Regine Anacker, Aspekte einer Anthropologie der Kunst in Gottfried Benns Werk. 2004
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Christian Schärf
Die Bedeutung eines Autors wird in der Literaturwissenschaft heute an der Diskursdichte gemessen, die sein Werk zu repräsentieren vermag. Nachdem die Autokratie der Originalität als abgelebter Mythos nicht mehr salonfähig ist, geht man dazu über, den Textbestand in die kulturell verankerten Redeformationen aufzulösen, die sich im Topos ‚Text‘ kreuzen und über diesen hinausweisen. Ein ebenso berühmtes wie fast schon berüchtigtes Beispiel dafür ist die Forschung zu Robert Musil, speziell die zum Mann ohne Eigenschaften. Aus diesem Riesenfragment lassen sich ganze Enzyklopädien zivilisatorischer Diskursivität herausfiltern, die in meist monumentalen Sekundärwerken ausgebreitet werden. Die Annahme, ein Jahrhundertroman müsse die Essenz des Jahrhunderts in allen Einzelteilen enthalten, speist den Ehrgeiz immer neuer Forscher, die Musils unabgeschlossenes Hauptwerk nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen. Dabei hatte Musil selbst im Zeichen seines Essayismus gerade vor solchen Unternehmungen gewarnt. Daß, wie der Erzähler im Kapitel 62 des Mann ohne Eigenschaften festhält, die Lehre der Ergriffenen in der Vernunft der Unergriffenen zu Staub zerfalle, wird zwar häufig zitiert, aber scheinbar kaum durchdacht. So wird Literaturwissenschaft immer häufiger zu einer Materialschlacht an unterschiedlichsten Fronten, bei der die Ergriffenheiten ganzer Epochen zu Staub zermahlen werden.
© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2004
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- Jost Schneider, Sozialgeschichte des Lesens. Zur historischen Entwicklung und sozialen Differenzierung der literarischen Kommunikation in Deutschland. 2004
- Stefan Andriopoulos / Gabriele Schabacher / Eckhard Schumacher (Hgg.), Die Adresse des Mediums. 2001
- Peter Berz / Annette Bitsch / Bernhard Siegert (Hgg.), FAKtisch. Festschrift für Friedrich Kittler zum 60. Geburtstag. 2003
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- Winfried Menninghaus, Das Versprechen der Schönheit. 2003
- Ulrich Ernst, Intermedialität im europäischen Kulturzusammenhang. Beiträge zur Theorie und Geschichte der visuellen Lyrik. 2002
- Heiko Uecker, Geschichte der altnordischen Literatur. 2004
- Monika Schulz, Beschwörungen im Mittelalter. Einführung und Überblick. 2003
- Otto Neudeck, Erzählen von Kaiser Otto. Zur Fiktionalisierung von Geschichte in mittelhochdeutscher Literatur. 2003
- Hartmann von Aue, Gregorius. Hg. von Hermann Paul, neu bearbeitet von Burghart Wachinger. 15., durchgesehene und erweiterte Aufl. 2004
- Heiko Fiedler-Rauer, Arthurische Verhandlungen. Spielregeln der Gewalt in Pleiers Artusromanen ‚Garel vom blühenden Tal‘ und ‚Tandareis und Flordibel‘. 2003
- Dietrichs Flucht. Textgeschichtliche Ausgabe. Hg. von Elisabeth Lienert und Gertrud Beck. 2003
- Eckehard Simon, Die Anfänge des weltlichen deutschen Schauspiels 1370–1530. Untersuchung und Dokumentation. 2003
- Sandra Pott, Medizin, Medizinethik und schöne Literatur. Studien zu Säkularisierungsvorgängen vom frühen 17. bis zum frühen 19. Jahrhundert. 2002
- Elisabeth Wåghäll Nivre, Women and Family Life in Early Modern German Literature. 2004
- Bernhard F. Scholz, Emblem und Emblempoetik. Historische und systematische Studien. 2002. – John Manning, The Emblem. 2002
- Sandra Pott, Reformierte Morallehren und deutsche Literatur von Jean Barbeyrac bis Christoph Martin Wieland. 2002
- Daniel Fulda / Silvia Serena Tschopp (Hgg.), Literatur und Geschichte. Ein Kompendium zu ihrem Verhältnis von der Aufklärung bis zur Gegenwart. 2002
- Hans-Peter Nowitzki, Der wohltemperierte Mensch. Aufklärungsanthropologien im Widerstreit. 2003
- Thomas Pago, Johann Christoph Gottsched und die Rezeption der „Querelle des Anciens et des Modernes in Deutschland“. 2003
- Christian Neuhuber, Das Lustspiel macht Ernst. Das Ernste in der deutschen Komödie auf dem Weg in die Moderne: von Gottsched bis Lenz. 2003
- Alexander Košenina, Der gelehrte Narr. Gelehrtensatire seit der Aufklärung. 2003
- Jeffrey A. Grossman, The Discourse on Yiddish in Germany from the Enlightenment to the Second Empire. 2000
- Michael Jaeger, Fausts Kolonie. Goethes kritische Phänomenologie der Moderne. 2004
- Christoph Jamme / Frank Völkel (Hgg.), Hölderlin und der Deutsche Idealismus. Dokumente und Kommentare zu Hölderlins philosophischer Entwicklung und den philosophisch-kulturellen Kontexten seiner Zeit. Bd. 1: Im Tübinger Stift (1788–1793). Bd. 2: Jenaer Gespräche (1794–1795). Bd. 3: Der Frankfurter und Homburger Freundeskreis (1796–1800). Bd. 4: Von Nürtingen bis zum Tübinger Turm (1800–1843). 2003
- Hansjörg Bay, ‚Ohne Rückkehr‘. Utopische Intentionen und poetischer Prozeß in Hölderlins Hyperion. 2003
- Matteo Galli, L'officina segreta delle idee. E. T. A. Hoffmann e il suo tempo. 1999
- Inge Wild / Reiner Wild (Hgg.), Mörike-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. 2004
- Wilhelm Raabe, Briefe 1842–1870. Hg. von William Webster. 2004
- Annette Simonis, Literarischer Ästhetizismus. Theorie der arabesken und hermetischen Kommunikation der Moderne. 2000
- Thomas A. Kovach (Hg.), A Companion to the Works of Hugo von Hofmannsthal. 2002
- Josef Quack, Geschichtsroman und Geschichtskritik. Zu Alfred Döblins „Wallenstein“. 2004
- Regine Anacker, Aspekte einer Anthropologie der Kunst in Gottfried Benns Werk. 2004
- Yvonne Wolf, Frank Thiess und der Nationalsozialismus. Ein konservativer Revolutionär als Dissident. 2003
- Walter Busch / Gerhart Pickerodt (Hgg.), Max Kommerell. Leben – Werk – Aktualität. 2003
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