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Informationsverhalten, sozialer Kontext und Bibliotheken: Annäherungen an Theorien der Small Worlds und Informationswelten

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Published/Copyright: March 28, 2017

Zusammenfassung

Das Desiderat einer alles umfassenden Theorie in der Informationsverhaltensforschung hat die Entwicklung theoretischer Ansätze auf der Grundlage einer interdisziplinären Theorieaneignung unter teilweiser Anlehnung an sozialwissenschaftliche Theorien bedingt. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag der Versuch Gary Burnetts und Paul T. Jaegers vorgestellt, ausgehend von den Theorien über das Informationsverhalten partikularer informationeller Lebenswelten (E. Chatman) und unter Berücksichtigung des informationstechnologischen Wandels zu einem gesamtgesellschaftlichen Verständnis des sozialen Kontextes von Informationsverhalten zu gelangen. Aufbauend darauf wird die nachhaltige und bedeutsame Funktion der Bibliotheken als Einrichtungen der Sphäre der Öffentlichkeit skizziert.

Abstract

The desideratum of a comprehensive theory in the area of information behaviour brought about the development of theoretical approaches based on the interdisciplinary acquisition of theories with a reference to social sciences. In this article we present Gary Burnett’s and Paul T. Jaeger’s attempt at gaining a general theoretical understanding of the social context of information behaviour, taking into account the theories of information behaviour of small worlds (E. Chatman) and the changes caused by the information technologies. On this basis, we outline the significant role of libraries as institutions of the public sphere.

1 Einleitung

The eighteenth century embraced the idea of progress; the nineteenth century had evolution; the twentieth century had growth and then innovation. Our era has disruption [...] It’s a theory of history founded on a profound anxiety about financial collapse, an apocalyptic fear of global devastation, and shaky evidence.“ [1]

We have thus information behaved for many thousands of years.“[2]

Im Mai 2013 veröffentlichte ein Insider des globalen Überwachungsnetzes, Edward Snowden, geheime Unterlagen der NSA, die belegen, wie systematisch und in welcher Totalität Daten von den Geheimdiensten erfasst, gespeichert und ausgewertet werden. In paradoxer Umkehrung des einstigen Heilsversprechens des Internets, das in seiner utopischen Ausrichtung ein Mehr an Demokratie und Partizipation im Kontext einer uneingeschränkten Universalisierung von Information und Kommunikation versprach, wird jetzt die Überwachung und Durchdringung jeglicher Kommunikation und von all dem, was in informationstechnischen Systemen gespeichert oder verarbeitet wird, zum universalen Prinzip. Alles ist öffentlich, meint jetzt vor allem, nichts ist mehr geheim und privat. Diese bittere Erkenntnis schlägt nun wiederum zurück in ein zunächst vages Misstrauen und ein Gefühl von ‚Angst‘ gegenüber der digitalen Informationswelt und der angreifbaren Technizität der Information and Communication Technology (künftig: ICT). Schon zuvor sprach man im Kontext der rasch fortschreitenden ICT und der sich daraus entwickelnden Möglichkeiten von „information overload“,[3] „information anxiety“,[4] „information literacy“[5] sowie „ICT literacy“.[6] Hinter diesen zum Teil auf modische Schlagworte verkürzten Sachverhalten und „Stimmungen in der Informationsgesellschaft“[7] verbergen sich aber manifeste Probleme, die einerseits das allgemeine Problemfeld von Gesellschaft und Information und andererseits Forschungsfelder der Library and Information Studies (künftig LIS) berühren und ferner auch das praktische Wirkungsfeld der Bibliotheken betreffen. Jenseits dieser Debatten und möglicherweise privilegierten Auseinandersetzungen ist ein gesellschaftspolitisch wichtiges und das Informationsverhalten betreffendes Problemfeld zu diskutieren.

Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Freiheit des Zugangs zu Information,[8] freier (auch digitaler) Rede,[9] defizitärer Öffentlichkeit, des Bedeutungswandels der Bibliotheken[10] und staatlicher Kontrolle geht es um Fragen des grundsätzlichen Zugangs zu Information und Informationsbarrieren im Kontext spezifischen menschlichen Informationsverhaltens. Im Zusammenhang mit dem „user-centered paradigm shift“[11] in LIS in den späten 1980er-Jahren rückte der Informationsnutzer zunehmend in den Mittelpunkt qualitativer Untersuchungen und somit auch die Frage nach den „personal, interpersonal and environmental barriers“ bei der Informationssuche.[12] Der Begriff des Environments schließt das Konzept des sozialen Kontextes mit ein.

Im Rahmen einer sozialen Kontextualisierung von Information und Informationsverhalten hat die US-amerikanische Informationswissenschaftlerin, Elfreda A. Chatman, das Informationsverhalten und die Informationsbarrieren in lokal begrenzten Informations- und Lebenswelten (sog. small worlds) von vor allem marginalisierten Bevölkerungsgruppen untersucht, die bis dahin nur eine geringe Rolle im Diskurs von LIS einnahmen. Durch den aneignenden Rückgriff auf sozialwissenschaftliche Theorien, ethnografische Forschungsmethoden und durch eigene empirische Untersuchungen entwickelte Chatman verschiedene theoretische Erklärungsansätze. In diesem Zusammenhang stellte sie unter anderem fest, dass eine der Ursachen für ‚Informationsarmut‘ nicht unbedingt wirtschaftliche Armut sein muss. Vielmehr vermeiden Mitglieder bestimmter Small-Worlds-Informationen, aufgrund spezifischer sozialer und kultureller Normen, die die Art und Weise bestimmen, wie diese Mitglieder mit Informationen umgehen oder diese ignorieren.

Mit ihrer Theory of information worlds (2010) versuchen die Informationswissenschaftler Gary Burnett und Paul T. Jaeger angesichts des informationstechnologischen Wandels und seiner impliziten Risiken den Ansatz Chatmans nachhaltig zu erweitern, um zu einem universalen bzw. gesamtgesellschaftlichen Verständnis des sozialen Kontextes von menschlichem Informationsverhalten zu gelangen.[13] Ausgangspunkt ihrer Reflexionen ist die zentrale Bedeutung von Information im Zeitalter des Internets als „Lebensblut“ von gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, politischer und sozialer Interaktion, in deren Zusammenhang Informationsverhalten zu einer zentralen Kategorie des alltäglichen Lebens geworden ist.[14] In ihrem metatheoretischen Ansatz ergänzen die Autoren die gesellschaftlichen Ebenen der small worlds des alltäglichen Lebens (Mikro-Ansatz Chatman) mit dem Sphären-Begriff der Lebenswelt und der Öffentlichkeit von Jürgen Habermas (Makro-Ansatz Habermas). In einem weiteren Schritt fügen sie noch eine mittlere Ebene, die sie die Meso-Ebene der „vermittelnden sozialen Institutionen“ nennen, hinzu. Zu den Institutionen, die als Mediatoren tätig werden und somit von eminenter Bedeutung sind, gehören die Bibliotheken. Ähnlich wie Chatman synthetisieren sie dabei unterschiedlichste Ansätze aus sozial- und informationswissenschaftlichen Theorien, um ihrer Theorie der Informationswelten ein theoretisches Fundament zu verleihen.

Die bisher innerhalb des deutschsprachigen Diskurs der Informations- und Bibliothekswissenschaften kaum rezipierten Theorien von Chatman, Burnett und Jaeger sollen im Folgenden einleitend dargestellt, ihre theoretische Fundierung präsentiert sowie im Kontext der Diskussionen in LIS situiert werden. Anschließend wird die Nutzbarmachung der theoretischen Konzepte für die Bibliotheken beleuchtet, indem die nachhaltige und bedeutsame Funktion der Bibliotheken als Einrichtungen der Sphäre der Öffentlichkeit skizziert wird.

2 Wo ist die Theorie?

LIS theories, as we know, are usually vague and conceptually unclear, and basic concepts have not been defined [...]. Therefore the scarcity of conceptual analysis must be regarded as a grave deficiency.“[15]

Elfreda A. Chatmans Forschungsarbeiten vollzogen sich vor dem Hintergrund eines grundsätzlichen paradigmatischen Wechsels innerhalb der theoretischen Ausrichtung der Informationswissenschaft und LIS, die im Folgenden zur historischen Einbettung der Forschungsansätze der amerikanischen Wissenschaftlerin kurz umrissen werden soll. Formal lassen sich die Forschungen Chatmans zur Informationsverhaltensforschung (Human Information Behaviour, HIB)[16] als einem Teilgebiet der Library and Information Science, das sich seit den 1960er-Jahren als anerkanntes Forschungsgebiet etabliert hat, zuordnen. Von HIBwäre als eine Unterkategorie zudem Information Seeking Behaviour (ISB) zu unterscheiden.[17] Mitte der 1980er-Jahre verschob sich das Gewicht von der bis dahin vorherrschenden „eher prozessanalytische(n) Sicht der Informationsverhaltensforschung“, d. h. der Beschränkung des Informationsverhaltens vor allem auf die Aktivität der Informationssuche und der Informationssysteme, hin zu einer stärkeren Betrachtung, auf welche Art und Weise Nutzer Informationsquellen gebrauchen, welche Informationsbedürfnisse und welches Informationsverhalten bestimmte Zielgruppen haben. Letztlich ging es zudem um die Frage, „wie die Informationssysteme den Nutzerbedürfnissen angepasst werden können“.[18] Der Nutzer erhielt den Status eines aktiv Handelnden, seine Sicht als passiver Empfänger und bloßer Rezipient war nicht mehr opportun. Das Forschungsinteresse lag nun darin, ein Verständnis des Benutzers in seinen zielorientierten, auf Information ausgerichteten Handlungen zu entwickeln. Folgerichtig definierte Thomas D. Wilson Informationsverhaltenals „the totality of human behaviour in relation to sources and channels of information, including both active and passive information-seeking, and information use“.[19] Als exemplarisch kann in diesem Zusammenhang – hinsichtlich des Scheiterns formaler Systeme im Zusammenhang mit konkretem ISB – eine Studie von Roma M. Harris und Patricia Dewney aus dem Jahr 1994 genannt werden. Die daraus hervorgegangene Publikation trägt den bezeichnenden Titel „Barriers to Information. How Formal Help Systems Fail Battered Women.“ Die Autorinnen konnten aufzeigen, wie Informationssysteme (in diesem Fall von „public service providers“) in konkreten Fällen der Unterstützung von Informationssuchenden (hier verzweifelte, verletzte Frauen) scheitern und stattdessen informationsspezifische Hilfeleistungen aus dem privat-persönlichen Umfeld der „Opfer“, also aus ihrer partikularen small world, erfolgen.[20]

Auf einer 1996 im finnischen Tampere stattgefundenen Konferenz mit dem Thema „Information Seeking Behavior in Context“ (ISIC) vollzog sich ein weiterer Schritt. So konstatierte Pertti Vakkari in seinem Abschlussbericht der Vorträge und Diskussionen an erster Stelle einen „shift in metatheory from person-centered approach to person in context/situation oriented conception“.[21] Die hier angesprochene Forschungsrichtung in-context research geht davon aus, dass eine Kontextualisierung der Untersuchungen von ISB eine notwendige Bedingung für das ausreichende Verstehen von „[the information needs and seeking] phenomena“[22] bildet. So sahen Pettigrew, Fidel und Bruce Informationsverhalten darin begründet, „how people need, seek, give and use information in different contexts“.[23] Die inneren und äußeren Relationssysteme, in die die jeweiligen Akteure integriert sind und die ihr jeweiliges Informationshandeln beeinflussen, gerieten somit in den Focus der Untersuchungen. Nach Ingwersen und Järvelin beispielsweise agieren Informationssuchende und -nutzer (hier als cognitive actors begrifflich gefasst) in einem „social, organizational and cultural context“, der die Aktivitäten, Wahrnehmungen und Interpretationen von jedem Individuum über die Zeit beeinflusst.[24]

Ein Topos, der wiederholt in den Diskussionen in LIS eine Rolle spielt, besagt, dass die informationswissenschaftliche Forschung lange Zeit einen – etwas zugespitzt formuliert – Mangel an Theorie bzw. an einer ausreichenden theoretischen Fundierung aufgewiesen hat. Ein Thema, das in den Untersuchungen und Arbeiten von Chatman in den 1990er-Jahren, aber auch im Rahmen von Burnetts und Jaegers Theorie der Informationswelten einen deutlichen Stellenwert einnimmt. Theoretische Ansätze oder frameworks sind zunächst vor allem der Soziologie, den Sozialwissenschaften und der Psychologie entlehnt.[25]

2005 erschien nun ein u. a. von Karen Fisher herausgegebener, breit gefächerter Sammelband mit dem Titel „Theories of information behavior“. In diesem Band, den die Autorinnen als einen „researcher’s guide“ und „practical overview of both well-established and newly proposed conceptual frameworks“ bezeichnen, wird in enzyklopädischer Art und Weise der aktuelle Forschungsstand zum Thema der Beschreibung von Informationsverhalten, als einer bedeutenden Teildisziplin der Informationswissenschaften, dargestellt.[26] So scheint die noch einige Jahre zuvor gestellte (rhetorische) Frage „Where’s the theory?“[27] zunächst positiv beantwortet worden zu sein, obgleich Marcia J. Bates in einem einleitenden Text – trotz der verschiedenen vorhandenen theoretischen Ansätze und Metatheorien[28] – konstatiert, dass für viele Ansätze keine oder keine ausreichende theoretische Begründung vorhanden und der Modellcharakter[29] vorherrschend ist.[30] An der zugleich aufgezeigten und prozentual aufgeschlüsselten Herkunft der Theorien und Modelle (etwas Ähnliches hatte zuvor schon Donald O. Case unternommen[31]) wird zugleich deutlich, wie letztlich interdisziplinär der Ansatz der Informationsverhaltensforschung ist und wie viel diese den theoretischen Anregungen aus den Sozialwissenschaften und LIS verdankt. Eine Bibliotheks- und Informationswissenschaftlerin, die an einer theoretischen Fundierung ihres Fachs höchstes Interesse hatte und durch ihren frühen Tod an der eigenen Präsentation ihrer Ideen in diesem Buch gehindert wurde, war Elfreda A. Chatman. Die Herausgeberinnen haben den Band Chatman gewidmet, die als eine der „most influential theoretical scholars in information behaviors“[32] gewürdigt wird. Diese Aussage verweist auf den besonderen Stellenwert, den ihre Person und ihre wissenschaftliche Tätigkeit im anglo-amerikanischen Diskurs von LIS einnehmen, und dem im folgenden Kapitel etwas dezidierter nachgegangen werden soll.

3 „Das Leben auf kleiner Bühne“. Elfreda A. Chatmans Blick auf die small worlds

3.1 Fremdanleihen und „Anomalien“: Theory-driven research

Working with conceptual frame works and empirical research has never been an easy task.“[33]

Elfreda Annmary Chatman (1942–2002)[34] hat einen nachhaltigen Eindruck innerhalb der angloamerikanischen Forschungslandschaft der LIS hinterlassen. Bekannt und prägend wurde sie durch ihre Forschungen, die z. T. von einem ethnografischen Ansatz ausgehen, hinsichtlich des sozialen Informationsverhaltens, wobei sie ein besonderes Augenmerk auf sozial und ökonomisch marginalisierte Bevölkerungsschichten im Kontext von Information, Armut und Informationsbarrieren legte, sowie durch die von ihr entwickelten theoretischen Ansätze. Ihre Ausgangshaltung hat sie wie folgt beschrieben:

„As a researcher, I am interested in exploring the information worlds of specialized populations and people of lower socio-economic status in particular. My inquiries began in response to a belief that people who are marginally linked with formalized sources of information have something important to say about their need for timely and useful information.“[35]

Die Erforschung der Informationswelten bestimmter Bevölkerungsgruppen wird motiviert durch die Überzeugung, dass wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Informationsbedürfnisse und des Informationssuchverhaltens der Mitglieder von small worlds, die eher einen prekären sozialen Status haben, direkt von ihnen gewonnen werden können.

Chatmans Forschungen lassen sich aber nicht auf die Themen des Informationsverhaltens marginalisierter Bevölkerungsgruppen und Informationsarmut reduzieren, wie im Folgenden gezeigt werden soll. Neben ihrer empirischen Arbeit war sie zudem eine äußerst reflektierende Wissenschaftlerin, die das Problem des Fehlens einer alles umfassenden Theorie (unifying theory[36]) angesichts der disparaten Forschungsobjekte für die LIS zum Anlass nahm, auf der Grundlage einer interdisziplinären Theorieaneignung und Anlehnung an sozialwissenschaftliche Theorie (wie z. B. der Theorie des Konstruktivismus von Berger und Luckmann[37]) eigene theoretische Ansätze zu entwickeln.

Das Problem der Notwendigkeit einer theoretischen Fundierung war Elfreda A. Chatman äußerst bewusst. So notierte sie Mitte der 1990er-Jahre:

„As Library and information scientists, we do not have a tradition of focusing on normative problems in which we can approach a line of inquiry with some measure of certainty. We cannot be sure that our areas are well defined and our problems are important. We have no central theory or body of interrelated theories we can view as ‘middle range’. [...] it would appear we are currently focused on the application of conceptual frameworks rather than on the generation of specific theories.“[38]

Dem Mangel an einer zentralen Haupttheorie begegnet sie letztlich mit der Entwicklung eigener middle-range theories, also Theorien mittlerer Reichweite im Sinne Robert K. Mertons,[39] wie beispielsweise ihre Theory ofNormative Behavior, auf der Basis eines qualitativen Forschungsansatzes mit deskriptiven Charakter.[40]

In Bezug auf ihre eigene Forschungsarbeit konstatierte sie zunächst allgemein, dass der Ausgangspunkt für die Theorie-Entwicklung darin bestehen sollte, die für das eigene Forschungsfeld zentralen Probleme zu identifizieren.[41] Eine bedeutende Problemstellung in Chatmans Forschung betraf „the notion of information poverty“.[42] Erste Anzeichen, dass der angenommene einfache kausale Zusammenhang von wirtschaftlicher Armut und Informationsarmut nicht notwendiger Weise richtig ist, waren Ausgangspunkte für weitere Forschungen, in deren Verlauf Chatman verschiedene theoretisch-konzeptionelle Rahmenansätze (conceptual frameworks) aus den Sozialwissenschaften, wie die Netzwerktheorie, die „gratification theory, alienation theory, and diffusion theory“[43] benutzte. Fidel hat dafür das schöne Wort von den geborgten Theorien (borrowed theories) geprägt.[44] Die Applikation dieser theoretischen Ansätze auf das konkrete Forschungsvorhaben (Schlagwort theory-driven research) und die empirische Datenerhebung führten daraufhin zur Feststellung von „Anomalien“, die Chatman als „intellectual dilemmas“ bezeichnet hat und die wiederum in die Entwicklung eigener Begrifflichkeiten mündeten.[45] Aus diesen Abweichungen entwickelte Chatman eigene spezifische Begriffe wie in diesem konkreten Fall die vier Konzepte von „Enttäuschung“ („deception“), „Risiko-Bereitschaft“ („risk-taking“), „Geheimnis“ („secrecy“) und „Situationsrelevanz“ („situational relevance“).[46] Die vier Konzepte sollten nun – den Ausführungen Chatmans zufolge – wie ein „DNA factor“ für Informationsarmut fungieren.[47] Sie beschreibt deren Herkunft wie folgt: „The consortium of these four concepts are an outgrowth of both deductive theory application and inductive theorizing that arose from my field experiences.“[48]

Die hier von Chatman angesprochenen Feldexperimente verweisen auf eine andere von ihr verwendete Forschungsmethode, den ethnografischen Ansatz, den sie aufgrund eines Mangels an alternativer Methodik in LIS wählte.[49] Diesen hat Chatman (neben der sozialen Netzwerktheorie[50]) für ihre umfassende Studie mit dem Titel „The Information World of Retired Women“ eingesetzt, in dessen Zentrum die Untersuchung des Informationssuchverhaltens einer homogenen Gruppe von älteren Frauen steht, die in einer Ruhestandsgemeinschaftseinrichtung mit der fiktiven Bezeichnung „Garden Towers“ leben.[51] Sie begründet den Vorteil des ethnografischen Ansatzes, den sie als zutiefst in der Anthropologie fundiert bezeichnet, wie folgt:

„Ethnography, with its deepest roots in anthropology, was chosen as the best method for my work, because data are collected in social settings that reveal reality as lived by members of those settings. As a result, ethnographic studies make own contextual meanings, cultural norms, and social interactions that are not possible with other methods. Because there is a paucity of knowledge pertaining to everyday perspectives and ordinary uses of information, there is a need for a method that permits the most comprehensive view of this process.“[52]

Sie beschreibt hier, wie die Erhebung von Daten inmitten eines bestehenden sozialen Umfeldes durch ethnografische Methoden möglich ist. In ihrem ein Jahr zuvor erschienenen Artikel über die Informationsbedürfnisse von „janitorial workers“ beschreibt sie ihre Herangehensweise als eine Kombination aus teilnehmender Beobachtung und Interviews („participant observation and interview guide“[53]). Den aus der (anthropologischen) Feldforschung stammenden Begriff der „teilnehmenden Beobachtung“[54] modifiziert Chatman dahingehend, dass sie sich selbst als „participant observer“ bezeichnet und damit eine mittlere Position zwischen dem Ansatz der bloßen Beobachtung und der Involvierung des Forschers in die zu untersuchenden Tätigkeiten der Zielgruppe einnimmt. Als weitere der Feldforschung entstammende qualitative Forschungsmethode hat sie Interviews erstellt. Die entwickelten Interviewfragen dienten einerseits als Ergänzung derjenigen Informationen, die über Beobachtung gewonnen wurden, und andererseits fungierten diese als Gegenprobe („check against my [Chatmans K. S.] field notes“).

Um die Zuverlässigkeit der erhobenen Daten zu garantieren, hat Chatman verschiedene Techniken – wie permanente schriftliche Notate (field notes), Konsultierung anderer Studien – entwickelt, um die Zuverlässigkeit der Beobachtungen (reliability) zu gewährleisten. Ein anderer zentraler Begriff ist Validität der durch die Datenerhebung gewonnenen Erkenntnisse. Sie führt aus: „Validity pertains to truth or the degree to which the researcher is given a true picture of the phenomenon being studied.“[55]

Chatman hat sich im Großteil ihrer Forschung auf gesellschaftliche marginalisierte Bevölkerungsgruppen konzentriert und damit auch die Außenwahrnehmung ihrer wissenschaftlichen Arbeit geprägt. Eine der Voraussetzungen ihrer Untersuchungen bestand immer in einer Offenheit (möglicherweise einer emphatischen Nähe) gegenüber den von ihr als Forschungsobjekt gewählten Individuen bestimmter Gemeinschaften. So bezeichnete sie – angesichts der Erkenntnis eines Forschers, niemals in die Welt der von ihm beobachteten nordamerikanischen Ureinwohner eindringen zu können – als Grund für sein Scheitern, dass er „never grasped their sense of the meaning of things“.[56] Sie betonte zudem, dass „the process of understanding begins with research that looks at their social environment and that defines information from their perspective“.[57]

In der Einleitung zu ihrer Studie über die Informationswelt älterer Frauen berichtet Chatman, dass sie wiederholt gefragt wurde, warum sie ein Buch über ältere Frauen schreiben wollte. In ihrer Antwort verschränkt sie fachliche und persönliche Gründe. Sie führt aus:

„The easiest response is that I was just finishing a series of studies dealing with working poor populations. I felt that if I were to sharpen my analytical skills I needed to explore other social milieus. I was also becoming more confident in using theoretical frameworks to study the everyday use of information. [...] Less academically, I wanted to confront my own love-hate relationship with the aging process [...] I was interested to discover how older women dealt with the aging process–perhaps even to glean some coping devices of my own for when I reach advanced age.“[58]

Möglicherweise erklärt eben diese verschränkende Verbindung Chatmans von wissenschaftlichem Interesse an spezifischen Milieus, der permanenten Entwicklung von Theorieansätzen für das Studium von alltäglichen IB und von persönlichen Motiven, die wiederum verstärkend auf die Haltung als „participant observer“ einwirken, die besondere Ausstrahlungskraft der wissenschaftlichen Arbeiten von Elfreda A. Chatman. Darüber hinaus waren ihre Forschungen auch dadurch motiviert, über die Rolle von Bibliotheken und die ‚blinden Flecken‘ der Library Studies als dem anderen Teil von LIS nachzudenken. Ihre ethische Verpflichtung als Informationswissenschaftlerin („members of an information profession“) sah sie darin fortzufahren, „to identify issues that examine the information needs of the poor, in particular, populations that have traditionally been overlooked by our research efforts, professional practice, and the published literature“.[59]

In paradoxer Weise kehrte sie das schon von Merton kritisierte Argument, dass nur Insider die Probleme von Insider-Gruppen verstehen können, um, indem gerade sie, als farbige Frau, ihr wissenschaftliches Augenmerk auf prekäre und marginalisierte Bevölkerungsgruppen richtete und soziale Bedeutungsstrukturen entdeckte, die ‚vereinfachte‘ Deutungsversuche (ökonomische Armut = Informationsarmut) aufheben.[60]

3.2 Chatmans Theorie(n) begrenzter Informations- und Lebenswelten (small worlds)

„In this age of change and development, many computerized and political systems have been developed to serve the needs of the poor, in an effort to make our societies more information rich, yet the poor remain outsiders. Why? What is it about the cultural and information world of the poor that keeps them from feasting at the table laden with information abundance?“[61]

Eine zentrale Rolle im Theorie- und Forschungsfeld Chatmans spielt das Konzept der begrenzten Informations- und Lebenswelten, das seinen begriffshistorischen Ursprung in den soziologischen Small-World-Modellen hat.[62] Die Pluralform ist in diesem Zusammenhang angebracht, weil die Erkenntnisse der amerikanischen Wissenschaftlerin ihre empirische Evidenz aus der Untersuchung vieler, verschiedener small worlds gewonnen hat. Chatman hat sich dabei vor allem darauf konzentriert, wie begrenzte Lebens- und Informationswelten als soziale Netzwerke Individuen innerhalb einer bestimmten sozialen Gemeinschaft verbinden, das Informationsverhalten eben dieser Individuen beeinflussen und Informationsbarrieren errichten. Im Kontext der Forschungen hat sie verschiedene zentrale Theorien entwickelt. In ihrer ersten Theorie, der Theory of Information Poverty, versucht sie zu erklären, wie Individuen ihr Leben mit dem Ziel formen, in einer Welt von hohem Misstrauen überleben zu können.[63] Ihre zweite Theorie, Theory of Life in the Round, entstand aus der Untersuchung des Informationsverhaltens von in einem Hochsicherheitstrakt internierter Frauen und vor dem Hintergrund der Konzepte von social norms und self-protective behaviors. Im Rahmen dieser Theorie entwickelt sie die Konzepte von soziale Kontrolle, als dem Element, das die inhaftierten Frauen in der kleinen Welt zusammenbindet; von sozialen Typen, d. h. einer Typologie, die das öffentliche Verhalten der Individuen bestimmt, und worldview, worunter die öffentliche Wahrnehmung der Mitglieder einer small world hinsichtlich des Werts oder Nichtwerts von Dingen oder Information zu verstehen ist. Eng damit verbunden ist die dritte Theorie Living Life in the Round. In dieser versucht Chatman die Beziehungen zwischen sozialen Normen und Selbstschutzverhaltens vor dem Hintergrund einer world of approximation und des Erlebnisses der meisten lebensweltlichen Ereignisse als für selbstverständlich (granted) zu erklären. Diese verschiedenen theoretischen Ansätze münden schließlich in der Theory of Normative Behavior, die zum einen ihre Betrachtung des Informationsverhaltens im Kontext des Small-World-Konzepts kulminierend darstellt und zum anderen für die Entwicklung der Theory of Information Worlds von Burnett und Jaeger eine beträchtliche Rolle spielt.

Bildlich gesprochen versteckt sich hinter dem Begriff der small world lives, so Chatman, das Leben auf einer kleinen Bühne („played out on a small stage“). Charakteristika einer solchen kleinen sozialen Welt sind, dass die alltägliche Realität durch Routine und sich wiederholende Abläufe geprägt wird. Es fehlen in der Regel überraschende Ereignisse oder das Auftreten gravierender, Handlungen erfordernde Probleme. Das hat zur Folge, dass sich der Lebensalltag in so ereignisloser Weise präsentiert, „that few aspects are worth important discussion“. Die Vorhersehbarkeit der meisten Ereignisse in diesen small worlds bedingt, so Chatman, den normativen Charakter und den nach innen gerichteten Charakter des Informationsverhalten, so dass selbst die Aktivität des Informationssuchens als normativ („be viewed as normative“) angesehen werden kann:

„Much of the information that holds this world together is appropriate, legitimate, and has a rightful place in the general scheme of things. Even the activity of information seeking can be viewed as normative. That is, one looks at the world at large with some degree of interest. Most of the information produced outside the small world has little lasting value.“[64]

Die Referentialität von Information ausschließlich im Kontext der Sphäre der jeweiligen small world führt dazu, dass Informationen aus der gesellschaftlich Weltsphäre oft einen geringen Wert zu haben scheinen und nur in bestimmter Weise verwendet werden. Eine Bewertung muss somit „within its contextual meaning“stattfinden.[65]

Informationsverhalten hat für Chatman mit der Konstruktion von Bedeutung zu tun und mit dem Aspekt, dass die Konstruktion von Bedeutung wiederum vom sozialen Kontext geprägt wird. Sie spricht an einer anderen Stelle von „contextual understanding of information behaviors“.[66]

„Information, like public behavior, is shaped by the contextual others who define what is acceptable within a social world. The act of seeking information occurs because an individual concerns reflect problematic situations that are shared by members of a homogeneous social milieu. Within this context, information enters through channels deemed appropriate thereby adding to the relevance of the information.“[67]

Aus diesem Grund entwickelte Chatman ihre Theory of Normative Behavior[68] und führte vier Begriffe oder Kernkonzepte ein, die in z. T. modifizierter Form auch in der Theory of Information Worlds von Burnett und Jaeger wieder verwendet werden. Es handelt sich um die schon zuvor erläuterten Konzepte social norms, world view, social types und information behavior, die sie in der schon erwähnten Abhandlung „A theory of live in the round“ entwickelt hat.[69] Soziale Normen erlauben Verhaltensstandards und Codes zu etablieren, „to dictate ‘rightness’ and ‘wrongness’ in social appearances“.[70] Neben der Kontrollfunktion haben die sozialen Normen aber auch eine stabilisierende Funktion, indem sie den Mitgliedern einer begrenzten Lebens- und Informationswelt ein allgemein verbindliches Gerüst geben, wie die Ordnung der sichtbaren sozialen Eigenschaften ihrer Welt zu verstehen ist. Chatman spricht von einem „sense of order and balance“.[71] Soziale Normen bestimmen darüber, welche Informationsquellen anerkannt werden oder nicht, und haben somit direkten Einfluss auf die Informationsbedürfnisse und das Informations- und Informationssuchverhalten. Chatman schreibt: „Social norms, then, are the sine qua non by which sources are either sought or ignored. An understanding of social norms in information behavior research is essential for an appreciation of the information need, seeking, and sharing.“[72]

Mitglieder einer small world werden innerhalb ihrer Sphäre gemäß bestimmter sozialer Typologien unterschieden, die wiederum ihre Akzeptanz und ihren Bedeutungsgrad festlegen. Chatman hält fest, dass „the concept of Social types pertains to the classification of a person or persons, and are the absolute definitions given to individuals within a social world“.[73] Ein sozialer Typus ist eine Bezeichnung oder Klassifikation, die durch die in einer small world vorherrschenden sozialen Normen vorgegeben wird, und die Fähigkeit eines Individuums Information zu erlangen, einzusetzen und weiterzugeben bedeutet. Information wird dementsprechend zwischen Individuen ausgetauscht, die sich in einer bestimmten sozialen Typologie sehen. Daraus lässt sich vorausschauend schließen, so Chatman, dass „that the further removed one is from that category, the greater the division in sharing of information“.

Kurz möchte ich in diesem Zusammenhang auf die Zuschreibung bestimmter Gruppen von Individuen als soziale Insider oder Outsider eingehen. Grundsätzlich bezieht sich Chatman auf das Konzept der Unterscheidung von Insiders und Outsiders, wie es u. a. Robert K. Merton und Erving Goffman formuliert haben. Merton bezeichnet soziale Outsider als „[nonmembers] of specified groups and collectivities or specified social status“,[74] die aufgrund ihres Status über keinen Zugang zu Information im Unterschied zu den Insidern der sozialen Gruppe verfügen. Goffman verweist darauf, dass die Insider darüber entscheiden, ob ein neuer Akteur in die soziale Interaktion aufgenommen wird oder nicht.[75] Soziale Outsider sind somit diejenigen, die sich als Nichtmitglieder innerhalb einer sozialen small world erleben, während Insider hingegen soziale Normen setzen und letztlich darüber befinden, welches Individuum ein Insiderist und damit Akteur innerhalb einer sozialen Interaktion sein darf. Chatman übernimmt dieses Konzept gewissermaßen als Folie, vor der sie zeigt, wie innerhalb von small worlds vor dem Hintergrund einer bewertenden Zuweisung der Rolle eines sozialen Insiders oder Outsiders soziale Barrieren (s. den Kontext der Begriffe Chatmans secrecy und deception) innerhalb einer kleinen Welt, aber auch hinsichtlich des Informationsaustausches zwischen verschiedenen Welten, aufgebaut werden können. Chatman modifiziert das soziologische Konzept dahingehend, dass die Insider-Outsider-Struktur grundsätzlich von der small world selbst errichtet wird.[76]

Der dritte Begriff worldview wird von Chatman als „collective perception members of a social world hold in common regarding those things which are important and things deemed trivial or unimportant“[77] definiert. Die kollektive worldview begrenzt, bestimmt und ändert die individuelle Wahrnehmung der Welt. Die nach innen gerichtete Perspektive der small worlds beeinflusst auch die Weltsicht ihrer Mitglieder, wie die Außenwelt wahrzunehmen ist und prägen ein dieser Interpretation entsprechendes Verhalten aus. Die worldview beeinflusst das Verhalten von Insidern einer kleinen Welt, Informationen, die von Outsidern oder von äußeren Welten stammen, zu beargwöhnen oder abzulehnen.

Die Untersuchungen Chatmans zum Feld der begrenzten Informations- und Lebenswelten führen zum Begriff des Normative Behavior. Darunter fasst Chatman dasjenige Verhalten, das von den Mitgliedern einer sozialen Welt als das „angebrachteste für den jeweiligen partikularen Kontext“ gehalten wird. Dieses Verhalten wiederum erhält seinen normativen Charakter durch die Sitten und Normen der kleinen Welt. Normative behavior bietet dem Individuum einen Rahmen für „a predictable, routine, and manageable approach to everyday reality“.[78]

Durch die von Chatman aufgestellte Theory of Normative Behavior wird ein theoretischer Ansatz bereitgestellt, mit dem Folgendes geleistet werden kann: Zum einen kann der kontextuelle Charakter normativen Verhaltens, das „the common or routine events that characterize the everyday reality of people who share a similar cultural space“[79] thematisiert, dargestellt werden. Zum anderen bietet sich die Möglichkeit, Informationssuche und Informationsablehnung im Kontext einer bestimmten begrenzten Informations- und Lebenswelt zu verstehen.[80] An diesem Punkt erweitert Chatman ihr theoretisches Rahmenkonzept jenseits der ursprünglichen Fokussierung auf das Informationsverhalten von informationsarmen Gruppen:

„Information behaviour is a construct through which to approach everyday reality and its effect on actions to gain or avoid the possession of information. The choice of an appropriate course of action is driven by members’ beliefs concerning what is necessary to support a normative way of live.“[81]

Chatman stellt in diesem Zusammenhang und basierend auf den von ihr erkannten vier Kernkonzepten fünf thesenartige Vorschläge oder „propositions“ auf, die ihre Theorie weiter unterfüttern sollen.[82]

Kurz vor ihrem Tod hat Chatman in Zusammenarbeit mit Gary Burnet und Michelle Besant ihr Konzept der begrenzten Informationswelten auf die Gruppen von „virtuellen Gemeinschaften“ und feministischen Buchverkäuferinnen angewendet. So hat sie beispielsweise soziale Normen in den von den virtual communities aufgestellten FAQs und das Vorhandensein einer sozialen Typisierung aufgezeigt und auf den Einfluss der Werte und der akzeptierten Verhaltensmuster auf die Art und Weise der Informationsweitergabe durch Flugschriften oder Veranstaltungen der feministischen Buchverkäuferinnen hingewiesen. Ob diese Übertragung des Small-World-Konzepts auf eine Gruppe von Individuen, die sich formal gesehen eher in einer ‚informationsreichen‘ Umgebung befinden und denen es möglich ist, die Grenzen dieser begrenzten Informationswelt stets zu überschreiten, tatsächlich gelingen kann, hat beispielsweise Neil Pollock kritisiert.[83]

Für Burnett und Jaeger besteht der Nachteil der Theorien Chatmans vor allem darin, dass Chatmans Forschungsinteresse nicht die Interaktion zwischen den kleinen Informations- und Lebenswelten und den Austausch mit den diese umgebenen anderen größeren sozialen Welten erfasst hat.

4 Jenseits von Chatman und Habermas? Aspekte der Theory of information worlds von Gary Burnett und Paul T. Jager

„For everything which bars freedom and fullness of communication sets up barriers that divide human beings into sets and cliques, into antagonistic sects and factions, and thereby undermines the democratic way of life.“[84]

In dem 2011 erschienenen Sammelband mit dem Titel „New directions in Information behaviour“, der in gewissem Sinn einen aktuellen Forschungsstand des Bereichs Information Behavior darstellt, streichen die Autorinnen den interdisziplinären Charakter der Informationsverhaltensforschung deutlich in ihrem Vorwort heraus:

„Information behaviour is an important part of the human condition and critical to the development of new approaches to the design of Web and information retrieval (IR) systems. Information behaviour studies are growing as an interdisciplinary area of research that includes studies from information science, social and evolutionary psychology and other behavioural disciplines.“[85]

Im Kapitel „Contextual Dimensions“ befindet sich auch ein Beitrag von Gary Burnett und Paul T. Jaeger, in dem sie ihre sog. Theory of Information Worlds[86]vorstellen und im Kontext dieses Sammelbandes setzen. Der vollständige Titel ihres Buches, in dem sie ihre Theorie 2010 veröffentlichten, lautet „Information Worlds: Social Context, Technology, and Information Behavior in the Age of the Internet“. Die Autoren verorten ihre Theorie somit vor dem Hintergrund der Themenfelder sozialer Kontexte und Informationsverhalten, thematisieren aber auch den Aspekt des Informationszugangs in Zusammenhang von Informationstechnologie und den Formen der Öffentlichkeit, die das Internet bietet. Burnett und Jaeger haben sich schon zuvor in verschiedenen Artikeln mit den sozialen Aspekten von Informationszugang,[87] dem Informationsverhalten von sozialen Gruppen im Kontext von Öffentlichkeit und öffentlicher Sicherheit,[88] sowie der Bedeutung von Informationsaustausch in der Demokratie und ihren Gefährdungen[89] beschäftigt. Dabei haben sie immer auch die Rolle der Bibliotheken, die sie als „established guardians of diverse perspectives of information“[90] bezeichnen, in den Kontext ihrer Fragestellungen mit einbezogen.

Burnetts und Jaegers Theorieansatz liegen keine eigenen empirischen Studien zugrunde. Vielmehr basiert ihr metatheoretischer Forschungsansatz auf unterschiedlichsten Anleihen aus Theorien der Informations- und Sozialwissenschaften. Sie folgen damit gewissermaßen dem Modell des „sensitizing concepts“.[91] Somit steht bei ihnen ähnlich wie bei Chatman zunächst die Aufgabe der theoretischen Selbstvergewisserung und Positionierung im Vordergrund. Zu Beginn ihres Buches verweisen Burnett und Jaeger darauf, dass Theorieansätze, anhand derer die Rolle von Information, Informationsaustausch und Informationsverhalten innerhalb eines sozialen Kontextes untersucht werden, von ‚frustrierender‘ Seltenheit sind. Obgleich Information und somit die für ihre Untersuchung bedeutenden Themenfelder Informationszugang und Informationsaustausch gerade einen zentralen und unschätzbaren Stellenwert in jedem entwickelten demokratischen Staat haben bzw. haben müssten.

Analog zum metatheoretischen Ansatz ist der Ausgangspunkt der Folgerungen von Burnett und Jaeger universaler Natur. Als eines der Hauptziele ihrer Theorie der Informationswelten bezeichnen sie die Verbesserung des Verständnisses der Rolle von information of society mithilfe einer Methode, mit der die unzähligen Wechselwirkungen „between information, information behavior, and the many different social contexts within which they exist“ verstanden und analysiert werden können.[92] Sie verwenden dabei allerdings einen breiten, etwas diffusen Informationsbegriff. Information wird als „the sum total of content [...] conveyed through communication between individuals or groups through any physical or virtual medium“ begrifflich gefasst.[93] Information sei zudem immer in partikularen sozialen Kontexten eingebettet und würde ihre Bedeutung (oder „information value“) erst aus diesem Kontext heraus gewinnen.[94]

4.1 Entliehene Theorien

Ein wichtiges theoretisches, empirisch abgestütztes Grundgerüst der Entwürfe Burnetts und Jaeger stellen die theoretischen Konzepte Elfreda A. Chatmans dar. Von ihr übernehmen sie in einem ersten Schritt das Konzept der small worlds, auf das schon zuvor ausführlich eingegangen worden ist. Darüber hinaus greifen Burnett und Jaeger auf Theorien und Begrifflichkeiten von Jürgen Habermas zurück. Vor dem Kontext der deutschsprachigen Rezeption von Habermas, dem die Nachfolge und Verkörperung der Tradition der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule zugesprochen wird, erscheint die Verbindung seiner Theorien mit denen von Chatman zunächst erstaunlich. Burnett und Jaeger begründen ihren Bezug auf die Theorien von Habermas damit, dass die Konzepte von Habermas wichtige Ideen für das Verständnis der Rolle von Information im Kontext von Kultur und Gesellschaft und für Fragestellungen im Zusammenhang mit Informationsverhaltens bieten. Leider kann die Verwendung der Ideen und Theorien von Habermas aufgrund des begrenzten Rahmens dieses Artikels nur immanent im Kontext des Buches von Burnett und Jaeger mit direkten Rückgriffen auf die zentralen Werke Habermas geschehen.

Burnett und Jaeger verwenden für ihre Theorie vor allem zwei von Habermas entwickelte Begriffsfelder: „public sphere“ (Öffentlichkeit) und „life-world“ (Lebenswelt), die jeweils wieder anderen Begriffsfeldern zugeordnet sind. Sie beziehen sich somit zum einen auf die von Habermas in seinem Werk „Theorie des kommunikativen Handels“ entwickelte Gesellschaftstheorie,[95] in der sowohl das Lebenswelt-Konzept wie auch die Sprechakttheorie und die Idee eines „herrschaftsfreien Diskurses“ enthalten ist. Zum anderen rekurrieren sie auf das wirkungsgeschichtlich bedeutsame Erstlingswerk von Habermas: „Strukturwandel der Öffentlichkeit“, das erst, obgleich schon 1962 erschienen, seit 1989 in einer englischen Übersetzung vorliegt.[96]

Habermas führt den Begriff der Lebenswelt zunächst als komplementäres gesellschaftstheoretisches Konzept zum kommunikativen Handeln ein, weil er davon ausgeht, dass sich gesellschaftliche Prozesse und Zusammenhänge nicht ausschließlich über die Analyse von Sprachhandlungen erklären lassen.[97] Den Begriff selbst hat er der Phänomenologie[98] bzw. der phänomenologischen Soziologie, wie sie von Alfred Schütz vertreten worden ist[99] (s. auch den Einfluss von Schütz auf Chatman), entlehnt.[100] Im Unterschied zur phänomenologischen Deutung der Lebenswelt, hat Habermas diese kommunikationstheoretisch neu motiviert. Erst durch die aktive Partizipation an sozialen Interaktionen und dem Gebrauch des Individuums seiner „Sprach- und Handlungskompetenz“ wird der Zugang zur Lebenswelt erschlossen.[101]

Burnett und Jaeger fassen den Begriff der Lebenswelt von Habermas im Kontext ihrer Theorie wie folgt: Unter „lifeworlds“[102] verstehen sie eine „collective information and social environment“, in der die verschiedensten Informationsressourcen, Informationsstimmen und Perspektiven aller Mitglieder der Gesellschaft miteinander verwoben sind. Vor dem Hintergrund des Einflusses der fortschreitenden Informationstechnologie auf die Informationsverbreitung innerhalb dieser „increasingly technologically mediated information environment“ wird lifeworld in gesteigerter Form von Burnett und Jaeger als die „totality of communication and information options and outlets available culture wide“ gesehen.[103] Diese Engschließung des vielschichtigen Begriffs der Lebenswelt von Habermas mit dem weitgefassten Informationsbegriff von Burnett und Jaeger zu einem Konzept von lifeworlds lässt die Frage auftauchen, inwieweit einerseits der auf dialogische Intersubjektivität basierende und im paradigmatischen Gegensatz zum System stehende Lebensweltbegriff Habermas vereinfacht und zum anderen vor der Folie des Informationsverständnisses Burnett und Jaegers eindimensional verengt wird. Die Entlehnung des Begriffs der Lebenswelt dient zunächst aus der immanenten Perspektive der Theorie der Informationswelten der Bezeichnung einer übergeordneten gesellschaftlichen Makro-Ebene unter dem Titel lifeworld oder lifeworlds, die perspektivisch der small worlds modellartig gegenüber geordnet wird. Faktisch fungiert das abgeleitete Konzept der lifeworld als Statthalter für Gesellschaft oder für die gesellschaftliche Sphäre, ohne die vielschichtige Betrachtungsweise von Habermas tatsächlich dabei zu reflektieren.

Das zweite Konzept von Habermas, das für Burnetts und Jaegers Theorie eine prominente Rolle spielt, betrifft den Begriff der Öffentlichkeit. In seinem frühen Werk hatte Habermas zunächst die Entwicklung der modernen Öffentlichkeit als einen Verfallsprozess skizziert, idealtypisch hingegen den emanzipatorischen Charakter und die kritische Wirkung des Begriffs der Öffentlichkeit betont. Keimzelle der bürgerlichen Öffentlichkeit soll zunächst die Diskursphäre eines aus räsonierenden Privatleuten bestehenden Publikums gewesen sein, die somit – idealtypisch als Ort uneingeschränkter und rationaler Kommunikation – der Lebenswelt zugeordnet ist.[104]

Im Hinblick auf ihre eigene Theorie ist für Burnett und Jaeger zunächst die Verschränkung des Begriffes der Öffentlichkeit mit dem Aspekt des freien Informationszugangs als Voraussetzung für Demokratie von Interesse. Öffentliche Partizipation und Kritik wird als Grundbedingung für Demokratie angesehen. Orte dieser demokratischen Beteiligung sollen sog. „public forums“ oder Kommunikationsforen sein, wie es sie schon in der Frühzeit der bürgerlichen Öffentlichkeit gab, also Presseorgane, Schulen, Bibliotheken usw. Diese fungieren zum einen als „Kommunikationskanäle der Öffentlichkeit“ und zum anderen als „Mediatoren“ zwischen den Individuen und ihren Rechten und der Staatsgewalt in demokratisch organisierten Gesellschaften. Grundbedingung dafür, dass die Sphäre der Öffentlichkeit den notwendigen Informationsaustausch leisten kann, sei die Förderung offener Kommunikationsstrukturen, eines freien Informationszugangs und -austauschs sowie der Schutz von Kommunikation und Informationszugang vor „political corporate influences“.[105] Prägend für die Perspektive Burnetts und Jaegers ist vor allem die jüngere Geschichte der USA und der vielgestaltigen Eingriffe in die Informationsfreiheit im Kontext der Terrorbekämpfung. So skizzieren die Autoren das Bild einer zunehmenden Erosion der Sphäre der Öffentlichkeit durch den zugenommenen staatlichen Kontrolleinfluss wie durch dominante Massenmedien.

Um den von Habermas beschriebenen „herrschaftsfreien Diskurs“ oder die „the ideal speech situation“[106] zu ermöglichen, fordern die beiden Autoren den Schutz der „public sphere“ und der Lebenswelt vor staatlichen und kooperativen Einflüssen, die den Informationszugang und die Freiheit des Sprechens begrenzen wollen. Im Kontext dieser Erörterungen übernehmen sie einen weiteren Begriff von Habermas in ihre Theorie, den der „Kolonialisierung der Lebenswelt“.[107] In dem von Habermas angenommenen Gegensatz von Lebenswelt und System kommt es zum Einfluss von „nichtsprachlichen Steuerungsmedien“, Geld und Macht, „die eine generalisierte strategische Einflussnahme auf die Entscheidungen anderer Interaktionsteilnehmer unter Umgehung sprachlicher Konsensbildungsprozesse“ ermöglichen. Dadurch wird die Lebenswelt zunächst marginalisiert, dann technisiert und verwaltet, also letztlich „kolonisiert“.[108]

Wie schon erwähnt, verweisen Burnett und Jaeger darauf, dass Informationsverhalten unterschiedlichsten Einflüssen unterliegt. Diesen Einflüssen sind sowohl die small worlds, wie auch die Sphäre der Öffentlichkeit, die durch Institutionen, Medien, Technologie und Politik geprägt wird, ausgesetzt. Die Autoren ergänzen nun die gesellschaftlichen Ebenen der small worlds des alltäglichen Lebens (Mikro-Ansatz Chatman) und der Lebenswelt (Makro-Ansatz Habermas) um eine weitere, mittlere Ebene der von ihnen sog. „vermittelnden sozialen Institutionen“, die sie als „Meso“-Ebene bezeichnen. Ähnlich wie bei jeder Theoriebildung in den Sozialwissenschaften stehen Burnett und Jaeger vor der Frage, wie die Mikro-Ebene der small worlds mit der Makro-Ebene, also der Ebene der lifeworld in Verbindung gebracht werden kann. Die Autoren nehmen dabei Rekurs auf das Theorienfeld des New Institutionalism, dem sie das Konzept einer Meso-Ebene, die vermittelnd zwischen den Makro- und Mikro-Ebenen fungieren soll, aus dem Kontext formaler Institutionen („the meso level of new institutionalism“[109]) entlehnen. Gemäß dieser Theorie wird zwischen der Mikro-Ebene (dem sozialen Handeln der Individuen) und der Makro-Ebene (Ebene der gesellschaftlichen Strukturen) die Meso-Ebene der Institutionen eingeschoben. Die Institutionen können eine „vermittelnde“ Funktion übernehmen, da sie sowohl als kooperative Akteure wie auch als Strukturen, in denen individuelle Akteure handeln, auftreten. Burnett und Jaeger nehmen nun analog sog. „intermediate worlds“ an, denen auch bestimmte Institutionen zugeordnet werden können. Diese Meso-Ebene soll nun dem Austausch dienen, indem sie als Organisationsebene „macro-level norms and information resources for use within the small worlds of an institution“ ‚übersetzt‘ oder kontextualisiert.[110]

Alle drei Ebenen sind eng miteinander verschränkt. Die Theorie der Informationswelten erklärt somit das Informationsverhalten von Individuen in Bezug auf alle Ebenen der Gesellschaft und Informationswelten, die sich wechselseitig durchdringen, begrenzen und beeinflussen. Die Theorie geht davon aus, dass das individuelle Informationsverhalten durch unterschiedlichste Einflüsse auf der Ebene sämtlicher Informationswelten geprägt wird: „[T]he information’s behaviour of individuals is shaped simultaneously by immediate influences, [...], within the small worlds in which individuals live, as well as by larger social influences including public sphere institutions, media, technology and politics.“[111]

Während in Chatmans Forschungen small worlds vor allem als lokal begrenzte und auf sich beschränkte Gemeinschaften, die zum Teil nur einen indirekten Referenzbezug auf andere small worlds und auf die Gesellschaft aufweisen, beschrieben wurden, bevorzugen Burnett und Jaeger einen universalen Deutungsansatz. Aus ihrer Sicht sind begrenzte Informations- und Lebensweltennicht als isolierte Gebilde zu verstehen. Vielmehr sind sie in einem größeren Kontext, d. h., zum einen innerhalb größerer Informationswelten, zum anderen in einem Geflecht mit anderen small worlds situiert, und somit als ein „continuum of social contexts“ zu begreifen. Sie führen weiter dazu aus:

„Information worlds, thus, should be viewed not as discrete and independent worlds with impermeable boundaries between them, but rather as a continuum of social contexts, often with overlapping or fuzzy boundaries and with interactions, exchanges, and influences of various types linking them [...] to each other.“[112]

Zur illustrativen Darstellung ihrer Theorie verwenden sie nun eine spezifische, letztlich eher banalisierende Metapher: „Imagine a sink full of soap bubbles.“[113] Aneinanderklebende Seifenblasen sollen nun die Vielzahl an kleinen zusammenhängenden Informationswelten und die dünnen Blasenwände deren Grenzen und Kontaktpunkte darstellen.

4.2 Kernbegriffe der Theory of Information Worlds

Burnett und Jaegers Theorie ist auf grundsätzliche Weise dem Werk Chatmans verpflichtet. Das wird gerade im Kontext der fünf Kernkonzepte der Theory of Information Worlds deutlich, die auf die schon an früherer Stelle beschriebenen Begriffe Chatmans basieren.[114]

Burnett und Jaeger stellen nun ebenfalls fünf zentrale Kernbegriffe vor:[115] Sie ergänzen die von Chatman entlehnten Begriffe der sozialen Normen, der sozialen Typen und des information behavior um die neuen Konzepte der sog. Grenzen (boundaries) und der information value. Gemäß der Vorstellungen Burnetts und Jaegers sind die lokalen Welten durch Grenzen separiert, die aber dahingehend durchlässig sind, als dass durch sie ein Austausch von Kommunikation und Information stattfinden oder eben nicht stattfinden kann. Diese boundaries grenzen also nicht nur die einzelnen Informationsweltenvoneinander ab, sondern fungieren auch als Kontaktpunkte. Der Kontakt zwischen diesen Welten kann in Interaktion, aber auch in Konflikten, die aus divergierenden Interessen der Mitglieder der jeweiligen Sphäre entstehen oder durch unterschiedliche soziale Normen bewirkt werden,[116] bestehen. Die Autoren sehen die boundaries in gewissem Sinne analog zu Grenzen von Nationalstaaten.[117] Ob sich deren eher robuste Natur als Lehnbild für das zuvor gewählte metaphorische Feld der bubbles tatsächlich eignet, sei dahingestellt.

Laut den Autoren gibt es vor allem zwei Transmissionswege von Information durch die beschriebenen boundaries zwischen den einzelnen Informationswelten: Erstens findet ein Transfer von Information über Menschen statt, die verschiedenen Welten angehören und als Intermediatoren und gatekeeper fungieren (interpersonal interactions). Burnett und Jaeger berufen sich hier auf Anthony Giddens und dessen aus dem Bereich der Sozialtheorie stammende Theory of Structuration.[118] Besonders interessiert sie der Gedanke Giddens, wie Akteure durch die sozialen Systeme, die sie schaffen oder geschaffen haben, wiederum „erschaffen“ („yet created by them“, Prozess der „Strukturierung“) werden, und der methodische Zugriff Giddens, wie die oft „delicate and subtile interlacings of reflexively organized action and institutional constraint“ analysiert werden können.[119]

Zweitens findet ein Transfer von Information durch „Kommunikationskanäle“ oder durch „public sphere channels“ und in Orten, den „public sphere institutions“ wie Bibliotheken, Schulen usw. statt, wo Mitglieder verschiedener kleinerer Welten in Interaktion treten können.[120]

Ein besonders zentraler Begriff der Theorie der Informationswelten, dem ein eigenes Kapitel gewidmet ist, ist das Konzept der „information value“. Zunächst verweisen die Autoren darauf, dass der von Chatman verwendete Begriff der worldview in information value umgeändert worden ist. Als Begründung geben die Autoren zum einen den weiten Horizont des Begriffs an und zum anderen, dass mit Information immer auch eine Werte-Kategorie verbunden ist. Der Begriff erlaube, dass die verschiedenen Arten von value, die Information in unterschiedlichen Welten zugewiesen wird, zu bestimmen und darüber zu reflektieren. In einem weiteren Sinn soll information value mit „worlds‘ perceptions about the significance and place of information within the boundaries of the world“, die wiederum die Bedeutung der Information innerhalb dieser Welt bestimmt, zu tun haben.[121] Vorab hatten die Autoren Informationsweltenals ein „continuum of social contexts“ bezeichnet, analog definieren sie information value wie folgt: „[I]nformation value is best conceived of as a continuum of attitudes and perceptions concerning the access to at the exchange and use of information across the range of social context, from the individual to the global, and in social, corporate, and political settings.“[122]

Burnett und Jaeger machen hier deutlich, dass Information immer in spezifischen sozialen Kontexten eingebettet ist und nur vor der Folie eben dieser Zusammenhänge Bedeutung und Signifikanz („its information value“) erlangt. „The uses to which people put information–the meaning they attach to it, the degree to which they seek it out, exchange it, and drive understanding and their own kind of truth form is–are social uses and are inextricable from the information worlds, small and large, in which they live.“[123]

Aus einer allgemeinen Perspektive betrachtet sind lokale Welten keine isolierten Entitäten, sondern einerseits eingefügt in den größeren sozialen Kontext der lifeworlds und zum anderen ökonomischen, politischen und medialen Einflüssen unterworfen. Betrachtet man nun – so Burnett und Jaeger – die Beziehungen dieser lokalen Welten in Beziehung auf information values, so bietet sich ein komplizierteres Bild, da jede kleine Lebenswelt Information anders wahrnimmt und bewertet. Burnett und Jaeger verbinden den Begriff der information value mit der Wahrnehmung und Bewertung der Information durch die lokalen Welten hinsichtlich „significance and place of information within the boundaries of the world“ und halten fest: „Perceptions of information value determine the meaning that information has for a world, [...] in other words, information value influences information behavior“.[124]

Daraus resultiert wiederum, dass die information values unterschiedlicher lokaler Welten, die vor allem innerhalb der jeweiligen begrenzten Informationswelt Geltungs- und Wirkungscharakter hinsichtlich des Informationsverständnisses und -verhaltens haben, divergieren und mögliche Konfliktpotentiale darstellen können. Konflikte zwischen „Informationswelten“ verstehen Burnett und Jaeger als Auseinandersetzungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen, die in dem „oft radikal“ divergierenden Verständnis von information value begründet sein soll.[125] Das Interaktions- und Kontaktverhalten zwischen verschiedenen Informationswelten wird also durch die Wahrnehmungen von „information value“ beeinflusst und bestimmt, ob es zu einem Konflikt kommt oder sich eine kooperative Lösung ergibt. Da der information value per definitionem immer dem sozialen Kontext einer begrenzten Informationsweltzugeordnet ist und immer seine Bedeutung innerhalb dieses Kontextes erlangt, bleibt zunächst offen, ob dieser jenseits des lokalen und sozialen Kontextes geteilt oder verstanden wird. Daraus ergibt sich folgendes Problem: Information kann zwar von vielen verschiedenen Welten geteilt werden, „but the value of that information does not pass as easily across boundaries between worlds“.[126] An dieser Stelle entwickeln Burnett und Jaeger den Begriff boundary object dahingehend, dass Information vor dem Hintergrund der information value als eine Art von Grenzobjekt bezeichnet werden kann. „The same information can be available in multiple worlds, but ‘will have different meaning in different social worlds’ [...], and these different meanings are fundamentally a function of varying perceptions of information value.“[127]

Star (in Zusammenarbeit mit Bowker sowie Griesemer), auf die sich Burnett und Jaeger sich hier beziehen, hat boundary objects als Objekte bezeichnet, denen verschiedene Bedeutungen in unterschiedlichen sozialen Welten zugewiesen werden und die trotzdem Relationen zwischen diesen Welten etablieren und aufrechterhalten.[128] Das Konzept der Grenzobjekte erlaubt es, für den Bereich der Theorie der Informationswelten Erklärungen für folgende Fragen anzubieten: Welche verschiedenen Bedeutungen Information angesichts heterogener information values in unterschiedlichen lokalen Welten erlangt und warum es zwischen Akteuren aus verschiedenen Welten trotz divergierender „information values“ zu wechselseitigen Vermittlungsleistungen kommen kann, ohne dass ein gemeinsamer Konsens erreicht werden muss.[129]

4.3 Informationsaustausch und Zugang zu Information als gesellschaftspolitische Notwendigkeit: Zur Rolle der Bibliotheken

In seinem 2003 erschienenen Buch mit dem Titel „Information and American Democracy“ hat Bruce Bimber ausdrucksvoll auf die große Bedeutung von Information und Informationszugang für eine demokratische Gesellschaftsordnung hingewiesen:

„[I]n the processes by which citizen preferences are formed and aggregated, in the behaviors of citizens and elites, in formal procedures of representation, in acts of governmental decision making, in the administration of laws and regulations, and in the mechanisms of accountability that freshen democracy and sustain its legitimacy. None of these elements of the democratic process can operate apart from the exchange and flow of information citizens and their associations and organizations, among citizens and government, and within government itself.“[130]

Schon in einer früheren Untersuchung verwiesen Burnett und Jaeger in ähnlicher Weise auf die politische Dimension des Informationszugangs als Mittel der demokratischen Partizipation. Informationszugang als zentraler Begriff von LIS wird von ihnen als „the presence of a robust system through which information is made available“ definiert.[131]

Im Kontext ihrer Theorie der Informationswelten verbinden sie jetzt das Konzept des Informationszugangs mit dem Begriff der Öffentlichkeit. Sie bezeichnen Informationszugang als „eine lebenswichtige Säule der öffentlichen Sphäre“.[132] Burnett und Jaeger verweisen darauf, dass in LIS vor allem der physische und intellektuelle Zugang zu Information untersucht wurde. PhysischerZugang wird allgemein gefasst als Zugang zu „the physical structures that contain information, the electronic structure that contain information, and the paths that are travelled to get to information“,[133] während sich der Begriff des intellektuellen Zugangs auf das Verständnis von Information bezieht sowie die Aspekte der kognitiven Fähigkeiten und Sprachen-, Information- und Technologiekompetenz des jeweiligen Individuums mit beinhalten. Diese beiden Zugangsarten entsprechen den formal von McCreadie und Rice beschriebenen Kategorien oder Begriffsfeldern zum einen von „access to technology und commodity“ und zum anderen von „access to knowledge and communication“.[134]

Burnett und Jaeger streichen gemäß der Gesamtausrichtung ihres Buches aber die besondere Bedeutung des Konzepts des sozialen Zugangs zu Information bzw. die Untersuchung des Informationszugangs „in terms of such social aspects“ heraus. Ausgehend von den Grundprämissen der Theorie der Informationswelten müssen Informationszugang und -austausch vor dem Hintergrund der sozialen Kontexte, in denen sie stattfinden, beschrieben werden. Sie bestimmen somit als dritte Ebene des Informationszugangs den sozialen Zugang, worunter sie die „ability to use the information in social contexts“ verstehen.[135]

Die von den Autoren herausgearbeiteten und zuvor beschriebenen fünf Kernkonzepte haben auch in der Form große Bedeutung für den Informationszugang, dass soziale Normen, information value und soziale Typen beeinflussen, welche Information von der äußeren Welt in einer begrenzten Lebens- und Informationswelt als akzeptabel erscheint, oder dass normatives Informationsverhalten die „appropriate mechanisms and activities involved in information access“ bestimmt.

Daraus folgt, dass eine Verbesserung des Informationszugangs, wie er möglicherweise von der Meso- und der Makro-Ebene der Informationswelten in Angriff genommen wird, neben der Bereitstellung von Information auch die jeweiligen Normen und Wahrnehmungen von „information value“ auf der unteren Ebene der lokalen begrenzten Lebens- und Informationswelten berücksichtigen muss.

Durch die angenommene enge Verschränkung der verschiedenen Ebenen der Informationswelten ergeben sich entsprechende kausale Konsequenzen. Burnett und Jaeger folgern somit: „When less access is granted to meaningful information for members of society, discourse in small worlds and in the lifeworld–thus across the entire spectrum of information worlds–is severely limited in its ability to consider and address significant social and political issues.“[136]

Eine wichtige Grenzposition nehmen in diesem Zusammenhang des Informationsaustausches und des Zugangs zu Information die Bibliotheken als integrale Institutionen der Sphäre der Öffentlichkeit ein. Burnett und Jaeger zitieren Gloria J. Leckie, die die Bibliotheken als die „letzten wahren öffentlichen Sphären“ bezeichnet hat.[137] An dieser Stelle findet sich wiederum ein Berührungspunkt zu den Theorien Chatmans. Chatman weist – wie Burnett und Jaeger – (vor allem Öffentlichen[138]) Bibliotheken schon aufgrund ihrer eigenen wissenschaftlichen Herkunft als Bibliothekswissenschaftlerin eine hohe gesellschaftlich-soziale Funktion zu. Chatman kritisiert, vor allem mit Blick auf die partikularen Lebenswelten und auf die Informationsbedürfnisse ihrer Mitglieder, dass die Unterteilung in „user“ und „non-user“ der Bibliotheken letztlich ein Ausschlusskriterium darstellt. Sie streicht heraus, dass auch die „Nicht-Benutzer“ eine „world view about us and the manner in which they may or may not approach us for needed information“ besitzen. Laut Chatman müssen die Bibliotheken und LIS ein gültigeres Bild der Informationswelten außerhalb ihrer traditionellen Sphäre entwickeln. Dann wäre es möglich, „to use that information to help people understand their worlds“.[139] Im Unterschied zur eher informationsethischen Argumentation Chatmans, sehen Burnett und Jaeger Bibliotheken aus einer politischen Perspektive vor allem als Institutionen, die der öffentlichen Sphäre zugeordnet sind, und Funktionen der Bereitstellung und des Transfers von Informationen durch die verschiedenen Informationswelten als Organisationen der Meso-Ebene wahrnehmen. An den neuralgischen Grenzpunkten der einzelnen Informationswelten und an deren Durchlässigkeit oder Abgeschlossenheit entscheidet sich, ob der für eine demokratische Gesellschaft bedeutsame Informationsaustausch und Informationszugang gelingen kann. Bibliotheken spielen in diesem Zusammenhang somit eine zentrale Rolle. Zudem stellen Bibliotheken (ebenso wie Schulen) Kontaktorte dar, wo Kommunikations- und Kommunikationsinteraktionen zwischen Mitgliedern verschiedener lokaler Informationswelten stattfinden können.

Alternativ weisen Burnett und Jaeger zwar der ICT eine zentrale Rolle bei der Schaffung von Informations- und Kommunikationskanälen zwischen den einzelnen kleinen Informationswelten und der Makrowelt zu.[140] Die Frage, ob das Internet oder neue informationstechnologischen Fortschritte grundsätzlich aber zu einem größeren Informationszugang und zu einer wachsenden globalen zivilen Gesellschaft mit einem höheren Zugang zu Information und sozialer Partizipation führen, beantworten sie dann doch eher mit einer gewissen Skepsis.[141]

In besonderem Maße können sich also Bibliotheken – gerade auch als physische Orte des sozialen Kontaktes und der persönlichen Interaktion mit Nutzern – hier positionieren, indem sie als Mediatoren verstärkt das Informationsverhalten von Mitgliedern begrenzter Informationswelten berücksichtigen, diesen Informationskompetenz vermitteln sowie Strategien zur Informationssuche anbieten. Somit können Bibliotheken eminent dazu beitragen, dass der für eine Demokratie lebenswichtige Informationsaustausch zwischen den einzelnen sozialen Informationswelten gelingen kann.

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Online erschienen: 2017-3-28
Erschienen im Druck: 2017-4-1

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  1. Titelseiten
  2. Inhaltsfahne
  3. Die Zukunft des Publizierens
  4. Zur Situation des digitalen geisteswissenschaftlichen Publizierens – Erfahrungen aus dem DFG-Projekt „Future Publications in den Humanities“
  5. Von der Digitalisierung zur Digitalität: Wissenschaftsverlage vor anderen Herausforderungen
  6. Finanzierungsmodelle für Open-Access-Zeitschriften
  7. Best Practice
  8. Stadtbücherei Hilden – Bibliothek des Jahres 2016
  9. Next generation library systems
  10. A Step Towards a Distributed Model for Bibliographic Data in Sweden
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  14. Informationsverhalten, sozialer Kontext und Bibliotheken: Annäherungen an Theorien der Small Worlds und Informationswelten
  15. Kultur und Wissen digital vermitteln – Stand und Perspektiven der Deutschen Digitalen Bibliothek – ein Überblick
  16. Bibliotheken auf dem Weg zu lernenden Organisationen – Entwicklung eines Selbstbewertungstools
  17. Die Niederösterreichische Landesbibliothek
  18. Lernzentren – eine kurze Bestandsaufnahme
  19. Aus der Frühzeit der Mainzer Skriptorien: Ein unbekanntes karolingisches Handschriftenfragment (Mainz, Wissenschaftliche Stadtbibliothek, Hs frag 20)
  20. Für die Praxis
  21. Befähigung im Wandel
  22. Bibliographische Übersichten
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  25. Georg Ruppelt (Hrsg.): 350 Jahre Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek (1665–2015). Hannover: Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek, 2015. 453 S., ISBN: 978-3-943922-12-7. 44,80 €
  26. Katrin Janz-Wenig, Monika E. Müller, Gregor Patt: Die mittelalterlichen Handschriften und Fragmente der Signaturengruppe D in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, Teil 1: Textband; Teil 2: Tafelband. Wiesbaden: Harrassowitz, 2015 (Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, Kataloge der Handschriftenabteilung; 4). 2 Bde., 453 + 553 S., 603 farbige Abb. ISBN 978-3-447-10514-9. 298,– EUR.
  27. Paul Ladewig: Katechizm biblioteki. Przelożył z języka niemieckiego na język polski Zdzisław Gębolyś; przy wspólpracy Bernharda Kwoki; przelożył z języka niemieckiego na język angielski Zdzislaw Gębolyś. Bydgoszcz: Wydawnictwo Uniwersytetu Kazimierza Wielkiego, 2016. 211 S., 35 s/w-Abb. Kart. ISBN 978-83-8018-050-5. 29,40 zł (ca. 6,60 €)
Downloaded on 29.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bfp-2017-0019/html
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