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Die übersehene Verletzbarkeit? Erfahrungen geflüchteter Männer zwischen Verletzung, Solidarität und Gewalt

  • Matthias Schneider

    Matthias Schneider, Studium der Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Universität Kopenhagen. Promotion an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Akademischer Mitarbeiter erst an der Universität Potsdam und dann der FU Berlin.

    Forschungsschwerpunkte: Soziologische Geschlechter- und Diversitätsforschung; Organisations- und Rechtssoziologie; Flucht- und Migrationsforschung; Qualitative Sozialforschung und Biographieforschung.

    Wichtigste Publikationen: Schneider, M., 2023: Männlichkeit und Flucht. Biographische Perspektiven auf die Lebensgeschichten aus Eritrea geflüchteter Männer. Wiesbaden: Springer VS; Schneider, M., 2021: Marginalisiert Flucht Männlichkeit? Lebensgeschichtliche (Re-)Konstruktionen von Männlichkeit im Kontext der Flucht aus Eritrea. Zeitschrift für Flüchtlingsforschung 5: 77–108.

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Published/Copyright: February 5, 2025
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Zusammenfassung

In gesellschaftlichen Diskursen und im Flüchtlingsschutz werden geflüchtete Männer selten als verletzbar wahrgenommn. Empirische Studien verwenden diesen Begriff zwar, oft jedoch nur vage. Dadurch bleibt das Verhältnis zwischen Männern, Flucht und Verletzbarkeit unterbestimmt. Ziel dieses Artikels ist es, dieses Verhältnis zu ergründen, indem es theoretisch unterfüttert und anhand der Biographien von aus Eritrea geflüchteten Männern näher beleuchtet wird. Die Analyse von zwei Biographien zeigt dabei vier unterschiedliche situationale Verletzbarkeiten auf, in denen die Männer verletzt werden. Gleichzeitig wird deutlich, wie aus diesen Erfahrungen sowohl Solidarität als auch Gewalt erwachsen kann. Diese Ergebnisse tragen dazu bei, bisherige gesellschaftliche Diskurse über die Unverletzbarkeit geflüchteter Männer zu verkomplizieren und die Betrachtung von Verletzbarkeiten weiterzuentwickeln.

Abstract

In societal discourses and refugee protection frameworks refugee men are rarely perceived as vulnerable. While empirical studies occasionally employ the term, it is often done vaguely, leaving the relationship between men, displacement, and vulnerability underexplored. This article examines this relationship by providing a theoretical foundation and analyzing the biographies of men who fled Eritrea. The analysis of two biographies identifies four distinct situational vulnerabilities in which these men experience harm. At the same time, it becomes evident how these experiences can give rise to both solidarity and violence. These findings complicate prevailing societal narratives about the invulnerability of refugee men and advance the understanding of vulnerabilities.

1 Verletzbarkeit im gesellschaftlichen Diskurs und im Flüchtlingsschutz

„Wir wollen dieses Problem lösen, […] dass von diesem Individualrecht auf Asyl im Augenblick vor allem die profitieren, die stark sind: Junge Männer, die sich auf diese Flüchtlingsboote begeben können. Frauen, ältere Menschen, Kinder bleiben zurück und das sind diejenigen, die unsere Hilfe wirklich brauchen.“ (Friedrich Merz zit. nach ZDF 2023)

Im Sommerinterview mit dem ZDF im Jahr 2023 greift Friedrich Merz[1] den Vorschlag auf, das Individualrecht auf Asyl nach Betreten der Europäischen Union abzuschaffen und durch die Aufnahme fester Kontingente an Geflüchteten ‚direkt‘ aus dem Ausland zu ersetzen (Welt 2023).[2] In seiner Begründung impliziert er eine ungerechte Inanspruchnahme von Asyl durch geflüchtete Männer, wodurch die ‚wirklich‘ hilfsbedürftigen Personen wie Frauen, Kinder und alte Menschen in der humanitären Hilfe zu kurz kommen würden. Solche Typisierungen sind kein Einzelfall. Gesellschaftlich werden geflüchtete Männer häufig als starke Männer, Gewalttäter, Betrüger und Gefahren für Frauen und die nationale Sicherheit dargestellt (Griffiths 2015: 472 ff.; Zablotsky 2020: 193), was zu asylrechtlich relevanten Gesetzesänderungen beitragen kann (Yurdakul & Korteweg 2021: 48 f.). Dabei wird ein diskursiver Raum erzeugt, in dem Frauen als verletzbar und damit schutzwürdig und Männer als unverletzbar und ohne Schutzbedarf erscheinen.

Im Flüchtlingsschutz wurde die Unterstützung Geflüchteter lange Zeit als politisch-rechtliche Verpflichtung verstanden, bei der Fragen nach Verletzbarkeit nicht relevant waren. Diese Perspektive rückte in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Hintergrund. Stattdessen wurde das Leid von Geflüchteten zur Rechtfertigung humanitärer Interventionen immer wichtiger (Mokre 2022: 226). Im Kontext begrenzter Mittel der humanitären Hilfe manifestierte sich Verletzbarkeit als Konzept, nach dem Ressourcen zuerst an die Menschen verteilt werden, die besonders verletzbar und unterstützungswürdig erscheinen (Sözer 2020: 2166 f.), anstatt die grundlegenden Bedürfnisse aller Geflüchteten zu decken. In vielen Richtlinien der internationalen Flüchtlingshilfe wird davon ausgegangen, dass es soziale Gruppen gibt, die universell verletzbar sind. Diese Gruppen umfassen insbesondere Frauen, aber auch Kinder, Schwangere, ältere Menschen, Frauen mit Kindern oder Mädchen sowie be:hinderte Geflüchtete (Flegar 2018: 377 f.). Geflüchtete Männer werden in der Praxis des Flüchtlingsschutzes meist nicht als verletzbar, sondern eher als potentielle Gefährder wahrgenommen (Turner 2016). Was lässt sich aber abseits von gesellschaftspolitischen Diskursen und den Vorstellungen des Flüchtlingsschutzes über die Verletzbarkeit geflüchteter Männer sagen?

Um den Zusammenhang zwischen Männern, Flucht und Verletzbarkeit besser zu verstehen, wird zuerst der aktuelle Forschungsstand betrachtet (Abschnitt 2). Dessen Lücken aufgreifend wird expliziert, was in diesem Artikel unter Verletzbarkeit verstanden wird (Abschnitt 3), bevor die Möglichkeit der Vertiefung im Rahmen biographischer Methoden besprochen wird (Abschnitt 4). Als Herzstück des Artikels werden zwei Biographien von aus Eritrea nach Deutschland geflüchteten Männern besprochen (Abschnitte 5 und 6), aus denen weiterführende Erkenntnisse über das Verhältnis von Männern, Flucht und Verletzbarkeit abgeleitet werden (Abschnitt 7). Abschließend werden die erlangten Einsichten zusammengefasst und diskutiert (Abschnitt 8).

2 Forschungsstand zu Männern, Flucht und Verletzbarkeit

In der Flucht- und Geschlechterforschung wurde Verletzbarkeit lange Zeit nur in Bezug auf geflüchtete Frauen und Mädchen untersucht (Allsopp 2017: 156). Männer wurden hauptsächlich als Täter von sexualisierter und geschlechtsbasierter Gewalt sowie als Kämpfer in Flüchtlingslagern wahrgenommen (Krause 2016: 123). Dieses Verständnis wandelt sich jedoch zunehmend. So hat sich ein Nischendiskurs entwickelt, in dem empirische Ergebnisse über die Verletzbarkeiten geflüchteter Männer herausgearbeitet werden.

Ein erster Strang von Literatur, zu dem insbesondere Forschungsberichte gehören, geht der Verletzbarkeit von Männern als Teilmenge der allgemeinen Untersuchung des Lebens auf der Flucht nach. So untersuchen Davis und Taylor (2013) die Lebensrealitäten syrischer Geflüchteter in Jordanien und dem Libanon. Sie stellen fest, dass die meisten Geflüchteten junge Männer sind, die vor dem Einzug in den Militärdienst geflohen sind. Allerdings gebe es für diese keine Unterstützungsprogramme, da humanitäre Akteure sie nicht als verletzbare Gruppe wahrnehmen (Davis & Taylor 2013: 4, 17–20). Ähnlich untersuchen Aubrey et al. (2016) die Rekrutierung von Binnengeflüchteten in gewalttätig-extremistische Gruppen in Syrien. Für die Rekrutierung seien besonders junge Männer anfällig (Aubrey et al. 2016: 4). Beide Studien gehen punktuell auf die Verletzbarkeiten geflüchteter Männer ein, allerdings wird kaum ausgeführt, was unter Verletzbarkeit verstanden wird und welche vergeschlechtlichten Prozesse und Strukturen zu diesen Verletzbarkeiten führen. Ferner ist ihnen gemein, dass sie eine Anerkennung von Männern als verletzbare Gruppe im Flüchtlingsschutz fordern (Aubrey et al. 2016: 27; Davis & Taylor 2013: 19).

Ein zweiter Strang legt den Fokus direkt auf das Leben der Männer und nimmt dieses geschlechtertheoretisch in den Blick. Myrttinen et al. (2017) arbeiten entlang ihrer multinationalen Arbeit in Burundi, Libanon, Kolumbien, Nepal und Uganda heraus, wie durch die Militarisierung von Männlichkeit junge Männer eher in den Verdacht geraten, ehemalige Kämpfer zu sein, und damit häufiger in Sicherheitskontrollen geraten oder das Ziel von tödlichen ‚Säuberungsaktionen‘ durch bewaffnete Gruppen werden. Ferner zeigen sie, wie die Männer aufgrund vergeschlechtlichter Normen männlicher Härte seltener Zugang zu Gesundheitsinstitutionen bekommen, diese aber auch weniger aufsuchen (Myrttinen et al. 2017: 110 f.). Vergleichbar arbeitet Monroe (2020) in Bezug auf syrische Männer in Katar heraus, wie diese durch den Anspruch des syrischen Staates auf ihre Körper als Teil der nationalen Streitkräfte von ihren männlichen Lebensverlaufsbahnen dislokalisiert sind und in Katar nicht wieder an ihre ehemaligen Laufbahnen anschließen können (Monroe 2020: 280 f.). Beide Studien fokussieren sich auf das Leben der Männer und verwenden den Begriff der Verletzbarkeit selbstsicher, lassen ihn aber unbestimmt.

Ein dritter Strang mit Autor:innen wie Suerbaum (2018) oder Sözer (2021) verzichtet bewusst auf die Verwendung des Konzeptes der Verletzbarkeit. Sie sehen das Konzept als zu stark eingelassen in das Wissenssystem des internationalen Flüchtlingsschutzes oder als zu vorgeprägt, um einen unvoreingenommenen Blick auf die Verletzbarkeiten geflüchteter Männer bekommen zu können. Anstatt Verletzbarkeit a priori zu unterfüttern, möchten sie die Erfahrungen der geflüchteten Männer in den Vordergrund stellen (Suerbaum 2018: 14 f.; Sözer 2021: 10 f.). Während Suerbaum (2018: 13) den Begriff der Verletzbarkeit vermeiden will, ihn aber immer wieder verwendet (bspw. Suerbaum 2018: 68, 78), greift Sözer auf eine „theorieirrelevante Forschungsperspektive“ (Sözer 2021: 11, Übers. d. Verf.) zurück. Sie arbeitet sich dann an den Verletzbarkeitsvorstellungen des Flüchtlingsschutzes ab und zeigt auf, wie die Leidenserfahrungen geflüchteter Männer nicht durch diese abgedeckt werden, allerdings ohne die Verletzbarkeit der Männer selbst zu spezifizieren.

Während alle drei Stränge das gleiche Ziel verfolgen, das Leid geflüchteter Männer und ihre Verletzbarkeit fassbar zu machen, unterscheiden sich die Wege dahin: Entweder sie benutzen den Begriff der Verletzbarkeit und fordern die Anerkennung von Männern als verletzbare Gruppe oder sie lehnen den Begriff ab, kommen aber trotzdem in ihrer Kritik nicht ohne ihn aus. Gemein ist den Strängen, dass auch wenn Verletzbarkeit im Fokus steht, Verletzbarkeit kaum definiert beziehungsweise theoretisch unterfüttert wird (Turner 2021: 10).

3 Theoretische Perspektiven auf Verletzbarkeit

Verletzbarkeit erscheint zunächst als intuitiver Begriff. Er wird häufig so verstanden, dass etwas anfällig für Schaden oder Verletzung ist. Hinter dem Begriff können jedoch unterschiedliche Verständnisse stehen, die mit weitreichenden Implikationen einhergehen (Brown 2011: 313). Bezieht man Verletzbarkeit auf Menschen – auch Staaten (Nathan & Scobell 2013) oder Systeme (Kröger & Zio 2011) werden als verletzbar bezeichnet –, lassen sich in der wissenschaftlichen Diskussion zwei grundlegende Perspektiven unterscheiden, die Formosa (2014: 88) als eng oder breit bezeichnet.

Mit einer engen Perspektive wird Verletzbarkeit als negativer Zustand von Schwäche, Abhängigkeit oder Fragilität verstanden. Von diesem Zustand sind nur bestimmte Personen oder Personengruppen aufgrund gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse betroffen (Browne et al. 2021: 4 f.). Es geht in dieser Perspektive um die Identifikation, in welchen Situationen welche Personen besonders verletzbar sind (Brown et al. 2017: 499) und wie diese durch Dritte geschützt werden können (Schroeder & Gefenas 2009: 113). Ziel ist es, die Verletzbarkeit von Gruppen durch Eingriffe Dritter abzumildern oder zu eliminieren (Goodin 1985).

Die Verletzbarkeit geflüchteter Männer in diesem Sinne zu verstehen, ist denkbar. Das bringt allerdings Probleme mit sich. So basiert die enge Perspektive zunächst auf der Vorstellung eines liberalen, männlichen und autonomen Subjekts, das unverletzbar ist und von dem verletzbare Gruppen abgegrenzt werden (Fineman 2008: 2; Gilson 2014: 7). Das verletzbare Subjekt erscheint als passives, meist weibliches Opfer seiner Umstände, das paternalistisch vor seiner Verletzbarkeit gerettet werden muss (Browne et al. 2021: 7). Solch eine Theoretisierung liegt nahe am Verständnis des Flüchtlingsschutzes. Die Idee, nun auch Männer in die bestehende Nomenklatur von Verletzbarkeit aufzunehmen, fasst Turner (2021) unter dem Motto „add ‚vulnerable‘ men and stir“ (Turner 2021: 13, Herv. i. Orig.) zusammen. Sie birgt das Risiko, zu den bestehenden Verteilungskämpfen im Flüchtlingsschutz weiter beizutragen.

Mit einer breiten Perspektive wird Verletzbarkeit als universelle Kondition des menschlichen Seins verstanden. Sie bildet ein grundlegendes Fundament, das in der körperlichen Existenz, der damit verbundenen Fragilität und der Abhängigkeit des Menschen von der sozialen Welt wurzelt (Mackenzie et al. 2014: 4). Verletzbarkeit gilt dabei als ambivalentes Phänomen und „ein ergebnisoffener Zustand, der sowohl Liebe, Zuneigung, Lernen und Selbstveränderung als auch Leiden und Schaden ermöglicht“ (Gilson 2014: 38, Übers. d. Verf.). Die Wahrnehmung eigener oder fremder Verletzungen bringe das Potential mit sich, über die Verteilung von Macht in der sozialen Welt zu reflektieren und sich mit anderen Menschen in Verbindung zu setzen (Butler 2004: xiii, 2012). Ziel dieser Perspektive ist es, ethisch-normative Ansätze für neue Politiken und Formen des menschlichen Zusammenlebens zu entwickeln (Brown et al. 2017: 504 f.).

Die Verletzbarkeit geflüchteter Männer so zu theoretisieren, bringt den Vorteil, Vorstellungen eines liberalen, männlichen und autonomen Subjektes zu überwinden und nicht unmittelbar in ein paternalistisches Schutzdenken zu verfallen. Gleichzeitig wird die breite Perspektive dafür kritisiert, zu allgemein zu sein und nicht genug zwischen den strukturellen Verletzbarkeiten unterschiedlicher Menschen zu differenzieren: Wenn jede Person verletzbar ist, ist niemand verletzbar (Mackenzie et al. 2014: 6).

Es kann jedoch auch eine vermittelnde Position gefunden werden. So spricht Gilson (2014: 37, Übers. d. Verf.) einerseits von einer „ontologischen Verletzbarkeit“ als unvermeidliche Offenheit und Kondition des Menschen, die hier als Grundlage für Verletzungen, aber auch solidarisches und gewaltvolles Handeln verstanden werden kann. Dass ontologische Verletzbarkeit mit einer Vielfalt an Erfahrungen verbunden ist, betonen auch andere Autor:innen (Nungesser 2019; Wallbank & Herring 2014). Andererseits führt Gilson (2014: 37, Übers. d. Verf.) die „situationale Verletzbarkeit“ als spezifische Form von Verletzbarkeit aus, die sich aufgrund der Einlassung des Menschen in die soziale Welt und seiner Positionierung entlang gesellschaftlicher Ungleichverhältnisse ergibt. Diese Verletzbarkeit könne beispielsweise psychisch, emotional, aber auch körperlich erlebt werden.

Diese vermittelnde Position bietet den Vorteil mit der ontologischen Verletzbarkeit, dass Verletzbarkeit nicht an spezifische Personengruppen gebunden wird, die paternalistisch zu beschützen sind. Gleichzeitig kann sie mit der situationalen Verletzbarkeit fassen, dass sich Verletzbarkeit für Menschen je nach sozialer Positionierung und gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnissen unterschiedlich ausformt. Allerdings ergeben sich aus dieser vermittelnden Position zwei zentrale Herausforderungen. Zum einen besteht die Aufgabe darin, beim Forschen über Verletzbarkeit die spezifischen Umstände zu identifizieren, die zu situationaler Verletzbarkeit führen. Zum anderen erfordert es, anzuerkennen, dass situationale Verletzbarkeit nicht zwangsläufig zu Verletzungen führt, sondern – ontologisch betrachtet – auch andere Potenziale birgt (Gilson 2014: 38). Fokus des Artikels sind folgend die situationalen Verletzbarkeiten geflüchteter Männer und die Wirkungen, die sich in den situationalen Verletzbarkeiten entfalten.

4 Untersuchung von Verletzbarkeit mittels Biographien

Die Verletzbarkeit geflüchteter Männer wird anhand von Biographien untersucht. Diese ermöglichen es, die Perspektiven der Männer in den Mittelpunkt zu stellen und gesellschaftliche Subjektivierungsprozesse aus ihren Erfahrungen heraus zu rekonstruieren (Spindler 2006: 14). Für die Analyse von Verletzbarkeiten ist dieser Ansatz zentral, da normative Zuschreibungen von Verletzbarkeit vermieden werden.

Ganz grundlegend wird Biographie als „soziale[s] Konstrukt“ (Kohli & Fischer 1987: Anm. d. Verf.) verstanden, das im Wechselspiel von individuellen Handlungen und gesellschaftlichen Strukturen entsteht. Sie ist nicht nur Ausdruck persönlicher Lebensgestaltung, sondern Produkt sozialer und historischer Bedingungen, die ihre Formen und Inhalte prägen. Dabei fungiert die Biographie als dynamische Schnittstelle: Sie reflektiert sowohl die subjektiven Erfahrungen und Perspektiven der Einzelnen als auch die gesellschaftlichen Normen und Erwartungen, die biographische Muster mitgestalten. Ausgehend von den Ausführungen zur Verletzbarkeit lässt sich annehmen, dass Biographien aufzeigen können, wie Menschen mit ihrer Geburt oder im Laufe ihres Lebens in ungleiche Machtverhältnisse geraten, in denen situationale Verletzbarkeiten bestehen. Es ist zu vermuten, dass diese Verletzbarkeiten durch Biograph:innen bewusst wahrgenommen werden können oder unbewusst bleiben, sich Verhaltensweisen und Lebensperspektiven in Kontakt mit diesen neu ausrichten und sie eine nachhaltige Bedeutung für die Biograph:innen entfalten können.

Hinsichtlich der Erforschung von Biographien ist davon auszugehen, dass biographische Erzählungen keine „rhetorischen Illusionen“ (Bourdieu 1990) sind, die keinerlei Rückschlüsse auf das frühere Leben einer Person zulassen. Gleichzeitig wird aber auch davon abgesehen, eine „Homologie“ (Schütze 1984: 78) oder Strukturgleichheit zwischen biographischen Erzählungen und früheren Erlebnissen zu unterstellen. Stattdessen wird von einem komplexen Wechselverhältnis von Erzählen und Erleben ausgegangen:

„Erzählungen eigenerlebter Erfahrungen verweisen sowohl auf das heutige Leben mit dieser Vergangenheit als auch auf das damalige Erleben. Ebenso wie sich das Vergangene aus der Gegenwart und der antizipierten Zukunft konstituiert, entsteht die Gegenwart aus dem Vergangenen und dem anvisierten sowie avisierten Zukünftigen.“ (Rosenthal 2010: 216 f.)

Bei der Rekonstruktion dieser Vergangenheit handelt es sich allerdings immer um eine gegenwärtige Vergangenheit, die sich in den biographischen Erzählungen darstellt (Nassehi & Saake 2002: 72). Dabei nähern sich Forscher:innen nicht dem ‚wirklich Erlebten‘, sondern immer nur „Erlebnistermonologien“ (Schäfer & Völter 2005: 173) an. Diese bieten allerdings Anhaltspunkte dafür, wie die Subjektivierung von Biograph:innen über den Lauf des Lebens zwischen Individuum und Gesellschaft stattfand.

Als Datenbasis dienen biographische-narrative Interviews, die zwischen den Jahren 2018 und 2020 erhoben wurden. Das Interviewformat geht auf Schütze (1983) zurück, allerdings wurde die Adaption von Fischer-Rosenthal und Rosenthal (1997) verwendet. Diese legt in der Endphase der Interviews weniger den Fokus auf die Biograph:innen als „Experten[:innen] und Theoretiker[:innen] seiner [und deren, beziehungsweise ihrer] selbst“ (Schütze 1983: 285, Anm. d. Verf.), sondern zielt auf die Generierung von Erzählungen ab. Die Interviews wurden hauptsächlich auf Deutsch oder Englisch geführt, wobei zwei Interviews auf Tigrinisch stattfanden (siehe Data-Note). Eines der Interviews, das relevant wird, wurde auf Tigrinisch von einer geschulten Hilfskraft erhoben und von einer anderen Hilfskraft entlang von skopostheoretischen Überlegungen (Reiss & Vermeer 1984; Wettemann 2012) aus den Translationswissenschaften von Tigrinisch nach Deutsch übersetzt. Zur Qualitätssicherung der Übersetzung wurde sich an Maßnahmen von Enzenhofer und Resch (2011) orientiert.[3]

Als Samplingstrategie kam das „theoretische Sampling“ (Glaser & Strauss 1967: 45 ff.) zum Einsatz. Ziel war es, möglichst unterschiedliche Konstruktionen von Geschlecht über die Lebensgeschichte hinweg sichtbar zu machen. Im iterativen Prozess von Analyse und Erhebung wurden gezielt Männer ausgewählt, die unterschiedliche Positionierungen in Kategorien wie Alter, Bildung, Elternschaft, Religion und weiteren Differenzmerkmalen aufwiesen. Damit sollten weiterführende Erkenntnisse über bisher nicht berücksichtigte Konstruktionen von Geschlecht aufgedeckt werden, da bekannt ist, dass sich Geschlechterkonstruktionen intersektional ausdifferenzieren (Gottzén, Mellström et al. 2020). Dem Sampling waren aufgrund der Feldgegebenheiten jedoch enge Grenzen gesetzt. Die interviewten Männer waren im Durchschnitt eher christlich und heterosexuell orientiert, mit mittleren und höheren Bildungsabschlüssen, kinderlos, als Flüchtling anerkannt, sich der ethnischen Gruppe der Tigrinya zuordnend, Mitte 20 und seit einigen Jahren in Deutschland lebend. Bei allen Merkmalen – bis auf Sexualität – gab es allerdings Abweichungen. Die meisten der Männer waren um das Jahr 2013 aus Eritrea nach Äthiopien, in den Sudan und über das Mittelmeer nach Europa geflohen und lebten zum Zeitpunkt der Interviews bereits einige Jahre in Deutschland.

Die ursprüngliche Datenanalyse war angelehnt an die biographische Fallrekonstruktion von Fischer-Rosenthal und Rosenthal (1997), die abduktiv, sequenziell und rekonstruktiv arbeitet und die Betrachtung des Zusammenhanges zwischen erzähltem Leben und Erlebnisterminologien ermöglicht. Die Methode eignet sich gut für Reanalysen, da die Forschungsfrage erst spät im Analyseprozess relevant wird (Rosenthal 2015: 187). Einzelne Schritte der Methode wie die „Analyse der biographischen Daten (Ereignisdaten)“ und die „Rekonstruktion der Fallgeschichte (erlebtes Leben)“ (Rosenthal 2015: 204) stoßen bei transnationalen Biographien teils an Grenzen, da sich spezifische regionale oder kollektive Gegebenheiten nur bedingt recherchieren lassen (Lutz 2007: 60; Karakayali 2010: 88), was am Beispiel von Schlepperlagern im Transit verständlich wird, da über sie meist nur wenige gesicherte Informationen bestehen. Die ursprüngliche Analyse legte daher den Fokus auf „Feinanalysen“ (Rosenthal 2015: 204), da diese weniger auf Kontextmaterial angewiesen sind.

Für diesen Aufsatz wurden diese Analysen neu sortiert und durch die Brille der Verletzbarkeit untersucht. Dabei wurden die Feinanalysen etwas dezentriert und den Lebensumständen mehr Raum eingeräumt, um die Machtverhältnisse der sozialen Umwelt stärker in den Blick zu nehmen. Leitend waren die Fragen, welche situationalen Verletzbarkeiten sich in den Biographien der Männer finden lassen und welche Wirkungen diese im Leben der Männer entfalten. Dabei wurden nur situationale Verletzbarkeiten berücksichtigt, die direkt mit Flucht in Bezug stehen.

Von den analysierten Biographien werden zwei – die von Tesfa (Abschnitt 5) und die von John (Abschnitt 6) – in ihrem chronologischen Verlauf mit unterschiedlichen Schwerpunkten dargestellt. Diese beiden Biographien eignen sich besonders gut, die Verletzbarkeiten des restlichen Samples abzubilden. Diese bestehen im Kontext des eritreischen Nationaldienstes, des Lebens im Transit, der Mobilität durch den Sudan nach Europa und beim Leben im deutschen Ankunfts- und Asylsystem.

Zitate der Biographen werden wegen der besseren Lesbarkeit geglättet wiedergegeben. Eine Ausnahme geschieht dann, wenn in der paraverbalen oder buchstäblichen Transkription[4] besondere Indizien für situationale Verletzbarkeiten sichtbar werden.

5 „Früher lebte ich einfach“ – Tesfa

Ende der 1980er-Jahre kommt Tesfa am nördlichen Ende der eritreischen Hochebene zur Welt. Sein Vater ist Hirte, seine Mutter kümmert sich um den Haushalt und unterstützt den lokalen Ackerbau. Mit zehn Jahren wird Tesfa eingeschult, doch er besucht die Schule nur sporadisch. Mit zwölf Jahren läuft er nach einem Streit mit seinem Vater von zu Hause fort, reist durch das Land und beginnt, zu arbeiten. Nach circa vier Jahren erhält er als Minderjähriger den Bescheid zur Einberufung in den eritreischen Nationaldienst.

Der eritreische Nationaldienst ist für alle Staatsangehörigen – sowohl für Männer wie für Frauen – ab 18 Jahren verpflichtend, wobei gelegentlich minderjährige Personen eingezogen werden (EASO 2020: 35 f.). Seine Begrenzung auf 18 Monate Dienstzeit wurde nach dem Ende des eritreisch-äthiopischen Grenzkrieges im Jahr 2000 aufgehoben, wodurch seine Länge fast unbegrenzt sein kann. Dies gilt hauptsächlich für Männer (EASO 2015: 33), wofür es einige Gründe gibt. So werden Frauen teilweise demobilisiert, wenn sie verlobt, verheiratet oder schwanger sind, sie Kinder haben, bestimmten ethnischen Gruppen zugehören oder wenn sie einen Job oder ein Praktikum gefunden haben. Wenn Frauen dem Dienst undokumentiert fernbleiben, wird dies häufiger toleriert als bei Männern. Zudem haben Frauen im Gegensatz zu Männern die Möglichkeit, sich mit dem Erreichen des 27. Lebensjahres demobilisieren zu lassen (Schneider 2023: 105–106).

Zunächst zeigt sich Tesfa gegenüber den Anweisungen im Nationaldienst widerständig: „Wenn ich welche gesehen habe, die Pause gemacht haben, bin ich einfach mit ihnen gegangen. ‚Wohin gehst du?‘ Ich mache Pause, habe ich gesagt ((lacht))“. Seine Vorgesetzten reagieren mit Zurechtweisungen, Drohungen oder leichter körperlicher Gewalt, wenn er zum Beispiel beim Marschieren aus der Reihe läuft. Nach dem Ende der Grundausbildung wird Tesfa an verschiedenen Orten eingesetzt, an denen er und andere Dienstleistende mit leichten, aber auch drakonischen Disziplinarmaßnahmen konfrontiert werden. Zwischen den Dienstleistenden und ihren Vorgesetzten bestehen starke Abhängigkeitsverhältnisse. Der Einsatz von körperlicher Gewalt, Haft und auch Isolation zur ‚Disziplinierung‘ ist weit verbreitet, wobei Möglichkeiten zur Beschwerde kaum existieren (Bozzini 2018; Kibreab 2017).

Tesfas anfänglich unbeschwerter Lebensstil verwandelt sich über die Zeit in eine strategische Lebensführung, was er wie folgt zusammenfasst: „Früher lebte ich einfach. Aber als ich es gesehen habe, die Strenge, die Verhaftungen, Knast. Boah. So ein Leben gibt es. Von da an habe ich aufgepasst. Ich habe im Voraus überlegt, was gut ist und dann entschieden“. Mit zunehmender Dauer des Dienstes wird ihm die situationale Verletzbarkeit bewusst, der er als Dienstleistender und insbesondere als dienstleistender Mann ausgesetzt ist. Um möglichst wenig dadurch verletzt zu werden, gelingt es Tesfa, einen Vorgesetzten zu bestechen. Dadurch erhält er weitreichende Freiheiten über seine Arbeitszeit, Zusatzverdienste und seinen Tagesablauf.

Sein Wissen um die Verletzbarkeit im Nationaldienst setzt Tesfa gleichzeitig gewaltvoll ein, um sich durch die Komplizenschaft mit den herrschenden Verhältnissen Vorteile zu sichern. Er nutzt außerhalb der Arbeitszeit seine Stellung im Dienst, um von der lokalen Zivilbevölkerung Essen zu erpressen: „Ich aß nicht deren Linsen [im Nationaldienst], weil ich von deren Linsen Sodbrennen bekam. In jedes Haus, das ich gefunden habe, gehe ich rein und sage: Gebt mir zu essen, ich bin so und so. Der Junge ist beim Mittagessen nicht da? Nicht, dass er weg ist. […]. Ich komme rein und fange sofort mit dem Seil an“. Tesfa droht den Familien Repressalien an, sollten diese einzugsfähige Jugendliche vor dem Nationaldienst verstecken, und erhält als Gegenleistung für seine Toleranz gegenüber möglichen Verstößen Essen. Die Kontrolle von Haushalten stellt eine gängige Praxis dar (EASO 2019: 30, 40), für die Familienmitglieder häufig in Sippenhaft kamen (Human Rights Watch 2009: 2).

Auch wenn für Tesfa der Dienst zunächst ein Ort ist, an dem er durch seine eigenständige Arbeit „zum Mann“ werden kann, ergibt sich bald ein Wendepunkt. Er wird mit einem befehlsführenden Soldaten aufgefordert, den Kompanieführer Selassie wieder in den Dienst einzuziehen, der nicht aus seinem Urlaub zurückgekehrt ist:

„Wir sind gekommen, um dich zu holen, sagen wir zu Selassie. Seht, sagt er zu uns, seht euch mein Leben an. Seht ihr sie [meine zehn Kinder], sie haben kein Mittagessen. Wie willst du sie ernähren, wenn sie kein Mittagessen haben, frage ich. Ihre Mutter ist im Garten. Von dort wird sie etwas verkaufen. Sie kauft dann einen viertel oder einen halben Sack Getreide, mahlt ihn, macht ihnen Brot und gibt ihnen dann zu essen. Ach, so was gibt es auch. Ich hatte nichts gegen Selassie. Mein Partner wurde geschickt, um ihn zu holen. Ich bin nur mitgegangen. Komm, lass uns zurückgehen und sagen, dass er nicht da war. Wie kannst du ihn mitnehmen, wenn du so etwas siehst, sage ich. Das ist nicht deine Arbeit, du gehst nur nach mir, sagte er zu mir, also nimm ihn mit. Du bist kein Mensch, erwiderte ich.“

Tesfa nimmt an der situationalen Verletzbarkeit von Selassie und seiner Familie Anteil. Er wirbt bei seinem Vorgesetzten um Verständnis, die Situation der Familie durch den Wiedereinzug nicht zu verschlimmern. Dieser beharrt jedoch auf den Wiedereinzug. Im weiteren Verlauf der Erzählung setzt sich Tesfa immer wieder solidarisch für Selassie ein. Er geht in den Sitzstreik und verhindert damit den Einzug von Selassie gegen die Drohungen seines Vorgesetzten. Schließlich gibt sein Vorgesetzter auf und sie kehren in die Basis zurück. Tesfa kommt daraufhin einige Tage in Haft und verliert seine Freiheiten im Nationaldienst. Auch sein Urlaub wird für ein Jahr ausgesetzt. Trotz seiner Strafe sind Tesfas Gedanken zunächst bei Selassie und dessen Familie. Zu diesem werden weitere Dienstleistende geschickt, die Selassie diesmal aber verhaften.

Die situationale Verletzbarkeit im Dienst ist besonders für Väter ausgeprägt. Während des Dienstes gibt es für die Dienstleistenden keine Reise-, Residenz- und Arbeitsfreiheit: Arbeitsinhalte und -orte werden zwangszugewiesen (Hirt 2017: 108). Dies führt regelmäßig zur räumlichen Trennung von Familien. Besuche werden durch die begrenzten Urlaubsmöglichkeiten nahezu unmöglich und die niedrigen Löhne im Dienst reichen nicht aus, um die dienstleistenden Personen oder auch ihre Familien zu ernähren (Hirt & Mohammad 2013). Der Widerstand von Tesfa gegen Selassies Einzug findet ungefähr zur gleichen Zeit statt, in der Tesfa eine Partnerin kennenlernt und die Familiengründung in den Mittelpunkt seiner Lebensplanung rückt. Es gibt eine biographische Nähe zwischen beiden. Tesfa ist bewusst, dass eine Demobilisierung für ihn kaum in Aussicht steht – „die Älteren, die fünfzig, sechzig Jahre dienen und mit dem Krückstock laufen, sie setzen sich neben dich und man hat keine Lust auf das Leben von ihnen“.

Über seine Partnerin und seine Kinder redet Tesfa in beiden Interviews kaum. Erst als er im zweiten Interview direkt dazu angesprochen wird, geht er kurz auf das Kennenlernen seiner Partnerin ein. Er reagiert dann zwar noch auf eine Nachfrage zu seinem Familienleben in Eritrea, gibt dann aber deutlich zu erkennen, dass er nicht weitersprechen möchte: „[Interviewerin]: Willst du dazu mehr erzählen? [Tesfa]: Nein“. Gleichzeitig thematisiert er den Einfluss des Nationaldienstes auf Familien immer wieder in beiden Interviews. Dies geschieht jedoch im Rahmen von Argumentationen, in denen er sich als Person nicht einlassen muss:

„Du gehst als Minderjähriger zum Militär und wenn du gehst, fragst du im ersten, zweiten oder dritten Jahr nach Urlaub und wenn dir der überhaupt gewährt wird, musst du nach einem Monat zurück. Wenn du zurückgehst, wenn du Eltern, Familie oder Kinder hast, weil dich dort Probleme erwarten, reicht der eine Monat nicht aus, um diese zu lösen. Du sagst dir, dass du das Problem in fünf oder zehn Tagen lösen wirst, und dann frisst es dir die Zeit weg. Sie kommen zu dir, halten dich fest und verhaften dich. Dadurch erwartet dich die Lücke, die du fast geschlossen hast, bei deiner Rückkehr in noch größerer Weise wieder. Du bist in Haft, hast keinen Lohn, keine Hilfe ((schnappt nach Luft))“.

Seine Argumentation läuft analog zu seinen biographischen Daten. Es liegt nahe, dass sich auch das Leben mit seiner Partnerin und den Kindern so zugespitzt hat, was für ihn mit einem Gefühl der Machtlosigkeit einhergegangen sein könnte, zwangsgetrennt von seiner Familie und ohne Möglichkeit, sie zu unterstützen.

Nach zwei Jahren flieht Tesfa aus dem Nationaldienst. Er arbeitet zunächst in Eritrea als Lieferfahrer für undokumentierte Importe aus dem Ausland. Bei seiner Tätigkeit wird er immer wieder festgenommen. Manchmal muss er Geldstrafen zahlen, andere Male sitzt er für mehrere Wochen, Monate oder auch bis zu einem Jahr im Gefängnis – „deshalb kannst du sagen, dass ich die Hälfte der Zeit in der Wildnis im Gefängnis war und wir die restliche Zeit [als Familie] zusammen waren. Die meiste Zeit war wahrscheinlich im Gefängnis“. Bei seiner letzten Festnahme wird Tesfa nach sechs Monaten Haft ohne Verfahren verurteilt, in ein Geheimgefängnis transportiert und auf unbestimmte Zeit eingesperrt. Ein Verlass auf rechtsstaatliche Institutionen oder faire Gerichtsverfahren gibt es nicht (Human Rights Watch 2019). Nach weiteren sechs Monaten bricht er im Alter von 25 Jahren aus dem Gefängnis in Grenznähe aus und flieht außer Landes.

Die Zeit im Sudan verbringt Tesfa an verschiedenen Orten. An diesen hält er sich mit Gelegenheitsjobs – meist bei Verwandten – über Wasser und spart Geld für die Weiterreise. Nach anderthalb Jahren macht er sich auf Richtung Mittelmeer. Während seiner Reise mit Schleppern[5] zeigt sich seine situationale Verletzbarkeit im Transit.[6] Er kommt mehrfach in Gefangenschaft und erlebt schwere Gewalt. Gleichzeitig nimmt er sich stets als handlungsfähiges Subjekt wahr, das seine Reise weiter gestalten kann und auch in Situationen voller Hunger, Verletzungen und drohender Gewalt sich mit anderen Geschleppten solidarisiert, ihnen hilft und sie verteidigt. Nach einem Monat im Transit erreicht er Deutschland. Er wird erst einer Erstaufnahmeeinrichtung und dann einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen und beginnt sein Asylverfahren. Ebenfalls fängt er einen Alphabetisierungskurs an und nimmt mit seiner Anerkennung als ‚Flüchtling‘ eine niedrigqualifizierte, geringfügige Beschäftigung auf.

Im Laufe der Zeit beginnen sich aber die Probleme zu häufen. Kurz vor seiner Arbeitsaufnahme tritt ein Landesgesetz in Kraft, das vorsieht, dass arbeitende Geflüchtete an den Kosten ihrer Unterkunft beteiligt werden und sie die Miete direkt an die Betreiber der Unterkünfte überweisen müssen. Zwar wurde darüber einmalig von der Behörde auf Deutsch informiert, doch diese Mitteilung erreichte Tesfa nicht. Er beginnt regelmäßig Post zu erhalten – „nach drei Monaten war ein Brief in der Wohnung. Du siehst, 710 Euro hast du Schulden. Von was ist das? Keine Ahnung“. Tesfa sieht sich kontinuierlich mit Nachzahlungen und Mahnungen konfrontiert. Obwohl er diesen gewissenhaft nachgeht, steigt die Nachzahlungshöhe weiter an. Diese ist mit seinem geringen Einkommen kaum zu bewältigen. Zwar lässt er sich die Briefe von Freund:innen übersetzen, doch bleibt ihm die dahinterstehende institutionell-rechtliche Logik verwehrt.

Tesfa zahlt so mehrere hundert Euro Miete für sein Wohnen in einer Lagerhalle, in der einzelne Zimmer mit circa 14 Quadratmetern mit Trennwänden provisorisch unterteilt wurden. Eines dieser Zimmer bewohnt er mit vier fremden Personen. Er hat kaum die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und sich zu erholen – „wenn du müde kommst, kannst du nicht schlafen. Der eine ist ein Säufer und hat kein Leben. […] Er trinkt den ganzen Tag und kommt dann um ein Uhr morgens [heim]“. Besonders für Personen ohne anwesende Kinder, mit niedrigem Einkommen, wenig Deutschkenntnissen oder männlicher Geschlechtsidentität ist es schwierig, im Flüchtlingsschutz eine Einzelunterkunft zu erhalten (Baier & Siegert 2018: 6). Parallel besteht für Geflüchtete über den privaten Wohnungsmarkt nur bedingt Zugang zu Wohnraum aufgrund des geringen Finanzkapitals und rassistischer Diskriminierungen (Bormann 2024). So war Tesfas Wohnungssuche bis dato nicht erfolgreich. Im Einzelfall lag es daran, dass ein:e Vermieter:in auch nach der persönlichen Empfehlung von Tesfa als Nachmieter keine Person in der Wohnung haben wollte, die durch Sozialleistungen ihr Gehalt aufstockt, obwohl die Wohnung bezahlbar gewesen wäre.

Zusätzlich beginnt Tesfas Widerrufsprüfung. In dieser wird nach drei Jahren überprüft, ob der Schutzstatus abgeändert oder auch widerrufen wird. Dabei wird Tesfa vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgefordert, bei der Überprüfung seiner Identität mitzuwirken und zur eritreischen Botschaft zu gehen – „bring eine Bestätigung, dass du Eritreer bist, mit einem Stempel von dort, haben sie gesagt“.[7] Um die Leistungen der Botschaft in Anspruch zu nehmen, müssen Geflüchtete allerdings bei dieser ein Reueformular über die Flucht aus dem Nationaldienst unterschreiben und für den seitdem vergangenen Zeitraum eine zweiprozentige Diasporasteuer nachzahlen.[8] Tesfa sieht sich so mit einer Steuernachzahlung von mehreren Tausend Euro konfrontiert, die er nicht hat. Ohne die Nachzahlung und ohne den Erhalt seiner Passbestätigung ist allerdings sein Aufenthaltsstatus gefährdet, von dem seine Teilhabe an Arbeit und Bildung und seine Autonomie in Deutschland abhängen. Er sieht sich in einer Zwickmühle gefangen, in der er kaum noch Möglichkeiten hat, sein Leben zu bewältigen.

Wie verletzbar er in dieser Situation im Ankunfts- und Asylregime ist und mit welchem Schaden diese verbunden sein kann, scheint Tesfa bewusst zu sein, was er argumentativ bearbeitet:

„Dein Körper platzt irgendwann. Das Problem ist, was machst du, damit du nicht platzt. Es gibt viele, die geplatzt sind und auf der Straße schlafen. Sie essen wochenlang nichts. Waschen sich jahrelang nicht. Du musst verrückt werden. Bei dieser Kälte, auch wenn du zu Hause bist, wenn du zwei Tage nichts isst, rutscht dein Gehirn in deine Füße. Du weißt nicht, was du machst und wohin du gehst. Es gibt eins, zwei, drei oder vier, wenn ich sie treffe, sie sind meine Geschwister. Ich kenne sie. Ich nehme Sie mit nach Hause, ich dusche sie, gebe ihnen ihre Kleidung und gebe ihnen Essen. Auch die, die GEH gesagt haben. Aber wie lange soll ich das machen. Bald bin ich wie sie.“

Tesfa scheint an seiner Belastungsgrenze angekommen zu sein und davon auszugehen, dass, wenn diese überschritten ist, es kein Zurück mehr in einen ‚normalen‘ Alltag gibt – „du platzt“. Vor dem Hintergrund dieser Verletzbarkeit kümmert er sich zur gleichen Zeit solidarisch um andere Geflüchtete, die die Lebensverhältnisse nicht mehr ausgehalten haben. Dabei zeigt sich das Leben für Geflüchtete in Deutschland allgemein mit starkem Druck, Restriktionen bei Bildung, Arbeit und Wohnen und einer schlechten mentalen Gesundheit verbunden (Scherr & Breit 2021; Metzing et al. 2020; Dähnke et al. 2018). Wie weit Tesfa Fürsorge reicht, wird daran deutlich, dass er auch diejenigen unterstützt, die seine Hilfe ursprünglich ablehnen. Kittay (1999: 34) führt aus, dass auch solche Handlungen als fürsorglich verstanden werden können, wenn im Interesse einer anderen Person moralisch legitim und ohne die Reproduktion von Dominanzverhältnissen gehandelt wird.

Die Solidarität mit anderen rahmt Tesfa häufig als moralische Verpflichtung im familiären Sinne. Man müsse auch, oder insbesondere dann, Verantwortung für andere tragen, wenn diese schutzlos sind – „aber du trägst ihn [deinen alkoholkranken Mitbewohner]. Wohin willst du ihn wegwerfen, es ist dein Bruder. Unsere Eltern sind ja nicht da, da müssen wir gegenseitig unsere Eltern sein“. In der situationalen Verletzbarkeit transformiert sich Tesfas Beziehung zum Mitbewohner und zu anderen Geflüchteten von einem unverbundenen Verhältnis zu einer Beziehung, die von gegenseitigem Respekt, Solidarität und Verantwortung geprägt ist (Chatters et al. 1994: 297). Dies ist bereits bei seiner Unterstützung von Selassie sichtbar, wird aber erst über die Flucht bis zum Ankommen zur biographischen Konstante. Allgemein spielen fürsorgliche und solidarische Beziehungen in diasporischen Verhältnissen eine wichtige Rolle, da diese von rassistischen Ausschlüssen und der Zersetzung von familiären Strukturen durch postkolonial-nationalstaatliche Machtverhältnisse geprägt sind (Adair 2019: 2).

6 „Man hat Angst, man will nicht mehr“ – John

John kommt Mitte der 1990er-Jahre in einer größeren Handelsstadt zur Welt. Seine Eltern sind ehemalige Kämpfer:innen bei der Eritreischen Volksbefreiungsfront. Nach der Unabhängigkeit wechselt seine Mutter in den zivilen Bereich, sein Vater bleibt im Militär. Dieser ist in Johns Kindheit größtenteils abwesend, da er nur alle ein bis zwei Jahre für kurze Zeit vom Militär freigestellt wird, um seine Familie zu besuchen. Johns Mutter kümmert sich währenddessen um den Haushalt und arbeitet nebenbei. Im Alter von zwölf Jahren beginnt auch John zu arbeiten, da seine Mutter zwischenzeitlich drei weitere Kinder geboren hat und er der älteste Sohn ist. Johns Arbeit ist zunächst an den Familienbedürfnissen orientiert, wird aber für ihn zum Selbstzweck, vor dessen Hintergrund er die Schule stark vernachlässigt.

Nach der Flucht seines Vaters aus dem Militär und kurz vor seinem eigenen achtzehnten Geburtstag wird ihm bewusst, dass er bald eingezogen wird und sein bisheriges Erwerbsleben nicht weiterführen kann. Damit verbunden beginnt er, die staatlichen Repressionen um ihn herum zu realisieren – „man denkt, was ist das hier ((schlucken))“. Er gerät zum Beispiel mit einer Reisegruppe in eine Sicherheitskontrolle, bei der eine Person dienstflüchtig ist und wegrennt. John wird in Zuge dessen in Kollektivhaft genommen und verprügelt. Entlang der Wahrnehmung der Verletzbarkeit im Nationaldienst beschließt er, mit seinem besten Freund das Land zu verlassen. Dies geschieht undokumentiert, da es den Nachweis über den Abschluss oder die Freistellung vom Nationaldienst für ein Ausreisevisum braucht (EASO 2015: 52 ff.). Die Überquerung der Grenze von Eritrea nach Äthiopien verläuft für die beiden jungen Männer relativ problemlos.

Die Anfangszeit in Äthiopien ist für John mit der Möglichkeit verbunden, abseits von der Kontrolle seiner Mutter und von Arbeitsverpflichtungen, männlich-adoleszentes Risikoverhalten (Meuser 2005) auszuüben. In einer Kleinstadt betrinkt er sich mit Freunden, zieht um die Häuser, macht sich über Anwohner:innen lustig und entdeckt Freude an körperlicher Gewalt – „als ich von zu Hause kam oder frisch war damals, war ich sehr begeistert von Schlägereien. Und das ((lacht)) habe ich gerne gemacht“. In einem Schlepperlager überfällt er beispielsweise mit seinem besten Freund einen jungen Mann – der „so nervig“ war – als dieser im Wald auf die Toilette geht: „Dann haben wir ihn dort verprügelt, ihn geschlagen, zu zweit. Ich und mein bester Freund“. Während die Gewalt hier mit Freude verbunden ist, mobilisiert er sie im Verlauf des Transits auch in Situationen der Verletzbarkeit, um ohne finanzielle Mittel und in Phasen des Hungerns Essen von anderen Geschleppten zu erpressen.

In Äthiopien ist für John der Transit aber zunächst von einem Gefühl der Unverletzbarkeit begleitet – „man hat nie Angst. Vor niemanden“. Die Mobilität ist in diesem Abschnitt zumeist von ehemaligen Geflüchteten organisiert, was einem Flüchtlingsschutz von unten gleichkommt (Mengiste 2018). Dies beginnt sich mit dem Weg in den Sudan zu ändern, als John erstmals sudanesischen Schleppern begegnet: „[Wir] hatten das erste Mal Gefühl, dass wir nicht wie die anderen Leute im Land sind“. So zeigt sich, wie mit dem Übertritt in den Sudan vermehrt Schlepper mit Verletzungsabsichten an der Mobilität beteiligt sind (Ati 2017: 38 f.). Von diesen kann ein vielfältiges Arsenal an gewaltvollen Mitteln eingesetzt werden, um bei Geschleppten einen Zustand der Hilflosigkeit zu erzeugen, eigene Risiken zu regulieren und Profite zu maximieren (Watt & Kruger 2019).

Von den Schleppern wird John mit zwanzig anderen Geschleppten auf die Ladefläche eines Pick-ups geladen. Diese drohen immer wieder, sie in der Wüste zurückzulassen, und schlagen einzelne Geschleppte. Es entsteht eine Atmosphäre der Angst. John und seine Freunde versuchen, jede Stimmungsschwankung der Schlepper zu erahnen, um keine Gewalt zu erfahren. In der Nacht spitzt sich die Situation zu, als sie von einem anderen Pick-up-Truck verfolgt werden, in dem andere Schlepper sitzen, die sie entführen wollen. Johns Gefühl der Bedrohung wird existentiell – „man hat Angst, man will nicht mehr“. Am Morgen holt sie der verfolgende Pick-up-Truck ein. Dessen Schlepper wollen zwei von Johns Freunden entführen. Als das Leben seiner Freunde auf dem Spiel steht, kommt es zur körperlichen Auseinandersetzung zwischen den Entführern, John und seinen Freunden – „aber trotzdem sind sie am Ende durch die Schlägerei von uns weg“. Im Transit mit den Schleppern zeigt sich die situationale Verletzbarkeit von John. Durch die Schlepper erlebt er immer wieder Gewalt, fordert manchmal ihre Dominanz bewusst heraus oder wendet auch Gewalt gegen andere an, um selbst weniger leiden zu müssen.

Khartum, die Hauptstadt Sudans, erreicht John nach sechs Wochen Reise, davon vier Wochen in Gefangenschaft in einem Schlepperlager. Das Leben in Khartum ist für John nach einer Geldsendung seines Vaters zunächst angenehm. Er geht mit Freunden in Cafés und lernt auch eine junge Frau kennen, mit der er zusammenkommt. Nachdem John das Geld seines Vaters ausgegeben hat, stellt dieser die Geldsendungen ein – „er sagte: Hey, fang mal deinen Arsch selbst auf“. John sollte das Geld eigentlich in sein Fortkommen investieren. Er ist nun darauf angewiesen, auf dem durch ethnische, nationale, religiöse und geschlechtliche Strukturen geprägten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Dies ist insbesondere für undokumentierte eritreische Geflüchtete wie John schwierig, da es kaum Zugang zu gut bezahlter oder sicherer Arbeit mit Schutz vor Gewalt und Diskriminierung gibt (Treiber 2017: 110).

John findet sich auf einem Sammelplatz für Tagelöhner wieder, an dem fast ausschließlich Männer für Bauarbeiten angeworben werden (Treiber 2017: 105). Aufgrund normativer Vorstellungen, die arbeitsfähige Körper in der Handwerksarbeit als groß und muskulös idealisieren, wird er wegen seines jungen Alters und seiner schmalen Statur selten mitgenommen. Im Gespräch mit Kollegen und Arbeitgebern wird er dabei immer wieder vor seiner situationalen Verletzbarkeit als Tagelöhner gewarnt: „Die Sudanesen sind verrückt. Die werden dich vergewaltigen. Das hat man mir einfach oft gesagt. Aber ich habe das als Beleidigung gesehen, nicht als Empfehlung oder Rat. Das habe ich nicht angenommen und dachte, scheiße, sehe ich nicht männlich aus, oder was? Was sagen die von mir“.

Den Hinweis auf seine Verletzbarkeit empfindet John als Affront gegenüber seiner Vorstellung, dass ‚richtige‘ Männer nicht Opfer sexualisierter Gewalt werden. Sie brauchen keine Warnung und sind dominant genug, um solche Situationen zu unterbinden oder nicht aufkommen zu lassen (Javaid 2014: 287 ff.). Dies kann auch in Bezug auf sein Aufwachsen in einem Kontext verstanden werden, in dem „Männlichkeit bedeutet, niemals verletzbar zu sein, sondern hart zu handeln und zu gewinnen, weniger über sich preiszugeben als Frauen und keine Emotionen zu zeigen, die ihr männliches Image mindern“ (Medhin 2002: 59, Übers. d. Verf.). Das Abstreiten seiner Verletzbarkeit wird für ihn noch zum zusätzlichen Risiko, verletzt zu werden.

John wird immer wieder gewarnt, nicht allein arbeiten zu gehen. Das vergisst er aber eines Morgens, da er bereits mehrere Male nicht zum Arbeiten mitgenommen wurde und Druck hat, Geld zum Überleben zu verdienen. Ein Arbeitgeber wählt ihn so als Einzigen aus der Menge an Tagelöhnern aus und fährt ihn zu einer entfernten Baustelle. Während am ersten Tag noch alles sicher ist, ändert sich dies am zweiten Tag: „Ich habe auch irgendwie gemerkt, da stimmt was nicht. Und er kommt mir immer näher an meinen Arsch und ich habe das gemerkt und gefragt, hallo, was machst du? Und er meinte, äh, nichts, […] und langsam habe ich gemerkt, also wie seine Hose oder sein Schwanz an mir hier liegt“. Johns Arbeitgeber versucht mehrmals, sexualisierte Gewalt ihm gegenüber auszuüben. Erst nach dem zweiten Versuch wird John bewusst, was geschieht. Er rennt aufgelöst davon. Auf der Baustelle trifft er andere Arbeiter. Anstatt John zu helfen, zeigen sich diese als stille Mitwisser der sexualisierten Gewalt.

Die Arbeit auf der Baustelle bricht John zunächst ab. Er trifft nach einiger Zeit allerdings einen anderen Jungen, der dort ebenfalls einen Übergriff erlebt hat. Dieser bewertet die finanzielle Not als schwerwiegender als das Risiko, einen erneuten Übergriff zu erleben: „Hauptsache, du verdienst dein Geld“. Aus der finanziellen Not heraus fahren die jungen Männer gemeinsam zur Baustelle, in der Hoffnung, zu zweit geschützt zu sein. Sie täuschen sich allerdings. Es kommt wieder zu einem Übergriff. Diesmal gibt John die Arbeit als Tagelöhner endgültig auf. Durch etwas Glück findet er eine Anstellung in einer Werkstatt, bei der er genug Geld ansparen kann, um seinen Weg durch die Wüste zum Mittelmeer zu finanzieren.

Auf dem Weg von Khartum durch die Wüste nach Libyen und Europa ist das Erleben von körperlichen Misshandlungen und Folter eine fast universelle Erfahrung. Viele Geschleppte bekommen auch mit, wie andere vor ihren Augen sterben (WRC 2019: 16). Die situationale Verletzbarkeit hängt sowohl mit innenpolitischen Konflikten im Sudan und in Libyen als auch mit nationalen und europäischen Politiken zur Einschränkung von undokumentierter Mobilität zusammen. So ist die Mobilität meist nur durch wenige, hoch und stark hierarchisch organisierte Schleppergruppen mit marktbeherrschender Stellung organisiert (Stern 2015; UNHCR 2019). In diesem Kontext haben Geflüchtete kaum die Möglichkeit, sich an der Reputation von Schleppern zu orientieren. Das einzige Selektionskriterium ist, überhaupt geschleppt zu werden. Die Reise durch Libyen gleicht einer kontinuierlichen Gefangenschaft (Ahmed 2018: 23).

Diese Umstände gelten auch für John. Er kommt von einer Gefangenschaft in die nächste. In einem Lager muss er Lösegeld zahlen, was er aber nicht kann. Weder hat er die finanziellen Ressourcen, noch erkennt seine Mutter am Telefon seine Stimme, welche die Zahlung veranlassen könnte. Während seiner Gefangenschaft leidet er an mit Benzin versetztem Trinkwasser und Lebensmittelknappheit. Nach kurzer Zeit im Lager gehen die Schlepper dazu über, jeden Abend Geschleppte zu foltern, die noch nicht gezahlt haben. In diesen extrem asymmetrischen Machtverhältnissen macht John die Erfahrung der „Vergegenständlichung“ (Sofsky 1996: 92). Aus der situationalen Verletzbarkeit entwickelt sich zwischen John und den anderen Gefolterten eine solidarische Leidensgemeinschaft. Sie kümmern sich umeinander und teilen vorhandene Lebensmittel. Nach vier Monaten schafft es John, seine Familie telefonisch von seiner Identität zu überzeugen. Diese veranlasst die Geldzahlung. Stark abgemagert und geschwächt verlässt John das Lager.

Die situationale Verletzbarkeit im Transit durch den Sudan, Libyen und über das Mittelmeer hängt insbesondere mit der Gewaltausübung von Schleppern zusammen. Die Gewalt kann allerdings auch von anderen Geschleppten ausgehen. Die Zurschaustellung von Stärke und die Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, können zur Ressource werden, um sich weiteres Leiden und das Erleben von Gewalt zu ersparen, was John reflektiert:

„Je mehr du in Libyen lebst, desto unmenschlicher bist du. Also die Gewissenhaftigkeit oder die Höflichkeit, alles wirst du langsam verlieren, weil das so die Mentalität ist, die man dir dort beibringt. Jeder kommt und darf dich schlagen und jeder kommt und darf eine Frau aussuchen und mitnehmen, ja? Je-, dort, es gibt dort nur und so (…) so nicht und das äh, dort, dort geht das, und das ich stark. Wenn du stark genug bist oder irgendwas gemacht hast, dann, h- hast du erledigt.“

Bereits über die Erfahrung der Vergegenständlichung zu sprechen, bringt John ins Stocken. Er bricht Wörter und Sätze ab und schafft es kaum, die Befreiung aus der Ohnmacht zu skizzieren. Es wird deutlich, wie schwer es ihm fällt, in diesem Kontext noch Handlungsfähigkeit auszudrücken. Stärke zu demonstrieren, erscheint als einziges Mittel, weiteren Misshandlungen zu entgehen.

Über das Mittelmeer reist John nach Italien und Deutschland. Die ersten beiden Monate im Erstaufnahmelager in Deutschland sind für ihn eine Zeit voller Freude: „Ich hatte dort so viel Spaß gehabt“. Er kann sich von den Strapazen des Transits erholen, unternimmt Freizeitaktivitäten und hat mit der Grundleistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eine finanzielle Sicherheit. Gleichzeitig ändert sich seine Einstellung zur Berufsarbeit, die früher zentral für ihn war. Nicht mehr die unmittelbare Erwerbsarbeit ist sein Ziel, sondern das Nachholen seines Hauptschulabschlusses. Nach ein paar Sprachkursen beginnt er, die Hauptschule zu besuchen. Ein Monat vergeht dann, bis er erfährt:

„Meine Schwester war irgendwo im Sudan gefangen und musste Geld zahlen. Und in dem Moment habe ich jemanden gefunden, von dem ich das Geld leihen konnte. Aber er meinte auch, dass ich arbeiten muss, um das Geld schnell zurückzugeben. Sonst würde er mir das Geld nicht geben. […] Und ich möchte die Chance nutzen, weil ich weiß, wie das im Lager ist und so was. […] Und am Anfang war meine deutsche Lehrerin sehr sauer auf mich. Und ich weiß, vielleicht hat sie dafür kein Verständnis, weil sie es nicht selbst gesehen hat. Aber ich weiß, wie es ist, und immer geht meine Schwester vor, wenn sie denn äh, ich habe viele gesehen, die vor mir gestorben sind und irgendwas“.

Wegen des Wissens um die situationale Verletzbarkeit im Transit entscheidet sich John, die Hauptschule zu unterbrechen und seine Schwester durch die Zahlung des Lösegeldes zu unterstützen, damit sie weiterreisen kann. Dabei setzt er sich auch über die Vorstellungen seiner deutschen Lehrerin hinweg. Das Wissen um die Verletzbarkeit führt er als Argument an, mit dem seine Entscheidung gegen die Schule und für die Arbeit nachvollziehbar wird. Nachdem John ein Jahr gearbeitet hat, um das Geld zurückzuzahlen, setzt er seinen Schulbesuch schließlich fort.

7 Zusammenführung des Verhältnisses von Männern, Flucht und Verletzbarkeit

Werden die Biographien von John und Tesfa über den biographischen Verlauf betrachtet, zeigen sich vier Lebenskontexte, die als situationale Verletzbarkeiten verstanden werden können.

Den ersten Kontext stellt der eritreische Nationaldienst dar, der für Männer fast unausweichlich und theoretisch unbegrenzt ist. Im Nationaldienst kristallisiert sich die Hegemonie der Regierungspartei People’s Front for Democracy and Justice. Diese durchzieht fast alle Lebensbereiche (Woldemikael 2009: 11) und bringt einen staatlichen Zugriff auf das Leben der Männer mit sich, der von der Vorstellung von Männern als Soldaten und Verteidigern des Nationalstaates geprägt ist (Bernal 2000). Der zweite Kontext wird im Transit in der Mobilität durch den Sudan, Libyen und über das Mittelmeer sichtbar. Möglichkeiten für sichere Mobilität, gerade bei wenig finanziellen Ressourcen, sind kaum existent und die existierenden sind von existentieller und fast unvermeidbarer Gewalt geprägt.

Der dritte Kontext zeigt sich beim Leben im Transit. Dies wurde für John in Khartum besprochen, es wird allerdings auch beim Leben in Addis Abeba und in verschiedenen Flüchtlingslagern sichtbar. Deshalb wird es kurz vertieft. In Städten wie Addis Abeba ist undokumentiertes Leben meist nur verdeckt und unter größter Anstrengung möglich. Insbesondere mit den religiös-national-ethnisch und geschlechtlich strukturierten Arbeitsmärkten sind Gefahren verbunden (Treiber 2017: 76 ff.). Eine langfristige Lebensperspektive lässt sich nur schwer entwickeln. In Flüchtlingslagern ist ein dokumentierter Aufenthalt zwar möglich, diese bieten aber kaum Chancen für Arbeit, Bildung und zur lokalen Integration (Mudawi 2019: 153 ff.). Hygienische Umstände können gesundheitsgefährdend sein (Melicherová 2018) und bürokratische Prozesse zur Umsiedlung dauern lange und gehen selten in Erfüllung (Hepner 2015: 198). Als vierter Kontext erscheint das Ankommens- und Asylregime in Deutschland. Durch asylrechtliche Restriktionen, behördliche und bürokratische Praxen sowie geringe Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Wohnmöglichkeiten ist es nur schwer möglich, ein unverletztes Leben zu führen.

Diese situationalen Verletzbarkeiten entfalten im Leben der Männer unterschiedliche Wirkungen. Insbesondere zeigte sich, wie die Männer verletzt werden und Leid ertragen oder auch die jeweiligen Lebensumstände verlassen. Dies überrascht zunächst wenig, da sich das Leben im Kontext von Flucht in der Regel durch Erfahrungen von Verletzung und Leid auszeichnet (Block et al. 2014), wobei dies Folge von absichtlich körperlicher als auch struktureller Gewalt sein kann. Die situationalen Verletzbarkeiten gehen aber auch damit einher, dass sich die Biographen mit anderen Geflüchteten solidarisieren und fürsorgliche Beziehungen eingehen, Gewalt anwenden, um potentielle Verletzungen abzuwenden, oder Vorteile aus der Verletzbarkeit ziehen, was nochmal näher beleuchtet werden soll.

Bei John und Tesfa zeigen sich solidarische und fürsorgliche Beziehungen im Rahmen der situationalen Verletzbarkeit. Sie werden ferner bei Tesfa zur biographischen Konstante. Sei es bei der Unterstützung von Selassie, im Transit – was hier nicht weiter expliziert wurde – beim Aufbegehren gegen die Vergewaltigung einer jungen Frau, der Versorgung von anderen Geflüchteten mit Wasser und Nahrung oder beim Ankommen, als er Geflüchtete versorgt, die die restriktiven Lebensbedingungen nicht mehr bewältigen konnten: „Vulnerability can have positive manifestations and value, enabling the development of empathy, compassion, and community“ (Gilson 2014: 8). Welches Potential diese Beziehungen haben können, zeigt sich im Transit zwischen Eritrea und Äthiopien bis zur Grenze zum Sudan, in dem Geflüchtete selbst einen „Flüchtlingsschutz von unten“ (Mengiste 2018, Übers. d. Verf.) leisten und sich auf der gefährlichen Reise unterstützen.

Gleichzeitig darf diese Wirkung von Verletzbarkeit nicht „romantisiert“ (Teixeira 2022: 11, Übers. d. Verf.) werden. So warnt Murphy: „There is nothing prescriptive – or necessarily normative – in the acknowledgment that we are dispossessed and vulnerable before others. If dispossession enables care, love, and generosity, it equally enables abuse, intimidation, and violence“ (Murphy 2012: 73). Verletzbarkeit kann ebenso von der Inanspruchnahme von Stärke und Gewalt begleitet sein. Diese können als legitim erscheinen, wie bei der Rettung von Johns Freunden vor den Entführern. So dienen sie dem Schutz vor der Gewalt durch andere Männer (Bereswill 2008: 2557; Levell 2022). Sie können aber auch ambivalenter daherkommen, wenn zum Beispiel John aufgrund seines Hungers andere Geschleppte für Essen erpresst, oder negativ, wenn Tesfa die Angst der Zivilbevölkerung vor dem Einzug in den Nationaldienst zu seinen Gunsten ausnutzt. So wird sich gegen Personen gerichtet, die keine Gefahr darstellen (Kaufman 2001), und eine komplizenhafte Position oder aktive Rolle bei der Reproduktion sozialer Ungleichheitsverhältnisse eingenommen.

8 Fazit und Diskussion

In Gesellschaft, Politik und Flüchtlingsschutz werden geflüchtete Männer selten als verletzbar wahrgenommen. In der Forschung taucht ihre Verletzbarkeit als Schlagwort auf, allerdings bleibt diese in der Regel unterbestimmt oder die Verwendung des Konzeptes wird abgelehnt, um nicht Vorstellungen aus dem Flüchtlingsschutz über Verletzbarkeit zu reproduzieren. Um dieser Lücke produktiv zu begegnen, wurde in diesem Artikel Verletzbarkeit mit Gilson (2014) einerseits als universelle Kondition des menschlichen Seins (ontologische Verletzbarkeit) verstanden, andererseits aber ihre spezifische Ausformung in gesellschaftlichen Verhältnissen (situationale Verletzbarkeit) berücksichtigt. Ein Blick in die Biographien von zwei aus Eritrea nach Deutschland geflüchteten Männern verdeutlichte die situationalen Verletzbarkeiten, die die Männer beim Leben im eritreischen Nationaldienst, im Transit und im deutschen Asyl- und Ankommensregime erfahren.

Die aufgezeigten situationalen Verletzbarkeiten sind zeit- und kontextspezifisch (Butler 2004: 20; Fineman 2008: 23; Mackenzie et al. 2014: 7). Dies gilt insbesondere im Kontext von Flucht, da global betrachtet Ursachen, Rahmenbedingungen, Temporalitäten, Routen und Motive von Flucht wie auch Lebensumstände im Ankunftskontext deutlich variieren können (UNHCR 2020). Sie beziehen sich in diesem Artikel auf die Realitäten von heterosexuellen Männern, die um den „langen Sommer der Migration“ (Kasparek & Speer 2015) von Eritrea nach Deutschland geflohen sind und zum Zeitpunkt der Interviews erst wenige Jahre in Deutschland gelebt haben. Ihre situationalen Verletzbarkeiten überschneiden sich in Teilen mit denen von Frauen und nicht-binären Geflüchteten durch autoritative Staatsansprüche, die Unterdrückung von globaler Mobilität oder durch fluchtfeindliche Ankunftspolitiken (Farrokhzad et al. 2022; Falch 2020). Gleichzeitig haben sie aber auch eine geschlechtsspezifische Dimension, beispielsweise im eritreischen Nationaldienst.

Mit der Berücksichtigung der Ambivalenz von Verletzbarkeit (Gilson 2014) wurde sichtbar, wie die situationalen Verletzbarkeiten für die geflüchteten Männer insbesondere mit Verletzungen und Erfahrungen von Leid verbunden waren, diese aber auch bei den Männern zu fürsorglichen und solidarischen Beziehungen geführt haben, was teils zu einer biographischen Konstante wurde. Mit dieser Erkenntnis kann an Debatten über Caring Masculinities (Scholz & Heilmann 2019; Dinges 2020) angeschlossen werden, in denen es um die „Ablehnung von Dominanz und die Integration von Werten der Fürsorge, wie positive Emotionen, gegenseitige Abhängigkeit und Beziehungsorientierung, in männliche Identitäten“ (Elliott 2016: 241, Übers. d. Verf.) geht. Diese Fürsorge der geflüchteten Männer in Relation zur situationalen Verletzbarkeit könnte zwar im Sinne von Emergent Masculinities (Inhorn 2012) als zufälliges Phänomen beschrieben werden, allerdings wurde in den Biographien deutlich, wie diese in einem engen Verhältnis zu asymmetrischen Machtverhältnissen und diasporischen Lebensbedingungen steht, die die Männer im Kontext von Flucht erleben. Ihre Untersuchung steht allerdings bisher noch in ihren Anfängen (Turner 2021: 10).

Des Weiteren wurde im Sinne der Ambivalenz der Verletzbarkeit nachvollziehbar, wie geflüchtete Männer im Kontext von situationalen Verletzbarkeiten auf Stärke und Gewalt zurückgreifen. Wie Gewalt aus Verletzbarkeit entsteht, wird zwar immer wieder angerissen (Teixeira 2022; Murphy 2012), allerdings selten ausführlich thematisiert. So beziehen sich insbesondere jüngere Arbeiten auf die Verbindung von Verletzbarkeit, Solidarität und Fürsorge, wodurch die Verbindung zu Gewalt vernachlässigt wird (Browne et al. 2021: 12). Dabei wurde in den Biographien der Männer sichtbar, wie eng die Wahrnehmung von Verletzbarkeit mit dem Ausüben oder der Androhung von Gewalt verbunden ist und die Männer Teil der sozialen Welt sind, die situationale Verletzbarkeiten hervorbringt.

Letztendlich wurde über den Artikel die Verletzbarkeit geflüchteter Männer deutlich, die bei Männern oft übersehen wird (Lenz 2012, 2007). Anstatt die Verletzbarkeit lediglich als Eigenschaft der Männer zu begreifen, wurde sie auch als Produkt der sozialen Verhältnisse verstanden, in denen die Männer leben. Damit rückt der Blick von Forderungen ab, Männer als soziale Gruppe in die Nomenklatur der Verletzbarkeit im Flüchtlingsschutz aufzunehmen und zu weiteren Verteilungskämpfen beizutragen. Stattdessen wird die Diskussion angeregt, über den Beitrag von gesellschaftlichen Politiken, Institutionen, Strukturen und Machtverhältnissen zur situationalen Ausformung von Verletzbarkeit nachzudenken und darüber, welche Wege es gibt, diese für ein besseres Zusammenleben und im Sinne einer gerechteren Gesellschaft umzugestalten (Fineman 2008). Zur Ergründung dieser Wege erscheint es sinnvoll, die Wirkung von Verletzbarkeit nicht nur im Erleben von Leid zu sehen und damit vorschnell in paternalistische Schutzreflexe zu verfallen. So trägt auch der Umgang mit Verletzbarkeit dazu bei, ob soziale Beziehungen gewaltvoll oder fürsorglich und solidarisch bestritten werden und ob sich situationale Verletzbarkeiten reproduzieren.

Über den Autor / die Autorin

Matthias Schneider

Matthias Schneider, Studium der Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Universität Kopenhagen. Promotion an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Akademischer Mitarbeiter erst an der Universität Potsdam und dann der FU Berlin.

Forschungsschwerpunkte: Soziologische Geschlechter- und Diversitätsforschung; Organisations- und Rechtssoziologie; Flucht- und Migrationsforschung; Qualitative Sozialforschung und Biographieforschung.

Wichtigste Publikationen: Schneider, M., 2023: Männlichkeit und Flucht. Biographische Perspektiven auf die Lebensgeschichten aus Eritrea geflüchteter Männer. Wiesbaden: Springer VS; Schneider, M., 2021: Marginalisiert Flucht Männlichkeit? Lebensgeschichtliche (Re-)Konstruktionen von Männlichkeit im Kontext der Flucht aus Eritrea. Zeitschrift für Flüchtlingsforschung 5: 77–108.

Danksagung

Ich möchte mich bei den Herausgeber:innen und den anonymen Reviewer:innen bedanken. Ihre Hinweise und Anregungen haben wesentlich zur Überarbeitung beigetragen und den Artikel in seiner jetzigen Form erst ermöglicht.

  1. Drittmittelgeber: Studienstiftung des Deutschen Volkes

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Data Note

Interviewpartner[9]

Jahr

Interviewanzahl

Interviewführung

Interviewlänge

(hr:min:sec)

Interviewsprache

Sam

2018

1

Autor

01:17:45

Englisch

Semere

2018

1

Autor

01:34:05

Deutsch

Temisgen

2018

2

Autor

02:12:49

01:56:19

Englisch

Englisch

Tesfa

2018

1

Autor

01:38:54

Deutsch

Bereket

2018

1

Autor

01:19:59

Deutsch

Jonas

2018

1

Simultandolmetscher:in

01:49:01

Tigrinisch

Mechie

2018

1

Autor

03:17:09

Deutsch

Kibreab

2019

1

Autor

01:23:38

Deutsch

Aaron

2019

1

Autor

01:55:12

Deutsch

Yakob

2019

1

Autor

01:29:36

Englisch

John

2019

1

Autor

04:54:18

Deutsch

Tesfa

2020

2

Studentische Hilfskraft

04:05:31

01:59:31

Tigrinisch

Tigrinisch

Nahom

2020

1

Autor

01:17:57

Deutsch

Nachnutzungsmöglichkeiten

Die Daten werden von dem Autor lokal aufbewahrt und gesichert. Ein zentraler und öffentlicher Zugang durch Dritte ist nicht vorhanden. Im Kontext des polarisierten Diskurses um Flucht, den Bedürfnissen von Asylinstitutionen und auch der Polarisierung der eritreischen Diaspora wurde den Interviewpartnern ein vertraulicher Umgang mit den Daten zugesichert. In der Einverständniserklärung zu den Interviews wurde festgehalten, dass Teile der Transkripte in anonymisierter Fassung nur in Forschungskolloquien zur Analyse besprochen werden. Ferner wurde festgehalten, dass in Veröffentlichungen nur Ausschnitte zitiert werden und gegenüber Dritten sichergestellt wird, dass sich kein Gesamtzusammenhang der Erzählungen ergibt, mit dem Rückschlüsse auf die Person gezogen werden können. Insofern ist eine Nachnutzung der Daten nicht möglich. Es können jedoch im Einzelfall zu bestimmten biographischen Situationen anonymisierte Auszüge angefragt werden, um einzelne Interpretationen nachzuprüfen, welche allerdings nur einen geringen Textumfang aufweisen dürfen.

Online erschienen: 2025-02-05
Erschienen im Druck: 2025-02-28

© 2025 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 1.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2025-2003/html
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