fatigue, wobei weitere Untersuchungen zur genauen Bestimmung des Umfangs dieses Phänomens erforderlich sind.

In den Interviews beschrieben die Befragten auch, wovon ihr Nutzungsverhalten und eine eventuelle Reduktion des Konsums abhängig sei und wonach sie ihre Informationsquellen, etwa auf YouTube, ausgewählt hätten. Die Auswahl von einzelnen Quellen hing oft vor allem von der verfügbaren Zeit und der Übereinstimmung mit dem konkret vorliegenden Informationsbedürfnis ab. Die dabei beschriebenen Informationsbedürfnisse und Gründe für die Informationssuche waren Bedürfnisse, Situationen und Schutzmaßnahmen von Familien und Freunden, ein Pflichtgefühl den Mitmenschen gegenüber und auch konkrete Veranstaltungen, Anlässe und Urlaube, für welche die genauen Rahmenbedingungen ermittelt werden sollten. Eine Teilnehmerin benannte zudem explizit für längere Videos, dass sie diese nur angesehen habe, wenn sie spezifisch danach gesucht habe und ihr der Ersteller oder die Erstellerin ihr bekannt gewesen sei. In einem Fall wurde zudem auch die aktuelle Gefühlslage als Einflussfaktor auf das Nutzungsverhalten genannt, was sich mit den beschriebenen Erkenntnissen zum Information Overload deckt.

Auswahl- und Qualitätskriterien von Wissenschaftskommunikation

Neben den Fragen zur Informationsbeschaffung in der Coronapandemie im Allgemeinen und der Nutzung verschiedener Medien dienten sowohl Fragebogen als auch Interviews ebenfalls der Ermittlung von angewandten Auswahl- und Qualitätskriterien von Wissenschaftskommunikation, wobei unterschiedliche Ansätze genutzt wurden. Während in der Onlineumfrage explizit einige mögliche Qualitätskriterien und wichtige Auswahlfaktoren abgefragt wurden, waren die Interviews zurückhaltender gestaltet und sollten möglichst ohne Suggestion durchgeführt werden, um zu beobachten, welche Aspekte die Teilnehmenden selbstständig anführen. So sollten weitere Faktoren ermittelt werden, die weniger offensichtlich waren und möglicherweise nur unterbewusst eine Rolle spielten, sodass sie in einer expliziten Befragung eventuell nicht benannt werden könnten.

Über den Fragebogen wurden beispielsweise einige mögliche Charakteristika von Wissenschaftskommunikation und deren Bedeutung für die Befragten eingeordnet. Als besonders relevant stellte sich dabei die Ausrichtung auf verschiedene Zielgruppen von Wissenschaftskommunikation heraus (Ø 1,76), bei der es auch zwischen den verschiedenen betrachteten Personengruppen keine großen Unterschiede in der Einschätzung gab. Ebenfalls wichtig, wenn auch etwas weniger, war es für die Befragten, dass die Wissenschaftskommunikation im Dialog stattfindet, um auf die Bedürfnisse des Publikums eingehen zu können (Ø 2,23). Als drittes Charakteristikum war die Unterhaltsamkeit einzuordnen. Diese wurde von den Teilnehmenden aber nur als weniger wichtig benannt (Ø 2,81).

Über diese allgemeinen Charakteristika hinaus wurden einige konkrete Aspekte abgefragt, die bei der Auswahl von einzelnen Kommunikaten zur Informationsbeschaffung eine Rolle spielen könnten. In einer ersten Frage zeigte sich dabei kein besonderes Vertrauen in akademische Titel der Protagonistinnen und Protagonisten (Ø 3,48) – so können diese zwar in manchen Fällen das Vertrauen des Publikums erhöhen, gelten aber nicht allgemein als Qualitätskriterium. Ähnlich verhielt es sich mit der Rolle von Nicht-Expertinnen und -Experten. Sowohl die Einschätzung, dass auch Personen ohne wissenschaftlichen Hintergrund als Expertinnen oder Experten für COVID-19 gelten könnten (Ø 3,32), als auch die Beurteilung von bereitgestellten Inhalten zum Thema durch diese Personengruppe als hilfreich (Ø 3,31), fiel gespalten aus. Während sich hier insgesamt ebenfalls ein eher homogenes Bild bei den Befragten zeigte, wurden bei der Frage nach mangelndem Verständnis über die Kommunikation von Unsicherheiten und Uneinigkeiten in der Wissenschaft größere Unterschiede deutlich. Insgesamt gaben die Befragten an, dass dieses Unverständnis eher nicht gegeben sei (Ø 3,70). Während dies vor allem für die Gruppe der Personen mit Universitätsabschluss zutraf, galt dies für die restlichen Teilnehmenden weniger und vor allem Personen mit einem Abschluss bis zur Realschule äußerten ein stärkeres Unverständnis für die Kommunikation von weiterhin zu diskutierenden Ergebnissen (Ø 2,57). Auch bei älteren Menschen ab 60 Jahren war dieses Unverständnis eher gegeben (Ø 3,23). Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der Aussage, dass fehlende Kenntnisse über wissenschaftliche Prozesse dazu beitrugen, dass die Qualität wissenschaftlicher Informationen nicht immer richtig beurteilt werden könne. Insgesamt wurde dieser Aussage eher weniger zugestimmt (Ø 3,45), jedoch waren vor allem in der Gruppe der Personen mit einem Abschluss bis zur Realschule (Ø 2,45) deutliche Unterschiede zur Gesamtheit der befragten Personen erkennbar. Darüber hinaus zeigte sich bei den verschiedenen Altersgruppen ein interessantes Bild, da Menschen mittleren Alters der Aussage erkennbar weniger zustimmten (Ø 3,66) als jüngere (Ø 3,35) und ältere (Ø 3,13) Menschen, sodass hier keine kontinuierliche Abstufung erkennbar war, wie es bei vielen anderen Fragen der Fall war.

Vor allem die letzten beiden besprochenen Aussagen machen noch einmal die Bedeutung einer zielgruppenorientierten Wissenschaftskommunikation deutlich. Je nach Zielgruppe sollten so beispielsweise Hintergrundinformationen über die ablaufenden Prozesse in der Wissenschaft und den Entstehungsprozess von Erkenntnissen stärkere Berücksichtigung finden, um eine bessere Einordnung von Ergebnissen durch das Publikum zu ermöglichen. Somit verdeutlichen diese Umfrageergebnisse die eingangs dieses Abschnitts auch von den Befragten als besonders bedeutsam eingeschätzte Ausrichtung und Anpassung von Wissenschaftskommunikation auf die gewünschte Zielgruppe.

In den durchgeführten Interviews wurde auf diese Kriterien nicht explizit eingegangen, stattdessen wurden weniger komplexe und eher auf den ersten Blick ersichtliche Kriterien angesprochen. Wichtig war den Befragten dabei vor allem die Glaubwürdigkeit und Seriosität von Quellen. Wie bereits aus den Fragebogendaten erkennbar, wurde dies auch hier weniger an Aspekten wie akademischen Titeln festgemacht. Stattdessen spielte vor allem Bekanntheit eine große Rolle. Dies betraf sowohl Institutionen oder Formate wie die Tagesschau als auch einzelne Personen. Alle sechs Interviewten betonten, dass die Quelle für sie entscheidend sei, wenn sie nach Informationen zur Pandemie suchten. Dabei spezifizierten vier der sechs, dass für sie auch die kommunizierende Person innerhalb der Quelle eine Rolle spiele. Beim Erkennen einer ihnen bekannten bzw. vertrauten Person im Vorschaubild eines Videos neigten sie auch bei Unbekanntheit der eigentlichen Quelle eher dazu, diese Quelle anzusehen.

Bekanntes wurde von den Teilnehmenden somit eher ausgewählt als Neues und Unbekanntes. Relevant waren dabei auch regionale Faktoren. So wurde beispielsweise ein Video des Bayerischen Rundfunks vor allem von zwei Interviewten mit Bezug zu dieser Region positiv erwähnt. Die Hessisch/Niedersächsische Allgemeine war dagegen vielen Befragten unbekannt und hatte so für sie eine eher geringere Bedeutung bzw. würde von einem Befragten sogar gar nicht oder nur als letzte Quelle im gegebenen Beispiel ausgewählt werden. Bekanntheit konnte aber auch negative Auswirkungen haben, wenn die Haltung dieser Personen oder Institutionen nicht geteilt werden und so eine Voreingenommenheit bezüglich der Suchergebnisse besteht. So wurden Mai Thi Nguyen-Kim, Karl Lauterbach und Ranga Yogeshwar von mehreren Teilnehmenden erkannt und dabei nicht immer positiv, sondern teilweise auch negativ bewertet, weshalb das entsprechende Suchergebnis eher nicht ausgewählt werden würde.

Neben dem Kriterium einer „guten“ Quelle, die vor allem anhand von Bekanntheit, offiziellem Charakter und öffentlichem Ansehen bestimmt wurde, spielte auch der Aspekt der Aktualität eine wichtige Rolle bei der Informationsauswahl. So sollte die gewählte Quelle für fast alle Befragten möglichst aktuell sein und sich jeweils auf die aktuelle Situation beziehen, um einen Neuheitsgehalt zu bieten und somit zum Wissenserwerb beizutragen.

Während die Onlineumfrage wie oben beschrieben eine geringe Tendenz zu mehr Unterhaltsamkeit in der Wissenschaftskommunikation ergab, zeigte sich in den Interviews, dass vor allem auf einen seriösen Anschein der Inhalte geachtet wurde. Neben den bereits erläuterten etablierten Quellen galt dies auch für die Präsentation der Informationen. So wurde beispielsweise die Verwendung von Umgangssprache eher negativ bewertet, sodass ein stärkerer Fokus auf derartige der Unterhaltsamkeit dienende Faktoren in Wissenschaftskommunikationsformaten genau abgewogen werden sollte. Aus den geschlossenen Fragen der Onlineumfrage kann jedoch nicht ermittelt werden, was die Teilnehmenden unter Unterhaltsamkeit verstehen und welche Gedanken sich hinter ihrer Einschätzung verbergen. So könnte beispielsweise das Format MaiLab einerseits als seriöses und vor allem auch etabliertes Wissenschaftsformat gelten, das aber gleichzeitig durch die Gestaltung und auch die verwendete Sprache einen gewissen Unterhaltungswert haben dürfte. Dieser Aspekt sollte daher zukünftig weiteren Untersuchungen unterzogen werden.

Weitere Kriterien, die von den Interviewten für die Auswahl von einzelnen Suchergebnissen angeführt wurden, waren eine angemessene Informationsdichte und eine prägnante Darstellung der Inhalte, die Ausgewogenheit der Berichterstattung sowie die Verständlichkeit der Videos und Artikel.

Fazit

Insgesamt ließ sich aus den Daten der Onlineumfrage und den Interviews ermitteln, dass für die Beschaffung von Informationen zur COVID-19-Pandemie vor allem bekannte und etablierte Quellen genutzt, diese aber über verschiedene Kanäle rezipiert wurden. Wichtiges Kriterium bei der Quellenauswahl war dabei vor allem die Seriosität, sowohl hinsichtlich der Quelle selbst als auch der enthaltenen Informationen. Dies wurde beispielsweise an der Bekanntheit des Kanals oder Formates sowie der auftretenden Personen oder auch an der verwendeten Sprache festgemacht. Weiterhin von großer Relevanz für die Auswahl war die Aktualität der Quelle und der Neuheitswert für die Befragten in ihrer aktuellen Situation.

Zukünftig ist jedoch noch weitere Forschung zu Wissenschaftskommunikation und Informationsbeschaffung notwendig, um ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, welche Quellen für welche Bedürfnisse genutzt und wonach diese jeweils ausgewählt werden. Die ersten Ergebnisse dieser Studie weisen darauf hin, dass offizielle und etablierte Quellen unabhängig vom konkreten Informationsbedürfnis eher bevorzugt zu werden scheinen. Wichtig ist die Anpassung auf die konkreten Informationsbedürfnisse, damit die Informationen auch als relevant angesehen werden. Wissenschaftskommunikation sollte daher möglichst breit gefächert werden, um die verschiedenen Bedürfnisse in der Bevölkerung abdecken zu können.

Weiterhin machte die Studie deutlich, dass sowohl bezüglich der Inhalte als auch der Präsentationsform der Zielgruppenorientierung von Wissenschaftskommunikation eine große Bedeutung zugeschrieben werden sollte. So sollten die Inhalte an verschiedene mögliche Lebenssituationen der Bevölkerung angepasst und auch auf verschiedene Arten dargestellt werden – etwa indem Hintergrundinformationen stärker erläutert werden, um unterschiedlichen Kenntnisständen gerecht zu werden. Diesbezüglich ist zukünftig jedoch vor allem eine bessere Datenlage für verschiedene demographische Gruppen erforderlich, weil beispielsweise Personen mit einem Bildungsabschluss ohne Abitur in der Umfrage kaum und in den Interviews gar nicht vertreten waren.

About the authors

Ramona Böcker

Ramona Böcker ist Studentin im Masterstudiengang „Internationales Informationsmanagement – Informationswissenschaft“ der Universität Hildesheim. Sie interessiert sich vor allem für die Themengebiete Informationsverhalten und Mediennutzung sowie Wissensmanagement.

Apl. Prof. Dr. Thomas Mandl

Thomas Mandl ist seit 2010 Professor am Institut für Informationswissenschaft und Sprachtechnologie der Universität Hildesheim. Nach dem Studium der Informationswissenschaft an der Universität Regensburg und der University of Illinois at Urbana-Champaign hat er sich 2006 habilitiert. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind Mensch-Maschine Interaktion, Bildverarbeitung in den Digital Humanities sowie Information Behaviour.

Hannah Mitera

Hannah Mitera ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Informationswissenschaft und Sprachtechnologie der Universität Hildesheim. Nach ihrem Abschluss im Studiengang „Internationales Informationsmanagement – Informationswissenschaft“ vertieft sie dort nun Ihre Forschungsinteressen im Bereich der automatischen Verarbeitung von Daten aus Social Media.

Franziska Schmidt

Franziska Schmidt ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Medienlinguistik und multimodale Wissenschaftskommunikation.

Literatur

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Published Online: 2023-02-07
Published in Print: 2023-02-28

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

Downloaded on 27.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/iwp-2022-2248/html
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