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Spielend heilen

Ein systematisches Review zum Einsatz von Gamification in Therapie und Rehabilitation
  • Yasemin Caliskan EMAIL logo , Rosa Entezari , Marc Eßer , Ulrike Ezold , Dennis Gelfart , Hafssa Mariami and Lisa Beutelspacher
Published/Copyright: February 2, 2018
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Zusammenfassung

Immer häufiger sind Spielelemente Gegenstand verschiedener spielfremder Forschungsbereiche. Einzug haben diese gamifizierten Methoden mittlerweile auch im Gesundheitswesen gehalten. Dieses systematische Review untersucht den aktuellen Forschungsstand der Anwendung von Gamification in den Bereichen „Therapie“ und „Rehabilitation“ anhand von ausgewählten Studien. Ziel ist es, sowohl Forschern als auch Anwendern von gamifizierten Projekten einen Überblick über die eingesetzten Methoden und Anwendungsmöglichkeiten zu geben. Behandelt werden der Einsatz und der Erfolg von gamifizierten Systemen sowie deren Auswirkungen auf die Patienten. Es wird zudem auf Themen hingewiesen, die innerhalb der untersuchten Literatur kaum bzw. nicht behandelt wurden.

Abstract

With increasing frequency, game elements can be found in various non-game research areas. These gamified methods have now also found their way into the health-care sector. Based on selected studies this systematic review explores the current state of research on the use of gamification in the areas of therapy and rehabilitation. The purpose of this review is to provide an overview of the methods and various applications for researchers and users of gamified projects. The paper will address the use and success of gamified systems as well as their impact on the patients. Furthermore, it highlights issues which had barely or not been dealt within the selected studies.

Resumé

Les éléments de jeu font de plus en plus souvent l'objet de recherche dans des domaines autres que le jeu. Ces méthodes ludifiés se sont notamment développées dans les soins de santé. Ce bilan examine systématiquement l'état actuel de la recherche dans l'application de la ludification dans les domaines de la «thérapie» et de la «rééducation» sur base d'études sélectionnées. L'objectif est de donner aux chercheurs et aux utilisateurs de projets ludifiés un aperçu des méthodes et des applications utilisées. Nous examinons l'usage et le succès des systèmes ludifiés ainsi que leur impact sur les patients. Nous faisons également référence à des sujets qui ont été peu ou pas du tout traités dans la littérature consultée.

1 Einleitung

Unter „Gamification“ wird die Nutzung von Spielelementen innerhalb eines spielfremden Kontextes verstanden (Deterding, Khaled, Nacke, & Dixon, 2011). In den letzten Jahren wurde auch im Gesundheitswesen und insbesondere innerhalb der Therapie und Rehabilitation, im Gegensatz zu klassischen Maßnahmen, immer stärker Wert auf gamifizierte Methoden gelegt. Diese sollen die Patienten darin fördern, ihre Handlungen motiviert durchzuführen, und so ihren Genesungsprozess unterstützen (Vourvopoulos, Faria, Ponnam, & Bermudez i Badia, 2014). Außerdem soll der Einsatz von Spielmechaniken zur höheren Akzeptanz eines Systems beitragen (LeGrand et al., 2016).

Abbildung 1 Forschungsmodell.
Abbildung 1

Forschungsmodell.

Ziel dieser Arbeit ist es, mittels einer systematischen Identifikation und Überprüfung der zurzeit existierenden Literatur, einen Überblick über den aktuellen Stand zum Thema „Einsatz von Gamification in Therapie und Rehabilitation‟ bereitzustellen. Der Beitrag bezieht sich dabei besonders auf den Einsatz von informationstechnischen Elementen und Instrumenten. Dazu wird in diesem Artikel auf folgende Forschungsfragen (Research Questions; RQs) eingegangen (s. Abb. 1):

  1. RQ 1: Welche Methoden werden bei der Untersuchung von gamifizierten Therapien angewandt (z. B. Fragebögen, Think-Aloud Methode etc.)?

  2. RQ 2: Welche Spielelemente werden für Therapie und Rehabilitation eingesetzt?

  3. RQ 3: Welche Hardware (z. B. Smartphone, Tablet etc.) kommt zum Einsatz?

  4. RQ 4: Für welche Krankheiten oder Verletzungen werden gamifizierte Therapie-Methoden verwendet?

  5. RQ 5: Wie trägt Gamification zur Motivation der Patienten bei und wird sie von den Patienten angenommen?

  6. RQ 6: Wie trägt Gamification zum Erfolg der Therapie bzw. der Rehabilitationsmaßnahme bei?

  7. RQ 7: Wie behandeln die untersuchten Studien das Thema „Datenschutz“?

2 Recherche-Prozess

Die Recherche bezüglich des Reviews wurde in folgenden Datenbanken durchgeführt: ACM Digital Library, Google Scholar, ProQuest, PubMed, Scopus und Web of Science. Für die Suche wurden innerhalb der erwähnten Datenbanken folgende Suchterme verwendet und miteinander verknüpft: gamification, gamified, gamif*, gameful und therapy, therapeutic, therapist, therap*, rehab*, treat*. Die Suchanfragen wurden datenbankspezifisch angepasst und nach Möglichkeit auf die Felder Titel, Abstract und Keywords sowie auf die englische Sprache eingeschränkt. Patente wurden ausgeschlossen.

Anzahl der gefundenen Artikel nach der ersten Recherche:

  1. ACM Digital Library: 20

  2. Google Scholar: 15

  3. ProQuest: 11

  4. PubMed: 39

  5. Scopus: 45

  6. Web of Science: 35

Um kontinuierlich eine einheitliche Qualtität der Studien zu gewährleisten, wurden nach der ersten Datenbank-Recherche weitere Einschränkungen durchgeführt, und die Suche auf folgende Kriterien fokussiert:

  1. Volltexte sollten vorhanden sein.

  2. Es sollten veröffentlichte Peer-Review-Artikel sein.

  3. Die Artikel sollten eine empirische Studie aufweisen.

Anschließend wurden alle gefundenen wissenschaftlichen Artikel intellektuell nach folgenden Kriterien selektiert:

  1. In der Studie sollten Testpersonen vorhanden sein.

  2. Die Artikel sollten einen klaren Gesundheitsbezug aufweisen und die Bereiche „Therapie“ oder „Rehabilitation“ aufgreifen.

  3. Die Artikel sollten einen klaren Bezug zu Gamification aufweisen, der unserer oben erwähnten Definition entspricht.

Nach der systematischen Prüfung und Durchführung der vorherigen Selektionsschritte fanden 26 durch Peer Review geprüfte Artikel für diese Übersichtsarbeit Verwendung (siehe Anhang). Zur besseren Lesbarkeit wird im weiteren Verlauf des Artikels jeweils auf die angegebenen Studiennummern verwiesen.

3 Ergebnisse

3.1 Untersuchungsmethoden

Von den 26 ausgewählten Studien waren fünf (Studien 1, 10, 16, 17 und 19) randomisiert und kontrolliert (Randomized Controlled Trial; RCT), darunter eine einfach- und eine doppelblinde Studie. Im medizinischen Kontext gilt RCT als verlässlichste Methode. Die am häufigsten angewandten Methoden zur Datenerhebung waren schriftliche Befragungen (Studien 1, 2, 5, 10, 15, 17, 18, 20 und 26) und Beobachtungen (Studien 3, 12, 13, 14, 15, 16, 19, 21 und 23) mit jeweils neunmaligem und mündliche Befragungen (Studien 4, 7, 8, 9, 11 und 14) mit sechsmaligem Einsatz. Seltener wurden bereits erhobene Daten analysiert (Studien 8, 21, 23 und 25), Evaluations-Tests durchgeführt (Studien 6, 10 und 22) und nur einmal die Think-Aloud Methode (Studie 24) angewandt. Sechs der 26 Studien haben mehrere Methoden miteinander kombiniert. Die sehr häufig angewandten mündlichen und schriftlichen Befragungen haben einen hohen Anteil an Einschätzungen, die nicht von einer medizinisch ausgebildeten Fachperson getroffen werden, sondern von dem Patienten selbst (Studien 1, 2, 4, 5, 11, 17, 18, 20 und 26). Dies und die geringe Anzahl der RCTs könnten eine Ursache für mögliche Verzerrungen darstellen.

3.2 Eingesetzte Spielelemente

Die Spielelemente werden in unterschiedlicher Weise und Kombination verwendet, weshalb sie auch nicht immer voneinander zu trennen sind. Tabelle 1 zeigt, welche Spielelemente die jeweiligen Studien eingesetzt haben.

Tabelle 1

Eingesetzte Gamification-Elemente.

Gamification-ElementStudiennummern aus Anhang
Quests2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 20, 24, 25, 26
Levels2, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 15, 17, 20, 22, 23, 25
Story2, 3, 7, 8, 10, (14), 15, 17, 20, 22, 25, 26
Punkte1, 3, 4, 7, 8, 9, 15, 21, 22, 25, 26
Rewards1, 2, 9, 10, 11, 21, 23, 24, 25
Zeitmessung2, 4, 6, 7, 8, 10, 22, 25
Social1, 2, 9, 11, 15, 21
Bestenlisten1, 9

Das häufigste Spielelement in den untersuchten Studien sind Quests, also festgelegte Aufgaben, die ein Spieler zu erfüllen hat. Das Absolvieren solcher Quests soll Spieler antreiben, weitere Aufgaben in Angriff zu nehmen, und so die Motivation erhalten (Zichermann & Cunningham, 2011). Auch Levels, die den Fortschritt eines Spielers widerspiegeln, werden häufig verwendet. Diese Level können z. B. durch Punktgewinne oder die Bewältigung bestimmter Quests erreicht werden. Studie 6 bewertet als einzige auch den Misserfolg der Patienten. Sollte eine bestimmte Erfolgsrate nicht erfüllt werden, so wird der Patient um ein Level zurückgestuft. Im Unterschied dazu wird bei Studie 25 die Endleistung nicht angegeben, um ein negatives und demotivierendes Feedback für den Patienten zu vermeiden.

Durch den Einsatz einer Story, also einer Geschichte, gewinnen die Handlung und damit auch die zu bewältigenden Quests an Bedeutung (Kapp, 2012). Stories werden in den betrachteten Studien oftmals eingesetzt. Punkte (z. B. für das Erledigen von Quests) und Rewards (Belohnungen für bestimmte Aktivitäten) gehören ebenfalls zu den häufigsten Spielelementen und sollen durch die Visualisierung des Fortschritts motivieren (Sailer, Hense, Mandl, & Klevers, 2013).

Die Zeitmessung bzw. das Setzen eines Zeitziels fordert den Spieler heraus, eine Quest in einer festgelegten Zeit zu erledigen. In einigen Studien spielt auch der soziale Aspekt eine Rolle (Studien 1, 2, 9, 11, 15 und 21). So hat der Patient die Möglichkeit, seine Erfolge auf sozialen Plattformen zu teilen, mit anderen zu spielen oder mit anderen Betroffenen zu kommunizieren.

Einige Studien (5, 12, 18 und 19) sind weniger auf die Spielelemente eingegangen und haben sich eher auf die Wirkung von Gamification konzentriert. Dabei wurden unter anderem Spiele wie Wii Sports, Cooking Mama oder Bingo eingesetzt. Diese Studien wurden in Tabelle 1 nicht berücksichtigt.

3.3 Eingesetzte Hardware

Die meisten untersuchten Studien arbeiten mit Smartphones und Tablets (Studien 7, 8, 9, 11, 13, 15, 17 und 21) oder Computern (Studien 1, 2, 10, 20, 24 und 25). Einige arbeiten mit bekannten Spielekonsolen wie z. B. der PlayStation II (Studien 12 und 18), der Nintendo Wii (Studien 5 und 19) oder nutzen Microsoft Kinect (Studien 3, 6, 22 und 26). Um bestimmte Bewegungen für den Patienten zu erleichtern und die Therapie unterhaltsamer zu gestalten, wird die PlayStation II mit einem stationären Fahrrad verbunden (Studie 12) oder mit dem Zusatzgerät EyeToy ausgestattet (Studie 18).

Bei Microsoft Kinect haben die Forscher die Möglichkeit, mit der Microsoft Kinect-Technologie (Kinect SDK) zu arbeiten und eigene therapeutische Spiele zu entwickeln. Studie 6 kombiniert beispielsweise Microsoft Kinect mit einem Projektor. Dabei wird eine virtuelle Umgebung auf einen Tisch projiziert. Diese reagiert auf Bewegungen des Patienten, der auch feste Objekte einbeziehen und Übungen durchführen kann.

Einzelne Studien verwenden für ihre Therapie außergewöhnlichere Methoden, wie einen NAO-Roboter (Studie 16), ein EEG-Gerät (Studie 23) oder ein System, das aus Microsoft Kinect, Oculus Rift und Haptic Gloves besteht (Studie 14).

3.4 Behandelte Krankheiten und Verletzungen

Die untersuchten Studien setzen gamifizierte Methoden für die Behandlung verschiedenster Krankheiten und Verletzungen ein (s. Tab. 2). Hier sind sowohl physische als auch psychische Erkrankungen zu nennen. Sehr häufig wird Gamification zur Therapie nach Schlaganfällen und Hirntraumata eingesetzt (Studien 6, 14, 18, 19, 25), weil viele Patienten aufgrund der zumeist langwierigen Physiotherapie mit Motivationsschwierigkeiten zu kämpfen haben. Hier soll Gamification ansetzen und die Patienten im Spiel „mitreißen“ (Czeschik, 2017). Auch psychische Krankheiten, wie Angststörungen und Depressionen, werden häufig mit gamifizierten Methoden therapiert. Die Vielfalt der behandelten Krankheiten und Krankheitsfolgen verdeutlicht die breite Einsetzbarkeit von Gamification.

Tabelle 2

Behandelte Krankheiten und Krankheitsfolgen.

Humane Immundefizienz-Virus (HIV)15
Körperliche Einschränkungen im Alter und aufgrund von Krankheiten16
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)24
Raucherentwöhnung11
Rheumatoide Arthritis1
Sinnesverarbeitungsstörung, Wahrnehmungsverarbeitungsstörung (Sensory Integration Dysfunction – SID)5
Übergewicht12
Verbesserung der Regeneration nach einer Knieoperation22
Verlust des Sprechvermögens (Aphasie)13
Wiederherstellung und Steigerung des Körperbewusstseins nach einer Verletzung, z. B. an der Hand4

3.5 Motivation und Akzeptanz der Patienten

Für einen Überblick zur Auswirkung von Gamification auf die Motivation der Patienten und die allgemeine Akzeptanz gamifizierter Therapien wurden zunächst die unterschiedlichen Versuchspersonengruppen betrachtet und in Hinblick auf die einzelnen Studien Krankheit, Altersspanne und Teilnehmerzahl definiert. Studienübergreifend geht hervor, dass sich die Altersspanne von achtjährigen Teilnehmern bis hin zu 96-jährigen Personen erstreckte. Weiterhin lag das Minimum der Teilnehmer an den untersuchten Studien bei einer Person und das Maximum bei 155 Versuchspersonen.

Es wurde festgestellt, dass sowohl das Alter als auch die Teilnehmerzahl keinen sichtbaren Einfluss auf die Motivation der Patienten hatten. Entsprechend waren einerseits Kinder entschlossen, mithilfe einer gamifizierten Therapie länger zu trainieren (Studie 12). Sie empfanden die wahrgenommene Erschöpfung während der Videospiel-Sessions geringer als bei einer herkömmlichen Methode. Andererseits wurde auch in der hohen Altersklasse der 72- bis 96-jährigen der Einsatz von Gamification positiv angenommen (Studie 16).

In Studie 1 waren die Patienten in der großen Gruppe motiviert und nahmen die gamifizierte Methode gut an. Sie konnten sich für sportliche Aktivitäten begeistern und diese steigern. Die einzige Testperson in Studie 21 war gleichermaßen motiviert und nahm ohne Schwierigkeiten teil.

Das Ziel, eine höhere Motivation durch den Einsatz von Gamification zu erreichen, wurde in allen Studien bestätigt. In vier Studien (5, 9, 23 und 25) gab es jedoch als Ausnahme einzelne Teilnehmer, die diesen Einsatz ablehnten.

3.6 Effektivität

Von den 26 untersuchten Studien haben 13 die Effektivität beurteilt und durchwegs ein positives Urteil über den Einfluss auf die Patienten gefällt. Dies betraf allerdings unterschiedliche Ebenen.

In einem Teil der Studien (5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 19, 21 und 22) konnten im Vergleich zur traditionellen Therapie bessere oder schnellere Ergebnisse bei der Heilung einer Krankheit festgestellt werden. So half Gamification beispielsweise, motorische Fähigkeiten nach einem Schlaganfall wiederzuerlangen (Studie 19) oder die körperliche Betätigung für die Bekämpfung von Fettleibigkeit zu steigern (Studie 12). Bei dem anderen Teil der Studien (1 und 24) konnte durch die Behandlung in einem spielerischen Kontext der Umgang mit der Krankheit verbessert werden. Die Teilnehmer der Studie 1 mussten beispielsweise weniger häufig den Arzt aufsuchen und wurden körperlich aktiver.

Einige Studien (5, 6, 10, 13, 19 und 22) ziehen einen Vergleich von gamifizierten zu herkömmlichen Behandlungsmethoden, wobei erstere in der Endauswertung in der Regel besser abschneiden. Es fällt auf, dass die spielerischen Elemente vor allem durch eine Steigerung der Motivation Einfluss auf die Ergebnisse nehmen. Die Teilnehmer der Studien haben mehr Spaß bei ihren Übungen und entwickeln einen Ehrgeiz, Fortschritte zu erzielen. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Häufigkeit und Länge des Trainings aus.

Einige Studien sprechen explizit den Bedarf eines Kontrollversuchs an, um die Ergebnisse zu bestätigen. Als Grund nennen sie unter anderem die teils nur subjektive Befragung der Probanden. Bei der Bewertung der Aussagekraft sei aber auch die Teilnehmerzahl zu beachten.

3.7 Datenschutz

Wie häufig bei der Verwendung von digitalen Medien, können auch bei der Unterstützung der gesundheitlichen Versorgung durch Gamification Bedenken zum Datenschutz aufkommen Deshalb gab es auch eine Forschungsfrage zu den über die Patienten erfassten Daten. Es wurde untersucht, ob die Studien, die bei ihrer Datenerfassung an das Internet angeschlossene Medien benutzt haben, Datenschutz auch mit ansprachen und beachteten.

Die meisten gespeicherten Daten betreffen das Alter, das Geschlecht und krankheitsbezogene Informationen. Alles Weitere variiert stark von Studie zu Studie und kann physikalische Maße, verschiedene soziodemographische Angaben, den Wissensstand bezogen auf die Krankheit und Erfahrung mit dem Internet oder digitalen Spielen umfassen. Einige gamifizierte Testumgebungen haben auch Daten während der Therapie oder Rehabilitations-Sessions mit aufgezeichnet.

Bei elf (Studien 1, 2, 4, 5, 9, 11, 13, 17, 20, 24 und 25) der 26 untersuchten Studien mussten Daten für das Experiment online gespeichert oder ein Online-Zugang benutzt werden, um ein in der Studie untersuchtes Spiel zu spielen. Andere Studien wurden offline durchgeführt oder erwähnten nicht, ob ein Internet-Zugriff obligatorisch war und Daten online gespeichert wurden oder nicht.

Explizit wird das Thema „Datenschutz“ allerdings nur von zwei Studien sehr kurz aufgegriffen (4 und 15). Erstere erwähnt, dass die Daten der Patienten nur von dem jeweiligen Therapeuten eingesehen werden können. In der zweiten Studie wurden selbst gewählte Pseudonyme verwendet, um Anonymität zu gewährleisten.

3.8 Zukünftige Entwicklungen

Ein weiteres Thema, das nur sehr wenig Beachtung in den untersuchten Studien findet, ist die zukünftige Entwicklung von Gamification im Gesundheitssektor und womit sich die Forschung zukünftig auseinandersetzen könnte. Während einige Studien durchaus über die nächste Implementierung in der entwickelten Anwendung nachdenken, gibt es nur sehr wenige, die Denkanstöße für das Konzept Gamification im medizinischen Kontext geben. So schlagen Studien 5 und 25 vor, die Einbindung von gamifizierten Therapie- oder Rehabilitationsmaßnahmen in den Alltag der Patienten zu verstärken und gamifizierte Konzepte eventuell auch von der Hardware loszulösen. In Studie 16 wird betont, dass die Entwicklung eines Spieldesigns ein fortlaufender Prozess ist, der immer wieder angepasst werden muss.

4 Fazit

Aufgrund der besseren Therapieergebnisse ist in Zukunft ein breitgefächerter Einsatz von gamifizierten Elementen in diesem Bereich zu erwarten. Im Fokus steht nicht zuletzt auch die Profitabilität des Einsatzes von Gamification im Gesundheitswesen. Die wissenschaftliche Untersuchung, der wir das Thema „Gamification bei der Therapie und Rehabilitation“ unterzogen haben, unterlag trotz aufschlussreicher Ergebnisse gewissen Grenzen. So konnte unsere Recherche beispielsweise nur auf einigen ausgewählten Datenbanken fußen. Gamification bei der Therapie und Rehabilitation bedarf eines langen Testzeitraums. In Folge dessen stand uns nur eine geringe Anzahl an Forschungsergebnissen zur Verfügung, da dieses Themengebiet noch von einer gewissen Aktualität geprägt ist.

Trotz der Beeinträchtigungen, denen die Untersuchung des Themengebietes unterlag, zeigen die Ergebnisse, dass Gamification bei jeder Alters- und Patientengruppe dafür sorgt, dass diese ihre Therapie mit einer gegenüber herkömmlichen Behandlungsmethoden gesteigerten Motivation antreten. Dennoch gibt es auch einige wenige Teilnehmer, welche einen gamifizierten Therapieansatz ablehnten. Es zeigt sich, dass Gamification einerseits schnelle Heilungschancen gewährleisten, andererseits aber auch zu einem besseren Umgang mit der eigenen Krankheit führen kann.

Das Thema „Datenschutz“ spielt bislang noch keine große Rolle und wurde in nur zwei Studien aufgegriffen. Da Gamification jedoch einem ständig anzupassenden Prozess unterliegt, ist zu erwarten, dass neue Methoden auch neue zu sammelnde Daten fordern werden.

Die Analyse der ausgewählten Studien hat gezeigt, dass es seitens der Patienten eine gesteigerte Therapiebereitschaft aufgrund erhöhter Motivation gibt. Die Hälfte der untersuchten Studien (1, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 19, 21, 22 und 24) hat einen Rehabilitationserfolg nachgewiesen, wobei die Effektivität in den restlichen Studien nicht thematisiert wurde.

Gamification in der Therapie und Rehabilitation bietet ein breitgefächertes Spektrum an Einsatzmöglichkeiten für verschiedene Patientengruppen: Die aktuellen technischen Standards, wie Smartphones, Tablets, PCs und darüber hinaus auch Virtual-Reality-Systeme, bieten sowohl für Patienten mit körperlichen Krankheitsbildern, wie Schlaganfällen, als auch für Patienten mit psychischen Krankheitsbildern, wie Angstzuständen, eine Grundlage für eine auf Gamification basierte Therapie. Ob sich diese dauerhaft etablieren werden, wird sich aber erst in den nächsten Jahren zeigen.


Dieser Beitrag entstand im Rahmen eines Masterseminars, das von Frau Lisa Beutelspacher betreut wurde. Alle anderen Autorinnen und Autoren sind Masterstudenten der Informationswissenschaft und Sprachtechnologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.


Über die Autoren

Yasemin Caliskan , B. A.
Rosa Entezari , B. A.
Marc Eßer , B. A.
Ulrike Ezold , B. A.
Dennis Gelfart , B. A.
Hafssa Mariami , B. A.
Lisa Beutelspacher , B. A., M. A.

Anhang: Untersuchte Studien

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Online erschienen: 2018-02-02
Erschienen im Druck: 2018-02-23

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 27.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/iwp-2018-0001/html?lang=en
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