Startseite Geschichte Performative Strategien des memento mori
Artikel
Lizenziert
Nicht lizenziert Erfordert eine Authentifizierung

Performative Strategien des memento mori

Erfahrungen der Vergänglichkeit in der Gegenwartslyrik (Dündar, Kunert)
  • Antje Schmidt
Veröffentlicht/Copyright: 11. März 2019
Veröffentlichen auch Sie bei De Gruyter Brill
Paragrana
Aus der Zeitschrift Paragrana Band 27 Heft 2

Abstract

In einer gesteigerten Form der Memento-mori-Dichtung des Barock wurde die menschliche Sterblichkeit durch den Einsatz performativer Strategien für die Zeitgenoss*innen bereits zu Lebzeiten erfahrbar. So waren mahnende und tröstende Tote, die scheinbar direkt aus dem Jenseits zu den Lebenden sprechen, in Begräbnisgedichten und Grabinschriften allgegenwärtig. Ebenso waren Gedichte und Sterbelieder verbreitet, in denen der Sterbeakt performativ durchlebt werden konnte. In der Gegenwart, die sich nach Norbert Elias durch eine Verdrängung der menschlichen Vergänglichkeit zugunsten von Unsterblichkeitsphantasien, und somit einer Vermeidung von Erfahrungen mit der Vergänglichkeit, auszeichnet, gestalten einige deutschsprachige Lyriker*innen moderne Variationen dieses gesteigerten memento mori. In den untersuchten Gedichten von Özlem Özgül Dündar und Günter Kunert werden durch performative Verfahren Konfrontationen mit der eigenen Endlichkeit inszeniert, welche als moderne, säkulare Vergänglichkeitsmahnungen verstanden werden können.

Literatur

Ariès, P. (1982): Geschichte des Todes. 7. Aufl. München.Suche in Google Scholar

Asmann, A. (2012): Lesen als Kippfigur. Buchstaben zwischen Transparenz und Bildlichkeit. In: Krämer, S./Cancik-Kirschbaum, E./Totzke, R. (Hg.): Schriftbildlichkeit. Wahrnehmbarkeit, Materialität und Operativität von Notationen. Berlin, S. 235–244.10.1524/9783050057811.233Suche in Google Scholar

Benthien, C. (2010): ‚Vanitas, vanitatum, et omnia vanitas‘: The Baroque Transcience Topos and its Structural Relation to Trauma. In: Tatlock, L. (Hg.): Enduring Loss in Early Modern Germany. Cross Disciplinary Perspectives. Leiden, S. 51–69.10.1163/ej.9789004184541.i-478.11Suche in Google Scholar

Benthien, C. (2011): ‚Vanitas mundi‘. Der barocke Vergänglichkeits-Topos in bildender Kunst, zeitbasierten Medien und Literatur der Gegenwart. In: Nordverbund Germanistik (Hg.): Frühe Neuzeit – Späte Neuzeit. Phänomene der Wiederkehr in Literaturen und Künsten ab 1970. Bern, S. 87–109.Suche in Google Scholar

Dündar, Ö. Ö. (2015): für die körper die toten. In: Deppert, F./Döring, C./Juritz, H. F. (Hg.): leuchtendes legato in moll. Literarischer März 19. Frankfurt/M., S. 71.Suche in Google Scholar

Elias, N. (2002): Über die Einsamkeit der Sterbenden in unseren Tagen [1982]. In: Ders.: Über die Einsamkeit der Sterbenden in unseren Tagen. Humana conditio. München, S. 9–68.Suche in Google Scholar

Fischer-Lichte, E. (2012): Performativität. Eine Einführung. Bielefeld.10.1515/9783839411780Suche in Google Scholar

Gernig, K. (2001): Skelett und Schädel. Zur metonymischen Darstellung des Vanitas-Motivs. In: Benthien, C./Wulf, C. (Hg.): Körperteile. Eine kulturelle Anatomie. Reinbek bei Hamburg, S. 403–423.Suche in Google Scholar

Greber, E. (2008): Gewebe/Faden. In: Butzer, G./Jacob, J. (Hg.): Metzler Lexikon literarischer Symbole. Stuttgart, S. 126–129.Suche in Google Scholar

Hart Nibbrig, C. L. (1989): Ästhetik der letzten Dinge. Frankfurt/M.Suche in Google Scholar

Häsner, B./Hufnagel , H. S./Maassen, I./Traninger, A. (2011): Text und Performativität. In: Hempfer, K. W./Volbers, J. (Hg.): Theorien des Performativen. Sprache – Wissen – Praxis. Eine kritische Bestandsaufnahme. Bielefeld, S. 69–96.10.14361/transcript.9783839416914.69Suche in Google Scholar

Ingen, F. van (1966): Vanitas und Memento mori in der deutschen Barocklyrik. Groningen.Suche in Google Scholar

Jo ist , A. (2004): Auf der Suche nach dem Sinn des Todes. Todesdeutungen in der Lyrik der Gegenwart. Mainz.Suche in Google Scholar

Kienecker, F. (1976): Der Tod in der Dichtung des zwanzigsten Jahrhunderts. In: Paus, A. (Hg.): Grenzerfahrung Tod. Graz, S. 129–176.Suche in Google Scholar

Kunert, G. (2009): Als das Leben umsonst war. Gedichte. München.Suche in Google Scholar

Landsberg, P. L. (1973): Die Erfahrung des Todes. Frankfurt/M.Suche in Google Scholar

Nassehi, A./Weber, G. (1989): Tod, Modernität und Gesellschaft. Entwurf einer Theorie der Todesverdrängung. Opladen.10.1007/978-3-322-99833-0Suche in Google Scholar

Rist, J./Flor, C. (2016): Die Zwölfte Musikalische Hertzens=Andacht [1660]. In: Dies.: Neues musikalisches Seelenparadies Alten Testaments. Kritisch hg. u. komm. v. Steiger, J.A. Berlin, S. 194.Suche in Google Scholar

Rotzler, W. (1961): Die Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten. Ein Beitrag zur Forschung über die mittelalterlichen Vergänglichkeitsdarstellungen. Winterthur.Suche in Google Scholar

Szidzik, B. (2010): Verhüllung als Kunst im 20. Jahrhundert. Online unter: https://ediss.uni-goettingen.de/bitstream/handle/11858/00-1735-0000-0022-5FD1-F/Verh%C3%BCllung%20als%20Kunst%20im%2020.%20Jahrhundert.pdf?sequence=1 Letzter Zugriff: 14.3.2018.Suche in Google Scholar

Weckherlin , G. R. (1873): Des Redlichen F. v. B. Grabschrifft [1648]. In: Ders.: Gedichte. Hg. v. Goedecke, K. Leipzig, S. 252.Suche in Google Scholar

Wenzel, H./Lechtermann, C. (2001): Repräsentation und Kinästhetik. In: Paragrana 10 (1) S. 191–213.Suche in Google Scholar

Published Online: 2019-03-11
Published in Print: 2019-01-28

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Heruntergeladen am 27.12.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/para-2018-0042/pdf
Button zum nach oben scrollen