Band 18, Heft 1

Zusammenfassung Seit dem Aufkommen der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) vor 20 Jahren steht eine neue Methode zur nicht invasiven Messung von Gehirnfunktionen zur Verfügung, welche in den kognitiven Neurowissenschaften inzwischen weit verbreitet ist. Traditionell wurden fMRT-Daten vor allem verwendet, um globale Änderungen der Aktivität in bestimmten Gehirnregionen zu messen, wie sie etwa während einer kognitiven Verarbeitung auftreten. Die Entwicklung neuer Methoden ermöglicht nun einen verfeinerten, inhaltsbasierten Ansatz. Das „multivariate Decoding“ erlaubt es, die kognitive Information zu untersuchen, die in feinkörnigen fMRT-Aktivitätsmustern enthalten ist. Damit lässt sich die Kodierung spezifischer kognitiver Inhalte und Repräsentationen im Gehirn näher bestimmen. Hier wird ein Überblick über verschiedene Entwicklungen des multivariaten Decoding gegeben von der Anwendung in den kognitiven Neurowissenschaften (Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Belohnung, Entscheidungsfindung, emotionale Kommunikation) über neuere methodische Entwicklungen (Informationsfluss, oberflächenbasiertes Searchlight-Decoding) bis hin zur medizinischen Diagnostik gegeben.

Zusammenfassung Räumlicher Neglect stellt eine schwerwiegende Konsequenz von Hirnläsionen dar und ist durch die perzeptuelle und motorische Vernachlässigung einer Raumhälfte gekennzeichnet. Die zu Neglect führenden Läsionen treten innerhalb verteilter Netzwerke auf, die sich sowohl aus kortikalen Arealen (z.B. fronto-parietalen) als auch aus subkortikalen Strukturen (z.B. dem thalamischen Pulvinar) zusammensetzen. Die Entwicklung effektiver therapeutischer Strategien setzt ein detailliertes Verständnis der wichtigen Knotenpunkte und ihrer Interaktionen voraus. Allerdings sind präzise Informationen dazu aus Patientenstudien, aufgrund der Größe und Variabilität der mit Neglect assoziierten Läsionen, oft nur schwer zu erhalten. Experimentelle Modelle, bei denen definierte Gehirnregionen systematisch inaktiviert werden können, stellen daher eine wichtige Ergänzung zu den klassischen Läsionsstudien dar. Neglect-Modelle wurden beispielsweise bei nicht-humanen Primaten mithilfe lokaler, reversibler pharmakologischer Inaktivierung entwickelt, sowie bei gesunden Probanden mithilfe nicht-invasiver Stimulations-/Inaktivierungsmethoden wie der transkraniellen Magnetstimulation. In diesem Artikel diskutieren wir Theorien zum räumlichen Neglect, insbesondere die des hemisphärischen Ungleichgewichtes, und ihre empirische Evidenz. Ein Fokus liegt dabei auf Ergebnissen aus funktionellen Bildgebungsstudien, welche die Auswirkungen lokaler Läsionen auf dynamische Netzwerkaktivität untersuchen.

The advent of functional magnetic resonance imaging (fMRI) of brain function 20 years ago has provided a new methodology for non-in­vasive measurement of brain function that is now widely used in cognitive neurosci­ence. Traditionally, fMRI data has been an­alyzed looking for overall activity chang­es in brain regions in response to a stimu­lus or a cognitive task. Now, recent develop­ments have introduced more elaborate, con­tent-based analysis techniques. When mul­tivariate decoding is applied to the detailed patterning of regionally-specific fMRI signals, it can be used to assess the amount of infor­mation these encode about specific task-vari­ables. Here we provide an overview of sev­eral developments, spanning from applica­tions in cognitive neuroscience (perception, attention, reward, decision making, emotion­al communication) to methodology (informa­tion flow, surface-based searchlight decod­ing) and medical diagnostics.

Spatial neglect is a debilitating neuropsy­chological disorder that is characterized by an impaired or lost ability to explore the space contralateral to the lesion and to re­act to stimuli presented on this side. Lesion sites that have been implicated in spatial ne­glect form a widely distributed network con­sisting of a number of cortical (i.e., frontopa­rietal) and subcortical (i.e., thalamic) areas that are activated during attention and vi­suomotor tasks in healthy individuals. While detailed understanding of the brain circuits and mechanisms involved in spatial neglect is a prerequisite for the development of ef­fective therapies, this has proven to be dif­ficult in human patients because of the size and variability of lesion sites. Therefore, ex­perimental models where predefined brain regions can be systematically inactivated are of great advantage. Neglect models have been developed in nonhuman primates in whom it is possible to pharmacologically in­activate small brain regions and in humans by means of noninvasive stimulation/inacti­vation methods such as transcranial magnet­ic stimulation. In this article, we discuss theo­ries about the mechanisms of spatial neglect such as the hemispheric imbalance model and the supporting experimental evidence, with an emphasis on imaging experiments that have explored the effects of lesions on dynamic brain activity.