Home Verletzbarkeit und Verletzung erfahren
Article Open Access

Verletzbarkeit und Verletzung erfahren

Ein konzeptueller Beitrag zur qualitativen Forschung zu Verletzungserfahrungen Anderer
  • Claudia Peter

    Claudia Peter, Soziologin. 2014–2019 Professur für Soziologie mit Schwerpunkt Qualitative Methoden an der Goethe-Universität Frankfurt.

    Arbeitsschwerpunkte: Vulnerabilitätsforschung; Affektforschung; Phänomenologie. Methodische Ausrichtung: Sozialforschung im Modus der Zeugenschaft; Sensitive Research.

    EMAIL logo
    and Marc Strotmann

    Marc Strotmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Hamburg.

    Forschungsschwerpunkte: Wissenschaftssoziologie; STS; Affektforschung; Qualitative Methoden insb. Ethnografie.

Published/Copyright: February 20, 2025
Become an author with De Gruyter Brill

Zusammenfassung

In diesem Beitrag schlagen wir für die Debatte um Vulnerabilität mehrere begriffliche Unterscheidungen vor: die Perspektive der Zuschreibung und die der Erfahrung; der Unterschied zwischen Verletzung und Verletzbarkeit und – bezüglich der Zuschreibung – die Selbst- und Fremdzuschreibung. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die Erfahrungsperspektive. Ausgehend von unserer empirischen Forschung argumentieren wir dafür, dass die Beschreibung von Verletzungserfahrungen bei den betroffenen Subjekten anzusetzen hat. Wie artikulieren die Betroffenen, was ihnen widerfahren ist? Was ist die Spezifik dieser Artikulationen gegenüber anderen Erfahrungsartikulationen? Diese konzeptuellen Überlegungen schließen an alteritätstheoretische Ansätze und an die responsive Phänomenologie an. Mit der Erkenntnis, dass Verletzungsphänomene sich latent, also vermittels anderem, vermitteln, dass es relationale Geschehen sind und sie oft pathisch-affektiv und präkommunikativ ausgedrückt werden, wird es nötig, neue innovative method(olog)ische Herangehensweisen zu entwickeln.

Abstract

In this paper, we propose several conceptual differentiations for the debate on vulnerability: the perspective of attribution and that of experience; the difference between vulnerability (as potential; Verletzbarkeit) and the experience of vulnerability (Verletzung); and, with regard to attribution, self-attribution and external attribution. In the following, we focus on the perspective of experiencing vulnerability. Based on our empirical research, we argue that the description of the experience of vulnerability must begin with the affected subjects. How do those affected articulate what has happened to them? What is special about these expressions compared to other expressions of experiences? These conceptual considerations are linked to theories of alterity and responsive phenomenology. The realization that phenomena of vulnerability are latent, i.e. mediated by others, that they are relational events and often expressed pathically-affectively and pre-communicatively, makes it necessary to develop new innovative method(olog)ical approaches.

1 Einleitung

Vulnerabilität hat sich nicht erst seit der Corona-Pandemie zu einer aktuellen Schlüsselkategorie entwickelt (vgl. Coors 2022a; Huth & Thonhäuser 2020). Sie wird zumeist bei Personengruppen angewendet, die als besonders schutzbedürftig bzw. marginalisiert gelten, von Exklusion bedroht sind oder Opfer von Gewalt wurden. Vulnerabel zu sein, wird dabei i. d. R. mit der Annahme verminderter Autonomie und einer begrenzten Befähigung, die eigene körperliche und psychische Unversehrtheit aufrechtzuerhalten, verbunden. Die Bestimmung einer Schutzbedürftigkeit besonders verwundbarer Personengruppen und die Einordnung, wem das Vermögen zugeschrieben wird, autonome Entscheidungen treffen und für sich sprechen zu können, und wem nicht, erlauben Aufschluss darüber, in welchen gesellschaftlichen Bereichen und akademischen Feldern Vulnerabilität bislang als Kategorie wirkmächtig geworden ist: Karriere gemacht hat der Begriff zuerst in der Bioethik, dem Recht, der Psychologie und in der politischen Philosophie. Inzwischen scheint es aber, dass Aushandlungen dazu, wer oder was als vulnerabel gilt, nicht mehr an diese spezifischen Arenen gebunden sind. Sie sind Gegenstand kontroverser, teils erbitterter sozialer Auseinandersetzungen darüber, wer Opfer von unannehmbaren und/oder illegitimen Verletzungen geworden ist, wobei auch um die Anerkennung von deren Verursachung durch erlittene Gewalt, öffentliche Anfeindung oder des Verlusts von Status und Privilegien gestritten wird.

Die Aufmerksamkeit, die die Kategorie Vulnerabilität errungen hat, ist auch folgenreich für ihren derzeitigen Bedeutungsgehalt, um die Verletzbarkeit konkreter (Gruppen von) Akteur:innen zu erfassen, differenzierter zu beschreiben und deren Verletzungssituationen besser zu verstehen. So hat Lotter (2022) eine übergreifende Rhetorik der Vulnerabilität identifiziert, die ideologische Züge aufweise und drohe, neue Machtverhältnisse durchzusetzen, anstatt bestehende Herrschaftsverhältnisse zu problematisieren. In der rechtstheoretischen Studie von Rostalski (2024) ist von der Entwicklung einer „vulnerablen Gesellschaft“ die Rede, die einen Wertewandel ankündige, der zu individuellen Freiheiten potenziell in Spannung stehen würde. Solche Beobachtungen fügen sich in die aktuelle Stimmung, die sich gegen eine (zu) forcierte Sensibilisierung innerhalb gesellschaftlicher Debatten und Konflikte wendet (vgl. auch Flaßpöhler 2021). Vor dem Hintergrund dieser in sich kontroversen Einschätzungen und Bewertungen ist zu konstatieren, dass dem Begriff der Vulnerabilität selbst eine problematische Unschärfe innewohnt. Diese Unschärfe sedimentiert wiederum in die Debatten, welche Selbst- und Fremdzuschreibungen als vulnerabel als angemessen bewertet werden.

Was also ist Vulnerabilität? Was macht sie mit den Personen und Körpern, die sie erleben und/oder die sie beobachten? In unserem Beitrag plädieren wir dafür, zunächst Vulnerabilität als eigenständiges Phänomen genauer zu erfassen, um dann im zweiten Schritt zu soziologischer – v. a. qualitativ orientierter – Vulnerabilitätsforschung anzuregen, die neue (methodologische) Einsichten umsetzen muss, wenn sie sich für Verletzbarkeit sensibilisiert. Dazu schlagen wir zunächst einige terminologische Differenzierungen vor. Dem folgend werden wir nicht mehr von Vulnerabilität sprechen, sondern von Verletzbarkeit und Verletzung. Des Weiteren differenzieren wir zwischen der Perspektive der Zuschreibung und der der Erfahrung, die sich jeweils sowohl auf Verletzbarkeit wie auf Verletzung anwenden lassen. Wir unterscheiden zwei Zuschreibungsmodi, die Selbst- und die Fremdzuschreibung. Wenn wir hier von Vulnerabilität sprechen, soll dies lediglich der Überbegriff für alle differenzierten Terme sein. Anschließend möchten wir fragen, (i) wie Verletzungen in spezifischen Situationen erfahren werden, (ii) wie sie durch die von ihnen betroffenen Subjekte artikuliert werden können und (iii) ob und wie sie über diese Artikulationen für Andere erfahrbar sind. Schwerpunkt dieses Beitrags sind also Verletzungs- und Verletzbarkeitserfahrungen, für die vermittels der exemplarischen Analyse von zwei Fällen weiterführende konzeptuelle und erste methodologische Überlegungen dargelegt werden.

Wie artikulieren von (physischen, psychischen, sozialen) Verletzungen betroffene Subjekte, was ihnen widerfahren ist? Was ist die Spezifik dieser Artikulationen gegenüber anderen Erfahrungsartikulationen? Wie lassen sich Andere, auch Forschende, von diesen Artikulationen affizieren? In der Soziologie, speziell in der Gewaltsoziologie (Hartmann 2022), ist die Relevanz solcher Fragestellungen, sich der Erfahrung zuzuwenden und die spezifische Struktur von Verletzungserfahrungen genauer zu verstehen, schon formuliert worden. Bezüglich dieses Anliegens ist unsere These, dass Verletzungserfahrungen (wenn überhaupt) nur gebrochen und unabgeschlossen mitgeteilt werden können. Es gehört zu ihrer Spezifik, dass vertraute Sinnzusammenhänge mit ihnen entzogen werden, dass sie buchstäblich die Sprache nehmen und ein Nicht-mehr-Können (Huth 2025) zur Folge haben. Die Schwierigkeiten, von Verletzungserfahrungen zu sprechen, zu erzählen und zu zeugen, bedingen wiederum Fragen nach ihrer Erfahrbarkeit durch Andere – auch in der empirischen Sozialforschung. Indem wir Grundzüge der responsiven Phänomenologie (Waldenfels 1994, 2002, 2015) aufnehmen, explorieren wir, was für soziologische Beschreibungsmodelle sichtbar wird, wenn sie sich für Verletzungserfahrungen von Betroffenen sensibilisieren.

Wir gehen zunächst (2) auf die gegenwärtige thematische Konjunktur zur Vulnerabilität ein und differenzieren die verschiedenen Begriffe, Perspektiven und Phänomene. Mit zwei ethnografischen Beschreibungen (3) aus unserer Forschung im klinischen bzw. lebenswissenschaftlichen Kontext stellen wir dar, wie Verletzungserfahrungen Betroffener in der Empirie sichtbar werden und welche Herausforderungen für uns als Forschende im Verstehen-Wollen daraus erwachsen sind. Mit diesen Fallvignetten wollen wir für die Geschehen sensibilisieren, die sich zwischen Betroffenen, Professionellen und Forschenden entfalten und im Verstehen-Wollen einen Sinnentzug erfahren. Wir schließen dann (4) an konzeptionelle Überlegungen an und legen dar, dass Beschreibungen von Verletzungserfahrungen einer relationalen Konzeption bedürfen, die ein Angesprochensein des Selbst durch den Anderen als voraussetzungsreiche Sensibilisierung begreift. Zudem werden wir die komplexen Zeitlichkeitsstrukturen von Verletzungsgeschehen thematisieren. Im Anschluss an die Erläuterung dieser beiden Aspekte skizzieren wir, welche neuen method(olog)ischen Reaktionen in der qualitativen Forschung erforderlich sind. Wir möchten mit diesen Ausführungen einen Beitrag für eine theoretisch reflektierte, ethisch anspruchsvolle und methodisch innovative soziologische Vulnerabilitätsforschung anbieten.

2 Unterscheidungen: Zuschreibung und Erfahrung, Verletzbarkeit und Verletzung

Vulnerabilität zuzuschreiben, steht bisher im Vordergrund öffentlicher Debatten wie wissenschaftlicher Analysen. Dabei wird i. d. R. die gemachte (oder potentielle) Erfahrung vorausgesetzt. Es fehlt noch an Analysen, wie erstens Verletzungen konkret durch die Betroffenen erfahren werden, zweitens, ob sie durch Andere erfahrbar und inwieweit sie mitteilbar sind, sowie drittens, wie diese beiden Aspekte miteinander verschränkt sind. Führt eine sozial geteilte Aufmerksamkeit dafür, wie Subjekte etwas als Verletzung erfahren haben, zu einer Sensibilisierung für Verletzbarkeit, die wiederum Handlungs- und Wertorientierungen in spezifischen Situationen und Kontexten zu verändern vermag? Ist die Einsicht, dass und wie Menschen verletzbar sind, die Voraussetzung dafür, dass Verletzungen, die Personen(gruppen) erfahren haben, wahrgenommen und zu einem Gegenstand weiterer Aushandlungen werden?[1] Worin im Zuge erlittener Verletzungen die Spezifik dieser Erfahrungsstruktur besteht und wodurch gerade die (Nicht-)Mitteilbarkeit und Erfahrbarkeit durch Andere charakterisiert ist, ist für eine empirische Soziologie, die sich für Verletzbarkeit interessiert, zentral.

Wir werden zunächst auf disziplinübergreifende Diskussionen eingehen (2.1), wonach Vulnerabilität zu einem sozialtheoretischen und gesellschaftspolitischen Schlüsselbegriff avanciert ist. Als Streitobjekt innerhalb von Sensibilitätskonflikten wird er vielfach politisiert und mit Anerkennungskämpfen bezüglich marginalisierter Positionen und Gruppen sowie gefährdeter Körper verknüpft. Mit unserer Problematisierung der Praxis, Vulnerabilität vorwiegend als Zuschreibung zu verstehen, die spezifischen Personengruppen (nicht) zukommt, möchten wir dafür plädieren, sich stärker für die Erfahrung und Erfahrbarkeit von Verletzbarkeit zu interessieren (2.2). Mit dem Selbstverständnis als Soziolog:innen, die sich für die lebensweltlichen Wahrnehmungen der (Feld-)Akteur:innen interessieren, scheint uns ein Desiderat darin zu bestehen, wie man Verletzungserfahrungen Betroffener zugänglich machen und beschreiben kann, ohne dabei in der bloßen Außenperspektive oder auf der Ebene der Konstruktion zu verbleiben. Wir werden dabei aufzeigen, dass Verletzungserfahrungen dadurch charakterisiert sind, dass sie sich nicht vollends vermitteln lassen, eher latent als manifest vorliegen und sich oft eher präkommunikativ äußern. Damit stellen sie besondere Herausforderungen für die empirische Forschung dar.

2.1 Vulnerabilität: eine unscharfe Kategorie?

Was tun mit Vulnerabilität? Nicht erst die Folgen der Corona-Pandemie haben vor Augen geführt, dass die Bezeichnung von Vulnerabilität eine gleichermaßen dringliche wie unscharfe Form angenommen hat. Bereits seit Beginn der 2000er Jahre hat sich der Begriff als eine wirkmächtige Kategorie in der Bioethik erwiesen (ten Have 2015; Rogers et al. 2012). Angesichts der rasanten Entwicklungen in der (Bio-)Medizin (Clarke et al. 2003) nimmt die Bewertung, wie Individuen und Gruppen spezifisch verletzbar sind und wie diese Verletzbarkeit durch medizinische Behandlungen und klinische Studien angetastet wird, einen relevanten normativen Stellenwert ein, eine gerechte und ethisch begründete medizinische bzw. lebenswissenschaftliche Praxis zu realisieren. In der Bioethik ist Vulnerabilität überwiegend als Schutzbedürftigkeit von Personen(gruppen) definiert worden (Tavaglione et al. 2015). Als vulnerabel angesehene Individuen und Gruppen in klinische Studien einzubeziehen, setzt voraus, die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen und sie präventiv einzuhegen; zudem sind die Interessen der Betroffenen zu wahren und die personale Integrität zu schützen. Der bioethische Diskurs ist – trotz vieler kritischer Stimmen – dominiert von einem liberalen Personenverständnis, das individuelle Autonomie und freie Entscheidungsmöglichkeiten impliziert und Individuen als wohlinformiert, rational und selbstbestimmt begreift. Dieses Personenverständnis hat zur Folge, dass Vulnerabilität in der Bioethik überwiegend negativ als Verlust autonomer Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit definiert wird.[2] Aus dieser Reduzierung, die Vulnerabilität mit Schwäche und Abhängigkeit gleichgesetzt, resultiert eine limitierende Zuschreibung, welche für spezifische Gruppen Anwendung findet, die als besonders schützenswert oder gefährdet gelten, z. B. Schwangere, Ungeborene, Neugeborene, Kinder oder Menschen mit Beeinträchtigungen. Der bioethische Diskurs grenzt somit die anthropologische Grundannahme der „Verletzungsoffenheit“ (Popitz 2004) aller Menschen zugunsten einer Schutzbedürftigkeit spezifischer Individuen ein, die durch die ihnen zugeschriebene Vulnerabilität in Teilen erstmals als bestimmte Personengruppe repräsentiert werden; diese Terminologie erzeugt also inklusive wie exklusive Effekte gleichermaßen.

Trotz dieser Vorbehalte ist anzuerkennen, dass die Aufmerksamkeit für Vulnerabilität es ermöglicht, gesellschaftliche Konflikte, Ungleichheiten und Exklusionsprozesse in den Blick zu nehmen. Exemplarisch dafür sind die Arbeiten von Judith Butler (2004, 2009), die den Begriff der Vulnerabilität in der politischen Theorie wiederbelebt hat.[3] Butlers vor allem als Reaktion auf den 11. September 2001 (vgl. Butler 2005: 7–16) und dessen Folgen entwickelte Position betont die wechselseitige Angewiesenheit als zentrales Moment des Politischen.[4] Sie unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen einer als ontologisch grundierten Vulnerabilität menschlichen Lebens als „precariousness“ und einer durch soziale (Macht-)Verhältnisse verteilten Versehrbarkeit als „precarity“ (Butler 2009: 3). Letztere bildet den Ausgangspunkt nicht nur für eine analytische Verortung verwundbarer Körper unter kontingenten gesellschaftlichen Bedingungen, sondern auch für politische Konflikte hinsichtlich der Anerkennung gefährdeten Lebens. Ohne den Einfluss ihrer Arbeiten auf die politische Theorie und Formen des politischen Aktivismus über- oder unterschätzen zu wollen (vgl. etwa Butler 2016), ist zu konstatieren, dass Butlers Arbeiten den begrifflichen Sound reflektieren, welcher mit der Thematisierung von Vulnerabilität im Repertoire politischer und moralischer Semantiken im vergangenen Jahrzehnt angestimmt wurde. Vulnerabilität fungiert dabei vor allem als Statuszuschreibung für marginalisierte, durch Ausgrenzung bedrohte oder Gewalt ausgesetzte Individuen und Gruppen. Die einsetzende Sensibilisierung für die spezifische Vulnerabilität missachteter Personen und Körper verläuft allerdings genauso wenig horizontal wie egalitär. Die stetig heftiger ausgefochtenen Sensibilitätskonflikte[5] um die Hervorhebung der jeweils eigenen Verwundbarkeit gegenüber derjenigen Anderer verdeutlichen vielmehr, dass Vulnerabilität sich zu einem Wert manifestiert hat, welcher zum Gegenstand regelrechter Kämpfe um Anerkennung der eigenen Verletzbarkeit geworden ist (vgl. Fineman 2013).

Es ist diese Verschiebung von Vulnerabilität als einer Kategorie, die in spezifischen Regionen verwendet und durch Expert:innen (Mediziner:innen, Ethiker:innen usw.) an Personen(gruppen) vergeben wird, die eine vernehmbare Skepsis hervorruft. Beispielhaft für Vorbehalte gegen aktuelle Formen der Selbst- und Fremdzuschreibung als vulnerabel ist die Beobachtung der Philosophin Maria-Sibylla Lotter (2022), die auf eine Ideologisierung von Vulnerabilität hinweist. Lotter diskutiert die Ausdehnung der sozialen Räume, in denen Vulnerabilität als Kategorie Gültigkeit und Wirkung zeitigt, hinsichtlich der Funktion und dem Wert der Redefreiheit in liberalen Demokratien. Sie verweist dabei auf eine zweifache Bewegung: Einerseits auf die Dehnung des Gewaltbegriffs von physischen Versehrungen auf sprachliche Handlungen, die beleidigen, diskriminieren und diffamieren. Diese Dehnung entspricht andererseits der „allgemein zu beobachtende[n] Dehnung von Begriffen für die menschliche Verletzlichkeit“ (Lotter 2022: 387), wozu ‚Vulnerabilität‘ genauso zählt wie ‚Trauma‘ oder ‚Mobbing‘. Nach Lotter wird diese Ausweitung problematisch, sofern Vulnerabilität nicht mehr auf soziale Erfahrungen (z. B. der Ausgrenzung, Diskriminierung und Beleidigung) und den Umgang (z. B. bestimmte Räume und Situationen zu vermeiden) mit ihnen bezogen bleibt, sondern pauschal aufgrund der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen zugeschrieben wird. Ihre Kritik geht aber noch weiter, insofern sie davor warnt, dass die rhetorische Funktion von Vulnerabilität (z. B. Schutzbedürftigkeit einzufordern) ideologische Züge annimmt. Diese werden sichtbar, wenn die Zuschreibung von Vulnerabilität als (zuvor) minoritär wahrgenommenen Gruppen gilt, „denen es gelungen ist, die öffentliche Wahrnehmung zu ihren Gunsten zu ‚drehen‘ und die als Interessenverbände und Pressure Groups sozialen Status und beträchtlichen medialen und institutionellen Einfluss erlangt haben“ (Lotter 2022: 389). Wird dieser Einfluss hinter dem Status als vulnerabel unsichtbar, werden Machtinteressen verschleiert.

Es soll hier nicht darum gehen, diese skeptische Einschätzung von Lotter zu entkräften, noch diese durch weitere Beispiele zu ergänzen. Vielmehr verdeutlichen ihre und andere kritische Darstellungen die Vieldeutigkeit, Unschärfe und Umstrittenheit, mit der Vulnerabilität in verschiedenen gesellschaftlichen Arenen mobilisiert wird. Die Kategorie Vulnerabilität repräsentiert ein Vermögen, die Gefährdung und Versehrtheit spezifischer Individuen und Gruppen sichtbar zu machen und ihren Schutz als normative Verpflichtung aller zu beanspruchen. Dies kann einen Konsens darüber erzeugen, dass bestimmte Leben als besonders schützenswert gelten, aber auch eine Situation schaffen, in der um ein knappes Gut (die Zuschreibung als vulnerabel, welche auch die Deutungsmacht, wer als potenzielle Täter:innen gelten, einschließt) gestritten wird. An vergleichbaren Aushandlungen sind Sozialwissenschaftler:innen, wie die Sozialphilosophin Estelle Ferrarese unterstreicht, neben Ethiker:innen, politischen Aktivist:innen und Jurist:innen beteiligt: „The social sciences also participate in this production of moral obligation towards, and unequal distribution of, vulnerability“ (Ferrarese 2016: 151).

Wie könnte eine soziologische Perspektive aussehen, die den spannungsreichen, unscharfen Zustand von Vulnerabilität analytisch wendet, auch um sich einer unmittelbaren (moralisch besetzten) Involvierung zu entziehen? Die Thematisierung von aktuellen Sensibilitätskonflikten legt nahe, sie als Bestand einer aktuellen politischen Semantik und moralischen Kapazität zu begreifen und sie als Rechtfertigungsinstanz oder Anerkennungsstruktur (Butler 2009; Honneth 1992) zu vergegenständlichen. Im Sinne einer Soziologie der Kritik (Boltanski & Thévenot 2007) wäre es möglich, deskriptiv nachzuvollziehen, auf welchen Registern (z. B. moralisch, rechtlich, existenziell) Anrufungen von Vulnerabilität beruhen. Eine an diese Analyse anschließende, sich als gesellschaftskritisch begreifende Forschungshaltung könnte rekonstruieren, wie das Sprechen über Vulnerabilität durch bestehende Herrschaftsverhältnisse geprägt ist, die darüber verfügen, wem Handlungsmacht zu- oder abgesprochen wird. Erkennbar würde dann, wie der Gebrauch einer Konzeption von Vulnerabilität den damit verbundenen Intentionen – etwa auf die Gefährdung spezifischer Personengruppen aufmerksam zu machen – entgegenlaufen kann (vgl. Lessenich 2023).[6] Mit ihr wäre ein Anspruch verbunden, normative Geltungsansprüche eines Vulnerabilitätsbegriffs zu prüfen und reflexiv auf seine widersprüchlichen Effekte einzugehen.

Soziologisch gewonnen wäre mit der Beschreibung, wie Vulnerabilität als moralische Kapazität mobilisiert wird, ein besseres Verständnis darüber, wie sich diverse Vulnerabilitäten durch soziale Wahrnehmungsmuster und Bewertungsweisen auf spezifische Personengruppen verteilen.[7] Diese Analyse würde die als selbstverständlich erscheinende Zuschreibung von Vulnerabilität auf Personengruppen unterwandern, die per se als anfällig für körperliches und/oder soziales Leid (vgl. Castel 2000; Lessenich 2023) bewertet werden.

2.2 Die eigene Erfahrung von Verletzbarkeit und Verletzung und deren Erfahrbarkeit durch Andere

Wir beschreiten einen anderen, bislang kaum begangenen Erkenntnisweg: Während bisher Zuschreibungspraktiken im Mittelpunkt standen, wenden wir uns der Erfahrung zu. Unsere Konzentration auf Verletzungserfahrungen geht von unserer Einschätzung aus, dass in aktuellen Auseinandersetzungen mit und über Vulnerabilität bisher eine Thematisierung ihrer Erfahrung und Erfahrbarkeit weitestgehend übersprungen wird. Problematisch ist daran, dass das Potenzial menschlicher Verletzbarkeit und die konkrete Erfahrung, verletzt zu werden oder sich verletzbar zu machen, zwar vielfach in Diskursen über Vulnerabilität vorausgesetzt werden, aber nur selten als eigenständige Phänomene befragt worden sind (vgl. Huth 2025; Liebsch 2024). Wie die Philosophin Erinn Gilson (2011, 2014) gezeigt hat, sind die Debatten zu Vulnerabilität stark beeinflusst durch implizite oder negative Bestimmungen, die Verletzbarkeit entweder als Kehrseite von Kategorien wie Risiko definieren oder als Bedingung für darüber hinausreichende Beschäftigungen mit Gewalt aufgreifen. Gilson (2011) identifiziert Mechanismen der „ignorance“ – Formen der Unterdrückung und des Nicht-Wissens –, die einen gesellschaftlichen Umgang mit Verletzbarkeit als Potenzial, das jedem menschlichen Leben vorausliegt, ausschließen. Demgegenüber argumentiert sie für ein alternatives Verständnis, welches zusätzlich zur Vermeidung körperlicher und psychischer Versehrung die konstitutive Offenheit menschlicher Erfahrung betont, affiziert zu werden und affizieren zu können, sowohl in positiven wie in negativen Weisen (Gilson 2011: 310). Passend zu diesem alternativen Verständnis menschlicher Verletzbarkeit lässt sich mit Donna Haraway formulieren, dass Leben ein „Fenster der Verwundbarkeit“ ist: „es zu schließen, wäre ein Fehler“ (Haraway 1995: 190). Um aber die Engführung von Vulnerabilität auf eine Kategorie, die Schutzbedürftigkeit zuspricht und verteilt, und Verletzbarkeit als einer allgemein geteilten Versehrbarkeit des Körpers und einer daraus folgenden Angewiesenheit auf Andere, zu vermeiden, sehen wir es als relevant an, Verletzungserfahrungen entsprechend einem phänomenologischen Verständnis zu untersuchen. Wir begreifen Verletzungserfahrungen als ein leiblich vermitteltes Erleben und Erleiden (vgl. Bernhardt 2017) und differenzieren im Folgenden zwischen zwei Dimensionen: zum einen die unmittelbare Betroffenheit von Verletzungen durch erfahrende Subjekte, zum anderen ihre (un)mögliche Erfahrbarkeit durch Andere, so etwa empirische Sozialforscher:innen.

Die Betonung dieser doppelten Struktur von Verletzungserfahrungen deutet auf ein weiteres Problem in der Auseinandersetzung mit Verletzbarkeit und ihrem konkreten Ausdruck hin. Sofern Verletzbarkeit nicht mehr vordergründig als zuschreibbare Kategorie thematisch wird, sondern die Weisen, wie Verletzungen erfahren werden, beschrieben werden sollen, ist näher zu bezeichnen, wie sie artikuliert werden. Dieser Aspekt ist bereits in gewaltsoziologischen Arbeiten benannt worden. So hat Eddie Hartmann darauf hingewiesen, dass zu klären ist, „was es überhaupt heißt, eine Verletzung zu erfahren“ (Hartmann 2022: 28). Wie bereits Gilson erteilt Hartmann damit einfachen Definitionen, was Verletzungen eigentlich sind, eine Absage und erachtet es stattdessen als notwendig, „von einer in phänomenologischer Hinsicht näher zu befragenden subjektiven Erfahrung auszugehen“, um zu verstehen, „was eine Verletzungserfahrung überhaupt zu etwas Unannehmbarem“ (ebd.) macht.

Dabei ist für uns ein weiterer Punkt hinsichtlich der Annäherung an Verletzungserfahrungen von Bedeutung. Denn auch wenn wir darin zustimmen, dass die Beschreibung von Verletzungserfahrungen bei betroffenen Subjekten und ihrer Erfahrungsartikulation zu beginnen hat, ist fraglich, ob erfahrene Verletzungen immer mitgeteilt (im Sinne von kommuniziert, erzählt, bezeugt usw.) werden können oder ob sie den Betroffenen entzogen sind, was dann auch Andere betrifft, die sich den Betroffenen zuwenden. Wir folgen darin den Überlegungen von Martin Huth (2016, 2025), die Erfahrung und Erfahrbarkeit von Verletzungen stärker zu theoretisieren und zum Gegenstand empirischer Beschreibungen zu machen. Zwei Aspekte sind besonders relevant: Erstens merkt Huth an – ausgehend von leibphänomenologischen Einsichten im Anschluss an Bernhard Waldenfels und Maurice Merleau-Ponty –, dass erfahrene Verletzungen nicht ohne Weiteres mitteilbar sind. Verletzungen sind nicht (immer) als solche sicht- und vernehmbar, sie konkretisieren sich nicht ohne Weiteres. Mit ihnen ist die Merkwürdigkeit verbunden, „dass hier etwas grundsätzlich nicht als es selbst, sondern durch etwas anderes bzw. vermittels anderem erscheint“ (Huth 2025: 74, Herv. i. O.). Verletzlichkeits- und Verletzungserfahrungen stellen demnach ein „Latenzphänomen“ (ebd.) dar, das sich indirekt ausdrückt, etwa im Schmerz, der Angst oder – als positives Beispiel – in der Hingabe in intimen Liebesbeziehungen (Gilson 2014). Wird die Charakterisierung von Verletzungserfahrungen als Latenzphänomen ernst genommen, ist zu reflektieren, dass sie sich nicht unmittelbar aussprechen und artikulieren lassen. Ihnen wohnt etwas vorläufig Unaussprechliches oder, wie László Tengelyi (2007: 2–195) es ausdrückt: etwas „Unausdrückliches“ inne. Diese Beobachtung begrenzter oder diffiziler Artikulierbarkeit wird im nächsten Kapitel an unseren Beispielen deutlich.

Zweitens betont Huth – dabei dem Alteritätsdenken von Emmanuel Levinas verpflichtet – die analytisch zu berücksichtigende Andersheit leiblicher Existenz. Eine Annäherung daran, was es bedeutet und wie es mitgeteilt werden kann, verletzt worden zu sein oder in der eigenen Verletzlichkeit berührt zu werden, hat zu bedenken, wie sich ein betroffenes Selbst anders wird, aber auch, wie Andere von erfahrenen Verletzungen affiziert und getroffen werden. Huth (2016) hebt hervor, welche Wirkungen Verletzungserfahrungen auf ein Selbst und auf Andere haben und dass ein Verständnis darüber, was es bedeutet, verletzt worden zu sein, nicht von dieser Relationalität zu lösen ist:

„Demgegenüber wäre eine Berücksichtigung des Angesprochenseins, des Aufgefordertseins meiner selbst durch den je konkreten Anderen mit Bestimmtheit eine moralphilosophisch wichtige Erweiterung. Denn gerade dieses Angesprochensein durch den Anderen ist ein Geschehen, das einen Überschuss über die Prädetermination durch normalisierende Anerkennungsstrukturen bilden und damit herrschende Verhältnisse in Frage stellen kann“ (Huth 2016: 287).

Indem Huth das Angesprochensein meiner selbst durch den je konkreten Anderen herausstellt, macht er eine wichtige und kritische Ergänzung zum bisherigen Vulnerabilitätsdiskurs. Die leibphänomenologisch begründete Annahme, dass erfahrene Verletzungen stets das Selbst und Andere treffen und einen Überschuss gegenüber vorhandenen Wahrnehmungsmustern und Bewertungsweisen erzeugen, führt zu der Notwendigkeit, Verletzungserfahrungen und ihre Mitteilbarkeit nicht auf bestehende Anerkennungsstrukturen zurückzuführen – eine Vorgehensweise, die für die theoretischen Reflexionen Butlers zentral ist (vgl. Butler 2005: 61 ff.). So fällt aus leibphänomenologischer Perspektive auf,

„dass der Anerkennungs- und Vulnerabilitätsdiskurs die Dimensionen von Ich (affektiver Betroffenheit durch den Anderen, die sich aus der Beobachter:innenperspektive gerade nicht erschließt) und Du (konkretes Gegenüber in seiner Zugänglichkeit wie auch Singularität und Alterität) nicht in den Blick bekommt“ (Huth 2016: 287).

Allerdings bedarf es gerade dieser Ebene, um die (Un-)Möglichkeit zu verstehen, von einer Verletzungserfahrung berichten, erzählen, diese bezeugen zu können sowie um eine „Sensibilität für die verletzte Sensibilität Anderer“ (Liebsch 2010: 153) auszubilden (vgl. auch Zirfas 2022). Da wir davon ausgehen, dass Erfahrungsartikulationen von Verletzungen etwas Vorläufiges und (teilweise) Unausdrückliches bewahren, rücken die Äußerungen erlittener Verletzungen genauso in den Blick wie das Vermögen, diese in ihrer Unabgeschlossenheit wahrnehmen und beschreiben zu können.

3 Verletzung erfahren und erfahrbar machen: Zwei empirische Beispiele

Bevor wir auf unser Verständnis von Verletzungserfahrungen eingehen, welches an die responsive Phänomenologie (Waldenfels 1994, 2002, 2015) anschließt, wollen wir anhand zweier empirischer Beispiele darlegen, wodurch unsere Überlegungen motiviert sind. Als empirische Sozialforscher:innen, die sich mit der Medizin und der klinischen Forschung auseinandersetzen, sind wir mit Geschehen in Berührung gekommen, in denen erlittene Verletzungen bedeutsam werden und zugleich eine Dignität annehmen, die etwas Unbestimmtes bewahrt, Unschärfen behält und von Zeit zu Zeit gar einen heimsuchenden Charakter annimmt. Dabei ist es nicht unwesentlich, dass in beiden vorgestellten Bereichen (neurowissenschaftliche Forschung und Sozialpädiatrie) ein Umgang mit Verletzbarkeit institutionell verankert ist (z. B. durch Informed Consent, Richtlinien, gemeinsame Fallbesprechungen). In beiden Beispielen reflektieren die Feldakteur:innen darüber, ob und in welcher Hinsicht die ihnen anvertrauten Personen Verletzungserfahrungen machen oder gemacht haben. Deutlich werden soll aber, dass diese Reflexionen (und die ihnen entsprechenden Handlungen) nicht zu eindeutigen Bestimmungen kommen, ob eine Verletzung vorliegt oder nicht und worin diese besteht. Die von uns eingeführten begrifflichen Differenzierungen sind also Thematiken, die sich in der klinischen Versorgung (Beispiel 2) selbst stellen bzw. die Akteur:innen dazu veranlasst, ihre eigene Forschungspraxis zu hinterfragen und sie auf ihre Ethik und Legitimität zu prüfen (Beispiel 1). Diese Differenzierungen sind implizit also in den ausgewählten Bereichen selbst schon angelegt, expliziert werden können sie allerdings (noch) nicht.

Diese Möglichkeit einer Explikation entsteht durch die Anwesenheit der Sozialforscher:innen. Ihre Arbeit kommentierend, kommen die Feldakteur:innen selbst, die begleiteten Neuroforscher:innen bzw. die klinischen Professionellen, auf mögliche Verletzungserfahrungen ihrer Patient:innen zu sprechen und be- bzw. hinterfragen ihre eigenen Zuschreibungspraktiken. In beiden Beispielen äußern sie uns als teilnehmenden Beobachter:innen gegenüber die Unsicherheiten, das Empfinden der Patient:innen zu verstehen, und reflektieren ihre Versuche, die Artikulationen der Betroffenen zu deuten.

3.1 Plötzlich Stille

Das erste Beispiel ist Teil meiner (MS) Ethnografie in einem neurotechnologischen Labor. Neurotechnologien definieren Interface-Systeme, die gezielt Bereiche des menschlichen Gehirns aufzeichnen und/oder in diese stimulieren (Müller & Rotter 2017). Die Einsatzbereiche sind therapeutische Anwendungen (z. B. für Parkinson) sowie klinische Studien mit schwer betroffenen Patient:innengruppen, wie z. B. Patient:innen mit dem Locked-In-Syndrom. Bei wachem Bewusstsein sind sie vollständig bewegungsunfähig und nicht in der Lage, verbal zu kommunizieren.

In der folgenden Szene begleite ich den Nachwuchswissenschaftler Fabian[8] in eine stationäre Pflegeeinrichtung, wo wir auf die Patientin Emma treffen. In Folge eines schweren Schlaganfalls befindet sie sich im Zustand des Locked-In. Sie ist Mitte dreißig, hat zwei Kinder und einen Ehemann. Ihre Familie war mit der Forscher:innengruppe in Kontakt getreten, um eine basale Kommunikation mit ihr zu ermöglichen. Diese Zusammenarbeit ist nicht therapeutisch angelegt. Sie ist gerahmt als Einzelfallstudie, die es ermöglichen soll, vorhandene nicht-invasive Brain-Computer-Interfaces (BCI) für eine klinische Nutzung weiterzuentwickeln. Die Forscher:innengruppe steht dabei in engem Austausch mit der Familie und den Pflegekräften. Jeder Termin, für den die Forschenden in die Pflegeeinrichtung kommen, ist abgesprochen. Der hier beschriebene Besuch veranschaulicht, wie die Erfahrbarkeit von (krankheitsbedingt) erlittenen Verletzungen und die dafür aufgebrachte Sensibilität sich in diesen Zusammenkünften äußern, zugleich aber etwas Unsicheres behalten können und situativ stets neu bestimmt werden müssen.

Während meines Aufenthalts hatte Fabian den Termin in der Pflegeeinrichtung schon mehrfach nach Absprache mit den Pflegenden verschoben. Wenn er im Vorfeld unseres Besuchs von der ‚Patientin‘ sprach, dann in einem leiser werdenden Tonfall und leicht gebrochen. Die Sorgfalt bei der Terminauswahl und seine Zurückhaltung, über die Patientin und ihr Befinden zu sprechen, hatten bereits etwas über die Sensibilität verraten, mit der die Forscher:innengruppe der Patientin Emma begegnet. Klinische Studien mit Locked-In-Patient:innen sind kein ungewöhnliches Sujet in der Entwicklung von Neurotechnologien (Kübler 2020). Ihre Realisation erfordert aber eine spezifische Umsicht der involvierten Forscher:innen. Für sie ist es erforderlich, wie es mir eine etablierte Forscherin in einem Interview erklärt hatte, sich von den Betroffenen berühren zu lassen und gleichzeitig professionelle Distanz zu wahren.

Die Balance zwischen einer Berührbarkeit für das Erleiden der Patient:innen und professioneller Distanz ist allerdings fragil. Davon berichten meine Aufzeichnungen von unserem Besuch. Fabian hatte mich auf dem Weg zur Pflegeeinrichtung instruiert, wie die Messung ablaufen würde, wie er die Patientin anspricht, wo wir uns im Raum platzieren. Etwas, was hingegen nicht im Vorfeld sagbar gewesen war, ist die Affizierung, welche von der Begegnung mit Emma ausgeht:

Was hatte ich für eine Patientin erwartet? Ich kann nicht sagen, welche Vorstellung mich begleitete, ein konkretes Bild hatte ich nicht vor Augen, ohne dies weiter begründen zu können. Eine Frau, ja, schließlich war von der ‚Patientin‘ die Rede (ist diese Rede respektvoll? Für mein Dafürhalten ja, ich habe im Vorfeld nichts Anderes dabei empfunden). Gewiss jemanden, der älter ist. Denn als ich Emma in ihrem Pflegebett sehe, betrifft meine Verwunderung, dass ich sie nicht älter als Ende dreißig, vielleicht Anfang vierzig schätze. Ihr Blick […] ist zur Zimmerdecke gerichtet, er ist ziellos, nicht fixierend. Ihre Haut ist glatt, angespannt und sie ist blass im Gesicht, die linke Wange wirkt stark angeschwollen. […] Ich empfinde eine Schwierigkeit in diesem Moment, mich selbst im Raum zu vergegenwärtigen. (BP NT, 28.09.2021, S. 89)

Die beschriebene Situation ist meine erste Begegnung mit Emma. Auch wenn ich bereits im Laufe früherer ethnografischer Arbeiten Erfahrungen mit stark betroffenen Patient:innen gemacht habe, verunsichert mich ihr Anblick. Der zwischenzeitliche Verlust meiner leiblich orientierten Verortung im Raum ist Ausdruck davon, wie mich die Präsenz von Emma, ihres Körpers, anstößt. Deutlich wird, dass für mich der Termin etwas Singuläres hat. Allerdings ist es diese erfahrene Verunsicherung, die in der Folge meine Aufmerksamkeit auf die Begegnung zwischen Fabian und Emma lenkt. In welcher Weise kann Fabian sich berühren lassen und zugleich eine Distanz wahren, die ihn handeln lässt, hier konkret mit dem Anliegen, eine experimentelle Forschungsarbeit zu leisten, welche die Verletzlichkeit der Patientin achtet, sich aber auch für diese sensibilisiert? Auch wenn erkennbar wird, dass er der Patientin mit einem spezifischen Verhalten begegnet, ihre Andersheit zu respektieren sucht, so zeigt sich ebenfalls eine fortdauernde Fragilität dieser möglichen Beziehung:

Emmas Gesicht verbleibt regungslos, ihre Augen sind noch immer weit geöffnet und ihr Blick richtet sich, so in meiner Wahrnehmung, auf Fabian. In diesem Augenblick geschieht nichts. Fabian steht noch immer leicht nach vorne gebeugt am Bett, seine Arme ausgestreckt, seine Hände auf seine Knie gedrückt. Er lässt den Augenblick verstreichen, lässt ihn passieren, er hat Geduld. Ich stehe still neben ihm. Ich konzentriere mich darauf, Emma anzusehen. […] ‚Ich verstehe dich leider nicht Emma‘, sagt Fabian dann. ‚Bist du einverstanden, dass Marc hier ist?‘ Erneut vergeht ein Augenblick, ohne ein erkennbares Zeichen. ‚Dann muss ich noch einmal anders fragen: Emma, bist du einverstanden, dass wir hier sind?‘, fragt Fabian in einer leicht abgewandelten Form. […] ‚Emma, es ist gerade für mich ganz schwierig, dich zu verstehen‘, äußert Fabian. Seine Stimme hat eine warme Färbung. Er spricht langsam und deutlich artikulierend, sein Tonfall wirkt beruhigend und in keiner Weise ungeduldig. (BP NT, 28.09.21, S. 89)

Das Besondere an der Begegnung mit Emma deutet sich hier an der Spannung zwischen den explizit gestellten Nachfragen und den kaum vernehmbaren Antworten an („In diesem Augenblick geschieht nichts.“). Fabian versucht, sich zu versichern, ob die Betroffene einverstanden ist, dass wir vor Ort sind. In der Form, wie er die Patientin anspricht, tritt eine in diesem Zusammenhang dauerhaft verbleibende Ambivalenz auf, welche die Konstruktion des Anderen angeht. Wie die wiederholten, leicht abgewandelten Fragen danach, ob Emma unsere Anwesenheit akzeptiert, darlegen, wird sie als kommunikationsfähige Andere vorgestellt, wenngleich die Verständigung nicht wechselseitig auf Sprache aufbaut.[9] Unbestimmt bleibt allerdings, ob die Patientin unsere Anwesenheit als annehmbar erlebt. Die Weise, in der Fabian mit Emma spricht, die Tonalität, mit der seine Fragen gestellt sind (die im Protokoll festgehaltene „warme Färbung“) sowie die zugelassenen Zwischenzeiten (die aufgebrachte Geduld) verweisen auf eine Sensibilisierung für die Verletzlichkeit der Patientin, die aber bereits über eine Zuschreibung als vulnerabel hinausreicht. Fabians Sprechen und Tun wirken aufmerksam dafür, dass jegliches Handeln und noch unsere Anwesenheit Emma verletzen können.

Während meine Beschreibung dieser Begegnung bis hierhin eine fragile Balance zwischen einer antizipierten Verständigung und einer sie erforderlich machenden Sensibilität für die spezifische Andersheit der Betroffenen umreißen, wird an den folgenden Aufzeichnungen lesbar, dass selbst noch diese Annäherung etwas Unabgeschlossenes behält. Da wir in diesem Beitrag die Erfahrung erlittener Verletzungen und ihre Erfahrbarkeit durch Andere explorieren und für uns diesbezüglich die Dimension der Alterität entscheidend ist, greifen wir auf einen längeren Beobachtungsausschnitt zurück, in dem die Sensibilität für den Anderen situativ thematisch wird. Die Beschreibung versucht, etwas von der Stimmung der Begegnung mit Emma wiederzugeben, nachdem wir zwischenzeitlich kurz das Pflegezimmer verlassen hatten:

Wir wenden uns wieder dem Bett und Emma zu, Fabian tritt erneut nahe heran. Ich hingegen bleibe mit etwas Abstand zurück, in der Annahme, dass diese Distanz weniger beunruhigend ist […]. „Emma, kannst du die Augen schließen, um mir eine Antwort zu geben?“, fragt Fabian dann Emma. Emma schließt die Augen. Sie hält sie nicht geschlossen, dennoch ist diese Bewegung, diese Regung, länger anhaltend als ein Blinzeln. Sie steht zudem in zeitlicher Abfolge zu Fabians Frage, sodass wir sie als eine Antwort bewerten können. Fabian hat sich in diesem Moment versichert, dass es überhaupt möglich ist, mit Emma zu kommunizieren, dass es überhaupt Sinn hat, sie nach unserer Anwesenheit zu befragen. „Okay“, sagt er. Er bestätigt Emmas Augenschließen als eine Antwort zu bewerten. „Emma, ich frage dich noch einmal“, setzt er an (ausgeschrieben nimmt diese wiederholte Formel einen gewaltsamen Zug an, insofern sie wiederkehrend ist und darin gerade nicht akzeptierend erscheint. Wie ist es möglich, die Geduld niederzuschreiben, welche diesem wiederholenden Fragen unterliegt?), „bist du einverstanden, dass wir hier sind?“ In Emmas Gesicht ist keine Regung abzulesen, keine Spur zu erkennen, die auf ein Antworten hinweist. Fabian wartet einen Moment ab, er ist ruhig, still, in seiner Position verharrend. „Emma, möchtest du lieber, dass wir nicht hierbleiben und wieder gehen, sodass du deine Ruhe hast?“, fragt Fabian anschließend. Mir erscheint diese Frage in ihrer Konstruktion umständlich gestellt. Emma schließt die Augen, für einen kurzen, aber sichtbaren Moment. Fabian äußert sich zunächst nicht, wartet ein wenig. Er kommentiert Emmas Antwort nicht unmittelbar. Dann: „Okay Emma. Möchtest du denn, dass wir noch bleiben, um uns mit dir zu unterhalten?“ Stille. Plötzlich (für mich) verzerrt sich Emmas Gesicht, es krampft sich zusammen, es rötet sich. Sie beginnt zu weinen und stößt dabei einen Schrei aus. Fabian und ich bleiben beide still. Er unternimmt nicht den Versuch, etwas Beschwichtigendes zu sagen, Emma in irgendeiner Weise zu beruhigen. Er bleibt still und ich mit ihm, als wüssten wir (und er tut es), dass es notwendig ist, jetzt Emmas Leid (sofern sich das Weinen als ein solches deuten lässt) auszuhalten. Es dauert nicht lange an. Sie seufzt kurz auf, ihr Gesicht entspannt sich wieder. „Gut Emma, wir werden dann wieder gehen“, sagt Fabian. (BP NT, 28.09.21, S. 90 f.)

In dieser Szene steht zunächst die versuchte Verständigung zwischen Fabian und Emma im Zentrum. Es ist unsicher, ob die Betroffene antwortet, sodass die an sie gestellten Fragen wiederkehrend moduliert werden. Fabian vergewissert sich, ob etwas wie eine Kommunikation stattfinden kann. Die Wiederholung seiner Fragen nimmt, zumal in der hier ausgeschriebenen Form, einen zudringlichen Charakter an. Dieser kontrastiert mit der Weise des Fragens, die nur schwerlich nachträglich eingefangen werden kann und daher zusätzlich als Kommentar dem Protokoll hinzugefügt wurde. Die rekonstruierende Beschreibung deutet auf einen Eindruck hin, der von der Unbestimmtheit der Situation geprägt ist und die (mit-)erlebte Sorge bezeugt, Grenzen der Patientin zu verletzen. Fabians Entscheidung, das Zimmer zu verlassen und die vorgesehene Messung abzubrechen, ist Ausdruck einer situativ nicht zu bewältigenden Ungewissheit. Bereits nachdem dieser Entschluss gefasst ist, folgen leiblich-expressive Äußerungen der Patientin, die für uns beide vernehmbar, aber nicht zu deuten sind („Sie beginnt zu weinen und stößt dabei einen Schrei aus.“). Sie bleiben im Anzeichenhaften und sind damit nicht vollständig interpretierbar. Bestätigen Emmas Weinen und der Schrei die Ablehnung unseres Besuchs? Artikuliert sich mit ihnen ihre Verzweiflung, sich nicht anders mitteilen zu können?

Die einsetzende Stille und das antwortende Schweigen deuten darauf hin, dass die Begegnung mit der Patientin etwas „Sprachloses“ (Hirschauer 2001) charakterisiert. Aufgrund ihres Körperzustandes ist die Betroffene nicht fähig, verbal zu kommunizieren und eine mögliche Verletzungserfahrung zu artikulieren. Doch auch der Erfahrbarkeit ihrer potenziell erlittenen Verletzung durch Fabian als klinischen Forscher und durch mich als ethnografischen Beobachter haftet etwas Sprachloses an, insofern uns beiden gleichermaßen die Möglichkeiten fehlen, auszudrücken, was der Patientin widerfährt.[10] Zugleich kann diese affizierende Andersheit nicht ausgeschlossen werden bzw. wird sie nicht ignoriert. Meine Aufmerksamkeit für das von mir als sensibel beschriebene Agieren Fabians gegenüber Emma ist der Versuch, in der Deskription einzuholen, wie er mit der von ihm erfahrenen Andersheit umgegangen ist und wie er sich darauf einzustellen versucht, ihr leiblich responsiv zu antworten, nämlich betont ruhig und geduldig, beinahe zeitverlangsamend. Beschrieben werden kann lediglich die Annäherung, ein nur ansatzweises Verstehen, das mit einer bleibenden Andersheit konfrontiert ist und somit unabgeschlossen und unbestimmt bleibt.

3.2 Unaussprechlichem begegnen

Das zweite Fallbeispiel stammt aus einem Forschungsprojekt[11], in dem ich (CP) Erfahrungen schwerkranker Kinder und ihrer Eltern beforscht habe. Dafür habe ich in ambulanten und stationären pädiatrischen Versorgungsinstitutionen hospitiert, die auf die Behandlung solcher Kinder spezialisiert sind.

Die folgende Szene habe ich in einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) beobachtet, in dem ich über drei Monate hospitiert habe. An diesem Tag war ich bei verschiedenen Professionellen (Kinderärztin, Psychologin, Sozialarbeiterin) bei fünf Vorstellungen anwesend. Der folgende Fall hat mich am stärksten beeindruckt und im Nachhinein anhaltend beschäftigt. Warum er mich so affiziert hat und weshalb er gerade für die Schwierigkeiten, wie Verletzungserfahrungen Anderer (nicht) nachvollzogen werden können, so lehrreich ist, soll die folgende Fallvignette verdeutlichen. Anhand von zwei aufeinanderfolgenden Ausschnitten des Beobachtungsprotokolls wird zunächst dargestellt, wie mir vom Feld der Fall präsentiert wird, um dann im zweiten Teil meinen eigenen Versuch, mit der Betroffenen in Kontakt zu kommen, zu analysieren.

Frau Sterner, die Psychologin, ist über mein Hospitieren informiert und fragt, ob ich noch etwas zum Kind wissen will. Den Test könne sie noch ein paar Minuten später beginnen.

Sie berichtet: mit dem Kind war die Mutter, die aus Äthiopien stammt, während der Flucht schwanger. Zu dem Zeitpunkt war sie 16 Jahre alt. Die Psychologin hat, weil auch die These einer Vergewaltigung im Raum stand, versucht, genaueres zu erfragen: die Mutter erzählt, dass das Kind noch in Äthiopien vor der Flucht gezeugt wurde, dass der Kindesvater ihr folgen wollte und bei der Flucht ertrunken ist. Ich kommentiere, dass ja so ein anderes Bild entsteht: nämlich, dass einer Liebesbeziehung und eines Verlustes – für die Mutter (und den Sohn). Die Mutter hätte aber auch während der Flucht versucht, (sich) das Kind abzutreiben, wobei sie ihr eigenes Leben gefährdet hätte. Die Abtreibung hat aber nicht geklappt. Die Geburt sei dann noch in Italien passiert. Seit sie in Deutschland ist, ist sie im Raum X. Sie wird über das Jugendamt betreut und eine Familienhelferin sei drin. Der Aufbau der Mutter-Kind-Beziehung sei sehr schwierig verlaufen. Die Mutter hätte damals eine Psychotherapie angefangen, sie aber wieder abgebrochen, u. a. weil der Therapeut sie gefragt hätte, warum sie nicht verhütet hätte. Sie meint aber, Vorhaltungen würde sie nicht noch in ihrer Situation gebrauchen können. Auch leidet die Mutter daran, keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten in Äthiopien zu haben bzw. nicht zu wissen, ob diese noch leben.

Im Moment lebt die Mutter mit ihren beiden Söhnen, dem 7-Jährigen und dem 3-Jährigen, der von einem anderen auch Schwarzen Mann stammt, in einer Zweiraumwohnung. Der Junge hätte die Vorschule einer Regelschule beendet, würde zusätzlich seit Mai über eine Tagesgruppe gefördert. Er rennt oft weg[12], wenn er mit der Mutter unterwegs ist, sie müsste ihn an die Hand nehmen, es gäbe kein Vertrauen, dass er nicht wegläuft. Auch im Hort ist er öfters weggelaufen (siehe: Flucht) und ist ansonsten auffällig. Der Junge weiß vom Schicksal seines Vaters, das seine Mutter ihm erzählt hat. Der Junge hat ausgeprägte Angstsymptome, könne nicht im Dunkeln einschlafen, schaue im Schrank nach, nässt ein… (BP SPZ, 17.7.2012, S. 6–7)

Auffällig ist bei der Präsentation, dass ein Teil dessen, was der Frau widerfahren ist, für die Professionellen nicht bestimmbar ist. Es bleibt ihnen sowohl entzogen, ob es sich hier um eine Vergewaltigung[13] oder um einen einvernehmlichen Akt gehandelt hat, als auch, wenn es sich um eine Vergewaltigung gehandelt hat, warum sie dies – etwa aus Gründen des Selbstschutzes oder der Scham – nicht erzählen kann. So changieren die Reaktionen der involvierten Professionellen zwischen einem Anzweifeln (der männliche Psychotherapeut) und einer Akzeptanz, nicht alles mitgeteilt zu bekommen. Dieses Changieren führt dazu, dass aufgrund der Unbestimmbarkeit der Geschehnisse, denen die Mutter ausgesetzt war, bisher kein weiteres psychotherapeutisches Angebot gemacht werden kann, weil sie aufgrund der fehlenden Daten nicht in das Hilfesystem inkludiert wird. Die Geschehnisse bleiben zu nebulös und können z. B. nicht in eine Anfangs- oder Verdachtsdiagnose übersetzt werden. Ob bei ihr eine Traumatisierung vorliegt, muss so eine Vermutung bleiben.

Allerdings fällt bei der Fallschilderung durch die Psychologin auf, dass sich eine ernste Stimmung zu entfalten beginnt. In den Minuten vor der Testung des Sohnes sitzen die Psychologin und ich in ihrem geschlossenen Büro und während ihrer Ausführungen geraten wir in eine Atmosphäre, die sich durch Konzentration und Ernsthaftigkeit auszeichnet, in der wir in eine spontane Deutungsarbeit um das (Nicht-)Erzählte geraten. Uns affiziert dabei besonders das Ausgesparte in der Erzählung der Betroffenen. Unsere Verständigung umkreist selbst behutsam den angedeuteten Tatbestand einer möglicherweise stattgefundenen Vergewaltigung, insofern wir nicht vehement bei dessen unbedingt nötiger Aufklärung bleiben, sondern eher dem nachgehen, wie es der Frau nach all dem gehen mag und wie wir ihr begegnen können. Untereinander sprechen wir – nach der Fallschilderung – nicht mehr von „Vergewaltigung“, sondern sparen eine genauere Bezeichnung aus, wollen jegliche Invasivität damit vermeiden. Diese Art von Responsivität zeigend, bereiten wir uns auf die bevorstehende Begegnung mit einer Frau vor, der etwas für sie Unaussprechliches passiert ist. Wir nehmen mehr die Facette des Unaussprechlichen wahr als die Facette einer unstimmigen oder unvollständigen Schilderung. Es ist gerade der Entzug, das Nicht-mehr-Können (vgl. Huth 2025), das uns affiziert: Obwohl wir es nicht wissen, steht es gleichzeitig im Raum, wirkt mächtig auf uns und gibt uns vor, behutsam zu agieren und zu sprechen.

Wir gehen in den Flur und die Psychologin fragt, ob ich mithospitieren darf. Neben der Mutter, die recht jung, aber sehr traurig und etwas leblos-schwach wirkt, sitzt eine Frau, die Familienhelferin: auch sie fragt die Mutter, die inzwischen eigentlich schon ganz gut deutsch kann, noch einmal. Die Mutter schaut mich skeptisch an und willigt dann langsam ein, scheint aber nicht ganz überzeugt zu sein. Sie wirkt misstrauisch. Ich bedanke mich deshalb deutlich bei ihr, sie freundlich anschauend, mit einem ‚danke‘. (BP SPZ, 17.7.2012, S. 7)

Der Junge selbst ist recht groß und kommt mit der Psychologin bereitwillig mit. Wir setzen uns im Büro an den Tisch, er zwischen uns und die Psychologin fragt ihn wegen mir nochmal. Auch ich erkläre dann, dass ich hier bin, um etwas zu lernen von Frau Sterner. Es ist klar, dass er alles registriert. Allerdings macht er weder sein Einverständnis noch seine Nichtzustimmung deutlich. Alles bleibt im Augenkontakt zwischen uns aufgehoben. Auch während des nun folgenden langen Tests schaut er aus den Augenwinkeln immer mal wieder zu mir. Ich berichte das der Psychologin später im Nachgang und frage sie, was sie glaubt, wie meine Anwesenheit gestört hat. (BP SPZ, 17.7.2012, S. 8)

Die dokumentarische Notationsart, die hier aufgrund der ganztägigen Beobachtung eines dicht getakteten Feldes gewählt wurde, erreicht in Bezug auf die Darstellung von Affizierungen und Verletzungserfahrungen ihre Grenzen. Als Feldprotokoll und nicht als Fallprotokoll ist es in der Ausführlichkeit der einzelnen Fallvorstellungen limitiert.[14] Was verrät das Protokoll über die Begegnung mit diesem Fall, wie die Psychologin und die Sozialforscherin sich die leidvollen Erfahrungen der Betroffenen zu erschließen versuchen? Schon in der Fallpräsentation durch die Psychologin ist die Brüchigkeit der Erzählung der Mutter angedeutet worden: Durch die Erwähnung des Abtreibungsversuchs sowie die der Schwierigkeit, eine liebevolle Mutter-Kind-Beziehung zu entfalten, deutet sich an, dass es anders gewesen sein könnte – die Vermutungen der Professionellen erscheinen plausibel. Während der erste Protokollausschnitt die Unergründlichkeit des Falls für das Feld verdeutlicht, taucht im zweiten Protokollausschnitt (BP SPZ, 17.7.2012, S. 7) ein Gesicht für mich auf; die Betroffene erscheint nun konkret. Dabei tritt das fragliche Geschehen in den Hintergrund, denn mich affiziert ihre Erscheinung. Mich erschüttert die Traurigkeit einer so jungen, schönen Frau. Sie wirkt, als sei sie von einem Kokon umgeben, der sie von allen anderen, sie von der Welt, trennt. Ich spüre den Impuls, diese Traurigkeit abmildern zu wollen, und werde gleichzeitig gewahr, dass man zu ihr nicht vordringen kann, dass alles zu invasiv wäre. Das Nichtzugängliche des Falls, das Anders-bleibende, schafft hier für die Forscherin etwas, das sie langfristig beschäftigt, bleibend affiziert und sie sich erst mit der Zeit (Strotmann 2025) teilweise erschließen kann.

Zwei Arten der Entzogenheit charakterisieren den Fall: Erstens ist er durch die Entzogenheit der Geschehnisse sachlich nicht bestimmbar und wird zu dem Fall, der nicht inkludiert werden kann und dem nicht zu helfen war. Zweitens entzieht er sich mir als Forscherin auf der Beziehungsebene. Der Kontakt mit der Mutter gelingt nicht. Mit dieser doppelten Entzogenheit lässt er sich schwer zu einer konkreten Forschungsthematik ‚verarbeiten‘: Im Rahmen der Fragestellung des Projektes bleibt er deshalb außen vor, wird aber zu einer wichtigen Materialquelle, als wir uns den Thematiken des Affiziertwerdens als Forschende durch Feldgeschehnisse und der empirischen Erforschung von Verletzungserfahrungen Anderer zuwenden.

Dieser Protokollausschnitt kann als Zeugnis dafür gelten, wie Feldforschung langanhaltend affizieren kann: die Gedanken immer wieder heimsuchend – womit der Fall nachträglich ‚bindet‘ –, aber gleichzeitig in einem Nicht-Verstehen, in einem Sich-nicht-erschließen-Können bleibend. Erst im Rückblick – also mit der Zeit, die es braucht, damit sich Erfahrungen bilden –, wird deutlich, was hier zu erfahren war (zumindest für die Forschende). Die Betroffenheit der Frau war für mich spürbar. Ihre Erfahrung der (vermuteten) Verletzung wird präkommunikativ geäußert, nicht kommunikativ. Es ist gerade die Unaussprechlichkeit der Verletzungserfahrung, die epistemisch wirksam ist und affiziert, aber offenbleibende Deutungsspielräume hinterlässt. Die Vermutung der Vergewaltigung ist wie eine Spur, beinhaltet also Abwesendes und Anwesendes zugleich. Die verströmte Traurigkeit hat den Charakter eines Anzeichens: sie verweist darauf, wie die Frau sich fühlen mag, ist darin aber auch nicht eindeutig. Dass sich Deutungen entziehen, lässt diese Forschungsbegegnung für mich zu einer Alteritätserfahrung werden; dass mich seitdem diese Begegnung affiziert und nachträglich sensibilisiert, lässt sie für mich selbst zu einer neuen Erfahrung des Verletzlich-Seins werden.

4 Verletzung erfahren: Ein relationales Geschehen, das nachwirkt

Wir haben bisher für eine stärkere konzeptuell-terminologische Differenzierung innerhalb des Vulnerabilitätsdiskurses argumentiert. Gegenüber den von uns dargelegten Tendenzen, Vulnerabilität auf eine Zuschreibungspraxis zu verengen, sehen wir es als notwendige Ergänzung an, die Perspektive der Erfahrung stärker zu thematisieren und deren Artikulationsmöglichkeiten genauer zu analysieren. Für eine empirisch begründete Verletzbarkeitsforschung erwachsen daraus Fragen, welche epistemische Funktion der Sensibilisierung der Forschenden für die Erfahrungen Anderer zukommt und welche method(olog)ischen Konsequenzen die (Nicht-)Mitteilbarkeit dieser Erfahrungen nach sich ziehen. Zu erkennen ist, dass Forschende ihr eigenes Affiziert-Werden durch Verletzungsartikulationen Betroffener analytisch berücksichtigen und die Verschränkung zwischen Verletzungserfahrungen Betroffener und ihrer Erfahrbarkeit reflektieren müssen. Thema hierbei ist die sich (nicht oder allmählich) einstellende Sensibilisierung für die verletzte Sensibilität Betroffener. Diese allmähliche Sensibilisierung ist Teil des Forschungsgeschehens selbst; das oben beschriebene Angesprochensein findet in dieser allmählichen Sensibilisierung seinen konkreten Ausdruck. Die ausgewählten Fallbeschreibungen vermitteln einen Eindruck davon: In beiden steht das Angesprochensein der involvierten Akteur:innen (der Neurowissenschaftler:innen im ersten Beispiel, der klinischen Professionellen in der Pädiatrie im zweiten) und von uns als Sozialforscher:innen im Vordergrund. Unsere Beschreibungen gehen von den Verletzungserfahrungen Einzelner (der Patientin, der Mutter) aus. In beiden Fällen steht allerdings infrage, ob die jeweilige Art und Weise der Behandlung bzw. Betreuung neue Verletzungen zeitigen. In beiden Kontexten verfügen die Akteur:innen über Aufmerksamkeit und Umsicht dafür, mit von Verletzungen betroffenen Personen umzugehen (z. B. durch eine biografisch disruptive Krankheit und ein mögliches Gewalterleben), ohne dass hiermit eine beständige Sicherheit einhergeht, wie diese Verletzungserfahrungen bewältigt werden können und wie ihnen zu begegnen ist. Es entsteht eine Atmosphäre, in der sich alle Beteiligten darauf einzustellen haben, dass es zu neuen Verletzungserfahrungen kommen kann, eine Stimmung, die wir als Sozialforscher:innen nur auszugsweise miterlebt haben und hier nur an einzelnen Situationen nacherzählen können.

Um in diesen epistemisch wie method(olog)isch relevanten Fragen weiterzukommen, bieten sich u. E. phänomenologische Ansätze als Konzeptualisierungen an, um diese subtilen Ausdrucksgeschehen nach Erfahrungen der Verletzlichkeit und der Verletzung genauer analysieren und beschreiben zu können. Aus Platzgründen umreißen wir hier nur zwei Aspekte und deren Bedeutung für die Erforschung von Verletzungserfahrungen Anderer. Erstens begreifen wir Verletzungserfahrungen als relationale Phänomene. Diesen Aspekt haben wir bislang durch die Dimensionen der Erfahrung und Erfahrbarkeit herausgestellt. Zweitens ist in den Fallbeispielen die Zeitlichkeit, der diese Erfahrungen unterliegen, deutlich geworden. Nicht in der Situation selbst, sondern erst allmählich bzw. nachträglich stellen sich bei den Forschenden Erfahrungen ein, die als Deutungen gelten können, mit denen sie zu Teilen die Verletzungserfahrungen der Betroffenen begreifen.

4.1 Der relationale Charakter von Verletzungserfahrungen

Verletzbarkeit ist bereits als relationales Phänomen bestimmt worden, z. B. bei Butler oder in der feministischen Care-Ethik (vgl. Tronto 1993). Entscheidend für diese Position ist, dass Verletzungserfahrungen nicht von der Erfahrbarkeit durch Andere zu trennen sind. Dafür knüpfen wir an die oben genannten leibphänomenologischen und alteritätstheoretischen Vorarbeiten von Huth (2016, 2020, 2024) an, dessen Ausführungen hinsichtlich der Relationalität von Verletzbarkeit stark von der Philosophie Levinas‘ (2011) geprägt sind. Das Werk von Levinas ermöglicht ein ‚Denken vom Anderen her‘. In seiner Alteritätsphilosophie oder -ethik sind Verletzbarkeit und Verantwortung zentrale terminologische Referenzen, an denen sich auch unser Anliegen orientiert.[15] Für unsere Konzeption ist die Verknüpfung der Verletzungserfahrung des einen mit der der Anderen relevant sowie die Weise, wie sie sich gegenseitig hervorbringen. Huth bemerkt dazu:

„It is my own vulnerability that makes me susceptible to the other and her saying: The other addresses me by virtue of her appearance […] being addressed by the other is possible only through a sensitivity, or passivity, of my own that is indistinguishable from my vulnerability“ (Huth & Thonhauser 2020: 548 f.).

Mit dieser doppelten Inblicknahme wird Verletzbarkeit auf eine Weise beschrieben, die den Zugang zu Verletzungserfahrungen der Anderen an das eigene Erleben bindet, verletzlich zu sein. Es ist meine eigene Verletzlichkeit, die eine Sensibilität dafür zeitigt, wofür und für wen ich mich empfänglich zeige, und wie ich mich vom Anderen angehen lasse (vgl. Zirfas 2022: 422 f.). Verletzungserfahrungen relational aufzufassen, impliziert, auf ein Dazwischen einzugehen, in dem sich eine Adressierung, ein Angesprochenwerden formieren kann, dessen Bedeutung nicht vorab festgelegt ist. Die von Huth bezeichnete Passivität ist dabei ambivalent akzentuiert: Sie bezieht ein, von etwas oder jemandem angesprochen zu sein, berührt zu werden, was oder der:die mir zunächst unverständlich erscheint, dessen:deren Berührung ich möglicherweise (erst) als unannehmbar empfinde. Hierin zeigt sich der relationale Charakter von Erfahrungen der Verletzbarkeit: die gebrochene, noch unabgeschlossene Artikulation, verletzt worden zu sein, wird mein ‚Eintritt‘ zu den Verletzungserfahrungen des/der Anderen und, vice versa, meine allmähliche Sensibilisierung durch das Angesprochenwerden vom Anderen, vergegenwärtigt mir selbst, verletzbar zu sein.

Zwischen den von uns vorgeschlagenen phänomenologischen Konzeptionen und den Beschreibungen Butlers (2005) zu Verlust und Verwundbarkeit gibt es durchaus Anschlussmöglichkeiten. Denn Butler macht auf Momente des Ergriffenseins durch und der Empfänglichkeit für Andere aufmerksam. Diese Beschreibungen betonen, wie ein Selbst durch Andere getroffen wird und seine Gewissheit vorübergehend verliert: „Wir werden von dem jeweils anderen zunichte gemacht. Und wenn nicht, fehlt uns etwas“ (Butler 2005: 40). Butler bezieht die Bedeutung, durch die Begegnung mit dem Anderen außer sich zu sein (ebd.: 41), auf weitläufige Erfahrungen und Empfindungen von Beziehungen, zu denen etwa Begehren und Trauer gehören. Ihre Aussagen sind vor dem Hintergrund zu lesen, politische Verfasstheit jenseits eines Strebens nach Autonomie neu zu denken. Dabei gehen konkrete Beschreibungen situativer Artikulationen, verletzt worden zu sein und diese Verletzlichkeit zu vernehmen, jedoch verloren. Daher plädieren wir für einen phänomenologischen Zugang, der bei (Verletzungs-)Erfahrungen bleibt, die Bedingungen ihrer Mitteilbarkeit reflektiert und danach fragt, welche sozialen Bindungen hieraus folgen und wie diese gestaltet sind (auch in Forschungskontexten).

Wie lässt sich diese philosophische bzw. phänomenologische Annäherung an die Relationalität von Verletzungserfahrungen für die interpretative Sozialforschung fruchtbar machen? Sie stellt bewährte qualitative Forschungszugänge vor Herausforderungen, denn um dem hier anvisierten Verhältnis zwischen Beforschten und Forschenden Rechnung zu tragen, verbietet sich ein Rückzug auf die reine Beobachterperspektive, wie es vielen ethnografischen Ansätzen eigen ist.[16] Was kann die interpretative Sozialforschung wiederum durch den Zugang zu Verletzungserfahrungen erschließen und für sich gewinnen? In Aussicht steht eine bisher noch nicht erzielte Beschreibungsform, die aus der spezifischen Figuration zwischen Verletzungserfahrungen Betroffener und ihrer Erfahrbarkeit durch Andere herrührt. Denn diese Verflechtung herauszuarbeiten – wonach die Erfahrung der Betroffenen die Erfahrbarkeit der Adressaten mitkonstituiert – erfordert, sie in ihren konkreten Gestalten und Dynamiken sichtbar zu machen. Methodisch innovative Forschungsansätze – wobei wir hier vor allem ethnografische Begegnungen anvisieren – beziehen also bei Fragen nach der Mitteilbarkeit von erfahrenen Verletzungen das Angesprochensein, das von diesen Verletzungen ausgeht, mit ein und explizieren dieses. Damit einher geht die Sichtbarmachung, wie sich Sozialforscher:innen davon sensibilisieren lassen, wie Betroffene versuchen, Verletzungserfahrungen zu artikulieren, wodurch diese Artikulationen in den jeweiligen Feldern ver(un)sichert (Alloa & Lagaay 2008) und wie Andere dadurch affiziert werden. In unserem Vorschlag wissen Sozialforscher:innen vorab nicht, wer als verletzlich gilt. Sie beobachten und analysieren stattdessen ihre Responsivitätsregister (Waldenfels) im Forschungsprozess mit. Eine derartige Annäherung begreift erfahrene Verletzungen als ein Geschehen, das alle Beteiligten, auch die Forschenden, involviert und sie zu Erlebenden und Erfahrenden macht, die aus der Forschung anders hervortreten.

4.2 Affizierung und nachträgliche Erfahrungsbildung

Voraussetzung dafür sind variierte Selbstbeobachtungen und -beschreibungen, die stärker Affizierungen in all ihren Facetten als Deutungsquellen einbeziehen. Waldenfels‘ Entwurf einer responsiven Phänomenologie (Waldenfels 1994, 2002, 2015) bietet ergiebige Quellen und instruktive Beschreibungsweisen zur Annäherung an Verletzungserfahrungen. In diesem Entwurf steht der widerfahrende Charakter von Erfahrungsbildungen im Vordergrund. Damit eröffnen sich Perspektiven für soziologisch bislang vernachlässigte Formen der Passivierung, des Erleidens und des Antuns, für die in den letzten Jahren allerdings eine stärkere Sensibilisierung eingesetzt hat.[17] Gegenüber typischen Bestimmungen der Affektforschung – deren Aufmerksamkeit auf Affekte vor allem einander berührende Körper betrifft –, betont Waldenfels das Getroffensein eines leiblichen Selbst:

„Das lateinische Wort Affekt, das wörtlich als eine Art An-tun und nicht wie vielfach als bloßer Zustand zu verstehen ist, hebt die Wirkung hervor, die jemand erleidet. […] Es handelt sich hierbei um ein leibliches Phänomen par excellence, da nur ein Selbst, das leiblich ausgesetzt ist, in seinem Eigensten von Fremden angerührt werden kann“ (Waldenfels 2015: 81).

Erst die Bestimmung, dass Affekte jemanden betreffen – und nicht lediglich geschehen –, erlaubt es, ein affizierendes Getroffensein als Bedingung für Verletzungserfahrungen tiefergehend zu analysieren. Widerfahrnisse gelten als verletzend, „insofern sie den normalen Lauf der Dinge“ verlassen, in „gewohnte Lebensweisen“ eindringen und eine „bestimmte Integrität“ (Waldenfels 2002: 62) antasten. Allerdings vermitteln sich diese Bruchlinien nicht als solches, sondern als affektive Wirkungen, die ein leibliches Selbst (be)treffen.

Mit dem Hinweis auf die Ebene des Affektiven ist eine weitere Dimension von Verletzungserfahrungen – neben ihrer Relationalität – gekennzeichnet: sie sind charakterisiert durch ein verzögertes oder nachträgliches Einsetzen der ausdrücklichen Erfahrung. Erfahrungsbildungen brauchen immer ihre Zeit. Doch zur Struktur von Verletzungserfahrungen gehört, dass hier diese Dimensionen der Zeitlichkeit besonders deutlich hervortreten: allmählich, latent, heimsuchend. Solche Beschreibungen sind in den obigen Ausführungen und den Fallvignetten schon aufgetaucht. Wir haben die Latenz von Phänomenen der Verletzbarkeit und Verletzung hervorgehoben: diese Erfahrungen zeigen sich nicht als solche, sie werden einzig vermittels anderem vernehmbar (wobei diese Artikulation nicht sprachlich sein muss, wie das Schweigen der Frau aus dem zweiten Beispiel). Die responsive Phänomenologie bietet auch hierfür analytische Mittel, den Zeitlichkeitscharakter von Widerfahrnissen und damit auch von Verletzungsgeschehen genauer zu charakterisieren. Waldenfels verbindet die Erfahrung einer affektiv-leiblich erfahrenen Getroffenheit mit einer diese zur Sprache bringenden Antwort, die allerdings erst mit zeitlicher Verzögerung (Diastase[18]) eintrifft, während das, wovon wir getroffen werden, seinem Verstehen vorausgeht. Damit ist kein Ursache-Wirkung-Verhältnis gemeint, sondern jenes komplexe Verhältnis zwischen erfahrener Verletzung und einer sie zum Ausdruck bringenden Deutung, ihrer Erfahrung:

„Was uns zustößt oder zufällt, ist immer schon geschehen, wenn wir darauf antworten. Eben deshalb hat jede Bezugnahme auf Widerfahrnisse einen indirekten Charakter, sie geschieht aus einem zeitlichen Abstand heraus“ (Waldenfels 2002: 56).

Damit ist eine weitere Herausforderung für die interpretative Sozialforschung beschrieben. Je mehr die zu bildende Erfahrung „den normalen Lauf der Dinge“ (Waldenfels 2002: 62) durchbricht, durch Widerfahrnisse charakterisiert ist, desto mehr kämpft sie damit, diese überhaupt versprachlichen und kommunizieren zu können. Entzogenheiten, Unaussprechliches, Sprachloses gehören zu solchen zu bildenden Erfahrungen. Daraus folgt, dass empirische Analysen von Verletzungserfahrungen einen deskriptiven Weg einzuschlagen haben, der sowohl das Mitteilbare der Erfahrungen als auch das Nicht(mit)teilbare, das Sich-Entziehende, darzustellen vermag. Thematisch sind nicht nur Sinnbildungsprozesse, sondern gleichermaßen – und das ist neu für die Soziologie – Momente und Prozesse des Sinnentzugs. Zu erfassen sind nicht nur Relevanzstrukturen für Handlungsabsichten und -pläne, sondern ebenso Motive und Formen der Passivität, des Nicht-mehr-Könnens (vgl. Huth 2025) und des Getroffenseins. Schließlich sind Perspektiven zu erschließen, die Formen des Verstehens sichtbar machen, die ‚unterhalb‘ kommunikativer und performativer Verständigungen verlaufen und die zu Teilen unverfügbare Erfahrung in ihrer Spurenhaftigkeit nachzeichnen können.

5 Schluss

Wir plädieren dafür, innerhalb der Vulnerabilitätsforschung die Erfahrungsperspektive von Verletzungsphänomenen stärker zu fokussieren und bieten dafür konzeptuelle Überlegungen an, die auch schon erste method(olog)ische Konsequenzen für interpretative Forschungs- und Deskriptionsweisen ableiten.

Verletzungserfahrungen beschreiben zu können, setzt mit der Betroffenheit, dem Erleben und Erleiden der Subjekte ein, die verletzt worden sind. Wie wir dargelegt haben, folgen wir diesem bereits in der Gewaltsoziologie (Hartmann 2022) begründeten Ausgangspunkt. Allerdings haben wir anschließend an leibphänomenologische und alteritätstheoretische Überlegungen zu Verletzbarkeit (Huth 2016, 2020, 2025) angemerkt, dass eine Besonderheit erfahrener Verletzungen darin liegen kann, dass sie für die Betroffenen (wenn überhaupt) einzig gebrochen und unabgeschlossen artikulierbar sind. Die Schwierigkeiten, erlittene Verletzungen mitteilbar zu machen, bezeichnen ihre spezifische Erfahrungsstruktur: Sie kommen nicht in einer kohärenten Erzählung zu einem (Ab-)Schluss, ihre Bezeugungsformen bleiben fragmentarisch, womöglich lassen sie sich unter Umständen gar nicht sprachlich kommunizieren. Für die Thematisierung erfahrener Verletzungen erscheint es uns daher unabdingbar, sie mit ihrer Erfahrbarkeit durch Andere als verschränkt zu betrachten, also durch die Sozialforscher:innen selbst, die ihre eigenen Erfahrungen mit einbeziehen und darlegen müssen.

In den beiden Fallbeispielen haben wir versucht, dieses Anliegen umzusetzen. In beiden Fällen sind es Andere – die Professionellen bzw. wir als Sozialforscher:innen –, die von den potenziell erlittenen Verletzungen der Mutter bzw. der Patientin affiziert werden und nach Zugängen suchen, was es für die jeweils betroffenen Personen bedeutet, verletzt worden zu sein. Unsere Fallvignetten sollten auch die methodischen Schwierigkeiten bzw. die Limitation bisheriger qualitativer Herangehensweisen aufzeigen. Um Verletzungserfahrungen, die sich nicht abschließbar sprachlich und kommunikativ repräsentieren, zu analysieren, sind für folgende Aspekte neue method(olog)ische Herangehensweisen zu erproben: die Affizierungen und Affizierbarkeit von Forschenden sind einzubeziehen und Mittel zu explorieren, wie diese sichtbar gemacht werden können. Für die unumgehbare Alterität, d. h. für das Nichtverstehen von Verletzungserfahrungen Anderer bei gleichzeitigem Affiziertsein, sind Darstellungsformen zu entwickeln und alteritätstheoretische Ansätze zu rezipieren. Neben dem in der qualitativen Forschung tradierten Mittel der Reflexion ist für die qualitative Forschung in diesem Bereich die Sensibilisierung der Forschenden entscheidend. Was aber, wenn diese Sensibilisierung nicht gelingt? Sensibilisierung ist sowohl leiblich wie ethisch dimensioniert. Woran überhaupt wäre zu erkennen, ob eine Sensibilisierung gelungen ist oder nicht?[19] Und schließlich wird es dringlich, dass sich die qualitative Forschung affektiven, responsiven und präkommunikativen Ebenen menschlicher Artikulation öffnet, um diese soziologischen Forschungsweisen zugänglich zu machen.

Über die Autoren

Claudia Peter

Claudia Peter, Soziologin. 2014–2019 Professur für Soziologie mit Schwerpunkt Qualitative Methoden an der Goethe-Universität Frankfurt.

Arbeitsschwerpunkte: Vulnerabilitätsforschung; Affektforschung; Phänomenologie. Methodische Ausrichtung: Sozialforschung im Modus der Zeugenschaft; Sensitive Research.

Marc Strotmann

Marc Strotmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Hamburg.

Forschungsschwerpunkte: Wissenschaftssoziologie; STS; Affektforschung; Qualitative Methoden insb. Ethnografie.

Danksagung

Für wertvolle Anmerkungen und Korrekturen danken wir Eddie Hartmann, Frithjof Nungesser und Dennis Wilke sowie den anonymen Reviewer:innen dieses Beitrags.

Literatur

Alloa, E. & A. Lagaay (Hrsg.), 2008: Nicht(s) sagen. Strategien der Sprachabwendung im 20. Jahrhundert. Bielefeld: Transcript.10.1515/9783839408285Search in Google Scholar

Bernhardt, F., 2017: Der eigene Schmerz und der Schmerz der anderen. Versuch über die epistemische Dimension der Verletzlichkeit. Hermeneutische Blätter 23: 7–22.Search in Google Scholar

Boltanski, L. & L. Thévenot, 2007: Über die Rechtfertigung. Eine Soziologie der kritischen Urteilskraft. Hamburg: Hamburger Edition.Search in Google Scholar

Butler, J., 2004: Precarious Life. The Powers of Mourning and Violence. London, New York: Verso.Search in Google Scholar

Butler, J., 2005: Gefährdetes Leben. Politische Essays. Frankfurt/Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Butler, J., 2009: Frames of War. When Life is Grievable? London, New York: Verso.Search in Google Scholar

Butler, J., 2016: Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung. Berlin: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Castel, R., 2000: Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit. Konstanz: UVK.Search in Google Scholar

Clarke, A. E., J. K. Shim, L. Mamo, J. R. Fosket & J. R. Fishman, 2003: Biomedicalization: Technoscientific Transformations of Health, Illness, and U.S. Biomedicine. American Sociological Review 68: 161–194.10.1177/000312240306800201Search in Google Scholar

Coors, M., 2022a: Einleitung: Menschliche Verletzlichkeit, „vulnerable Gruppen“ und die Moral. S. 1–26 in: M. Coors (Hrsg.): Moralische Dimensionen der Verletzlichkeit des Menschen. Interdisziplinäre Perspektiven auf einen anthropologischen Grundbegriff und seine Relevanz für die Medizinethik. Berlin, Boston: De Gruyter.10.1515/9783110734522-001Search in Google Scholar

Coors, M., 2022b: Verletzlichkeit und Autonomie leiblicher Personen. S. 85–103 in: M. Coors (Hrsg.): Moralische Dimensionen der Verletzlichkeit des Menschen. Interdisziplinäre Perspektiven auf einen anthropologischen Grundbegriff und seine Relevanz für die Medizinethik. Berlin, Boston: De Gruyter.10.1515/9783110734522-004Search in Google Scholar

Ferrarese, E., 2016: Vulnerability: A Concept with Which to Undo the World as It Is? Critical Horizons 17: 149–159.10.1080/14409917.2016.1153885Search in Google Scholar

Fineman, M., 2013: Equality, Autonomy, and the Vulnerable Subject in Law and Politics. S. 13–28 in: M. Fineman & A. Grear (Hrsg.): Vulnerability: Reflections on a New Ethical Foundation of Law and Politics. New York: Routledge.Search in Google Scholar

Flaßpöhler, S., 2021: Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren. Stuttgart: Klett Cotta.Search in Google Scholar

Gilson, E. C., 2011: Vulnerability, Ignorance, and Oppression. Hypatia 26: 308–332.10.1111/j.1527-2001.2010.01158.xSearch in Google Scholar

Gilson, E. C., 2014: The Ethics of Vulnerability. A Feminist Analysis of Social Life and Practice. New York: Routledge.Search in Google Scholar

Haraway, D., 1995: Die Biopolitik postmoderner Körper. Konstitutionen des Selbst im Diskurs des Immunsystems. S. 160–199 in: D. Haraway: Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt/Main, New York: Campus.Search in Google Scholar

Hartmann, E., 2022: Soziodizee und Gewaltverzicht. Zur Verstrickung soziologischen Denkens in ein modernes Versprechen. Mittelweg 36 31: 11–32.Search in Google Scholar

ten Have, H., 2015: Respect for Human Vulnerability: The Emergence of a New Principle in Bioethics. Journal of Bioethical Inquiry 12: 395–408.10.1007/s11673-015-9641-9Search in Google Scholar

Hirschauer, S., 2001: Ethnografisches Schreiben und die Schweigsamkeit des Sozialen. Zeitschrift für Soziologie 30: 429–451.10.1515/zfsoz-2001-0602Search in Google Scholar

Hitzler, R. & P. Eisewicht, 2016: Lebensweltanalytische Ethnographie. Weinheim: Beltz Juventa.Search in Google Scholar

Honneth, A., 1992: Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt/Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Huth, M., 2016: Reflexionen zu einer Ethik des vulnerablen Leibes. Zeitschrift für Praktische Philosophie 3: 273–304.10.22613/zfpp/3.1.9Search in Google Scholar

Huth, M., 2020: The Dialectics of Vulnerability: Can We Produce or Exarcerbate Vulnerability by Emphasizing It as a Normative Category? Philosophy Today 64: 557–576.10.5840/philtoday2020828348Search in Google Scholar

Huth, M., 2025: Zwischen Pathos und Spur. Phänomenologische Untersuchungen zur Erfahrung von Vulnerabilität. In: C. Peter, M. Strotmann & M. von Stetten (Hrsg.): Affektivität und Sozialität. Phänomenologie und Soziologie des Affektiven. Wiesbaden: Springer VS.Search in Google Scholar

Huth, M. & G. Thonhauser, 2020: Introduction. Philosophy Today 64: 537–555.10.5840/philtoday2020643346Search in Google Scholar

Kübler, A., 2020: The History of BCI. From a Vision for the Future to Real Support for Personhood in People with Locked-in Syndrome. Neuroethics 13: 163–180.10.1007/s12152-019-09409-4Search in Google Scholar

Lessenich, S., 2023: Leben machen und sterben lassen: Die Politik mit der Vulnerabilität. S. 1–21 in: H. Keul (Hrsg.): UnSichtbar. Interdisziplinäre Stimmen zu Vulnerabilität, Vulneranz und Menschenrechten. Würzburg: Würzburg University Press.Search in Google Scholar

Levinas, E., 2011: Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. Freiburg: Karl Alber.Search in Google Scholar

Liebsch, B., 2010: Das verletzbare Selbst. Subtile Gewalt und das Versprechen der Sensibilität. S. 141–156 in: E. Koch (Hrsg.): Gewalt in der Sprache. Rhetoriken verletzenden Sprechens. Boston: Brill.10.30965/9783846749333_008Search in Google Scholar

Liebsch, B., 2012: Grenzen der Lebbarkeit eines sozialen Lebens. Anerkennung und sozialer Tod in der Philosophie Judith Butlers. S. 303–328 in: N. Ricken & N. Balzer (Hrsg.): Judith Butler: Pädagogische Lektüren. Wiesbaden: VS.10.1007/978-3-531-94368-8_12Search in Google Scholar

Liebsch, B., 2024: Prolegomena zum Verständnis der Verletzbarkeit Anderer. S. 357–387 in: B. Liebsch: ‚Die‘ Gewalt und ‚wir‘. Sozialphilosophische Beiträge zur Geschichte, zu Widerfahrnissen und aktuellen Brennpunkten. Baden-Baden: Alber.10.5771/9783495991862Search in Google Scholar

Lotter, M.-S., 2022: Sind „vulnerable Gruppen“ vor Kritik zu schützen? Die Funktionen der Redefreiheit für die liberale Demokratie und die Ideologisierung der Vulnerabilität. Zeitschrift für praktische Philosophie 9: 375–398.10.22613/zfpp/9.2.16Search in Google Scholar

Müller, O. & S. Rotter, 2017: Neurotechnology: Current Developments and Ethical Issues. Frontiers in Systems Neuroscience 11. DOI: 10.3389/fnsys.2017.00093.10.3389/fnsys.2017.00093Search in Google Scholar

Nungesser, F., 2019: Die Vielfalt der Verletzbarkeit und die Ambivalenz der Sensibilität. Zeitschrift für Theoretische Soziologie 8: 24–37.10.3262/ZTS1901024Search in Google Scholar

Peter, C., 2018a: Ethnografische Beschreibungen als Praxis des Bezeugens. Zu ethnografischen Möglichkeiten, außeralltägliche oder außerordentliche Phänomene zu erforschen. S. 308–318 in: M. Pfadenhauer & A. Poferl (Hrsg.): Wissensrelationen. Kongressband; Weinheim: Beltz Juventa.Search in Google Scholar

Peter, C., 2018b: Ethnografie im Modus der Zeugenschaft. S. 251–264 in: Hitzler, R., M. Klemm, S. Kreher, A. Poferl & N. Schröer (Hrsg.): Herumschnüffeln – Aufspüren – Einfühlen. Ethnographie als ‚hemdsärmelige‘ und reflexive Praxis, Essen: Oldib.Search in Google Scholar

Peter, C., 2025: Bezeugung affiziert. Responsivität und Responsabilität in bezeugenden Forschungssituationen. In: C. Peter, M. Strotmann & M. von Stetten (Hrsg.): Affektivität und Sozialität. Phänomenologie und Soziologie des Affektiven. Wiesbaden: Springer VS.Search in Google Scholar

Popitz, H., 2004: Phänomene der Macht. Tübingen: Mohr Siebeck.Search in Google Scholar

Reichertz, J., 2020: Einleitung: Grenzen der Kommunikation – Kommunikation an den Grenzen. S. 9–27 in: J. Reichertz (Hrsg.): Grenzen der Kommunikation – Kommunikation an den Grenzen. Weilerswist: Velbrück.10.5771/9783748920533-9Search in Google Scholar

RMMS (Regional Mixed Migration Secretariat East Africa & Yemen), (2017): Human Smuggling – No Victimless Crime: Voices from Those on the Move, Nairobi. https://mixedmigration.org/wp-content/uploads/2018/05/017_human-smuggling.pdf (Abgerufen am 30.01.2024).Search in Google Scholar

Rogers, W., C. Mackenzie & S. Dodds, 2012: Why Bioethics Needs a Concept of Vulnerability. International Journal of Feminist Approaches to Bioethics 5: 11.10.2979/intjfemappbio.5.2.11Search in Google Scholar

Rostalski, F., 2024: Die vulnerable Gesellschaft. Die neue Verletzlichkeit als Herausforderung der Freiheit. München: C. H. Beck.10.17104/9783406814631Search in Google Scholar

Seyfert, R., 2019: Beziehungsweisen. Weilerswist: Velbrück.10.5771/9783748905264Search in Google Scholar

Strotmann, M., 2025: „Ein Riss ohne etwas, das zerreißt“. Zur Nachträglichkeit von Affekten und ihrer Erzählbarkeit. In: C. Peter, M. Strotmann & M. von Stetten (Hrsg.): Affektivität und Sozialität. Phänomenologie und Soziologie des Affektiven. Wiesbaden: Springer VS.Search in Google Scholar

Tavaglione, N., A. K. Martin, N. Mezger, S. Durieux-Paillard, A. François, Y. Jackson & S. A. Hurst, 2015: Fleshing out Vulnerability. Bioethics 29: 98–107.10.1111/bioe.12065Search in Google Scholar

Tengelyi, L., 2007: Erfahrung und Ausdruck. Dordrecht: Springer.10.1007/978-1-4020-5434-1Search in Google Scholar

Tronto, J. C., 1993: Moral Boundaries. A Political Argument for an Ethic of Care. New York: Routledge.Search in Google Scholar

Waldenfels, B., 1994: Antwortregister. Frankfurt/Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Waldenfels, B., 2002: Bruchlinien der Erfahrung. Frankfurt/Main: Suhrkamp.Search in Google Scholar

Waldenfels, B., 2015: Sozialität und Alterität. Berlin: Suhrkamp.Search in Google Scholar

WRC (Women’s Refugee Commission), (2019): „More Than One Million Pains“: Sexual Violence Against Men and Boys on the Central Mediterranean Route to Italy, New York. https://www.womensrefugeecommission.org/research-resources/more-than-one-million-pains-sexual-violence-against-men-and-boys-on-the-central-mediterranean-route-to-italy/ (Abgerufen am 30.01.2024).Search in Google Scholar

Zirfas, J., 2022: Sensibilität. S. 417–428 in: M. Dederich & J. Zirfas (Hrsg.): Glossar der Vulnerabilität. Wiesbaden: Springer.10.1007/978-3-658-30778-3_36Search in Google Scholar

Online erschienen: 2025-02-20
Erschienen im Druck: 2025-02-28

© 2025 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 31.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfsoz-2025-2007/html
Scroll to top button