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Politische Bildung in Bibliotheken: Herausforderungen und Potenziale

  • Anne Rethmann

    Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25, D-33615 Bielefeld

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Published/Copyright: July 6, 2022

Zusammenfassung

Der Artikel knüpft an Arbeiten in den Bibliothekswissenschaften an, die sich mit dem Verhältnis von Demokratie und Bibliotheken sowie einer politischen Theorie der Bibliotheken beschäftigen. Im Gegensatz zu dem Gros der Arbeiten, die sich auf die Öffentlichkeitsfunktion von Bibliotheken fokussieren, soll hier verstärkt das Individuum ins Zentrum gerückt werden. In einem zweiten Schritt diskutiert die Autorin die Frage nach dem Bedeutungsgehalt einer gegenwärtigen politischen Bildung, um schließlich eine strategische Einbindung von Bibliotheken in diesem Bereich vorzuschlagen.

Abstract

Building on ongoing discussions about democracy and libraries in the field of library and information studies, the author aims to contribute to a political theory of libraries. While most studies in this field deal with concepts of the public sphere, the author calls attention to the individual facing current challenges. In a second step, she focuses on the meaning of civic education nowadays and the potential role of libraries in strengthening civic literacy.

1 Theoretische Reflexion – wozu?

Gesellschaftliche Polarisierungen, gefühlte und reale Unsicherheiten, antisemitische, rassistische und andere menschenverachtende Hetze, zunehmender Verlust einer geteilten Wirklichkeit (die mittlerweile so genannte post-truth world), schwindendes Vertrauen in demokratische Institutionen auch in scheinbar gefestigten Demokratien[1] haben den Ruf nach politischer Bildung in den letzten Jahren wieder lauter werden lassen.[2] Verschreiben sich Bibliotheken[3] neben der Bereitstellung von Information und des Zugangs zu Wissen[4] nun explizit auch der politischen Bildung, ist dies durchaus begrüßenswert. Auf den ersten Blick scheinen Bibliotheken ohnehin prädestiniert dafür zu sein. Jedenfalls ist eine Verbindung von Wissen und politischer Teilhabe gegeben und als niedrigschwellig zugängliche Einrichtungen können Bibliotheken unterschiedliche Bevölkerungsgruppen erreichen, von denen einige sonst nur schwer den Zugang zu den Angeboten der nonformalen, außerschulischen politischen Bildung finden.[5] So heißt es bereits im IFLA/UNESCO-Manifest von 1994: „Constructive participation and the development of democracy depend on satisfactory education as well as on free and unlimited access to knowledge, thought, culture and information.“[6]

Aber das Engagement von Bibliotheken, eigene Meinungsbildung und politisch-gesellschaftliche Teilhabe durch entsprechende Bildungsangebote zu fördern, ist nicht voraussetzungslos – nicht nur in Bezug auf die eigenen Möglichkeiten wie ausreichend vorhandene personelle und infrastrukturelle Kapazitäten, sondern auch bezogen auf das Verständnis von Begriffen, die spätestens seit den 1970er-Jahren in der politischen Bildung eine zentrale Rolle spielen: Mündigkeit, Urteilskraft und Teilhabe. Das Reflektieren über die eigene Vorstellung von diesen Begriffen (Was beinhalten sie? Auf was sollen sie zielen? In welchem Verhältnis stehen sie zueinander?) ist kein netter intellektueller Zeitvertreib für das Bibliothekspersonal, sondern ein notwendiger Schritt, wenn erstens die Betonung auf die eigene gesellschaftspolitische Funktion[7] und die Selbstbezeichnung als ein „Ort für lebendige Demokratie“[8] nicht nur Lippenbekenntnisse sein sollen und zweitens Bibliotheken als ernstzunehmende Partnerinnen in diesem Bereich wahrgenommen werden wollen, die mit Kooperationsfähigkeit und langfristigen Angeboten selbst entsprechende Bildungsprozesse anregen könn(t)en.

Theoretische Reflexion, d. h. sich etwas bewusst machen und ein Verständnis von etwas zu entwickeln, hat Auswirkungen auf die Umsetzung im Bibliotheksalltag und ist somit nicht isoliert von diesem zu sehen. Theorie und Praxis bedingen sich gegenseitig, stehen in einem Spannungsfeld und gerade das macht Reflexion notwendig. Ulla Wimmer fasst dies treffend zusammen: „Wir brauchen Theorie, sonst ersticken wir irgendwann in der Praxis!“[9] Ferner ist das Nachdenken darüber, welche Fähigkeiten bei wem auf welche Weise gefördert werden sollen und warum, insofern wichtig, um insbesondere auch Menschen zu erreichen, die bislang von solchen Angeboten gar nicht erst angesprochen und somit ausgeschlossen worden sind.

Was heißt also politische Bildung unter gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen? Welchen Sinn und Zweck erfüllen politische Bildungsangebote für die Demokratie? Was ist der konkrete Zusammenhang von Wissen und Bildung und welche Rolle können Bibliotheken in diesem Bereich einnehmen? Politische Bildung bedarf schließlich der theoretischen Beschäftigung mit dem (spannungsgeladenen) Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. In diesem Artikel soll das Individuum in den Vordergrund gerückt werden und von Interesse ist die Frage nach der Möglichkeit kritischen Denkens – verstanden als Vorbedingung eines politischen Teilnehmen-Könnens – unter gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen, die Mündigkeit erschweren oder gar verhindern. Um ferner die Frage nach den Handlungsfeldern für Bibliotheken im Bereich der politischen Bildung beantworten zu können, ist die Berücksichtigung von Fachdiskussionen aus den Bereichen der politischen Bildung und der Demokratietheorien unerlässlich. Sich Klarheit über zentrale Begriffe und Konzepte zu verschaffen und (Fach-)Diskussionen zu verfolgen, die jenseits der Bibliotheken stattfinden, ist insofern auch wichtig, als damit erst Zuständigkeiten, Kompetenzen und potenzielle Kooperationen für Bibliotheken sondiert werden können. Ich diskutiere hier zudem nicht nur eine mögliche strategische Einbindung von Bibliotheken im Bereich der politischen Bildung, sondern zeige auch auf, dass politische Bildung Möglichkeiten der Orientierung bieten kann in einer gegenwärtigen Welt, die zunehmend orientierungsloser zu werden scheint.

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass im Folgenden der Fokus insbesondere auf den USA liegt. Bereits in der Abschlussarbeit im Rahmen meines Referendariats habe ich mich mit der Thematik beschäftigt und Interviews mit US-amerikanischen Kolleg:innen geführt. Meine Schwerpunktsetzung begründete ich u. a. damit, dass die USA auf eine lange (akademische) Tradition zurückblicken kann, die das Verhältnis von Bibliotheken und Demokratie reflektiert. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass die Idee von einer für alle Menschen offenstehenden Bibliothek mit einem großen Freihandbereich in der amerikanischen Public Library ihren Ursprung findet. Die Public Library kann dabei nicht nur wegen der Freihandaufstellung als Vorbild betrachtet werden, sondern auch wegen des Zusammenbringens von wissenschaftlicher und populärer Literatur in einer Bibliothek. Dieser Anspruch auf Wissen für alle trägt einen zutiefst demokratischen Charakter und wendet sich gegen die teilweise in Deutschland immer noch vorhandene elitäre Unterscheidung von Populärkultur und Hochkultur. Diese amerikanische Tradition, aber auch die gegenwärtigen Outreach-Initiativen und Programme im Bereich Civic Education and Engagement seitens amerikanischer Bibliotheken können als „Vergleichsfolie“[10] für die eigenen Antworten auf ähnliche gesellschaftliche Herausforderungen dienen.

2 Bibliotheken und Demokratie: ein selbstverständliches Verhältnis?

Im Juni 1941 auf der Annual Conference of the American Library Association (ALA) verlas Luther H. Evans die Grußworte des damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Dieser formulierte darin seine Sicht auf Bibliotheken als „essential to the functioning of a democratic society“, als „great symbols of the freedom of the mind“, und er betonte auf diesem Weg ihre gesellschaftspolitische Bedeutung, wenn nicht sogar Verantwortung, die ihr gerade in konfliktreichen Zeiten zukomme.[11]

Das Jahr 1941 war nicht irgendein Jahr: Im Januar 1941 hielt Roosevelt vor dem US-Kongress seine berühmte Rede über die Four Freedoms – über Redefreiheit, Religionsfreiheit, Freiheit von Not und Freiheit von Furcht –, die später nicht nur die Gründung der Vereinten Nationen normativ prägen sollten, sondern auch 1948 in der Präambel der Universellen Erklärung der Menschenrechte explizit genannt wurden. Sechs Monate nach der ALA Konferenz griffen die Japaner am 7. Dezember 1941 Pearl Harbor an, woraufhin die USA ihren Eintritt in den Zweiten Weltkrieg erklärten.

Mehr als achtzig Jahre später sind die gesellschaftspolitischen Kontexte andere, aber Roosevelts Sichtweise auf Bibliotheken als „symbols of the freedom of the mind“ stößt nach wie vor auf große Zustimmung.[12] Angesichts dessen scheint der Informationswissenschaftler Michael Buckland eine Gegenposition einzunehmen, wenn er schreibt: „It is widely accepted that libraries are important for sustaining Western liberal democracy. But so is oil, and, more to the point, libraries can also be important assets in nondemocratic regimes.“[13] Indem er darauf verweist, dass Bibliotheken auch in nicht-demokratischen Staaten als wichtig erachtet werden, wendet sich Buckland gegen eine vorschnelle Assoziation von Demokratie und Bibliotheken. Ferner kritisiert er: „United States writings on librarianship have a tendency to treat democracy as an essential (inherent) feature of librarianship rather than an accidental (historically contingent) feature of librarianship.“[14] Eine ähnliche Zurückhaltung formulierte bereits 1938 der nordamerikanische Bibliothekswissenschaftler Sydney Mitchell in seiner Präsidentschaftsansprache vor der California Library Association, die den Titel trug: „The public library in defense of democracy“. Darin betonte Mitchell, dass Bibliotheken selbst auf demokratische Verhältnisse angewiesen seien. Denn in „the totalitarian state the librarian becomes merely an agency for propaganda, for the dissemination of such information as the authorities care to pass on.“[15] Die Beteiligung – sei sie nun aktiv oder passiv gewesen – vom deutschen Bibliothekspersonal an der Konzeption und Umsetzung nationalsozialistischer Kampagnen wie das Erstellen von sogenannten schwarzen Listen und die darauf folgende Aussonderung von Büchern aus dem Bestand der jeweiligen Bibliothek, aber auch das Herausdrängen jüdischer und politisch missliebiger Kolleg:innen unterstreicht diese Analyse.[16]

Abgesehen davon war selbst in demokratisch verfassten Gesellschaften wie in den USA ein Einhergehen von Demokratie und Bibliotheken mit ihrem Versprechen auf freien und gleichen Zugang zu Wissen nicht automatisch gegeben. Die widersprüchliche Geschichte der US-amerikanischen Demokratie, wo die Idee der Public Library als ein Ort für alle ihren Ursprung findet und die seit ihrer Gründung auch immer eine wichtige Anlaufstelle für Immigrant:innen war und nach wie vor ist, erlaubt diesen Kurzschluss von Demokratie und Bibliothek nicht.

In „Part of our Lives: A People’s History of the American Public Library“[17] stellt Wayne Wiegand die Perspektiven und Erfahrungen der Amerikaner:innen mit ihren Öffentlichen Bibliotheken[18] vor. Mit diesem Rück- und Gegenwartsblick zeigt er insbesondere die emanzipatorische, die auf einen Zugewinn an Freiheit und Gleichheit zielende Seite von Bibliotheken, die nicht nur diesen Anspruch haben, sondern de facto auch so sein können: offen, einladend, unterstützend und nicht-diskriminierend. Aber der Autor bringt ebenso das Nachwirken der im Jahr 1865 abgeschafften Sklaverei zur Sprache. Als beispielsweise in Atlanta 1902 die erste Public Library der Stadt eröffnet wurde, war es der afroamerikanischen Bevölkerung untersagt, diese zu benutzen. W.E.B. Du Bois stellte ironisch fest, dass er zwar Steuern zahlte für die Carnegie Public Library of Atlanta, dort aber selbst keine Bücher ausleihen dürfte.[19] Anstatt die Bibliothek für alle zu öffnen, wurde 19 Jahre später eine separate Bibliothek für die afroamerikanische Bevölkerung eröffnet.[20] Die von den Südstaaten-Demokraten beschlossenen Jim-Crow-Gesetze mit ihrem de facto diskriminierenden Grundsatz von „separate but equal“ wurden erst mit dem Civil Rights Act und dem Voting Rights Act Mitte der 1960er-Jahre abgeschafft, und eine rassistisch begründete räumliche und soziale Trennung öffentlicher Bereiche ist seitdem zumindest rechtlich untersagt.[21] Wiegands Institutionengeschichte der Bibliotheken kann somit auch als eine Geschichte der Demokratie in den USA seit dem 19. Jahrhundert verstanden werden. Genau diese Widersprüche zu benennen, heißt allerdings nicht, die von Roosevelt genannten normativen Ansprüche an Bibliotheken als reine Ideologie abzutun, sondern ganz im Gegenteil: Gerade durch das Aufzeigen der Widersprüche wird es erst möglich, Kritik zu formulieren, Bibliotheken an ihrem eigenen Maßstab zu messen, ihre Grenzen und Potenziale zu bestimmen.

Das Interessante und gleichzeitig das zu Präzisierende an Roosevelts Zuschreibungen, Bibliotheken seien für das Funktionieren von Demokratien wesentlich und würden symbolisch für Gedankenfreiheit stehen, ist also die dahinterstehende Annahme: Indem Bibliotheken den Zugang zu Wissen (in welcher Form auch immer)[22] gewährleisten und fördern, stellen sie das zur Verfügung, was als Grundvoraussetzung für Mündigkeit und Urteilsfähigkeit verstanden werden kann. Und „eine Demokratie, die nicht nur funktionieren, sondern ihrem Begriff gemäß arbeiten soll, verlangt mündige Menschen. Man kann sich verwirklichte Demokratie nur als Gesellschaft von Mündigen vorstellen.“[23]

An dieser Feststellung von Theodor W. Adorno knüpfe ich in meinen Überlegungen an, um somit auch zu zeigen, dass die Wissenskategorie ein wesentlicher Bezugspunkt ist, an dem Bibliotheken in ihrer politischen Bildungsarbeit ansetzen können.

3 Politische Theorie der Bibliotheken

Das Verhältnis von Bibliotheken und moderner Demokratie ist – wie oben dargelegt – nicht eindeutig bestimmbar. Auch in der Wissenschaft war und ist dieses Verhältnis immer wieder Gegenstand von bibliotheksspezifischen Fachdiskussionen (LIS).[24] Eine der ersten wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Themenkomplex nahm der Historiker Sidney Ditzion vor.[25] Dieser beschrieb den Entstehungsprozess der Free Public Libraries in Neuengland und im Mittleren Westen der USA in der Zeitspanne von 1850 bis 1900. Diese ersten steuerfinanzierten städtischen Bibliotheken wurden – so Ditzion – zunehmend zu Orten, an denen Öffentlichkeit entstand. So waren die Öffentlichen Bibliotheken in der Anfangszeit auch noch nicht für Kinder gedacht, sondern dezidiert für Erwachsene: „The recognized need for informed voters in a democracy along with a deeply rooted faith in the value and possibility of self-improvement favored this development.“[26] Ziel war aber weniger die Förderung von Mündigkeit und Kritikfähigkeit. Vielmehr, so schreibt Margaret P. Redfield in ihrer Rezension zu Ditzions „Arsenals of a democratic culture“, sollten die Arbeiter:innen in ihrem Arbeitsprozess effizienter werden, indem ihnen der Zugang zur Fachliteratur ermöglicht wurde. Ein weiterer Zweck, den diese Bibliotheken erfüllen sollten, war das Fernhalten der Leute von der Straße „away from ‘the low amusements of the poor’ to discourage delinquency and crime.“[27]

Der Großindustrielle und Philanthrop Andrew Carnegie, auf dessen Initiative beinahe 1 700 Öffentliche Bibliotheken in den USA gebaut wurden, steht für diese paternalistische Haltung exemplarisch: Auf der einen Seite investierte er in zahlreiche Bibliotheksbauten und legte somit den Grundstein für den freien Zugang zu Wissen, gleichzeitig ging er aber brutal gegen seine Arbeiter vor, die für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in den Streik traten. Der Homestead Steel Strike von 1892 gehört zu den gewalttätigsten Arbeitskonflikten in der amerikanischen Geschichte.[28] Ditzion thematisiert diese Fakten. Neben der Institutionengeschichte gebe das Buch daher auch, so Redfield, „some insight into the difficulties in building up democratic institutions in general.“[29] Sie bemängelt allerdings, dass der Autor wenig bzw. gar nicht auf Details eingeht wie beispielsweise auf Fragen, welche Literatur genau von den Bibliotheken als Trivialliteratur verbannt wurde und wie gleichzeitig dem Publikum das Interesse für bestimmte Literatur nahegebracht werden sollte. Sie endet ihre Rezension mit dem Satz, der im Jahr 2022 nicht aktueller sein könnte: „Now more than ever, when democratic culture is in difficulties, we should like to know to what degree the libraries actually are the ‘arsenals’ that they were conceived to be.“[30]

In den letzten Jahren wird diese Frage wieder vermehrt gestellt. Nancy Kranichs Sammelband „Libraries and Democracy“[31] kann als Auftakt der verstärkten Fokussierung auf das Thema betrachtet werden und markiert darüber hinaus auch den Arbeitsschwerpunkt ihrer ALA Präsidentschaft 2000/2001. Von akademischer Seite aus setzt sich bis dato besonders John Buschman mit der Thematik auseinander. In „Dismantling the Public Sphere“[32] kritisiert er, dass sich das Bibliothekswesen zu sehr mit Detailfragen beschäftige, anstatt selbst eine intellektuelle Basis für die Verteidigung der eigenen Werte zu entwickeln. Die soziale Rolle von Bibliotheken sei durch gesellschaftliche, sprich neoliberale Veränderungen gefährdet und das bedürfe einer Antwort seitens der Bibliotheken.[33] In „On Democracy and Libraries“[34] analysiert er Wiegands „Part of our Lives“. Buschman schätzt zwar die ausführliche Darstellung des Autors, aber er teilt nicht dessen Konklusion. Wiegand zeigt in seiner historisch-empirisch angelegten Studie, dass die Verbindung von Demokratie und Bibliotheken eher schwach sei und die Rolle der Bibliotheken in diesem Zusammenhang überschätzt werde. So zitiert Wiegand auch die ehemalige Richterin am Supreme Court Sandra Day O’Connor, die vor einem Publikum im Jahr 2013 nüchtern konstatierte, dass die amerikanische Gesellschaft in einem erschreckenden Ausmaß an Unwissenheit in Bezug auf öffentliche Angelegenheiten leide.[35] Und Wiegand fügt dem hinzu:

„If Americans care to be better informed, the 17,219 public library facilities available to them [...] will provide this information for free. [...] Still, if surveys are accurate about how poorly informed most Americans are, one has to wonder whether the public library’s rhetoric as an institution essential to democracy holds up against this evidence.“[36]

Buschman sieht darin jedoch eine Verengung des Blicks. Es komme darauf an, die veränderten Bedingungen einzubeziehen in die Fragestellung, ob Bibliotheken eine Rolle in der Demokratiestärkung einnehmen (können). Wiegand vernachlässige das und somit die Potenziale von Bibliotheken:

„The formal site of politics and political participation—government and the state—has eroded, but democratic politics now exist in multiple social venues [...] In other words, democracy takes place directly and indirectly in venues not commonly thought of as sites for it but where everyday life is negotiated and played out (e.g., libraries), thereby constructing the culture.“[37]

Die Frage stellt sich hier wiederum, ob tatsächlich Demokratie heute in diesen gesellschaftlichen Räumen stattfindet oder ob die Aussage von Buschman selbst normativ geprägt ist und in der Realität so nicht vorzufinden ist.[38] Ferner steht hinter dieser Annahme eine spezifische Vorstellung von Demokratie, die sich einerseits an deliberativen Demokratietheorien mit dem Fokus auf Diskurs und Öffentlichkeit (public sphere) orientiert und andererseits an partizipativen Demokratietheorien, die bürgerschaftliches Engagement und Gemeinwohlorientierung stark betonen. Die für moderne Demokratien konstitutiven rechtsstaatlichen Verfahren und Vorkehrungen wie Wahlen und Schutz des Individuums vor tyrannischen Mehrheiten (wie einst dies Alexis de Tocqueville treffend formulierte) spielen gerade bei den partizipativen Theorien eine untergeordnete Rolle.[39]

Buschman fordert nun, dass die LIS selbst eine politische Theorie für/der Bibliotheken entwickeln müssten.[40] Was heißt das im Konkreten bzw. was muss eine politische Theorie eigentlich leisten? Ihrem eigenen Anspruch nach richtet sie das Erkenntnisinteresse auf die Beurteilung normativer Annahmen und fragt nach den praktischen Auswirkungen, die diese haben können. Franz Neumann fasst das nochmals ein wenig konkreter, wenn er bezogen auf die individuelle Freiheit schreibt:

„Die Wahrheit der politischen Theorie ist die Freiheit. Daraus ergibt sich ein grundsätzliches Postulat: da keine politische Ordnung die politische Freiheit vollkommen verwirklichen kann, muß die politische Theorie immer kritisch sein. Eine konformistische politische Theorie ist keine Theorie.“[41]

Auffällig ist jedenfalls, dass sich das Gros der wissenschaftlichen Arbeiten in den LIS, die sich in den letzten Jahren mit der Thematik Demokratie und Bibliotheken beschäftigen, vor allem mit dem Öffentlichkeitsbegriff arbeiten. Diese thematische Beschäftigung mit dem Begriff Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Demokratie nimmt nicht nur im englischsprachigen Raum, sondern auch in Deutschland und Europa einen großen Stellenwert ein. Insbesondere in den skandinavischen Ländern lässt sich in Bezug auf bibliothekspolitische Strategien eine explizite Hervorhebung der Verbindung von Demokratie mit der Öffentlichkeitsfunktion von Bibliotheken erkennen, die teilweise sogar Eingang in die nationale Gesetzgebung gefunden hat:

„As far as libraries are concerned, this is reflected in recent changes in library legislation in Norway, Sweden, and Finland, focusing upon the libraries’ role as meeting place and arenas for debate (Norway), institutions promoting the free formation of opinion (Sweden), and active citizenship and democracy (Finland).“[42]

Viele dieser Arbeiten zu Public Sphere sind dabei insbesondere von Jürgen Habermas und dessen Öffentlichkeitskonzept inspiriert worden.[43] In diesem Kontext sei auch die quantitativ angelegte Studie erwähnt, die in sechs europäischen Ländern im Jahr 2017 durchgeführt und 2019 veröffentlicht wurde.[44] Die Umfragen richteten sich zum einen an die jeweilige Bevölkerung und zum anderen an das Bibliothekspersonal. In vergleichender Perspektive sollte herausgefunden werden, welchen Stellenwert Bibliotheken für die digitale und demokratische Gesellschaft einnehmen. Aus den Ergebnissen der Studie, so der beteiligte Bibliothekswissenschaftler Hans-Christoph Hobohm, kann resümiert werden, dass selbst trotz der Bibliotheksgesetzgebung in den skandinavischen Ländern mit ihrer expliziten Bezugnahme auf Demokratie die Rolle von Bibliotheken im Bereich der Demokratieförderung in allen untersuchten Fällen nicht so stark ins Bewusstsein der Interviewten getreten ist, wie hätte vermutet werden können.[45] Sein Fazit knüpft schließlich an die Idee von Bibliotheken als Orte für Debatten[46] an:

„Reicht die neutrale Konsensorientierung des Rationalismus, bei der Bibliotheken ‚nur‘ zur Wissensgenerierung für den rationalen Diskurs beitragen oder bedeutet ‚Arena‘ oder ‚Agora‘ nicht viel mehr Debatte, Einmischen und Dialog in der persönlichen Begegnung? Vielleicht doch auch ganz im Sinne des Diktums von David Lankes, dass Wissen nur durch Konversation entsteht. Und viel Wissen und Konversation braucht die Demokratie in Zeiten disruptiver Erneuerungen.“[47]

Eric Klinenberg, der Öffentliche Bibliotheken als „among the most critical forms of social infrastructure that we have“[48] versteht, geht in eine ähnliche Richtung. Er argumentiert, dass öffentliche Orte wie Bibliotheken entscheidend seien für die Förderung einer Diskussionskultur. Diese betrachtet er wiederum als Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie, die sich durch kulturelle und soziale Vielfalt auszeichne.

Bezogen auf die Frage, in welchem Verhältnis Bibliotheken und Demokratie stehen, kann resümierend gesagt werden, dass bei dem Gros der Arbeiten der kommunikative Aspekt mit einem starken Fokus auf das Gemeinschaftliche, auf Community Building zentral ist[49] und dies wiederum oft normativ begründet wird. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass eine normative Argumentation per se nicht das Problem ist, ganz im Gegenteil: Eine (kritische) Theorie ist auf sie angewiesen, sie bedarf der Vorstellung eines Dritten. Dieser „Begriff von einer verschiedenen Farbe“, wie Adorno es nennt,[50] muss allerdings als solche explizit gemacht werden. Das ist einerseits notwendig, um Kritik an der Vorstellung selbst üben zu können (auf was ist sie gerichtet?) und andererseits, um zu verhindern, dass indirekt der Anspruch zum Fakt gemacht wird. Offen bleibt zum Beispiel, ob Wissen per se durch (vermeintlich) unmittelbare Konversation entstehen kann, wie dies besonders von David Lankes[51] vertreten wird, und inwiefern konversationsorientierte Formate ohne Anbindung an die gesellschaftlichen Konstellationen überhaupt zum politischen Denken (und Handeln) anregen.

Es wird mit dieser Perspektive auch weniger auf die Frage eingegangen, welche subjektiven und objektiven Voraussetzungen für die Individuen gegeben sein müssen, um am Öffentlichen Leben teilnehmen und teilhaben zu können. Mit der theoretischen Perspektive der Öffentlichkeitsfunktion von Bibliotheken können zwar gesellschaftliche Probleme wie zunehmende Privatisierungen öffentlicher Angelegenheiten und Bereiche zur Sprache gebracht werden und es kann damit auch auf die zentrale Bedeutung von Öffentlichkeit für Demokratien verwiesen werden. Aber bei der Frage, ob und wie diese Vorstellungen von Öffentlichkeit in einer nicht-harmonischen Realität umgesetzt werden können, bleibt die Antwort in der Tendenz vage. Hierfür ist ein Blick auf die Verfasstheit der Individuen unter gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen unerlässlich. Die in diesem Zusammenhang relevanten und erkenntnisversprechenden LIS-Arbeiten sind vor allem diejenigen, die sich mit dem Verhältnis von freiem Zugang zu Wissen (u. a. über Bibliotheken), Nicht-Nutzung und Armut beschäftigen.[52]

Auf dem Zweiten Bibliothekspolitischen Kongress 2021 hat der Erziehungswissenschaftler El-Mafaalani in seinem Vortrag „Mythos Bildung. Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft“ genau auf diese Problematik hingewiesen. So könne zwar Bildung ein Ausweg aus der Armut sein, aber gleichzeitig legitimiere Bildung soziale Ungleichheit. Es müsse viel stärker auf die ungleichen Startchancen geschaut werden, denn es gebe einen lebenslänglichen Herkunftseffekt. Folgende Fragen seien vor diesem Hintergrund also relevant: Was bedeutet es, in Armut aufzuwachsen? Warum nutzen arme Menschen tendenziell Bibliotheken weniger und machen seltener oder gar nicht Gebrauch von ihrem Wahlrecht? Diese Fragen müssen sich El-Mafaalani zufolge steuerfinanzierte Einrichtungen wie Bibliotheken und Museen stellen. Wenn der Umgang mit struktureller Knappheit langfristige Auswirkungen auf das Verhalten hat – dazu zählt laut El-Mafaalani Risikovermeidung und ein eher kurzfristiges, pragmatisches Denken –, dann muss dieses auch bei der Konzipierung von Bibliotheksangeboten mitgedacht werden. Hannah Arendt hat diesen Sachverhalt einst gut auf den Punkt gebracht: „Education is very nice, but the real thing is money.“[53] Allein auf partizipative Einbindung[54] zu setzen, die zudem auch als Zwang zur Partizipation wahrgenommen werden kann, ist also zu wenig, da es schon viel zu voraussetzungsvoll ist. Eine einseitige Fokussierung auf partizipative Verfahren läuft zudem Gefahr, wieder nur eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen, die ohnehin schon politisch interessiert und engagiert ist.

Darüber hinaus ist die Neoliberalisierung politischer Institutionen, die Bürger:innen zu Kunden:innen und Konsumierenden macht, laut Wendy Brown umfassend (2010).[55] Wenn – an Brown anknüpfend – (behauptete) Effizienz zum alleinigen Kriterium von gutem Regieren wird und Partizipation dazu tendiert, sich zu einer weiteren Technik der Selbstverwaltung zu entwickeln, anstatt Selbstbestimmung der Individuen zu fördern,[56] dann werden die Möglichkeiten, Politik mitzugestalten rar, da Politik selbst entpolitisiert ist. In diesem Sinne kritisiert auch Danielle Allen den derzeitigen Zustand politischer Institutionen. Ihre Kritik bezieht sich zwar auf die USA, sie kann aber als paradigmatisch für liberale Demokratien insgesamt gelesen werden:

„So when we look around and we see that lots of people are disaffected or alienated or feel disempowered, that doesn’t just mean that they’re sort of haven’t got enough education or don’t have the right perspective. It also means that our institutions aren't delivering what they promise. They’re not responsive. They don’t generally empower ordinary people and they very often don’t deliver sort of equal representation.“[57]

Mit welchen gesellschaftlichen Konsequenzen muss also gerechnet werden, wenn politische Akteure, Regierende nicht in der Lage sind, das Leben der Menschen, die sie gewählt haben, zu verbessern? Was bedeutet es, wenn der Umschlag von demokratischen in autoritäre Staaten oder gar Diktaturen nicht durch einen Putsch, sondern schleichend erfolgt unter formal eingehaltenen demokratischen Prozeduren? Und wie soll damit umgegangen werden, wenn Menschen dies nicht als problematisch betrachten, solange ein gewisser Wohlstand im Privaten gesichert ist?

Oftmals liegt der politischen Bildung aber ein Menschenbild zugrunde, welches diese gesellschaftlichen Bedingungen vernachlässigt und sich vielmehr exklusiv an dem Humboldt’schen, neuhumanistischen Bildungsideal von Mündigkeit zu orientieren scheint. Diese Fähigkeit, für sich selbst zu sprechen, gilt seit Immanuel Kants „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung“ als elementarer Bestandteil westlicher Bildung. John Dewey, einer der wichtigsten theoretischen Bezugspersonen für die politische Bildung, knüpfte hier mit „Democracy and Education“ (1916) an, erweiterte es jedoch um eine praktische Dimension: Bildung sei nicht auf abstraktes Wissen zu reduzieren, sondern müsse bei den Lebensrealitäten ansetzen und durch gemeinsames Lösen von Problemen zum eigenständigen Denken ermuntern. Demokratie ist Dewey zufolge nicht nur eine Staats-und Regierungsform, sondern auch Gesellschafts- und Lebensform. Deweys Konzepte sind besonders für Deutschland relevant. So waren seine Bildungskonzepte für die amerikanische Ausrichtung der Re-Education nach Kriegsende leitend:[58]

„Für die Amerikaner standen dabei die Reform des Bildungswesens und seine Demokratisierung im Mittelpunkt. Ihr Ziel war die Übertragung des amerikanischen Schulsystems in ihre Besatzungszone, und das bedeutete: Stufen- oder Einheitsschule (heute würden wir sagen: Gesamtschule), egalitäre Erziehung mit Chancengleichheit, kooperatives Verhältnis zwischen Lehrer und Schülern, Erziehung zur Selbstständigkeit im Denken und Handeln, Vermittlung von demokratischen Grundwerten sowie Einführung eines Unterrichtsfaches für die politische Bildung – analog zu den ‚Social Studies‘ in den USA.“[59]

Es stellt sich aber grundsätzlich die Frage, ob ein Anknüpfen an aufklärerische Ideale – wie das vom Individuum als ein moralisches Subjekt und somit ein eigenverantwortlich handelndes Individuum – ohne Weiteres möglich ist. Dies vorauszusetzen, anstatt das Fehlen zum Ausgangspunkt der Überlegungen zu machen, weist ein Moment der Indifferenz gegenüber der Wirklichkeit auf, die es den meisten Menschen gerade schwer macht, den eigenen Lebensinhalt zu bestimmen.[60] Die gegenwärtige Einrichtung der Welt, so schreibt Adorno dann auch, „übt einen so ungeheuren Druck auf die Menschen aus, daß er alle Erziehung überwiegt. Es wäre wirklich idealistisch im ideologischen Sinn, wollte man den Begriff der Mündigkeit verfechten, ohne daß man die unermeßliche Last der Verdunkelung des Bewußtseins durch das Bestehende mitaufnimmt.“[61] Shannon Mariotti greift mit Bezug auf Adorno diese Problematik auf und wendet sie auf die Gegenwart an: „How can one argue that liberal capitalism cultivates a passive citizenry and also argue that it is possible today to foster independent thinking and action?“[62] Diese Fragen und die Frage, inwiefern den Einzelnen die Übernahme von persönlicher Verantwortung für ihr Verhalten dennoch zugemutet werden kann und auch muss, bilden die Konstante in der politischen Bildungsarbeit, die Mündigkeit zwar nicht garantieren kann, aber fördern will.[63] Vor dem Hintergrund, dass Mündigkeit keine statische, sondern eine dynamische Kategorie darstellt, ist es hilfreich, Adornos Verständnis von Erziehung hier zu erwähnen, da er das Spannungsverhältnis zwischen Mündigkeit voraussetzen und zu Mündigkeit erziehen präzisiert:

„Ich möchte es danach riskieren, auf einem Beine stehend, zu sagen, was ich mir zunächst unter Erziehung überhaupt vorstelle. Eben nicht sogenannte Menschenformung, weil man kein Recht hat, von außen her Menschen zu formen; nicht aber auch bloße Wissensübermittlung [...], sondern die Herstellung eines richtigen Bewußtseins. Es wäre zugleich von eminenter politischer Bedeutung; seine Idee ist, wenn man so sagen darf, politisch gefordert. Das heißt: eine Demokratie, die nicht nur funktionieren, sondern ihrem Begriff gemäß arbeiten soll, verlangt mündige Menschen. Man kann sich verwirklichte Demokratie nur als Gesellschaft von Mündigen vorstellen. Wer innerhalb der Demokratie Erziehungsideale verficht, die gegen Mündigkeit, also gegen die selbständige bewußte Entscheidung jedes einzelnen Menschen, gerichtet sind, der ist antidemokratisch, auch wenn er seine Wunschvorstellungen im formalen Rahmen der Demokratie propagiert. Die Tendenzen, von außen her Ideale zu präsentieren, die nicht aus dem mündigen Bewußtsein selber entspringen, oder besser vielleicht: vor ihm sich ausweisen, diese Tendenzen sind stets noch kollektivistisch-reaktionär. Sie weisen auf eine Sphäre zurück, der man nicht nur äußerlich politisch, sondern auch bis in sehr viel tiefere Schichte opponieren sollte.“[64]

In diesem Sinne gilt es also auch, den Fokus auf die gesellschaftlichen Bedingungen und Verhältnisse zu legen, die Mündigkeit gar nicht erst zulassen und den Menschen – wie Fritz Bauer betonte – oft vergeblich nach Luft schnappen lassen.[65] Dieses Dilemma aufzugreifen muss Teil der politischen Bildungsarbeit sein. Ohne diesen Schritt würden sie ihrem Anspruch, Mündigkeit und Urteilskraft zu fördern, nicht mehr gerecht werden können.

4 Das Politische der politischen Bildung

Zwei charakteristische Merkmale teilt sich die politische Bildungsarbeit mit Bibliotheken: ihr Engagement im Bereich der nonformalen Bildung und ihr Anspruch, Möglichkeiten für lebenslanges Lernen zu eröffnen. So schreibt auch Oskar Negt: „Demokratie ist die einzige staatlich verfasste Gesellschaftsordnung, die gelernt werden muss – früh, im Kindergarten, aber auch im hohen Alter.“[66] Die nonformale Bildung findet jenseits von Schulen und Universitäten statt und verzichtet auf die benotete Zertifizierung der Teilnahme. Vielmehr ist das Moment der Freiwilligkeit hier ausschlaggebend und das Recht auf Nicht-Partizipation bildet hierfür die Grundvoraussetzung.

Seit den 2000er-Jahren lässt sich, so Benedikt Widmaier, eine zunehmende Verwendung synonymer Begriffe für politische Bildung feststellen, die zu einer neuen terminologischen, aber auch konzeptionellen Unübersichtlichkeit geführt habe. Dies ginge einher mit der Etablierung neuer staatlicher Förderprogramme und dem Entstehen weiterer Trägerstrukturen.[67] Neben Demokratiepädagogik haben sich laut Widmaier folgende Komposita mit der Vorsilbe „Demokratie“ etabliert: Erziehung, Bildung, Förderung, Lernen und Didaktik. Widmaier zufolge lägen diesen Verwendungen aber oftmals keine theoretischen und praktisch pädagogischen Konzepte zugrunde.[68] Ferner zeichne sich in dieser Entwicklung ein Paradigmenwechsel innerhalb der politischen Bildungsarbeit ab: von der auf Mündigkeit zielenden politischen Bildung hin zu einer eher auf Prävention orientierten Demokratieförderung.[69] Vor dem Hintergrund dieser begrifflichen Verschiebung lohnt ein genauerer Blick auf die Inhalte und Zielsetzungen der politischen Bildung, um über diesen Weg die Unterschiede und das Verhältnis von politischem und sozialem Lernen aufzeigen zu können.

Generelles Ziel der politischen Bildung ist, so kann zusammengefasst werden, den Menschen politische Strukturen und Sachverhalte sowie historisch-politisches Grundlagenwissen zu vermitteln, um somit wissensbasierte Urteile fällen und Handlungsmöglichkeiten erkennen zu können (civic literacy). Dabei geht es heute nicht mehr nur um die reine Weitergabe von Institutionenwissen und verfassungsrechtlichen Kenntnissen, sondern auch um die aktive Förderung politischer Teilnahme. Wolfgang Sander unterscheidet idealtypisch zwischen drei Grundmustern der politischen Bildung hinsichtlich der Zielsetzung: 1) Herrschaftslegitimation, 2) Mission und 3) Mündigkeit:[70] Die Funktion der Herrschaftslegitimation diene der Anpassung und der Erziehung zur Treue gegenüber dem Staat. Das Grundmuster Mission verstehe politische Bildung als ein Instrument zur Verbesserung gesellschaftspolitischer Verhältnisse. Hier kann von einer klassischen Konstellation von Lehrenden zu Lernenden gesprochen werden. Sander sieht dieses Grundmuster vor allem in der Gründungsphase der Bundesrepublik, aber auch in der Arbeiter:innenbewegung des 19./20. Jh. realisiert. Seit den 1970er-Jahren gilt die Förderung von Mündigkeit als das Denkmuster, welches die politische Bildung bis heute prägt bzw. prägen sollte. Eigenständige und freiwillige Auseinandersetzung mit politischen Sachverhalten soll gefördert werden, ohne dabei die Ergebnisse schon vorwegzunehmen. Sander zufolge ist das der entscheidende Punkt, der Mündigkeit auch qualitativ unterscheidet von den anderen beiden Mustern, welche die Lernenden als Objekte im Bildungsprozess sehen. Die von Sander formulierten idealtypischen Grundmuster sind dabei allerdings nicht als chronologisch nacheinander auftretend zu verstehen. Es ist vielmehr eine Frage der konkreten Fallanalyse, welches Grundmuster in dem entsprechenden Bildungsangebot impliziert ist. Es kann also eher von einem Nebeneinander, Gegeneinander und auch Miteinander gesprochen werden. So ist Wissensvermittlung, wie es das Grundmuster Mission vorsieht, nicht per se autoritär, sondern kann (oft) Mittel zum Zweck für Mündigkeit sein. Denn es gibt – wie Adorno schreibt – „so etwas wie Sachautorität – also die Tatsache, dass ein Mensch von einer Sache mehr versteht als ein anderer –, die man nicht einfach vom Tisch fegen darf. Sondern der Begriff der Autorität erhält seinen Stellenwert innerhalb des sozialen Kontextes, in dem er aufkommt.“[71]

Der 1976 formulierte Beutelsbacher Konsens mit seinen drei Grundsätzen versuchte schließlich, das Denkmuster Mündigkeit für die praktische Bildungsarbeit produktiv zu machen.[72] Mit dem Indoktrinationsverbot, dem Kontroversitätsgebot und dem Prinzip der Subjektorientierung soll eine Bevormundung durch die Lehrenden vermieden und ein größtmöglicher Spielraum für die Lernenden gewährleistet werden.[73] Seit den 1970er-Jahren wird in Deutschland (und deutlich früher in den USA) politische Bildung also nicht mehr auf reine Wissensvermittlung reduziert. Hinzu tritt das soziale Lernen, das Lernen über bürgerschaftliches Engagement (service learning).[74] Die Vermittlung von Orientierungswissen, wie Negt Grundlagenwissen passend bezeichnet, müsse die individuellen Lebensrealitäten der Adressat:innen berücksichtigen.[75] Politische Bildung bewegt sich also in diesem Spannungsfeld von Wissensvermittlung über verfassungsrechtliche Themen und individuellen Lebensrealitäten. Negt hat in „Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen“[76] auf diesen Zusammenhang bereits hingewiesen. Darin beschreibt er drei Ebenen, die im Bildungsprozess adressiert werden sollten: 1) Nähe zu individuellen Interessen, 2) gemeinsame Interessen einer Gruppe und 3) größere gesellschaftliche Zusammenhänge. Der letzte Punkt, also die Förderung der Fähigkeit, große Mengen an Wissen und Informationen strukturieren, einordnen und reflektieren zu können, um sie dann in Argumente zu übersetzen, ist ein wichtiges Moment in der politischen Bildung. Politische Bildung kann sich jedoch nicht nur darin erschöpfen, ein kritisches Verständnis von der Welt zu entwickeln, sondern sie muss auch einen Möglichkeitssinn wecken. In einem Radiogespräch mit Adorno und Eugen Kogon im Jahr 1953 macht Max Horkheimer darauf aufmerksam:

„Eine Gefahr ist aber, gerade wenn die Menschen die gesellschaftlichen Tendenzen als überindividuelle, gesellschaftliche Tendenzen erkennen, sich vom Handeln überhaupt abhalten lassen. Ich glaube, es ist das wichtigste, daß wir den Menschen klarmachen, daß dies nicht geschehen soll.“[77]

An diesem Punkt tritt das soziale Lernen in den Vordergrund mit dem Zweck, den Ohnmachtsgefühlen entgegenzuwirken. Durch bürgerschaftliches Engagement soll die eigene Selbstwirksamkeit erfahrbar werden. Soziales Lernen zielt somit auf den Nahbereich und hat den Anspruch, soziale Kompetenzen wie Empathie- und Kooperationsfähigkeit zu fördern. Politisches Lernen ist zwar auf diese Kompetenzen angewiesen, geht aber in der Zielsetzung über den Nahbereich hinaus und will gegebenenfalls politische Entscheidungen mitprägen. Hierfür sind Analysekompetenz, Konfliktfähigkeit, Absehen von eigenen Interessen, Folgeabschätzung und ganz besonders Urteilskraft unerlässlich. Erst dieses Bündel an Fähigkeiten ermöglicht politisches Handeln und kennzeichnet das politische Moment der politischen Bildung.

Die von Widmaier nun angesprochene Begriffsverschiebung ist insofern nicht nur eine Veränderung auf sprachlicher, sondern auch auf inhaltlicher Ebene, als die Schwerpunktsetzung bei der Demokratiebildung dazu tendiert, die politische Bildung auf soziales Lernen zu reduzieren. Sie kann dadurch aber eine entpolitisierende Wirkung haben. Ein Blick in die USA ist hierbei erkenntnisreich. Seit den 1990er-Jahren ist service learning in den USA verstärkt zum festen Bestandteil der schulischen und vor allem der akademischen Ausbildung geworden. Studien zufolge würden Studierende, die sich ehrenamtlich engagieren, mehr, besser und schneller lernen als diejenigen, die sich nicht oder wenig engagieren.[78] Freiwilligendienst verstanden in diesem Sinne ist aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen geht es hier primär um das eigene Selbst und zum anderen trägt es insofern selbst Züge des indirekten Zwangs, als fehlendes Engagement die eigene Konkurrenzfähigkeit zur Disposition stellen könnte. Diese Form des sozialen Lernens ist dann besser als eine weitere Variante der Selbstoptimierung zu verstehen und nicht als soziales Engagement. Abgesehen von dieser Variante des sozialen Lernens ist ehrenamtliche Arbeit auch immer eine Zeitfrage, die man sich folglich ökonomisch leisten können muss. Ferner tendiert ein exklusiver service-learning-Ansatz, welcher vom politischen Lernen abgekoppelt wird, zu Vereinfachungen komplexer politischer Verfahrensweisen und dadurch zu voreiligen Rückschlüssen auf etwaige Zusammenhänge von sozialem und politischem Lernen. Es wird dabei versucht, über vermeintlich unmittelbare Ansätze zum politischen Engagement zu motivieren. Partizipative Demokratietheorien wie Benjamin Barbers „Strong Democracy“ gehen von dieser These aus. Allerdings fehlt es an empirischen Belegen für einen sogenannten Spill-Over-Effekt zwischen sozialer und politischer Partizipation.[79] Es ist eher zu beobachten, das bereits politisch Aktive sich auch sozial engagieren „In sum, the results of our study imply that there are no easy ways to generate politically engaged citizens. Voluntary associations do not make citizens politically active but bring politically active citizens together.“[80]

Für eine politische Bildungsstrategie, die ein „preaching to the converted“ vermeiden will, wäre also gerade das Zusammenspiel von sozialem und politischem Lernen notwendig und vor allem müsste sie auch die strukturellen und institutionellen Bedingungen adressieren, die gegeben sein müssen, um den Individuen eine politische Teilhabe de facto auch zu ermöglichen.

Es stellen sich also zwei Fragen, wenn politische Teilhabe bzw. die Möglichkeit des Teilnehmen-Könnens Ziel sein soll. Die erste ist eine strukturelle, die nach gerechten gesellschaftlichen Verhältnissen und politischen Institutionen fragt. Dies fällt in den Aufgabenbereich der politischen Entscheidungsträger:innen, die sich daran messen lassen müssen und gegebenenfalls (hoffentlich) abgewählt werden. Die zweite Frage bezieht sich auf die individuelle Verfasstheit und fragt nach den Möglichkeiten unabhängigen, d. h. kritischen Denkens, das die Vorbedingung für politische Teilhabe ist. In Anbetracht gegenwärtiger gesellschaftspolitischer Umbrüche und Konflikte, die nicht getrennt werden können von den massiven strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt, ist eine politische Bildungsstrategie dabei vor schwierige Aufgaben gestellt. Sie soll zum eigenständigen Denken und zur Selbstreflexion motivieren in einem gesellschaftlichen Kontext, der nicht Selbsthinterfragung, sondern Selbstbehauptung zu fördern scheint. Diese gesellschaftlich produzierte Selbstbezogenheit ist nicht Ausdruck von Individualität, sondern mache, so Max Horkheimer, den Einzelnen zum Element der Masse und Konformismus.[81] Der moderne Massenmensch, den Arendt in „Organisierte Schuld“ auch Spießer nennt,[82] hängt nur an seiner privaten Existenz. Sein Modus ist das bloße Sich-Verhalten ohne Interesse an öffentlichen Angelegenheiten. Es ist dann die unkritische Übernahme allgemeiner Regeln, die die Erfahrung mit anderen verunmöglicht. Die politische Bildung versucht jedoch mit ihren Methoden und Ansätzen, sich dagegen zu stellen, einen kritischen Denkprozess in Gang zu setzen und zu einer wissensbasierten Urteilsbildung zu motivieren. Im Gegensatz zu populistischen und rechtsextremen Antworten setzt sie daher auf ein Mehr an Komplexität. Sie will helfen, komplexe Sachverhalte verstehbar zu machen. Bibliotheken könnten dafür ein Forum bieten.

5 Handlungsfelder von Bibliotheken im Bereich der politischen Bildung

Wissensvermittlung zusammen mit der Förderung der Urteilskraft sind grundlegende Aufgaben der politischen Bildung, um Bürger:innen dabei zu unterstützen, an einer Demokratie des 21. Jahrhunderts auch tatsächlich teilnehmen zu können. Nicht nur Data, Information und Digital Literacy sind dafür notwendig, sondern eben auch civic literacy. Dies setzt voraus, dass Demokratie nicht nur technokratisch im Sinne von Effizienz und Problemlösung verstanden wird, sondern als eine potenziell individuelle Freiheit ermöglichende Gesellschafts-, Staats- und Regierungsform. Die politische Bildung teilt sich dementsprechend in drei Aspekte auf: Wissensvermittlung (civic knowledge/information), Förderung der Urteilsbildung (civic dispositions/attitudes) und Stärkung der Handlungsfähigkeit bzw. ein wenig vorsichtiger formuliert: Aufzeigen von Handlungsoptionen (civic behavior/action). Welche Rolle können also Bibliotheken hierbei konkret einnehmen? Insbesondere ein Blick in die USA ist hier wieder erkenntnisreich. Nicht nur verfügen vor allem die Public Libraries über langjährige Erfahrungen im Bereich der Citizenship Classes, sondern sie zeichnen sich auch durch das Bündeln verschiedener Formate in einer Bibliothek aus, die in genau dieser thematischen Zusammenstellung als politische Bildungsangebote zu bezeichnen sind. Sie lassen sich in drei Handlungsfelder zusammenfassen:

  1. Wissensvermittlung (z. B. Bereitstellung von Medien, Informationskompetenzvermittlung, Hintergrundinformationen zu Wahlen, Volkszählungen und zu politischen Institutionen)

  2. Formate im Bereich der Wissenschaftskommunikation (insbesondere seitens der Rechts- und Sozialwissenschaften)

  3. Förderung der Dialogfähigkeit (Diskussionsveranstaltungen, Lesekreise/reading groups)

Beruhend auf meine im Frühjahr 2021 geführten Interviews seien hier einige Initiativen beispielhaft genannt:[82] Die Boston Public Library (BPL) kooperiert mit dem öffentlichen Radiosender WGBH, der mittels Live-Sendungen vor Ort eine niedrigschwellige Möglichkeit bietet, die Bibliotheksnutzenden über Stadtthemen beiläufig zu informieren. WGBH sendet unter der Woche für drei Stunden live aus dem Café der Bibliothek am Copley Square. In der Sendung werden vor allem tagespolitische und stadtrelevante Themen mit eingeladenen Gästen diskutiert.

Abb. 1 
          BPL 2019, ©Anne Rethmann
Abb. 1

BPL 2019, ©Anne Rethmann

Neben der Programmreihe „Connecting to America through Poetry“ hat die BPL seit 2021 mit ihrem Projekt „Repairing America“ auch einen Schwerpunkt auf Civic Engagement and Discourse. Die New York Public Library (NYPL) hat ein ähnliches Format. Zu den „Community Conversations“ gehören hier auch Lesekreise, in denen Bücher zu politischen Themen gemeinsam diskutiert werden (book discussion program). Darüber hinaus engagiert sich die NYPL schon lange mit umfassenden Informationskampagnen zu Wahlen und anderen öffentlichen Angelegenheiten (z. B. 2020 Census). Generell kuratiert die Bibliothek auch im digitalen Raum auf hohem Niveau.[83] Seit 1977 hat die Queens Public Library (QPL) ein spezielles Angebot für Immigrant:innen. Das Programm mit dem einladenden Namen „New Americans Program“ umfasst Verfassungskunde, Sprach- und Konversationskurse und gibt Hilfestellung beim Einbürgerungsverfahren. Speziell vor dem Hintergrund globaler Migrationsbewegungen greift das „New Americans Program“ einen wichtigen Aspekt der politischen Bildungsarbeit auf, der in den USA in Öffentlichen Bibliotheken stattfindet.[84] Darüber hinaus ist es in den USA selbstverständlicher, dass Professor:innen auch Vorträge vor einem fachfremden Publikum halten wie beispielsweise in Öffentlichen Bibliotheken. Die QPL hat ein besonders interessantes Format mit einer Partnerorganisation ins Leben gerufen. Diese Organisation mit dem Namen Let’s Talk Democracy ist auf die Bibliothek zugekommen mit der Absicht, der politischen Bildung wieder mehr Raum zu geben. In regelmäßigen Abständen halten Professor:innen von der City University of New York Vorträge und Diskussionsabende zu aktuellen politischen Themen.

Die aktive Rolle im Bildungsprozess, die amerikanische Bibliotheken einnehmen – sei es in Form von aufsuchender Bibliotheksarbeit und kontinuierlicher Arbeit mit dem Bestand, von umfassenden Aufklärungskampagnen zu Wahlen, Einbürgerungsverfahren, Rechtsinformationen oder in Form von Moderation und/oder Ermöglichung von so genannten Civic Discourses, Community Conversations – zeigt, wie politisches und soziales Lernen sinnvoll miteinander verbunden werden kann. Dieser Pragmatismus, der die Alltagserfahrungen der Menschen nicht aus dem Blick verliert, macht die amerikanischen Public Libraries in der Tat zu einer wertvollen Vergleichsfolie für andere Bibliotheken.

Politische Bildung in Bibliotheken ist nicht als ein statisches Bildungsangebot zu verstehen. Sie muss gegebenenfalls auch ad hoc auf politische Ereignisse reagieren können[85] und ist vor allem auf langfristige Prozesse angewiesen, um Vertrauen seitens der Besuchenden aufbauen zu können. Sie stellt somit Anforderungen an die Bibliothek oder besser gesagt an die Bibliotheksleitung und auch an die Mitarbeitenden. Dies setzt voraus, dass politische Bildungsangebote nicht als kurzfristige Marketing-Projekte verstanden werden, sondern als ein Angebot/Format, welches auf Kontinuität setzt. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Formate ist dabei ausschlaggebend und auch die aktive und gestalterische Rolle, die Bibliotheken hier einnehmen können. Ferner ist der Aspekt der Partnerschaften und Kooperationen wichtig. Gerade die Arbeit mit schwer zu erreichenden Gruppen ist auf Partnerschaften/Multiplikator:innen angewiesen, um diese Menschen erreichen zu können. Kenntnisse über Ort und Menschen zu haben, die im Umfeld der Bibliothek leben, ist also unabdingbar. Das erfordert soziologisches und weniger konsumorientiertes Wissen. Kooperationsbereitschaft sowohl unter den Bibliotheken als auch mit externen Akteuren der politischen Bildung wird meines Erachtens in Zukunft immer wichtiger werden. Gerade digitale Formate bieten hier eine Möglichkeit, Bildungsangebote gemeinsam anzubieten und somit zum Beispiel auch ländliche Bibliotheken zu unterstützen und einzubeziehen. Auch was die Vermittlung von Informationskompetenz betrifft wäre es sinnvoll, sich genauer anzuschauen, welche Wege es für eine stärkere Kooperation zwischen wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken geben kann. Hinsichtlich der internen Verfasstheit von Bibliotheken stellt sich die Frage nach den personellen und infrastrukturellen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um politische Bildungsangebote auch anbieten zu können. Inwiefern muss also der Anspruch, eigenständiges Denken fördern zu wollen, sich auch in der institutionellen Struktur wiederfinden lassen? In diesem Zusammenhang spielen Schulungen und die Integration der Thematik in das Curriculum der Ausbildung, so wie dies in den USA teilweise umgesetzt ist, eine bedeutende Rolle.

Verlässlichkeit, Regelhaftigkeit und von Dauer – das sind klassische Charakterisierungen von Bibliotheken, die gleichzeitig auch mit den nicht kontrollierbaren Alltagserfahrungen von Menschen umgehen müssen/wollen/können. Wenn politische Bildung Orientierung bieten kann in orientierungslosen Zeiten, dann ist die Bibliothek vielleicht der passende Ort dazu.

6 Fazit und Ausblick

Zentral in diesem Artikel waren die Fragen nach dem Bedeutungsgehalt einer gegenwärtigen politischen Bildung und der möglichen Rolle von Bibliotheken hierbei. Diesen zwei Fragen liegt meine Annahme zugrunde, dass die bibliotheksbezogene Praxis nicht nur der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Theorie, sondern auch eines interdisziplinären Ansatzes bedarf, wenn einerseits der Begriff Demokratie nicht ein Sammelsurium für alle Arten von normativen Aussagen und guten Absichten sein soll und andererseits die entsprechenden Bibliotheksangebote nicht bloß der eigenen institutionellen Profilierung dienen sollen. Die Berücksichtigung von Fachdiskussionen jenseits der Bibliothek sind dabei unerlässlich: Indem ich die Diskussionen um die Debatte über soziales und politisches Lernen aufgegriffen habe, sollte der Blick dafür geschärft werden, dass gerade ein arbeitsteiliges Vorgehen im Sinne einer einseitigen Fokussierung auf soziales Lernen kontraproduktiv ist für die politische Bildung, da sie zu einer Entpolitisierung und Trivialisierung politischer Angelegenheiten führen kann. Die Frage, wie an Urteilskraft und somit auch an Mündigkeit in modernen, sprich kapitalistisch verfassten Gesellschaften überhaupt festgehalten werden kann, bedarf eines Zusammenspiels von sozialem und politischem Lernen. Eine so verstandene politische Bildung stellt sich dann auch gegen eine Privatisierung gesellschaftlicher Problemlagen und das Abwälzen der Last auf die Individuen. Gleichzeitig sieht sie in der Stärkung der Selbstreflexion ein entscheidendes und wirkungsvolles Mittel gegen jegliches autoritäre Denken, gegen jegliche Verabsolutierung der eigenen Position – sei sie nun in Form eines kollektiven oder individuellen Narzissmus.

Politische Bildung heißt politische Bildung und nicht politisches Wissen. Das hat einen entscheidenden Grund: Wissen ist zwar hilfreich, aber nicht hinreichend für moralisches Denken und Handeln. Eine Person kann viel gelesen und dennoch nichts verstanden haben. Bildung geht immer einher mit Urteilskraft. Daher ist es nicht ausschlaggebend, dass die Individuen sämtliche Gesamtausgaben irgendwelcher Theoretiker:innen lesen müssen, bevor sie in den politischen Diskurs eintreten können. Die von dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer zwischen 2002 und 2011 durchgeführte Studie „Deutsche Zustände“ hat regelmäßig gezeigt, dass Wissen gerade nicht vor Ressentiments gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten schützt und dass die selbsternannte Mitte selbst verroht ist. Im Zuge der Trump-Regierung in den USA und auch der Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen hierzulande wurde immer mal wieder auf Adorno verwiesen und auf seine Analyse zum autoritären Charakter, an der er während seiner Jahre im amerikanischen Exil gearbeitet hat. Sie ist frappierend aktuell und soll daher hier zitiert sein:

„Die Unkenntnis von der heutigen komplexen Gesellschaft führt zu einem Zustand von allgemeiner Unsicherheit und Unruhe, der den idealen Nährboden für reaktionäre Massenbewegungen modernen Typs abgibt. Solche Bewegungen sind immer ‚völkisch‘ und hämisch anti-intellektuell. Es ist kein Zufall, daß der Faschismus niemals eine zusammenhängende Gesellschaftstheorie entwickelt hat, sondern theoretisches Denken und Wissen als ‚Entfremdung von den Ursprüngen‘ verächtlich macht. Dass solche Unwissenheit und Konfusion in den Interviews unserer Versuchspersonen hervortreten, ist als besonders verhängnisvoll anzusehen, wenn wir das relativ hohe Bildungsniveau unseres Samples berücksichtigen, das diese als Gruppe repräsentieren, ganz gleich, ob die Betreffenden hohe oder niedrige Punktwerte haben. Die Verquickung von technischer Fertigkeit und ‚realistischem sich-um-sich-selbst-kümmern-Wollen‘ einerseits mit der sturen Weigerung andererseits, die Wirklichkeit geistig zu erfassen, ist genau das Klima, in dem faschistische Bewegungen gedeihen.“[86]

Die von Adorno genannten komplexen Verhältnisse sind nicht weniger geworden. Die IFLA spricht in ihrem Trend Report 2019 von einer zunehmenden politischen Komplexität, die einen enormen Druck auf die Individuen ausübe, richtige Entscheidungen zu treffen.[87]

Wissen garantiert zwar kein moralisches Denken und Handeln. Allerdings hilft es, Urteilskraft zu trainieren. Und dieses Training erfolgt über das Dialogische, das dabei aber nicht nur auf den direkten Austausch mit anderen zu reduzieren ist. Vielmehr ist es auch Selbstreflexion und mit Arendts Worten als eine Form des vorweggenommenen Gesprächs[88] mit anderen zu verstehen. Bücher, Filme und Serien sind daher relevante Medien und Formate, die hier zum Einsatz kommen können. Denn auch und gerade über höchst vermittelte Wege ist es möglich, ein politisches Bewusstsein zu entwickeln und die Lebensrealitäten anderer wahrnehmen zu können. Dies bietet einen guten Ansatzpunkt für Bibliotheken, politische Themen niedrigschwellig zu vermitteln und zur politischen Teilhabe zu ermutigen. Im Gegensatz zu populistischen Antworten setzt eine politische Bildung, die den Anspruch auf tatsächliche Förderung eigenständigen Denkens und politischer Teilhabe hat, auf ein Mehr an Komplexität. Diese Komplexität übersetzbar und somit verstehbar zu machen, ist meines Erachtens eine zentrale Aufgabe der Bibliotheken im Bereich der politischen Bildung. Es wäre auch daran gelegen, den Sinn für das Politische zu stärken, ohne dabei apologetisch zu werden. Es geht zum einen darum, die gesellschaftlich bedingten Zwänge und somit die eigenen Wirkungsgrenzen nicht zu leugnen, sondern diese eben auch als Tatsache zu vermitteln, und zum anderen darf dies nicht zu einer Tatsachenfixierung führen, die jegliches Denken in Alternativen ausschließt und zu einem Alles-wie-bisher verdammt.

Can Civics Save America? – diese Frage stellt George Packer in „The Atlantic“, in dem er auch den Politikwissenschaftlicher Paul Carrese zitiert. Dieser stellt fest, dass besonders in den Sozialen Medien historisches und politischen Unwissen zur Polarisierung beitrüge: „It’s easier for the technology to have such a powerful effect if you start with no foundation. [...] The winds are blowing and you have no ballast.“[89] Wenn die politische Bildung eine ist, die Orientierung bietet, wie Oskar Negt dies fordert, dann ist Packers Frage zu bejahen.

Über den Autor / die Autorin

Anne Rethmann

Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25, D-33615 Bielefeld

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Online erschienen: 2022-07-06
Erschienen im Druck: 2022-07-31

© 2022 Anne Rethmann, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

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  17. Rezensionen
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  19. Schlechter, Armin (Hrsg.): Gesammelt – zerstreut – bewahrt? Klosterbibliotheken im deutschsprachigen Südwesten. Stuttgart: Kohlhammer, 2021 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen: Bd. 226). VIII, 307 S., Farbtafeln, Schwarzweißabbildungen. ISBN 978-3-17-037425-6, 28,- €
  20. Hiller von Gaertringen, Julia; Probst, Veit; Stello, Annika; Syré, Ludger (Hrsg.): 250 Jahre ÖFFENTLICH. Die Badische Landesbibliothek 1771–2021. Karlsruhe, Bretten: Lindemanns, 2021. 240 S., Broschur, 61 Abb., ISBN 978-3-96308-134-7, 24,90 €
  21. Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Philipp: Die Fürst zu Stolberg-Wernigerodesche Bibliothek. Zur Geschichte einer adeligen Büchersammlung, ihrer Zerschlagung und ihrer Wiedereröffnung. Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann, 2022. 160 und 50 ungezählte S., 89 €, ISBN 9783465045243
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Downloaded on 27.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bfp-2022-0010/html?lang=en
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