Zusammenfassung
Dieser Beitrag untersucht die multifunktionale Bibliothek Dokk1, die international als exemplarische Stadtbibliothek der Zukunft Bekanntheit erlangt hat. Der erste Teil des Artikels widmet sich einer Beschreibung der raumzeitlichen Konstellationen und sozialen Interaktionen innerhalb und außerhalb des imposanten Gebäudes an der Hafenspitze von Århus. Die in der Beschreibung angewandte raumsoziologische Perspektive wird im zweiten Teil auf die Maßnahmen und Zielsetzungen im Sinne der Demokratieförderung übertragen, wie sie u. a. in den kommunalen Leitdokumenten formuliert worden sind. Da die Orientierung an den Nutzer:innen als wichtigster Grundsatz des Bibliothekspersonals gilt, wird in diesem Beitrag das Verhalten der Besuchenden sowie der Mitarbeitenden als stellvertretend für ein alltägliches demokratisches Aushandeln aufgefasst. Abschließend wird der Frage nachgegangen, inwiefern das soziale Miteinander in der Bibliothek und die lokale Demokratie in Århus kommun aufeinander bezogen sein könnten.
Abstract
This article examines the Dokk1 multifunctional library, which has achieved international recognition as an exemplary city library of the future. The first part of the article is devoted to a description of the spatio-temporal configurations and social interactions inside and outside the imposing building situated at the tip of Århus harbour. In the second part, the spatial-sociological perspective applied in the description is transferred to the measures and objectives aimed at promoting democracy, as these have been formulated in the municipal guidelines and other current documents. As user orientation is considered the most important guiding principle for the library staff, the behaviour of both the library users and the staff is interpreted in this article as representative of everyday democratic negotiation. Finally, it explores the question of how far the social togetherness in the library and local democracy in the municipality Århus kommun could be related to each other.
1 Raumzeitliche Erkundung
In Dänemark gelten allgemeine Bibliotheken als demokratische „Kerninstitutionen“, wie jüngst bei der Informationsveranstaltung des Kulturministeriums (Einheit Slots- og Kulturstyrelsen) im März 2022 zur Förderung bibliothekarischer Entwicklungsarbeit betont wurde.[1] Marie Østergård, Chefin von Dokk1 in Århus und Repräsentantin der Vereinigung dänischer Bibliotheksleiter:innen, führte aus, dass Teilhabe, Mitverantwortung und Gemeinsinn die grundlegenden Leitvorstellungen der Öffentlichen Bibliotheken bilden. Auf kommunaler Ebene entfalten sich die dänischen Bibliotheken mit dem Ziel, starke und nachhaltige lokale Gemeinschaften zu schaffen. Die Zugänglichkeit zu Information und für alle Anwendenden gilt als ein weiteres wesentliches Ziel der Demokratieförderung. Indem die Aktivitäten in Bibliotheken nachdrücklich als Kern des gesellschaftlichen Auftrags hervorgehoben sind, bauen die beiden weiteren Leitvorstellungen, nämlich das Vorantreiben der digitalen Transformation und das lebenslange Lernen und Bilden direkt auf den genannten demokratischen Grundfesten auf.
Der vorliegende Artikel untersucht zunächst das Gebäude der europaweit bekannten Bibliothek Dokk1 in Århus – im Sinne einer teilnehmenden Beobachtung – und skizziert einige Aktivitäten der Nutzer:innen.[2] Daran anschließend wird gefragt, wie die angestrebte Beteiligung der Bibliotheksbesuchenden das Programm und die Aktivitäten von Dokk1 prägt. Das betont urbane Profil und das innovative Milieu begründen einen intensiven Austausch mit Projektgruppen, Kooperationspartner:innen und den Teilnehmenden von regelmäßig stattfindenden sowie ad hoc angebotenen Veranstaltungen.

Blick auf das Gebäude von der City aus. Offizielles Pressefoto von Dokk1[3]
1.1 Zirkulation als urbanes Leitmotiv
Die Hauptetage der Zentralbibliothek Dokk1 in Århus erreichen die Besuchenden auf einer innenliegenden Rolltreppe, mit dem Aufzug oder von der Freitreppe aus, die rechts im Bild zu erkennen ist. Diese Etage besteht aus zwei Ebenen und ist rundum fast komplett mit Fensterfronten versehen. Ebene 1 ist von einer Terrasse mit Spielplatz umgeben. Die wuchtige oberste Etage ist an Århusianer Unternehmen und Einrichtungen vermietet. Die Silhouette von Dokk1 erinnert an drei versetzt übereinander gestapelte Schatullen; aus der Luftperspektive wirken die Etagen wie aufgeschichtete, gegeneinander verdrehte Scheiben.[4] Die Stützpfeiler des Terrassendecks heben hervor, dass der Gebäudekomplex eine Verkehrsachse brückenartig überdacht. Der Hafenkai und die Innenstadt sind durch Dokk1 miteinander verklammert worden.
Dokk1 wurde 2015 eröffnet, ist eine öffentlich finanzierte Zentralbibliothek, enthält ein gut ausgebautes Bürgeramt (borgerservice) und steht 18 Stadtteilbibliotheken vor.[5] Die Fassade, zahlreiche Wandblenden oder die Galerie um die Bühnentreppe (Abb. 3 und 4) sowie das Treppenhaus sind mit perforiertem Aluminiumblech verkleidet. Im Inneren vermittelt dieses Material eine Durchlässigkeit der Funktionszonen, auf der Außenseite wird Leichtigkeit trotz des monumentalen Waterfront City-Stils behauptet. Wie an der bisherigen Einbindung von Dokk1 in die Stadtentwicklungsplanung[6] und Architektur um ca. 2000 ablesbar, bietet sich diese Bibliothek mit Allround-Kompetenzen als Millennial dar. Die Selbstvergewisserung einer lokal verankerten kreativen Klasse,[7] die über kulturelle, technologische und ökonomische Innovationen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beiträgt, kommt in Dokk1 auf eine zeittypische Weise zum Ausdruck.[8]
Die Bewegtheit des umgebenden Stadtteils ist besonders von den gemeinschaftlich genutzten Räumen aus visuell wahrnehmbar: Der Straßenverkehr, der sporadische Schiffsverkehr[9] und vor allem die auffällige Bautätigkeit im neuesten Stadtteil Århus Ø, der in nordöstlicher Richtung liegt, ziehen Blicke auf sich. Ebenso ist die Århusianer Geräuschkulisse im Außenbereich stets präsent. Von der Haltestelle der Innenstadtbahn, zu Fuß aus der City, vom Parkdeck oder vom Fahrradabstellplatz gelangen die Besuchenden ins Foyer,[10] zu den Informationstheken der Bibliotheksrezeption oder zu den Schaltern des Bürgerservices.[11] Die städtische Zirkulation wird in die Routen und Bewegungsabläufe der Anwender:innen eingespeist. Zum Teil wird diese Dynamik im Gebäude selbst weitergeführt, zum Teil rollt sie gleichsam im Wohnzimmer der Stadt[12] aus. Das raumzeitliche architektonische Ensemble und die soziale Interaktion thematisieren den Verkehr, die Infrastruktur und Logistik,[13] und die Bibliothek bietet sich als Bahnenraum[14] dar: Dokk1 ist zugleich Schauplatz und Medium des urbanen Geschehens. Mit ihren Distributionswegen und Kommunikationskanälen bildet die Bibliothek wiederum eine eigene Infrastruktur aus. Da von Dokk1 aus sowohl die aufstrebende Stadt Århus als auch die prominente Bibliothek als Bühne fungieren können, entsteht eine Wechselwirkung: Indem Århus´ Urbanität selbstbewusst ausgestellt ist, werden auch die Tätigkeiten und Verhaltensweisen der Besuchenden von Dokk1 als Praktiken einer urbanen Institution inszeniert.
Die Panoramafenster unterstützen den Bühneneffekt, denn die Schaulustigen auf der Terrasse und die Besuchenden in den Innenräumen können sich face to face und auf gleicher Höhe sehen.

Die Terrasse auf der Seeseite. Offizielles Pressefoto von Dokk1[15]
Zugleich gehen Blicke von innen nach außen, denn weniger konzentrierte Anwender:innen lassen den Blick gern zum Fjordhorizont schweifen. Von den Bänken der Cafeteria sind die Hafenspeicher aus Beton zu sehen, aus einer weniger glanzvollen Zeit Århus’. Im ruhigen Lesesaal, der Stadt zugewandt,[16] blickt man u. a. auf das Hotel Europa, das Zollamt und den Turm der Domkirche.[17] Von dieser Warte aus bewegt sich der Verkehr auf der befahrenen Hafenstraße schräge unter dem Terrassenrand hindurch, und die Gleise der Leichtbahn werden sichtbar.
Rechts neben dem Lesesaal befindet sich das Wetterstudio des dänischen Fernsehens DR TV. Die hiesige Unterbringung des Studios und die medial erzielte Platzierung auf einer nationalen Skala sind ein großer Branding-Erfolg für Dokk1.[18] Dokk1 beansprucht, ein ausstrahlendes und ein zentrierendes metropolitanes Medium zu sein.[19] Dokk1 hat die Schirmherrschaft für alle institutionellen Einheiten und sämtliche Aktivitäten inne.
Die Weitläufigkeit von Etage 1 und 2 lädt zum Flanieren ein, täglich wandeln sich die Aktivitätsinseln, mal geht es um IT-Beratung, dann um Recycling oder postoptimales Design oder einen Literaturwettbewerb. In der ersten Etage gibt es insgesamt nur wenige Türen, abgesehen von den Studios, die Studiengruppen buchen können oder in denen themenspezifische Beratungen für Nutzer:innen stattfinden (z. B. Rechtshilfe).
Der kleine Monitor im Foyer links neben den Rezeptionstheken zeigt das Tagesprogramm, während der großformatige Monitor gegenüber den Bürgeramt-Schaltern besondere Ereignisse ankündigt und dokumentiert. Die Anwender:innen suchen oft ausgehend von diesem Orientierungspunkt den jeweiligen Veranstaltungsort im Gebäude auf, wie Passagiere auf einem Flughafen oder Großbahnhof.
Die im inneren Kern von Etage 1 und 2 untergebrachten Räume, z. B. der fensterlose Saal, der für die Kommunalwahl am 16.11.21 genutzt wurde, bilden einen Fond aus dunklen Wandverkleidungen für die farbig bestückten Regale und die luftigen Fensterausblicke. Mehrere Blickachsen durch das offene Raumgefüge geben den Blick auf Fortbewegungen oder Transporte aus mitunter überraschenden Perspektiven frei. So kann man im ersten Stock beispielsweise durch kurz über dem Fußboden eingelassene schmale Fensterstreifen die Einfahrten zum unterirdischen Parkhaus beobachten,[20] wo die Fahrzeuge mittels eines digital gesteuerten Lastenaufzugsystems nach unten gestapelt werden. Die Parkenden sind zwar nicht dazu gezwungen, das Bürgeramt oder die Bibliothek zu nutzen, dennoch betreten sie den Gebäudekomplex von Dokk1.
Der Bürgerservice[21] sorgt unablässig für neue Laufkundschaft. An Kleidung, Sprachgebrauch, Aussehen oder Hautfarbe der Anwender:innen ist mitunter ablesbar, dass die Vision gelebter Vielfalt hier am ehesten verwirklicht werden konnte, während zwischen den Bücherregalen überwiegend ein bürgerliches und weißes Publikum vertreten ist. Mit Angeboten für internationale Eltern-Kind-Gruppen wird versucht, vor kurzem nach Århus übersiedelten Familien zu Kontakten zu verhelfen, ein interessanter Ansatz, da in der Spielzone und in der Gamingstraße (Etage 2) in der Tat die meisten unvorhergesehenen Begegnungen oder spontane Gespräche entstehen.
Infolge der selbstbewussten Inszenierung einer institutionsspezifischen und ortsgebundenen Urbanität lässt sich ein gewisses Deutungsvorrecht der Stadt Århus gegenüber dem Umland beobachten. Die 18 kleineren Stadtteilbibliotheken stehen im Schatten der Starbibliothek Dokk1. Aufgrund der innerstädtischen Lage von Dokk1 sind die Weichen hinsichtlich der Segregation schon vorab gestellt. Dass trotz des florierenden Bürgerservice vor allem ein Begegnungsort für Privilegierte entstanden ist, konnte durch die Neueröffnung einer hochwertigen Stadtteilbibliothek im einkommensschwachen Stadtteil Gellerup (2021) kompensiert werden.[22]
1.2 Von Bahnen durchzogen, territorialisiert, vernetzend und ortsbegründend

Die Bühnentreppe mit Aktivitäten auf Stufe 1 bis 3. Offizielles Pressefoto von Dokk1[23]

Aktivität auf Stufe 1. Screenshot der Internetseite,[24] (Räume für Euch, 30.1.2022). Foto: Dokk1, Aarhus Public Libraries
Seit dem Bau von Dokk1 sind unterschiedliche Raumfiguren in neue Konstellationen eingegangen, ein Vorgang, den die Stadt- und Raumsoziologin Martina Löw als Re-Figuration von Räumen bestimmt, der vor allem durch Prozesse der Medialisierung und Globalisierung in Gang gesetzt worden ist: Bahnenraum, Netzwerkraum, territorialer Raum und insbesondere der Ortsraum treten in bisher unbekannte, mitunter spannungsvolle Relationen.[25]
Der offene, flexible Grundriss ist Programm,[26] möglichst viele Aktivitäten sollen stattfinden und gesehen werden, damit sie die Besuchenden zum Mitmachen anregen. Die sinnreiche Aufteilung der Etagen und die Übergänge zwischen den Etagen sind nicht gleich beim ersten Besuch erschließbar, sondern erfordern eine allmähliche Erkundung, die längerfristig vermutlich zur Ausbildung individueller Routen und zu ortsräumlichen Präferenzen führt.
Die Bühnentreppe (scenetrappen, rampen) ist der erstaunlichste Ort von Dokk1:[27] Sie verkörpert konkret und metaphorisch einen Übergang zwischen den Buchangeboten in den Regalen ringsum und dem dicht getakteten Veranstaltungsangebot, das gleichsam vom Buchmedium gerahmt bleibt. In Form einer raumzeitlich gedehnten Treppe mit flachen Stufen, die zum Verweilen und zum Umschauen anregen, manifestiert diese Multifunktionszone eine Verschränkung der Konzepte Bahnenraum und Ortsraum, was jeweils einen Wandel der territorialen Ausdehnung(en) mit sich bringt. Auf Abb. 4 ist zu erkennen, wie die von der Gruppe bespielte Zone durch die Anbringung der violetten Schirme an der Treppenbalustrade markiert ist. Auf Abb. 3 teilt der überdimensionale Schriftblock **Maker** mit, dass die versammelten Teilnehmenden anhand ihrer Tätigkeit einen ad hoc-workshop bilden, wodurch eine zeitweilig gültige, imaginäre Umgrenzung entsteht.
Obgleich die Bühnentreppe zu einer entschleunigten Fortbewegung von Etage 1 zu 2 ermuntert, bleibt sie an die Zirkulation angeschlossen.[28] In einem Tag im November wird der städtische Verkehr sogar im wahrsten Sinne des Wortes die Treppe hinaufgeführt, als nämlich eine Frau ihr Fahrrad zum Repair Café schiebt, dessen Besuchergruppe sich auf Stufe 1 allmählich versammelt. Das Repair-Team breitet routiniert eine Filzunterlage auf dem lackierten Betonboden aus und macht das Rad – unter Einbeziehung der lernbereiten Besucherin – wieder flott.
Die kleinen Treppenstufen (im üblichen Format) rechts im Bild (Abb. 3 und 4) sind gruppiert, und die Treppenabschnitte so weit voneinander entfernt, dass ein gemächlicher Aufstieg angeregt wird. Die mäandernde befahrbare Rampe, die unten am Podium (Stufe 1) beginnt und oben auf der maritimen Empore mit den Studiertischen endet, leitet ebenfalls ein Voranbewegen mit längerer Verweildauer an. In Dokk1 wird der Raum unterschiedlich erfahren, abhängig davon, ob die Wahrnehmung aus stationärer Perspektive oder aus der Bewegung heraus erfolgt. Zudem besteht die Option, sich dem Bewegungsmodus zu widersetzen, zeitweilig aus der Zirkulation herauszutreten und sich einen individuellen (aber nicht zwangsläufig insularen) Ort einzurichten, beispielsweise in einem Sessel mit Hafenblick.
Die drei großen Stufen gleichen Plateaus, sie stehen in einem relationalen Verhältnis und können Netzwerkräume ausbilden, sobald dort Aktivitäten stattfinden. Durch die verschiedenartigen Bespielungen gestaltet sich der Ort als Platz um; gleichzeitig verwandeln sich die Relationen zu anderen räumlichen Komponenten und zu den Nutzenden. Dabei ist die zeitliche und affektive Beschaffenheit von Erlebnissen auf der Bühnentreppe von wichtiger Bedeutung, insbesondere für die Etablierung von individuellen oder gruppenspezifischen Bibliothekspraktiken: Wenn sich die Besuchenden an vorherige Erfahrungen oder Begegnungen auf der Bühnentreppe erinnern, treten Eigenschaften des Ortsraums gerade in Folge der sozialen Aneignung dieser Agora-artigen Kernzone hervor.[29] Da die Treppe im Zentrum des Gebäudes platziert ist und sich während des Aufstiegs Bewegungslinien und Blickachsen kreuzen, erscheint das Bühnentreppen-Ensemble als Knoten in einem mehrdimensionalen Netzwerk, der potentiell Anschlüsse an die erwähnten Bahnen bereitstellt. Halten sich viele Personen in diesem Raumgefüge auf, kommen sowohl territoriale als auch netzwerkspezifische Aspekte zur Geltung: Die Gruppenmitglieder können durch gemeinschaftliche Tätigkeiten (co-space, co-production) oder über Markierungen (wie die genannten violetten Schirmpunkte) eine gemeinsame raumzeitliche Konstellation begründen.
Beim Näh-Workshop oder beim Stationen-Parcours zum Thema postoptimales Design suggerieren beispielsweise die in der Gruppe ausgeübten Tätigkeiten eine zeitweilige territoriale Ausdehnung in Form des Handlungsradius der Teilnehmenden. Damit wird jedoch keine Funktionszone im strengen Sinne konstituiert. Finden etwa Näh-Workshop und Repair-Café (auf Stufe 1 und Stufe 3) gleichzeitig statt, besteht zunächst eine Gemeinsamkeit durch das in der Gruppe ausgeführte Handwerk, wobei zwei Aktivitätsinseln parallel bestehen.[30] Betrachtet man die beiden werkelnden Gruppen als heterogene Elemente, die sich ergänzen, tritt der Aspekt des Netzwerkraums hinzu. Es findet nämlich keine Homogenisierung des Verhaltens oder der Attribute der beiden Gruppen statt, obwohl ein gemeinsames Territorium als Schauplatz dient.
Aus visueller Perspektive bieten sich die in neue Verhältnisse gebrachten Raumfiguren auf eine weitere Art dar: Alle Anwesenden auf der Treppe können von anderen Nutzer:innen gesehen werden. Die Teilnehmenden oder die Bibliotheksflanierenden verhalten sich nicht wie in Privaträumen, sondern sie haben sich entschieden, in einem halb-öffentlichen Wohnzimmer der Stadt an einer situativen Arbeitsgemeinschaft mitzuwirken oder durch Anwesenheit teilzuhaben.[31] Sowohl die Aktiven als auch die Schauenden treten darüber hinaus in eine raumzeitlich-soziale Relation sowohl zum Gebäude als auch zum anwesenden Bibliothekspersonal.[32]
1.3 Ensemble aus Aktivitäten – Besuchergruppen in sozialer Interaktion
Auch unter Pandemie-Bedingungen steht den Nutzer:innen von Dokk1 eine Vielzahl von Aktivitäten offen. Eine gewisse rückläufige Tendenz hat sich seit der Pandemie verstärkt und betrifft viele europäische Kulturinstitutionen: Mutmaßlich zeichnet sich eine gewisse Entwöhnung des Publikums vom gemeinschaftlichen kulturellen und sozialen Erleben ab.
An einem regnerischen Samstag ist Dokk1 allerdings sehr gut besucht; sowohl auf der größten Bühnentreppe als auch auf der kleineren Treppe in der Nähe der Spielzone finden familienfreundliche Veranstaltungen statt, die sich akustisch überlappen.[33]
Die Jüngsten „mit ihren Erwachsenen“, wie es hier heißt, lauschen auf der kleinen Treppe einer Geschichte im Songwriter-Stil. Die Vorleserin, mit kräftiger Stimme, wird begleitet von einer Zweipersonen-Band und visuell durch Illustrationen unterstützt, die sie an einem Whiteboard-Aufsteller umblättert. Beide Treppen setzen die Familienfreundlichkeit gekonnt in Szene, wobei das Thema Zugänglichkeit für alle mit ausgestellt wird, da die großen Stufen einen mäandernden breiten Pfad mit sanfter Steigung einfassen (siehe Abb. 3 und 4), auf dem Kinderwagen oder Rollatoren gut vorankommen.
Auf der ersten Stufe der Bühnentreppe steht bei der Veranstaltung „Coding Pirates“ zunächst die Seminarleitung vor der Beamerleinwand. Kinder im Alter von 10 bis 12 sind in Stuhlreihen platziert, die wie in einem Hörsaal angeordnet sind. Pädagog:innen mit Logo-T-Shirts weisen die Programmierenden anschließend in Kleingruppen an, d. h. die Möblierung der Stufen wechselt alternierend und wird kontinuierlich den beiden Phasen Publikum/frontal und Arbeitsgruppen/Makerspace angepasst. Nach den Werkstattphasen stellen die Gruppen die entwickelten Sequenzen oder besondere Designmerkmale der Computerspiele vor.
Getrennte Funktionszonen oder eine Abschirmung der Aktivitäten ist ganz offensichtlich nicht erwünscht, was für gewisse Herausforderungen sorgen kann. Das Beisammensein im Wohnzimmer für alle veranlasst dann auch die vielen Besuchenden in den Studierzonen dazu, Kopfhörer zu tragen. Nur wenige Besuchende befassen sich mit Büchern oder suchen in den Regalen. In die konzentrierte Atmosphäre des ruhigen Lesesaals dringen verhalten die pulsierenden Bässe aus der Kinderabteilung, ansonsten sind das Surren der anfahrenden Leichtbahn und die kollektive Ventilation der vielen Laptops zu hören. Allein der ruhige Lesesaal ist eine Reminiszenz an die Leseräume traditioneller Bibliotheken. Gemessen an der großzügigen Flächenbemessung aller übrigen Räume wirkt er beinahe beengt.

Etage 2 mit dem Kunstwerk Gong in der Mitte, dieser Bereich wird im Artikel von mir wegen des Fördeblicks als maritime Empore bezeichnet. Offizielles Pressefoto von Dokk1[34]
Eine Re-Figuration von Räumen findet demnach auf der Prämisse statt, dass ein besonderes Augenmerk auf relationale Anordnungen gerichtet wird.[35] Trotzdem machen sich in bestimmten Interaktionen territoriale Dynamiken bemerkbar. Konkurrenz oder Interessenskonflikte finden einen raumzeitlichen Ausdruck und bringen bestimmte non-verbale Praktiken der Verhandlung hervor. Zu Beginn der Veranstaltung „Fælleskraft med Sangkraft Århus“ (ein Chor, der sich als solidarisch singende Gemeinschaft beschreibt) auf der maritimen Empore mit Fördeblick (Etage 2) werden einige Kinder, die zwischen den Stuhlreihen für den Chor herumtoben, von bereitstehenden Mitarbeitenden sanft in die Spielzone[36] zurückgeschoben.
Oft hat es also den Anschein, als würden bei der Unterscheidung von Funktionszonen je nach Aktivitätenphase imaginäre territoriale Grenzen beschworen. Vor allem werden Grenzen dort und dann evoziert, wenn sich die benachbarten Tätigkeiten als schwer vereinbar erweisen.[37] Die Besuchenden werden versammelt oder zeitweise voneinander abgerückt – in Abhängigkeit davon, ob sie sich gemeinsamen oder individuellen Aktivitäten widmen. Darüber hinaus entscheidet die Art der Tätigkeit darüber, welche Ausdehnung und welche Dauer beansprucht werden, was von der jeweiligen Vertrautheit mit dem Gebäude, von subjektiven Erfahrungen und Erinnerungen an frühere Besuche und Erlebnisse geprägt sein kann.
Wie das Zusammenspiel von Gruppen, die unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehen, immer wieder neu eingeübt werden muss, verdeutlicht das „Demokratie-Fitnesstraining“ mit Schülerinnen und Schülern, das auf der großen Bühnentreppe und der maritimen Empore stattfindet.
Zwei Gruppen, deren konträre Auffassungen durch ein Quiz ermittelt worden sind, werden von der Trainerin aufgefordert, sich je nach Meinung an bestimmten Standorten zu versammeln und dort mit Meinungsgegner:innen ins Gespräch zu treten. Voraussetzung des Spiels ist demnach eine relationale Raumauffassung und eine Kopplung von territorialen und Ortsraum-Konzepten: Es wird ein raumzeitlicher Konnex zwischen Meinung und der Platzierung einer Person in einem Bühnenareal vorgenommen, deren Bedeutungsaufladung nach Spielregeln angepasst wird.[38] Während ihrer sprichwörtlichen Positionierung nehmen sich viele Teilnehmende voraussichtlich als Spielende wahr, die sich entlang einer sozialen Netzwerkstruktur und zugleich innerhalb eines Spielfelds mehrfach neu orientieren. Nach jedem verbalen Austausch mit Uneinigen bestimmen sie ihre Position im raumzeitlich-symbolischen Ensemble erneut. Sinnfälliger Weise bewegt sich die Gruppe zu Beginn des „Demokratie-Fitnesstrainings“ direkt auf mehrere gut besetzte Studiertische zu, die von den Studierenden zunächst verteidigt, nach kurzer Zeit aber unverdrossen geräumt werden. Die überbrückende Kooperation wird einmal gespielt, einmal ist sie bereits eine alltägliche reale Verhandlungssituation, wie sie in Dokk1 durchaus häufiger stattfinden kann.
Einige Praktiken, die sich im Laufe einer längerfristigen Nutzung von Dokk1 etablieren, werden von den Anwender:innen beibehalten, weitere können hinzutreten, sobald die Platzierung variiert und beispielsweise eine andere Etage, Zone oder ein unbekanntes Sitzmöbel erprobt wird. Bei fast jedem Besuch ziehen weitere Facetten des räumlichen Gefüges Aufmerksamkeit auf sich. Zugleich gelangen dabei immer auch die Aktivitäten neuer und gewohnheitsmäßiger Nutzer:innen in die visuelle oder akustische Reichweite der Wahrnehmenden.
2 Alltägliche Demokratie, zum Greifen nah?
2.1 Anwender:innenbeteiligung seit der ersten Planungsphase
In der Planungsphase wurde Dokk1 vor rund zwei Jahrzehnten als Medienzentrum bezeichnet, auch heute erschiene diese Bezeichnung oder eine Benennung als Kulturhaus nicht abwegig. Mit der von den Anwender:innen vorgeschlagenen und im Wettbewerb ausgewählten Bezeichnung Dokk1 sollte nachdrücklich ein innovatives Landmark-Gebäude und ein unverwechselbarer Ort begründet werden, der weitaus mehr als eine sog. traditionelle Bibliothek zu bieten hat. Dokk1 tritt auf sehr markante Weise als redefinierte und als refigurierte Bibliothek in Erscheinung.
In der sozialen Interaktion treten die wechselseitigen Beziehungen der vier genannten Raumfiguren mitunter plastisch hervor. Fraglos wurden in den bisherigen Erörterungen die Aktivitäten innerhalb eines territorialen Rahmens präsentiert: mal fand Spielgerät im Außenbereich Beachtung, oder der Senderadius von DR TV wurde mitbedacht. Die erfahrene territoriale Ausdehnung korrespondiert demnach mit sinnlichen Wahrnehmungen und einer vorgestellten ausstrahlenden Kraft mit einer bestimmten Reichweite. Territorium, Ort und Ortsraum sind dabei eng aufeinander bezogen, denn „als Ortsraum zentralisiert [der Ort, AW] auch alle Bewegungen auf eine Wahrnehmungsganzheit“.[39] Löw geht davon aus, dass die Ortsräume aktuell an Bedeutung gewinnen, gerade weil die „Relevanz von Orten [...] umkämpft“[40] sei.
Bezeichnenderweise assoziiert Löw den Ortsraum mit der sog. „Identitätsfrage“,[41] die ich im Hinblick auf Dokk1 als eine Frage lokaler Identifikationsangebote fassen möchte. Zur Verdeutlichung sei angemerkt: Identifikationsangebote auf lokaler Ebene bereitzustellen, wie etwa ein Stadtarchiv, heißt nicht etwa, auf transnationale oder globale Verweisungszusammenhänge oder internationale Kooperationen des Bibliothekspersonals zu verzichten oder dem Provinzialismus zu frönen.
Trotzdem verrät sich dadurch, wie die Materialien zur Öffentlichkeitsarbeit von Dokk1 Raumfiguren thematisieren, welche Bedeutung die lokale Selbstverortung übernehmen kann und inwiefern sie mit praktisch-orientierenden oder diskursiv-wertenden Handlungen einhergeht. Daran schließt sich unmittelbar die Frage an, welche Arten von Raumfiguren in den Maßnahmenkatalogen zur Demokratieförderung aufscheinen.[42]
Meine Erläuterungen zum Netzwerkraum, der über Distanzen oder Unterschiede hinweg Stationen anordnet und synthetisiert, bezogen sich in den vorangegangenen Abschnitten vornehmlich auf die Relationen von Gruppen und Individuen, die sich räumlich und sozial aufeinander abstimmen. Spezifizierungen zu medialen Netzwerken wurden in diesem Artikel bisher nicht berücksichtigt und können im Folgenden bloß angedeutet werden.[43] Dass die medialen Konstellationen das soziale und raumzeitliche Verhalten in entscheidender Weise prägen, ergibt sich anhand der Tatsache, dass die Nutzer:innen fast jeden Besuch und jeden Ausleihvorgang digital vorbereiten oder begleiten. Doch bedeutet dieses Agieren nicht zwangsläufig eine Maßstabsvergrößerung, obwohl doch eine zusätzliche Ebene bespielt wird, die in ihrer Bahnenform eine generalisierende Wirkung haben kann. Die überwiegende Zahl der Linkangaben auf der Homepage von Dokk1 referiert dagegen überwiegend auf einen lokalen Bezugsrahmen, und die Maßnahmen zur Demokratieförderung sind vorrangig lokal konzeptualisiert.[44] Wird Dokk1 wiederum als Knotenpunkt in einem vorhandenen oder potenziellen/imaginären Netzwerk konzeptualisiert, geht es vorrangig um Verortung und weniger um den Anspruch, mit einzigartigen lokalen Merkmalen zu glänzen. Die zu Beginn beschriebene konkrete Zirkulation in und um Dokk1 bleibt ebenfalls auf das Lokale oder Regionale verwiesen, obwohl der architektonisch und stadtplanerisch hervorgehobene Bahnenraum von einer potenziell verallgemeinerbaren Mobilisierung zeugt.[45]
Der Planungsprozess von Dokk1 begann im Jahr 1998, als fünf Standorte am citynahen Hafen für den Bau eines neuen Kulturzentrums geprüft wurden.[46] Der Ideenwettbewerb fand 2000 statt, und der Stadtrat (byråd)[47] erläuterte den damaligen Bibliotheksbedarf auf einem Seminar, unter dem Titel „Fremtidens Kulturbygning“ (Der Kulturbau der Zukunft). Im Wirtschaftsplan der Kommune (erhvervshandlingsplan) wurde ein sogenanntes Multimediahaus fixiert. Die erste Projektphase war auf 10 Jahre festgelegt, wobei die ständige Begleitung durch offene Bürger:innenversammlungen großes Gewicht erhielt. Mit dem Verkauf der alten Bibliothek 2003 wurde ein Teil des Kapitals für die Neuinvestition freigesetzt. Dokk1 ist das bislang teuerste Bauvorhaben Århus’. Die Ausschreibung, die Vereinbarungen über die Werteorientierung des Gesamtprojekts (core values) und die Festlegung der ökonomischen Verantwortungsverteilung unter Investoren erfolgten 2006. Die umfassende Donation der Stiftung Realdania (2007) für die Hafenanlage und das Parkhaus lieferte die ökonomische Basis, zusätzlich trug diese gemeinnützige Stiftung zur Finanzierung von Dokk1 als einer öffentlichen Kultureinrichtung bei. Nach der Vorauswahl von sechs Beiträgen wurden drei von ihnen (2008) geprüft, bis sich der Entwurf vom Team Schmidt, Hammer, Lassen durchsetzte.[48] Mit dem Bau wurde 2011 begonnen und die Bibliothek – samt Parkhaus – 2015 in Betrieb genommen. Die Vermietung der Räume in der 3. Etage gab in der Etablierungszeit Anlass für einen Rechtsstreit, weil die buchbaren Räume nicht mit den Angeboten auf dem freien Markt konkurrieren durften. Dieser Wettbewerbskonflikt wurde durch die Vermietung der 3. Etage gelöst.
Die heutige Bibliothekschefin Marie Østergård stellt in einem Artikel über Prozessresultate (Resultat af en process 2015) resümierend fest, dass die Einbeziehung der Anwender:innen und die Verankerung des Konglomeratprojekts in unterschiedlichen Wissensgebieten entscheidend gewesen seien.[49] Daher bestimmt Østergård als grundlegende Identität des gesamten Gebäudes (grundidentitet) den Raum der Anwendenden (brugernes rum), womit sie einen Raum und Ort für Anwender:innen hervorhebt, der von Anwender:innen mitkonzipiert worden ist.[50] Damit sind Räumlichkeiten und Orte beschrieben, die Bibliotheksnutzer:innen auch weiterhin mitgestalten und verändern können. Aufgrund der tatkräftigen Einsätze des Stadtrates, der sich durch die nachdrückliche Bürger:innenbeteiligung Respekt und Akzeptanz verschaffen konnte, besteht beinahe eine patenschaftsähnliche Beziehung zwischen dem Stadtrat und Dokk1. Anders ausgedrückt: Dokk1 hat aufgrund seiner Vorgeschichte lokalpolitische Anciennität vorzuweisen.
Die Akteurs-Kombinationen der Kooperationspartner und die Zusammenführung institutioneller Teileinheiten verfolgen als übergeordnetes Ziel eine soziale, gesellschaftliche, politische und bildungsfördernde Aktivierung der Nutzer:innen – im Sinne einer Förderung des Gemeinsinns. Das lokalhistorische Stadtarchiv,[51] das wohlfahrtstechnologische Zentrum mit seinem Schwerpunkt auf Hilfsmitteln für funktionsvariierte Menschen,[52] die IT-Sektion[53] und das vom Stadtrat 2015 eingerichtete Innovationszentrum[54] sind allesamt in Dokk1 vereint.[55] Die Besuchenden können sich Einblick in den Wirtschaftsstandort Århus, in prosperierende digitale Berufsfelder und zukunftsträchtige Ausbildungen verschaffen.
In vielerlei Hinsicht ist eine Betonung des Lokalen festzustellen, allen voran an den Aufgaben des Stadtarchivs erkennbar, das ein kollektives und kulturelles Gedächtnis pflegt,[56] dies allerdings stets mit einer beinahe exklusiven Fokussierung auf die Stadt Århus. Ähnlich wie in Citizen-Science-Projekten werden die Besuchenden aufgefordert, ehrenamtliche Aufgaben im Stadtarchiv zu übernehmen, beispielsweise Bestände zu sichten und mittels digitaler Aufbereitung der Allgemeinheit zugänglich zu machen.[57] Derzeit wird für eine Ausstellung zur Geschichte der Spanischen Grippe in Århus geworben und um Einsendungen, Scans und ehrenamtliche organisatorische Hilfe gebeten.[58] Die Ausstellung ist bezeichnenderweise darauf angelegt, die ihrerzeit weltweit wirksame historische Epidemie auf einen lokalen Maßstab engzustellen und in lokalhistorischer Nahaufnahme zu präsentieren. Damit wird auch an eine bestimmte, lokalisierende Raumerfahrung appelliert. Die europäische Skala wird auf die alltägliche Erfahrungsperspektive und auf familiäre oder individuelle Proportionen reduziert, womöglich um Überschaubarkeit, Konkretisierung und eine affektive Intensitätssteigerung insofern zu erreichen, als die Ausstellungsbesuchenden wiederum selbst Vergleiche zu ihren persönlichen und privaten Erfahrungen mit der Covid-Pandemie herstellen. Dadurch erfolgt wiederum eine raumzeitliche Erweiterung der vorgestellten Wahrnehmung.
Der skizzierte aufwändige Planungsprozesses von Dokk1 weist, zumindest phasenweise, Elemente der konsultativen Demokratie auf. Ähnlich wie beim Einsatz von Bürgerräten bzw. dem Prinzip von Citizens’ assemblies entsprechend erhielt der Århusianer Stadtrat im intensiven Austausch mit den Nutzer:innen ein großes Mitspracherecht für das sich sukzessive voran entwickelnde Jahrhundertprojekt Dokk1.[59] Dieser Århusianer Erfolg fällt umso mehr ins Auge, da bei der Demokratieförderung durch Stadtbibliotheken überwiegend eine Bestärkung der liberalen, repräsentativen Demokratie im Vordergrund steht. Doch auch dieses Aufgabenfeldes nehmen sich Dokk1 und die angeschlossenen Akteure, Partnerschaften und Institutionen tatkräftig an: So schlägt der Handlungstank der Kommune 2021 vor, zur Steigerung der Wahlbeteiligung in Århus gezielte Maßnahmen zur Aktivierung von Nicht-Wählenden zu treffen:[60] In bestimmten Brennpunktbezirken sollen erfahrene vermittelnde Personen, wie beispielsweise die Stadtteilmütter, eine beratende Funktion übernehmen. Der Bürgerservice versteht sich ebenfalls als fundamentaler Beitrag zur Sicherung der liberalen Demokratie, an die sich potenziell die Vermittlung von Sprachunterricht anschließen kann: Wer nach Århus übersiedelt und sich dort anmeldet, wird gleichsam im Foyer von den Büchertischen zu den Themen Liebe, Science-Fiction und Graphic Novels und dem Großbildschirm mit den auffälligen Veranstaltungshinweisen begrüßt.
Gewisse Verheißungen der direkten Demokratie scheinen wiederum in Form der häufig durchgeführten Bürger:innen-Befragungen auf. Unmittelbare Einflussnahme stellen überdies die Feedback-Schleifen des Design Thinking[61] in Aussicht. Auch eine digitale Mitbestimmungsplattform der Kommune, auf die Dokk1 ebenfalls aufmerksam macht, beruft sich auf Praktiken der direkten Demokratie.[62]
2.2 Lokales und Translokales
Die Annahme, dass Städte innovativ wirken, indem sie nicht nur Herkunfts- bzw. Zielorte, sondern auch Orte der Zirkulation und Vermittlung von Ressourcen, Kulturgütern und einflussreichen Akteur:innen sind, bestätigt sich, zumindest in konjunkturell stabilen Phasen. Nichtsdestotrotz ist diese Annahme mit einer hegemonialen Denkfigur verknüpft, dass sich nämlich Kreativität und Innovationen aus einem bestimmten, positiv konnotierten lokalen und lukrativen Milieu speisen. Dass Richard Florida in den 1990er-Jahren Städte als territorialen und lokalen Versammlungsort der kreativen Klasse feierte, mag heute als popsoziologische Zuspitzung kritisiert werden.[63] Doch war in der Planungsphase von Dokk1 Floridas urbanistische Maxime, die sich besonders für die publikumswirksame Lancierung von Stadtentwicklungsprojekten eignete, durchaus inspirierend und prägend. Die kommunalpolitische Motivierung für das gesamte Dokk1-Vorhaben konnte diese zukunftsoptimistische Prämisse zweifellos erfolgreich öffentlichkeitswirksam einbringen, in Interaktion mit dem erfolgreichen IT-Sektor der Stadt ausbauen und anderen lokalen Gegebenheiten anpassen. Mit dem zweiten markanten Digitalisierungsschub der 1990er-Jahre,[64] der die Bibliotheken dazu zwang, ihren gesellschaftlichen Auftrag neu zu fassen, nimmt die Relevanz von Netzwerkkonzepten zu, auch über die bekanntesten, medialen Netzwerke hinausgehend. Spätestens seit dem Kulturhauptstadtjahr 2017 nimmt sich Århus selbstbewusst als Teil eines europäischen Städtenetzwerks wahr, das Bahnen und Infrastrukturen gemeinsam aufbaut und nutzt. In der Kollaboration der Partnerschaften mit u. a. Århusianer Unternehmen werden ebenfalls Netzwerke aufgebaut. Es gelingt Dokk1, der vermeintlichen Ortlosigkeit digitaler Leih- und Nutzungsangebote vehement zu widersprechen, nicht zuletzt durch die starke Betonung des Lokalen bzw. einer mehrfach motivierten lokalen Kontextualisierung. Demokratische Leitwerte erscheinen mit einer charakteristischen Betonung der Nähedemokratie daher nicht abstrahierend oder generalisierend, sondern können im Alltagshandeln in der nächsten Umgebung verwirklicht werden. Dokk1 gilt als stellvertretender Schauplatz für demokratisches Tun, an dem nicht selten Interessenskonflikte in unterschiedlich proportionierten Maßstäben ausgehandelt werden.
Die habituellen Alltagshandlungen und die Geschehnisse in der Bibliothek und in deren angeschlossener sozialen Umgebung werden in vielen der ausgewerteten Programme und Leitdokumente in einem metonymischen Verhältnis zu den allgemeinen gesellschaftlichen Praktiken imaginiert oder dargestellt: Der institutionelle Ausschnitt Bibliothek steht für das gesellschaftliche Ganze.[65] Im Zuge des Ausbau der IT-Angebote ist von der Arena als Diskursraum oder Veranstaltungsbühne die Rede, vermehrt allerdings von einer Einladung zu Experimenten in Laboratorien,[66] Workshops oder im Makerspace.[67] Der Makerspace suggeriert geselliges Werkeln im Sinne der Bricolage, gemeinsame Hobby-Ausübung, aber auch ein systematisches, erkenntnisgeleitetes Arbeiten, das zu überraschenden und freudvollen Entdeckungen führen kann. Eine Zeit lang wurden Makerspace und Laboratorium beinahe synonym verwendet. Inzwischen hat sich das Laboratiumskonzept, vor allem in Gestalt des Medien- und IT-Labs oder im Ideenlaboratorium (idelab)[68] durchgesetzt und dabei mit zahlreichen zusätzlichen Bedeutungen angereichert, z. B. wenn physisch-digitale Kontinuen veranschaulicht werden sollen. Im sog. Co-Working-Space und in experimentierenden Gemeinschaften wird die temporäre Zusammenarbeit akzentuiert, die unter Umständen sogar regelmäßigere Treffen oder verlässliche kollegiale Beziehungen begründen kann. Der Begriff Laboratorium für die offene und voraussetzungslose Werkstatt wird offenbar gewählt, um das gemeinsame entdeckende Lernen hervorzuheben und auf programmatische Weise das Machtgefälle unter den Teilnehmenden als niedrig anzunehmen. So erweist sich das Laboratorium überdies als kompatibel mit der herrschaftsfreien öffentlichen Arena.
Fraglos kommt der sowohl urbanen als auch lokalen Vergewisserung von Dokk1 als Innovationsort eine wichtige Funktion zu. Das territoriale Denken wird ergänzt durch die Vorstellung sozialer Konstellationen, die sich unter bestimmten Umständen zu Netzwerken anordnen. Bestimmte zunächst lokal gerahmte Ereignisse oder Initiativen sind potenziell zusätzlich in Netzwerkraum-Strukturen synthetisierbar. In Form von Projektionen vom kleinen auf den größeren Maßstab oder umgekehrt wird demonstriert, dass öffentliche Bibliotheken eine exemplarische Rolle im gesamtgesellschaftlichen Gefüge übernehmen. Indem der Bogen von der spezifischen lokalen Kultureinrichtung zur (nationalen, transnationalen, europäischen oder internationalen) demokratischen Gesellschaft gespannt wird, tritt die gesellschaftliche Relevanz umso eindringlicher hervor:
In einer Zeit, die von Veränderungen, Aufbrüchen und Krisen geprägt ist, nimmt die Bibliothek eine einzigartige Position ein und erhält Bedeutung im Hinblick darauf, wie Menschen Nähe und Gemeinschaft erleben, welche Denkweisen vorherrschen und wie sich unser Kulturleben gestaltet – und letzten Endes unsere Demokratie. „I en tid præget af forandringer, opbrud og kriser har biblioteket en unik position og betydning for oplevelsen af nærhed og fællesskaber mellem mennesker, for vores tænkning og vores kulturliv – og i sidste ende vores demokrati.“[69]
Trotz des inhärenten politischen Anspruchs werden Demokratie und Kultur vorrangig als Werte des Guten dargeboten, die tautologisch füreinander einstehen. Weil Kulturbewahrung und Literatur- und Leseförderung normativ als ethisch wertvoll verstanden werden, muss sich augenscheinlich jegliche kulturelle oder literarische Anwendung u. a. im Bibliothekszusammenhang demokratiesichernd auswirken. Wie der letzte Teilsatz des Zitats veranschaulicht, erhalten unsere Kultur und unsere Demokratie synonyme Bedeutungen, selbst wenn die Konnotationen eine übergeordnete Ebene betreffen. Dabei bleibt aus kommunalpolitischer Sicht, durch das Kulturhauptstadtjahr weiter verstärkt, bedeutsam, dass ein kombinierter kulturell-ökonomischer Mehrwert (merværdi)[70] erzielt wird. Die kulturökonomische Rolle von Dokk1 bestätigt sich konkret in der lokalen und regionalen Wirtschaftsförderung in Gestalt der Partnerschaften, die zu Vereinen, Unternehmen, NGO-Gruppen oder kooperierenden Einrichtungen in der Region aufgebaut worden sind. Sie treten dabei nicht als Sponsoren auf, sondern tragen im Verbund mit Dokk1 zur gemeinsamen Wertschöpfung bei (samskabelse).[71]
Während im erläuterten Zitat der Maßstabwechsel von der Institution zur Regierungsform, vom Besonderen zum Allgemeinen erfolgte, gilt in der folgenden programmatischen Äußerung die Wirkung von Kultur auf das Individuum als zentral: Kultur, zu der u. a. Literatur und Lektüre gehören, kann einen Weg aufzeigen zur Lebensfreude, zur Resilienz, zum kritischen Denken und zur Bildung, und die öffentliche Bibliothek kann zu einem Bestandteil des Lebens aller Bürger:innen werden, vom Säuglingsalter bis zur Zeit nach der Pensionierung. „Kultur, herunder litteratur og læsning, kan være vejen til livsglæde, robusthed, kritisk tanke og dannelse, og folkbiblioteket kan være del af borgernes liv fra baby til pensionist.“[72] Mit der Vorstellung eines aktiven, aufgeklärten und zur politischen Partizipation befähigten Bürgertums, welche das Öffentlichkeitsmodell von Habermas anklingen lässt, verbindet sich das Leitbild einer allgemeinen Zugangsberechtigung zu Vereinigungen/Gemeinschaften, Dienstleistungen, Büchern, Wissen, Aufklärung und Kultur (fællesskaber, services, bøger, viden, oplysning og kultur).[73] An dieser Stelle setzt sich in der avancierten Demokratiearbeit 2.0 immer noch die Anciennität der traditionellen Bibliothek durch, und die ehrenhafte Einrichtung präsentiert sich als einzigartige zivilgesellschaftliche Sachwalterin von gemeinschaftsstiftenden Kulturgütern.
Interessanterweise sollen sich die generelle gesellschaftliche Relevanz und der lokale Bezugsrahmen offenbar gegenseitig verstärken, wovon die Einführung der kommunalpolitischen Doppeleinheit Bürgerservice und Bibliothek bzw. Bibliotheken/Bürgerämter (Borgerservice og Biblioteker bzw. bibliotekerne/medborgercentrene) zeugt,[74] sie wird als Basiskomponente der kommunalen demokratischen Infrastruktur verstanden. Die Broschüre „Stærke fællesskaber“ (Starke Gemeinschaften), die ungefähr einem regionalen Bibliotheksplan entspricht, verkündet, dass diese kombinierte organisatorische Handlungseinheit es ermögliche, die 17 globalen UN-Ziele auf lokaler Ebene zu verwirklichen.[75] Abermals wird ein Maßstabswechsel (hier vom Makro- zu Mikrolevel) bemüht, um die Schlüsselrolle der Bibliotheken herauszustreichen. Um das suggestive rhetorische Manöver durchzuhalten, ist es dankbarer, Demokratie als ethische Wertorientierung und weniger als ideengeschichtlichen oder politischen Begriff zu fassen. Trotzdem sind die Bibliotheken dazu befähigt die Art und Weise des demokratischen Ausdrucks vorzuführen,[76] womit sich auf der Ebene der Werte die institutionelle Vorreiterfunktion von Dokk1 bestätigt. Nichtsdestotrotz führen die ausgewerteten Dokumente immer auch die instrumentelle Dimension der demokratischen Regierungsform vor Augen.
Zur Lage der regionalen Demokratie wurde eine Meinungsumfrage erstellt, auf die sich der Handlungstank 2021 beruft. Die Studie wurde 2020 von einem Consulting-Unternehmen (Silver Bullet Research) in Kooperation mit Århus Kommune und der in Århus ansässigen Hochschule für Medien und Journalismus lanciert.[77] Insbesondere die bei den Bürger:innen abgefragten Assoziationen zu den Vorzügen und Nachteilen der Demokratie verraten, dass es vornehmlich um eine institutionsübergreifende Vergewisserung kommunalpolitischer guter Absichten geht.
Die Schrift des Handlungstanks für lokale Demokratie vollzieht in bekannter Manier Maßstabwechsel, wie schon die Aufzählung der wichtigsten Aufgabenbereiche zu erkennen gibt: Demokratie und die digitale Welt, Demokratie und die Kooperation zwischen den Bürger:innen und der Kommune, Demokratie und aufklärende und bildende Vereinigungen, Demokratie und Minderheitsgruppen.[78] Hiermit wird eine Bewegung von der Welt zur Kommune zur Vereinigung zur Gruppe angeleitet. Die Empfehlungen des Handlungstanks betreffen insbesondere die Förderung der gesellschaftlichen Partizipation. Dem Stadtrat wird empfohlen, mehr Begegnungsorte zu schaffen, wie beispielsweise Sporteinrichtungen, Bibliotheken und Bürgerhäuser. Stadtratsversammlungen seien gerade dort zu anzuberaumen, wo sich die Bürger:innen ohnehin bevorzugt aufhalten.[79] Das Angebot, unterschiedlichste Räume in Dokk1 zu buchen und die Bühnentreppe für selbst arrangierte Veranstaltungen zu nutzen,[80] wird in den Handlungsempfehlungen eigens gewürdigt. Dokk1 gewähre eine „physische Plattform für bessere demokratische Gespräche“.[81] Die von mir ausgewerteten Materialien zur Öffentlichkeitsarbeit belegen eindrücklich, wie eine bürgerschaftliche Denkweise sowohl den institutionellen Rahmen als auch den bibliothekarischen Auftrag auf überzeugende Weise politisch prägt.
Für die demokratiefördernde Arbeit sind immer auch die medialen Bahnen relevant. Als ein Beispiel werden Facebook-Konversationen erwähnt, die sich als kommunalpolitisch wichtig erweisen: unsere Arbeit in den Chat-Konversationssträngen (vores arbejde i trådene).[82] Zur Darstellung des Verhältnisses zwischen den physischen zu den digitalen Komponenten, die im Rahmen der Demokratieförderung zum Einsatz kommen, erweist sich die Nennung des Stadtteils Solbjerg und des Programms Snapchat als vielsagend:[83] Erstens wird eine Internet-Plattform überhaupt als Ortsraum anerkannt. (Dieser weist Verbindungen zum Bahnen- und zum Netzwerkraum auf.) Der digitale Ort hat 2021 neben dem physischen Ort Bestand. Dies galt für ältere Konzepte von virtueller Realität, die für Ortlosigkeit stand, noch nicht. Zweitens zeugt die gleichberechtigte Nebenordnung davon, dass noch kein Übergang zwischen dem Physischen und dem Digitalen gedacht wird: Hybride Formen bleiben vorerst ausgespart. Erst seit wenigen Jahren zeichnen sich Bestrebungen ab, das Digitale im Physischen ausfindig zu machen und umgekehrt.[84]
Ortsräume und Bahnenräume werden komplementär konzeptualisiert. Markante Territorialisierungstendenzen und eine Engführung auf das Lokale und die allernächste Umgebung lassen sich gleichermaßen beobachten. Dafür bieten die Versuche zur Neuausrichtung der Lokaljournalistik von Århus Stiftstidende, einem Kompagnon von Dokk1, ein anschauliches Beispiel. Mit dem Versand von Rundmails an die Zeitungsabonnierenden und in Ergänzung zur Print- bzw. Online-Ausgabe soll eine kleinteiligere Berichterstattung aus dem lokalen Milieu ermöglicht werden, d. h. die journalistischen Beiträge werden lokal spezifiziert und anhand der Postadressen personalisiert.[85] Anhand dieser Bestrebung, die Nahsichtperspektive zu intensivieren, lässt sich nicht nur eine Maßstabsverkleinerung festmachen, sondern auch eine Insularisierung und eine personalisierte Meinungsfilterung, die von den lernenden Algorithmen mittelfristig noch verstärkt werden dürfte.
3 Fazit
Mit der Inszenierung urbaner Zirkulation und mit den gleichzeitig auf großer Bühne dargebotenen, zahlreichen Kommunikationsgelegenheiten veranschaulichen viele Aktivitäten in Dokk1 die Vision eines verbesserten sozialen Zusammenhalts. Der Co-Working-Space und das Laboratorium stehen für ein zukunftsgerichtetes demokratisches Alltagshandeln ein. Dabei wird vorausgesetzt, dass gemeinsame kulturelle Erlebnisse und Tätigkeiten zur Sicherung demokratischer Werte beitragen. Das ausgeprägte Open-Space-Konzept kann bei der alltäglichen Nutzung konfrontative Situationen entstehen lassen. Raumsoziologisch ist ein Zusammenwirken von Territorial- und Netzwerkräumen feststellbar, das anlässlich der sozialen Interaktion in Erscheinung tritt. Mitunter nehmen die Besuchenden selbst indirekt und ganz offensichtlich eine Funktionszonen-Aufteilung vor, je nachdem wie sie situativ handeln oder sich verhalten. Eine mehrfache Bewegung entlang von Bahnen wurde im ersten Abschnitt beschrieben, wobei die Zirkulationen mit zur Verortung von Dokk1 beitragen und der offen gebauten Bibliothek während der Nutzung zu einer Etablierung von flüchtigen oder beständigeren Ortsräumen verhelfen. Das Verorten und die Bildung neuer Orte stellen sich nicht zuletzt als Reaktion oder Gegen-Reaktion auf den vermittelnden Transfer und die durchgehende zirkulierende Bewegung dar. In der Vergewisserung lokaler Merkmale und in den zu beobachtenden Re-Territorialisierungstendenzen[86] lässt sich eine Erwiderung auf Anpassungen vermuten, die den stattfindenden Globalisierungsdynamiken zugeschrieben und behelfsmäßig mit dem Begriff Glokalisierung umrissen worden ist.
Dokk1 kann auf ortsspezifische Alleinstellungsmerkmale zurückgreifen, um sich u. a. als Anwender:innen-orientierter, innovativer und demokratiefördernder genius loci zu entwerfen. Zugleich fordert die Denkfigur des Wettbewerbs, bezogen auf sowohl die Bündnisse als auch die Konkurrenzverhältnisse zwischen nationalen und transnationalen Großstädten, dass sich Netzwerkkonzepte[87] in unterschiedlicher Medialität und Materialität fortlaufend aktualisieren. In den ausgewerteten Textbeispielen zur kommunalen Kulturpolitik ließ sich eine Kopplung zwischen den sich semantisch überschneidenden Wertbegriffen Demokratie und Kultur (inkl. Literatur) beobachten.
Die Profilierung des urbanen und innovativen Milieus erwies sich aus heutiger Sicht als vage und der Städteplanung der Ära um 2000 verpflichtet. Aktuell erscheint der zukunftsweisende Anspruch der Laboratorien zum entdeckenden und experimentellen Lernen weitaus plausibler, so dass die Anwender:innenorientierung in diesem Bereich am überzeugendsten zur Geltung kommt. Mithin ist festzustellen, dass in Århus die Bibliothekspolitik einen integrativen Bestandteil der Stadtentwicklung ausmacht und dass Dokk1 (als vorgestellte Einheit des Personals und der Besuchenden) an der Steuerung kommunalpolitischer Entscheidungsprozesse und an den Beschlüssen selbst oft mitbeteiligt ist. Die Vorstellung, dass Dokk1 eine demokratische Infrastruktur bereitstellt,[88] erweist sich daher als wohlfundiert.
Durch die starke Betonung der Aktivitäten misst Dokk1 den sozialen und kulturellen Erlebnissen der Besuchenden einen sehr hohen Rang bei, obwohl Kultur/Literatur in allen offiziellen Dokumenten weiterhin Priorität eingeräumt wird. Bisher spricht nichts dafür, dass Dokk1 dazu beitragen könnte, dass die Buchlektüre (in allen medialen Formen) zu einer Nebentätigkeit beim Multitasking nivelliert würde.[89] Dennoch wird die epochentypische stadtplanerische Verankerung voraussichtlich dazu führen, dass für das Millennial-Gebäude Anpassungen je nach Bedarf der Nutzer:innen vorzunehmen sind. Darüber hinaus wird der unzureichend erforschte Verbund vom Digitalen und Physischen zukünftig noch mehr kritische Aufmerksamkeit verlangen.[90]
Über den Autor / die Autorin

Universität Wien, Skandinavistik, Universitätsring 1, A-1010 Wien, Österreich
Literaturverzeichnis
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© 2022 Antje Wischmann, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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- Rezensionen
- Dahlkild, Nan; Larsen, Steen Bille (Hrsg.): Dansk Bibliotekshistorie. Band 1–2. Aarhus: Aarhus Universitetsforlag, 2021. Fest geb. Abb. ISBN 978-87-7184-513-6. 499,905 DKK/67,21 €. 1. Band: Biblioteker for de få. Tiden før 1920. 374 S. 2. Band: Biblioteker for alle. Tiden efter 1920. 416 S.
- Schlechter, Armin (Hrsg.): Gesammelt – zerstreut – bewahrt? Klosterbibliotheken im deutschsprachigen Südwesten. Stuttgart: Kohlhammer, 2021 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen: Bd. 226). VIII, 307 S., Farbtafeln, Schwarzweißabbildungen. ISBN 978-3-17-037425-6, 28,- €
- Hiller von Gaertringen, Julia; Probst, Veit; Stello, Annika; Syré, Ludger (Hrsg.): 250 Jahre ÖFFENTLICH. Die Badische Landesbibliothek 1771–2021. Karlsruhe, Bretten: Lindemanns, 2021. 240 S., Broschur, 61 Abb., ISBN 978-3-96308-134-7, 24,90 €
- Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Philipp: Die Fürst zu Stolberg-Wernigerodesche Bibliothek. Zur Geschichte einer adeligen Büchersammlung, ihrer Zerschlagung und ihrer Wiedereröffnung. Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann, 2022. 160 und 50 ungezählte S., 89 €, ISBN 9783465045243
- Browndorf, Megan; Pappas, Erin; Arrays, Anna (ed.): The Collector and the Collected. Decolonizing Area Studies Librarianship. Sacramento, CA: Library Juice Press, 2021. 316 S.
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- Hiller von Gaertringen, Julia; Probst, Veit; Stello, Annika; Syré, Ludger (Hrsg.): 250 Jahre ÖFFENTLICH. Die Badische Landesbibliothek 1771–2021. Karlsruhe, Bretten: Lindemanns, 2021. 240 S., Broschur, 61 Abb., ISBN 978-3-96308-134-7, 24,90 €
- Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Philipp: Die Fürst zu Stolberg-Wernigerodesche Bibliothek. Zur Geschichte einer adeligen Büchersammlung, ihrer Zerschlagung und ihrer Wiedereröffnung. Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann, 2022. 160 und 50 ungezählte S., 89 €, ISBN 9783465045243
- Browndorf, Megan; Pappas, Erin; Arrays, Anna (ed.): The Collector and the Collected. Decolonizing Area Studies Librarianship. Sacramento, CA: Library Juice Press, 2021. 316 S.