Zusammenfassung
In Sachsen wurde schon 1949 versucht, das sächsische Bibliothekswesen durch Gesetzesinitiative zu regeln. Dies scheiterte aber am politischen Durchsetzungswillen. Dieser Dissens blieb auch nach Wiedergründung des Freistaats 1990 erkennbar roter Faden parlamentsgetragener Bibliotheksrechtsinitiativen. Der Artikel stellt die Geschichte dieser Initiativen und Versuche in Sachsen dar und zeigt die Gründe für ihr Scheitern und die Schwierigkeiten des Gesetzgebungsprozesses auf.
Abstract
As early as 1949, it was attempted to regulate the Saxonian library system by law which failed due to lacking political will to enforce the initiative. Even after the re-establishment of the Free State in 1990, this disagreement recognisably remained running like a thread through library law initiatives carried by the parliament. The article below presents the history of these initiatives and attempts in Saxony and shows the reasons for their failure and the difficulties of the legislative process.
1 Hinführung
Die Diskussion um ein sächsisches Bibliotheksgesetz ist keineswegs eine neue. Bereits zur Mitte des 20. Jahrhunderts hin wurde sie erstmals unter verhältnismäßig modernen, wenngleich damals auch stark politisch-ideologisch geprägten Gesichtspunkten engagiert geführt. Das sogenannte Gesetz zur Demokratisierung des Büchereiwesens in Sachsen, das am 1. April 1949 vom Landtag in Dresden verabschiedet wurde, trug ganz wesentlich den Charakter eines leistungsnormativen Verpflichtungsgesetzes. Es regelte u. a. Fragen wie die der öffentlichen Trägerschaft und der unentgeltlichen Bibliotheksnutzung, die obligatorische Bereitstellung einer Bücherei durch die Gemeinde ab einer Einwohnerzahl von 1.000 Menschen oder die fachliche Qualifizierung des Bibliothekspersonals.[1]
Das sächsische Gesetz von 1949 wird gemeinhin als das erste Gesetz gesehen, das im deutschsprachigen Raum die bibliotheksspezifischen Belange eines Flächenstaates regelte. Tatsächlichen Regelungscharakter entwickelte es indes nie, da die notwendigen Durchführungsbestimmungen nicht aufgesetzt wurden und mit der Auflösung der Länder auf dem Gebiet der DDR im Jahr 1952 das Gesetz wie zahlreiche andere landesspezifische Regelungen bereits kurz nach Verabschiedung wieder außer Kraft trat.[2]
Der frühe Versuch, das sächsische Bibliothekswesen durch Gesetzesinitiative zu regeln, scheiterte somit am tatsächlichen politischen Durchsetzungswillen. Dieser Dissens – einerseits zu wollen, andererseits aber nicht umzusetzen – blieb auch nach Wiedergründung des Freistaats 1990 erkennbar roter Faden parlamentsgetragener Bibliotheksrechtsinitiativen. Bis heute schlägt sich die allgemeine Kulturwertschätzung von Bibliotheken in keinem eigenständigen, sie insbesondere als Bildungseinrichtungen würdigenden Gesetz nieder. Dass dabei die Debatte im parlamentarischen Raum immer wieder ins Stocken gerät und durch die Abgeordneten kaum stringent verfolgt wird, hat unterschiedliche Gründe.
2 Die rechtliche Ausgangslage in Sachsen
In Sachsen bestehen derzeit drei relevante Normen, die mehr oder weniger einschlägig bibliotheksbezogene Aussagen treffen. Hierbei handelt es sich um das SLUB-Gesetz[3] , das Hochschulfreiheitsgesetz[4] sowie das Kulturraumgesetz[5] . Insbesondere Letztgenanntes regelt dabei nur indirekt und eher weitläufig Fragen der finanziellen Ausstattung und Trägerschaft öffentlicher Bibliotheken; und zwar primär als Kultur-, nicht aber als Bildungseinrichtungen. Zudem grenzt es Bibliotheken materiell nicht von nichtverwandten Einrichtungen wie Museen, Theatern oder freien Kunst- und Kulturprojekten ab.[6] Eindeutig fachliche Aussagen trifft hingegen das Hochschulfreiheitsgesetz. Hier werden in den beiden Absätzen des § 93 der Einrichtungszweck[7] und die personellen Voraussetzungen[8] klar definiert. Ebenfalls klar benannt ist die Einrichtungspflicht: Jede sächsische Hochschule hat „die bibliothekarische Versorgung der Hochschule und darüber hinausgehende bibliothekarische Aufgaben wahr[zunehmen].“[9] Allerdings bleibt kritisch zu bemerken, dass wissenschaftliche Bibliotheken, die nicht zugleich Einrichtungen einer Hochschule sind, von dieser gesetzlichen Regelung unberührt bleiben.
Ähnlich exklusiv verhält sich das Landesbibliotheksgesetz. Dort werden zwar Aussagen zur Sächsischen Staatsbibliothek – Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) als Gedächtnisinstitution[10] getroffen und u. a. auch die Rolle der SLUB als grundsätzliche Kooperationspartnerin der „Bibliotheken im Freistaat Sachsen“[11] festgeschrieben, doch betreffen diese Punkte in keiner Weise andere Einrichtungen – weder in den grundsätzlicheren Aussagen noch in der Aufgabendefinition. Darüber hinaus gelingt es dem SLUB-Gesetz auch nicht, relevante Rechtsbereiche wie u. a. das Pflichtexemplar, das nach wie vor separat durch das sächsische Pressegesetz[12] geregelt wird, zu integrieren.
Die derzeitige Rechtssituation darf für das sächsische Bibliothekswesen deshalb ohne weiteres als äußerst unbefriedigend angesehen werden. Wissenschaftliche Bibliotheken außerhalb von Hochschulen sowie öffentliche Bibliotheken in kommunaler Trägerschaft – ebenso einzurechnen Büchereien kirchlicher oder teilöffentlicher und privater Träger – verfügen im Freistaat über keinen konsistenten rechtlich abgesicherten Raum, in dem sich ihr Selbstverständnis, Bildungs- und Kulturpfleger eines Gemeinwesens zu sein, verbindlich geschützt entwickeln kann.
3 Vom normativen zum flexiblen Rechtsrahmen – Neuausrichtung der Debatte
Die bibliothekspolitisch durchaus fragwürdige Genügsamkeit im Sächsischen Landtag resultiert aber auch aus der fehlenden Debatte darum, welches Bibliotheksgesetz überhaupt wünschenswert scheint. Im parlamentarischen Raum verbindet sich der Ruf nach einem eigenständigen Gesetz zuallererst mit der Sorge, damit möglicherweise ein neues Leistungsgesetz zu schaffen. Reflexartige Abwehr bei Kultur- wie Finanzpolitikern gleichermaßen ist unmittelbare Folge, wird der diffizilen Problemlage aber nicht gerecht.
Aufgrund der für sie desperaten Rechtslage haben insbesondere die Interessenvertreter des öffentlichen Bibliothekswesens unter ausdrücklichem Verweis auf den dezidierten Bildungscharakter in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass es eines Gesetzes bedarf, das analog dem Hochschulfreiheitsgesetz Kommunen dazu verpflichtet, Bibliotheken einzurichten und zu unterhalten. Dieser Forderung nach einem Verpflichtungsgesetz steht aber sowohl sachlich als auch formal das grundgesetzlich ebenso wie in der Sächsischen Verfassung gesicherte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in nicht unerheblichem Umfang entgegen.[13]
Obwohl die Sächsische Verfassung die Förderung von Bibliotheken durchaus als eine wesentliche Aufgabe des Gemeinwesens würdigt[14] und die Unterhaltung von Bibliotheken durch Gemeinden, Städte und Kreise als eine selbstverständliche unter allen freiwilligen Aufgaben längst gelebte Praxis ist, wird um eine rechtlich fixierte Verpflichtung politisch nicht ernsthaft gerungen.[15] Grund hierfür ist zuvorderst das Konnexitätsprinzip; die Durchreichung einer verbindlichen Aufgabenverantwortlichkeit „von oben nach unten“ müsste vom Freistaat als der übergeordneten Einheit gegenüber den Kreisen und Kommunen als nachgeordneten Einheiten finanziell untersetzt werden. Und damit wird auch schon der wesentliche Konflikt offenbar: Landesseitig besteht kein Interesse an einer haushalterischen Mehrbelastung. Vonseiten der kommunalen Ebene wird die Übertragung neuer Pflichtaufgaben abgelehnt, sofern diese aufgrund einer vermeintlich oder tatsächlich unzureichenden Finanzierung bzw. Komplementärförderung des Landes eine Schlechterstellung des eigenen Haushaltes erwarten lassen.
Es wäre daher ratsam, sowohl in den Fachgremien und -verbänden als auch in der verantwortlichen Politik die nicht zielführende Diskussion um ein eigenständiges Bibliotheksgesetz als normatives Leistungsgesetz zugunsten eines Debattenneustarts zu beenden. Denn um der Sache willen muss vielmehr endlich die existentielle und längst überfällige Frage nach der Schaffung eines rechtsverbindlichen wie auch flexiblen Gestaltungsraumes für die sächsische Bibliothekslandschaft in den Mittelpunkt rücken.
Bis heute bestehen für Sachsens Bibliotheken keine in die Fläche wirkenden Zielvereinbarungen mit dem übrigen Bildungswesen, vordergründig dem frühkindlichen sowie dem allgemein- und berufsbildenden Schulwesen. Bibliotheksangebote spielen kaum eine Rolle für die Unterrichtsentwicklung. Die grundlegende Einbindung der bibliothekarischen Arbeit in die Landesbildungsplanung stellt aber nur einen positiven Effekt einer möglichen Verrechtlichung dar. Bereits an anderer Stelle wurde umfassend darauf verwiesen, dass juristische Effekte auch durch die Bündelung in einem eigenständigen Gesetz erreicht werden können.[16] Eine solche Bündelung könnte nicht nur bereits bestehende Normen und Verordnungstexte wie die Sächsische Bibliotheksgebührenverordnung, den Passus zum Pflichtexemplar im Pressegesetz oder die bibliotheksbezogenen Aussagen des Hochschulfreiheitsgesetzes und das SLUB-Gesetz integrieren, sondern zugleich auch die rechtliche Verankerung der Fachstellenarbeit[17] erreichen und die einheitliche Grundlage für bisher institutionell dezentral getroffene Regelungen wie Zutritts- oder Benutzungssatzungen schaffen.
Der Wert eines eigenständigen Bibliotheksgesetzes bemisst sich aber nicht allein darin, „Sammelverordnung“ für bereits vorhandene Normen zu sein. In der Vergangenheit wurden – um in Mitteldeutschland zu bleiben – insbesondere die Bibliotheksgesetze Thüringens, Sachsen-Anhalts und Hessens von den Praktikern vor allem dafür kritisiert, dass konkrete Leistungsaussagen wie die zur Finanzierung durch das Land oder zum Personal- und Bestandsmanagement fehlten. Dabei übersah die Kritik zu leicht, dass der eigentliche Wert dieser drei Gesetze darin liegt, die gesellschaftliche Notwenigkeit von Bibliotheken zu würdigen und ihre gesellschaftliche Rolle als Wissensspeicher unseres kulturellen Erbes, doch auch als aktive Bildungs- und Kultureinrichtungen festzuschreiben.[18] Die drei bereits vorhandenen Gesetze verzichten von daher sehr bewusst darauf, sich mit konkreten Leistungsparametern zu überfrachten. Und das durchaus begründet.
Bibliothekspraktische Erfordernisse entwickeln sich äußerst dynamisch. Unter Berücksichtigung qualitativer Maßstäbe macht es wenig Sinn, Aspekte wie Zielbestände und Erneuerungsquoten gesetzlich festzuschreiben. Auch Fragen zu Fortbildungsraten, Öffnungsdauer, Erreichbarkeit oder IT-Aktualisierungen müssen weiterhin vor Ort entschieden und angepasst werden können. Im Sinne des Regelungsinteresses wäre eher zu empfehlen, derartige Eckpunkte in eine landesweite Bibliotheksentwicklungskonzeption (BEK) zu verweisen – die wiederum gesetzlich verankert werden sollte.
Da es keine rechtswirksame Begriffs-, Zuständigkeits- und Zweckbestimmung für das Bibliothekswesen in Sachsen gibt, wurden zunächst lediglich stadtbezogene BEKen in Dresden und Leipzig vorgelegt. Regional sind sie indes nicht anzutreffen, wodurch positive Synergieeffekte auf die Bildungslandschaft – die für die Großstädte inzwischen nachweisbar sind – in der Fläche nicht zum Tragen kommen konnten. Die Idee einer regionalen BEK fördert nicht nur die flexibel und enger auf örtliche (demographische, soziale, ökonomische, geographische) Besonderheiten abgestimmte sowie prozessorientierte (Bestände, Angebote, Partner) Langzeitanalyse zur einrichtungsspezifischen Leistungssteigerung. Sie öffnet vor allem die Tür, Koordinations- und Kooperationsprozesse von Bibliotheken untereinander sowie mit anderen Bildungseinrichtungen innerhalb einer Region zu erleichtern. Die Frage des „Wer hat was und leistet was in welcher Weise mit welchem Ziel?“ muss nicht länger von Fall zu Fall erörtert werden, sondern liegt als transparente Zielvereinbarung vor und kann deshalb ebenfalls zügig kommuniziert werden – auch an politische Entscheidungsträger.
Im nächsten Schritt wäre die Zusammenführung der Regionalkonzepte zu Eckpunkten einer Landes-BEK vorstellbar, wodurch weiter in Richtung Standardisierung und Leistungsnormierung gegangen würde, ohne lokale und regionale Besonderheiten zu vernachlässigen. Eine wichtige Grundlage für einen flexiblen Gestaltungsraum, der zugleich rechtlich geschützt ist, wäre damit für das sächsische Bibliothekswesen geschaffen.
4 Ein Bibliotheksgesetz für Sachsen: Stillstand oder Neustart?
Zuletzt beschäftigte sich der Sächsische Landtag mit der Frage um ein eigenständiges Bibliotheksgesetz für Sachsen in der vergangenen Wahlperiode. Anfang 2013 brachten die damaligen Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen unter der Überschrift Gesamtverantwortung des Freistaates für das sächsische Bibliothekswesen[19] einen Antrag ins Verfahren, der die von CDU und FDP geführte Staatsregierung aufforderte, „Rahmenbedingungen für ein aufeinander abgestimmtes kooperatives Bibliothekswesen in Sachsen zu schaffen und dabei die bisher rechtlich bestehende Ungleichbehandlung von wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken aufzuheben.“[20]
Bemerkenswert an diesem politischen Vorstoß war, dass erstmals öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken gleichermaßen als bildungsrelevant erkannt wurden. Ebenfalls regte der Antrag an, nicht grundsätzlich ein neues Gesetz zu schaffen, sondern das bestehende SLUB-Gesetz zu erweitern und die Einbeziehung öffentlicher Bibliotheken zu prüfen.[21]
Der Antrag ging auch aus fachlicher Sicht weiter: Nicht nur, dass er u. a. darauf drang, die Arbeit der Sächsischen Landesfachstelle für Bibliotheken rechtlich abzusichern, warb er ebenso darum, Bibliotheken als „Gedächtnisinstitutionen“ zu stärken. Dies schlug sich darin nieder, die Novellierung und Integration des Pflichtexemplarrechts in das Bibliotheksgesetz auch dazu zu nutzen, es zugleich auf die Ablieferung und Aufbewahrung unkörperlicher Medienwerke zu erweitern. Weiteres Regelungsinteresse galt zudem der Abführung von Belegexemplaren, sofern für die Erarbeitung historische oder Sonderbestände einbezogen wurden oder der Frage des Datenschutzes „bei der Erschließung und Bereitstellung sowie für die Benutzung von Nachlässen in bibliothekarischen Beständen.“[22]
Der Antrag wurde abgelehnt. Vor dem Hintergrund seiner Zielstellung – nämlich einen rechtssicheren Gestaltungsraum trägerunabhängig für öffentliche wie wissenschaftliche Bibliotheken gleichermaßen schaffen zu wollen – scheint die Begründung dafür bemerkenswert, wenn auch nicht neu. Nach Auffassung der damaligen sächsischen Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer genügte das Kulturraumgesetz für die öffentlichen Bibliotheken völlig; nicht zuletzt auch deshalb, weil deren kommunale Trägerschaft sie ohnehin dem „Verantwortungsbereich der Staatsregierung“ entzog.[23] Aus der ihrem Verständnis nach grundsätzlichen Nichtzuständigkeit folgerte die Ministerin weiterhin die Ablehnung aller übrigen im Antrag vorgebrachten Sachgründe. Einzig in der Frage des Pflichtexemplars erkannte sie Regelungsdefizite, sah jedoch für die „einheitliche Regelung zur Abgabe von Belegexemplaren an Bibliotheken bzw. zum Datenschutz beim Umgang mit Nachlässen […] keinen Handlungsbedarf.“[24]
Dementgegen setzte die damalige Koalition auf eine hastige Überarbeitung des Passus zum Pflichtexemplar im Pressegesetz und beschränkte sich ansonsten auf eine fachlich äußerst dürftige Novellierung des SLUB-Gesetzes, die lediglich den Rechtsformwandel von einer Anstalt des öffentlichen Rechts in einen Staatsbetrieb sowie die Umsteuerung von der kameralistischen hin zur doppischen Buchführung zur Folge hatte, sonst aber bibliotheksrechtlich keinerlei neue Akzente setzte.[25] Damit war die parlamentarische Debatte um ein eigenständiges Bibliotheksgesetz in der V. Wahlperiode des Sächsischen Landtags abgeräumt.
Die Landtagswahlen 2014 mischten die Karten danach neu, führten die CDU in eine Neuauflage der bereits von 2004 bis 2009 bestehenden Koalition mit der SPD und Letztere erneut in Verantwortung für das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Das ist deshalb interessant, weil in der sächsischen SPD seit 2012 hinsichtlich der Bibliothekspolitik eine einschlägige Beschlusslage[26] besteht, die darauf hinwirkt, Bibliotheken als genuinen Bestandteil des sächsischen Bildungswesens und als Teil der kommunalen Bildungs- und Kulturlandschaft anzuerkennen. Der Weg hierzu führt über ein eigenständiges Bibliotheksgesetz, durch das zuerst „die fixierte Anerkennung von öffentlichen Bibliotheken als Bildungs- und Kultureinrichtungen im Freistaat erreicht wird, ohne dabei deren Förderungswürdigkeit im Rahmen des Sächsischen Kulturraumgesetzes infrage zu stellen.“[27] Neben der Forderung nach Aussagen zur personellen und fachlichen Qualitätssicherung, der Verankerung der Fachstellenarbeit, der Integration des Pflichtexemplarrechts sowie der Berücksichtigung von Erfordernissen der UN-Behindertenrechtskonvention, greift der Beschluss auch die deutliche Überarbeitung des SLUB-Gesetzes auf, sodass selbiges eine „Anpassung an die Bedürfnisse der digitalen Informationsgesellschaft erfährt.“[28]
2015 wurde dieser Beschluss – nunmehr die Regierungsbeteiligung berücksichtigend – aktualisiert und bekräftigt. So wird nicht nur die SPD-Fraktion im Landtag aufgefordert, „die 2013 beendete Diskussion um ein eigenständiges Bibliotheksgesetz wieder politisch aufzugreifen, vor allem aber initiativ zu bearbeiten“[29] , sondern auch die „SPD-Mitglieder, die der Staatsregierung angehören […], ein entsprechendes Gesetzesvorhaben zu unterstützen.“[30] Ebenfalls angesprochen werden die Vertreter des kommunalen Bereichs, in den Spitzenverbänden für das Thema zu sensibilisieren und insbesondere die Frage zu erörtern, „unter welchen Voraussetzungen ein Anreiz- oder Verpflichtungsgesetz von den Städten, Kreisen und Gemeinden getragen werden kann.“[31]
Die politische Ausgangslage ist somit heute durchaus eine komfortablere insofern, dass erstmals im Freistaat die Initiative zu einer fachgerechten Bibliotheksgesetzgebung nicht von der Oppositions-, sondern von der Regierungsbank ausgehen könnte. Indes sieht der zwischen CDU und SPD vereinbarte Koalitionsvertrag die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für das sächsische Bibliothekswesen nicht vor. Dieses Fehlen im „Programmheft“ führt bis jetzt dazu, dass die geforderte Neuauflage einer entsprechenden Gesetzesdebatte ausblieb und das parlamentarische Interesse eher verhalten ausfällt. Das muss so nicht bleiben. Die VI. Wahlperiode hat ihre Halbzeit noch nicht erreicht und es ist noch genügend Zeit, die parlamentarische Diskussion durch die Koalition oder die Opposition neu anzustoßen. Man muss nur wollen – und anschließend auch umsetzen.
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Hassan Soilihi Mzé
Langes Straße 4, 04103 Leipzig, Autorenfoto: Thomas Pohl
© 2017 by De Gruyter
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