Band 18, Heft 2

Zusammenfassung Die Erfindung von Zahlensymbolen war ein entscheidender Schritt hin zur Entwicklung ausgeprägter mathematischer Fähigkeiten des Menschen, die ihrerseits den wissenschaftlich- technologischen Fortschritt ermöglichten. Vielfältige Studien zeigen, dass das grundlegende Verständnis von Anzahlen und Mengen nicht humanspezifisch, sondern im gesamten Tierreich verbreitet ist. Die Erforschung der neuronalen Grundlagen der numerischen Kognition hat in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte erzielt. Bildgebende Verfahren beim Menschen und Einzelzellableitungen bei nicht-humanen Primaten konnten Regionen des Gehirns identifizieren und näher charakterisieren, die eine zentrale Rolle bei der Repräsentation von Quantitäten spielen. Es zeigte sich, dass sich im Stirn- und Scheitellappen der Großhirnrinde Neurone befinden, die auf Anzahlen und Proportionen abgestimmt sind. Quantitäten werden als analoge Größen repräsentiert; dieser Code ist automatisch, unabhängig vom Darstellungsformat und nicht an Sprache gebunden. Diese Befunde legen nahe, dass unser Sinn für Zahlen auf einem phylogenetisch alten Vorläufersystem zur Repräsentation von Quantitäten basiert, dessen Netzwerke im Laufe der Evolution übernommen und weiterentwickelt wurden.

Zusammenfassung Die Bildung von Synapsen ist der zelluläre Mechanismus, durch den die Nervenzellen des Gehirns zu einem Netzwerk verknüpft werden. Zur Biogenese einer Synapse gehört eine Vielzahl hochkoordinierter molekularer Schritte, angefangen bei der initialen Kontaktaufnahme zwischen Axon und Dendrit über die Anordnung präsynaptischer und postsynaptischer Komponenten auf beiden Seiten des synaptischen Spalts bis zur Aufrechterhaltung der Synapse als ausdifferenzierte asymmetrische Zell-Zell-Kontaktstelle. Eine Vielzahl von Befunden legt nahe, dass nicht nur das postsynaptische, sondern auch das präsynaptische Kompartiment im Zuge der Synaptogenese Reifungsschritte durchläuft, bei denen sich die strukturellen und funktionellen Eigenschaften der Synapse ändern. Neuere Befunde zeigen, dass synaptische Zelladhäsionsmoleküle diese Reifungsvorgänge über den synaptischen Spalt hinweg regulieren können und so die Koordination der prä- und postsynaptische Differenzierung gewährleisten.

Zusammenfassung Neuronale Plastizität gibt unserem Gehirn die Möglichkeit, sich das ganze Leben lang an neue Anforderungen anzupassen. Plastizität im erwachsenen Gehirn ist jedoch oft eingeschränkt und das Lernen mühsamer als in der Jugend. Wir untersuchen mit einer Kombination von Verhaltenstests und einer minimal-invasiven Messung von Hirnaktivität am Modell des Sehsystems von Mäusen, wie sich Lernen und Plastizität mit dem Alter und nach Läsionen verändern und die Struktur und Funktion von Nervenzellnetzwerken modifizieren. Wir hoffen, so nicht nur die Mechanismen von Gehirnentwicklung, Funktion und Lernen besser zu verstehen, sondern auch neue klinisch relevante Ansätze zur Förderung von Regeneration und Rehabilitation nach Hirnschädigungen entwickeln zu können. Unsere bisherigen Untersuchungen haben klare Hinweise für den Einfluss weitreichender Netzwerke auf die Funktion und Plastizität der Hirnrinde erbracht: Sie spielen eine wichtige Rolle für die Entwicklung der funktionellen Architektur der Sehrinde, und Läsionen in einem Hirnareal verändern nicht nur die Funktion des direkt betroffenen Areals, sondern haben über diese Netzwerke auch Auswirkungen auf weiter entfernt liegende Areale, sogar auf der gegenüberliegenden Hirnhälfte.

Number symbols have allowed humans to develop superior mathematical skills that are a hallmark of technologically advanced cul­tures. Findings in animal cognition, devel­opmental psychology, and anthropology in­dicate that these numerical skills are rooted in nonlinguistic biological primitives. Recent studies in human and nonhuman primates using a broad range of methodologies pro­vide evidence that numerical information is represented and processed by regions of the prefrontal and posterior parietal lobes, where single neurons are tuned to preferred abso­lute quantities. Until recently, data explor­ing ratios of quantities, as in proportions and fractions, were comparatively sparse. New data derived with complementary methods and from different model systems now shed light on the mechanisms of magnitude ra­tio representations. A coding scheme for pro­portions has emerged that is highly reminis­cent of the representation of absolute num­ber. The magnitude code is automatic, inde­pendent of language and the format of pre­sentation. These findings suggest that the primate brain houses a phylogenetically old network for the representation of quantity that, during the course of human evolution, has been coopted to build our remarkable sense of number.

Synapse assembly is the cellular mechanism that mediates the generation of physical con­nections between nerve cells and, thus, al­lows for the establishment of functional con­nectivity in the brain. The biogenesis of a syn­apse requires a set of highly coordinated mo­lecular events, ranging from initial forma­tion of adhesive contacts between an axon and a dendrite, followed by the recruitment and precise arrangement of synaptic organ­elles and proteins on both sides of the syn­aptic cleft, and culminating in the mainte­nance and remodelling of the exquisite archi­tecture of a differentiated, i.e. mature, synap­tic junction. Both the postsynaptic and the presynaptic compartment are thought to un­dergo stages of maturation that change and shape synaptic structure and function in a characteristic way. Recent evidence suggests that transsynaptic signalling, elicited by post­synaptic cell adhesion molecules, regulates the molecular events underlying presynap­tic maturation. Thus, synaptic cell adhesion molecules, apart from physically connecting nerve cells, emerge as coordinators of presyn­aptic and postsynaptic differentiation across the synaptic cleft.

Neuronal plasticity forms the basis of our life­long ability to learn and adapt to new chal­lenges. Plasticity in adulthood, however, is of­ten limited and learning becomes increasing­ly laborious. Using a combination of behav­ioral tests and imaging of brain activity, we investigate in the visual system of mice how learning and plasticity change in the course of aging and after lesions and modify the structure and function of nerve cell networks. We hope that answering these key questions not only helps to understand the rules under­lying brain development, functioning, and learning, but will additionally open up new avenues to develop clinically relevant con­cepts to promote the regeneration and re­habilitation for diseased and injured brains. Our research has revealed clear evidence for a prominent influence of long-ranging neuro­nal interactions on cortical function and plas­ticity: they play a major role for the develop­ment of functional cortical architecture, and lesions in one cortical area affect function not only in the directly injured region but also in distant regions even on the opposite brain hemisphere.