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Mathilde Hennig & Robert Niemann (Hg.). 2022. Ratgeben in der spätmodernen Gesellschaft. Ansätze einer linguistischen Ratgeberforschung. Tübingen: Stauffenburg. 261 S.

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Published/Copyright: November 16, 2024

Rezensierte Publikation:

Mathilde Hennig & Robert Niemann (Hg.) 2022. Ratgeben in der spätmodernen Gesellschaft. Ansätze einer linguistischen Ratgeberforschung. Tübingen: Stauffenburg. 261 pp.


Selten zeigt sich in einem linguistischen Gegenstand die Verquickung von Individuum, Gruppe(n) und Gesellschaft in einer derart prägnanten Weise, wie das bei Praktiken des Ratsuchens und -gebens und ihren Manifestationen in verschiedenen Medialitätsformen der Fall ist. Wer nicht nur etwas über Ratsuchen und -geben als „zentrale Praktiken westlicher spätmoderner Gesellschaften“ (Spitzmüller in dem Band, S. 19) erfahren möchte, sondern sich auch für das enge Beziehungsgefüge zwischen Sprache und Gesellschaft interessiert, ist mit der Lektüre des Sammelbandes an der richtigen Stelle. Wer sich außerdem der sprachlichen Verfasstheit von Verunsicherung, Orientierung, Selbstermächtigung, Betroffenheitsbekundung, Vertrauensbildung, Empathieherstellung, Anmaßungspraktiken, Selbstoptimierung, Leistungsprinzipien, Selbstvergewisserung, Positionierungshandlungen, Ein- und Ausgrenzungspraktiken sowie Prinzipien der Homogenisierung zuwenden möchte, kann diesen anthropologischen Grundkonstanten in den Beiträgen nachspüren, weil sie an Formen des Ratgebens und der Beratung gebunden sind.

Es ist eine Herausforderung, einen derart vielgestaltigen Gegenstand systematisch in den Blick zu nehmen und für den Forschungsdiskurs angemessen aufzubereiten. Die Sammelschrift leistet dies besonders überzeugend, indem das Interaktionsgefüge zwischen Ratsuchen und -geben in den Blick genommen wird. Dabei wird an bestehende Forschung in der Linguistik angeknüpft, das Fach in seinem interdisziplinären Potential, beispielsweise im Austausch mit der Soziologie oder Kulturwissenschaften, präsentiert, und das Feld der linguistischen Ratgeberforschung in seiner aktuellen Breite thematisiert. Die Herausgeber:innen verstehen den Sammelband als Dokumentation für „ein gewachsenes Interesse an linguistischer Forschung zum Themenfeld des Ratgebens“ und zugleich als „Ausweitung des Gegenstandsbereichs früherer Forschungstraditionen“ (Hennig und Niemann in der Einleitung des Bandes, S. 14).

In der Einleitung werden zu Beginn unter Bezugnahme auf den Kulturwissenschaftler Thomas Macho das Ratgeben und die Beratung als tradierte und gesellschaftlich-kulturell bedingte Handlungsformen in Szene gesetzt. Ziel der ersten Absätze ist es, zunächst das Bedingungsverhältnis zwischen Rat und Gesellschaft aufzuzeigen, um dann in einem darauffolgenden Schritt die Relevanz der Sprache und einer linguistischen Auseinandersetzung damit herauszustellen. Die Herausgeber:innen spitzen (so ihre Selbstreflexion in der Fußnote 2, S. 8) ihr Narrativ dahingehend zu, dass der Zeitgeist der (westlich geprägten!) spätmodernen Gesellschaft sich zwischen Verwissenschaftlichung und Individualisierung der Lebensführung aufspanne (vgl. hierzu auch Reckwitz 2017), in der die Einzelnen versuchen, durch Leistung einzigartig zu sein, sich selbst zu verwirklichen und zugleich zu optimieren. Vor diesem Hintergrund plausibilisieren sie den zunehmenden Bedarf und die wachsende Relevanz der Beratung in der Gesellschaft. Sie präsentieren den Gegenstand in seiner „Ubiquität“ (Hennig/Niemann, S. 8), der sich auf dem Kontinuum zwischen privaten, halböffentlichen und öffentlichen Kommunikationsformaten einerseits, und zwischen schriftlichen, mündlichen oder hybriden andererseits abzeichnet. Und der Gegenstand betrifft

so ziemlich jeden Lebensbereich, sei es bspw. zum schlagfertigen Auftreten im Beruf, zu einem gesunden Lebensstil, zur richtigen Kindererziehung, zur optimalen Rasenpflege oder zum Finden eines tieferen Lebenssinns. (Hennig/Niemann, S. 8)

In dem Sammelband soll „die sprachliche Form des Beratens und Ratgebens“ (Hennig/Niemann, S. 11) in den Blick genommen werden. Dabei sollen das Medium ebenso Beachtung finden wie die Themenbereiche, die an beratende Praktiken gebunden sind. Ziel ist es, durch die unterschiedlichen Beiträge verschiedene Typen, damit verbundene sprachliche Prinzipien und normative Implikationen zu skizzieren. Neben dieser deskriptiven Herangehensweise, in der Beraten und Ratgeben als linguistischer Gegenstand beleuchtet wird, reflektiert der Sammelband aber auch die Rolle der Linguistik als ratgebende Instanz in der Gesellschaft. Damit wird gezeigt, dass sich die Linguistik nicht nur der sprachlichen Verfasstheit von gesellschaftlich brisanten Themen bzw. soziokulturell relevanten Praktiken zuwendet, sondern dass auch die Gesellschaft auf die Linguistik wirkt und zu innerfachlichen Diskussionen darüber anregt, welches Sprachverständnis die Linguistik vertritt, welches Selbstverständnis und welche Handlungsspielräume sie hat. Diese beiden Zugänge (linguistischer Gegenstand, Rolle der Linguistik) sollen im Folgenden die Rezension gliedern.

Beraten und Ratgeben als linguistischer Gegenstand

Jürgen Spitzmüller setzt sich mit Kreativitätsratgebern auseinander. Zunächst widmet er sich Kreativität als Schlüssel- und Hochwertwort, zeigt sodann, welche Deontik an das Kreativitätskonzept gebunden ist, und skizziert schließlich, welche Kreativitätsideologien mit „Positionierungspraktiken durch Kreativitätszu- und -abschreibungen“ (Spitzmüller, S. 29) verbunden sind. Besonders überzeugend arbeitet er drei Paradoxa heraus:

1. Das Paradoxon des nichttrivialen Einfachen

2. Das Paradoxon der allen zustehenden Distinktion

3. Das Paradoxon der institutionalisierten Kreativität (Spitzmüller, S. 32)

Alle drei Paradoxa zeigen auf eindrückliche Weise, wie sich in den Kreativitätsratgebern im Medium der Sprache ein Ringen zwischen Individuum und Gesellschaft abzeichnet: 1. ‚Kreativ sein‘ bzw. ‚wieder kreativ werden‘ ist für das Individuum eigentlich grundsätzlich leicht, erfordert aber zugleich Expertise eines Ratgebenden. 2. ‚Kreativ sein‘ kann zwar jeder/jede, das suggeriert die Textsorte, die jeden/jede dazu einlädt, kreativ zu werden. ‚Kreativ sein‘ ist aber zugleich ein Alleinstellungsmerkmal des Individuums, denn kreativ können nicht alle sein, sonst wäre es kein Alleinstellungsmerkmal. 3. Der Ratgeber als Orientierung gebende Textsorte reagiert mit gesellschaftlich-kulturell geprägten Normierungsversuchen auf individuelle Bedürfnisse, von der Norm abzuweichen. Antwort auf die Frage, warum sich diese Paradoxa in Kreativitätsratgebern abzeichnen, geben neben dem im Beitrag thematisierten Vermarktungsaspekt auch die Funktionen, Bücher zu kaufen und zu besitzen. Dieser Erklärungsansatz überzeugt, dennoch wäre weiterführend interessant, ob sich diese Funktionen auch linguistisch im Bereich der Ratsuchenden nachweisen lassen, der Beitrag beleuchtet vor allem die Perspektive der Ratgebenden.

Juliane Schröters Beitrag kann als komplementäre Ergänzung zu dem Beitrag von Spitzmüller gelesen werden. Sie wendet sich nicht einem positiv konnotierten Phänomen zu, sondern der negativ empfundenen Emotion der Angst und dem Umgang mit ihr. Und auch sie thematisiert, wenn auch nicht in der Wortwahl der Paradoxa wie Spitzmüller, zwei Widersprüche bzw. Ambivalenzen: Ratgeben ist zeitgemäß, weil die Nachfrage und das Angebot in der Gesellschaft steigt. Zugleich ist es unzeitgemäß, weil sich in den Praktiken und sprachlichen Realisierungsformen des Ratgebens einerseits ein Statusgefälle und eine damit einhergehende Distanz zwischen ratsuchenden Lai:innen, die Wissen erlangen wollen, und ratgebenden Expert:innen, die Wissen vermitteln, abzeichnet. Andererseits, und das zeigt die Untersuchung von Schröter, wird dieses Statusgefälle musterhaft kaschiert. Wir haben es also mit einem Paradoxon (Statusgefälle vorhanden vs. Statusgefälle kaschieren) im Paradoxon (Ratgeben als zeitgemäße vs. unzeitgemäße Praktik) zu tun. Die Studie überzeugt in ihrem Aufbau von den Realisierungsformen über Musterbildungen und ihren funktionalen Differenzen hin zur diachronen Entwicklung. Wie bei Spitzmüller stellt sich aber auch hier die Frage nach der linguistisch erfassten Stimme der Ratsuchenden. Obwohl die Textsorte der Ratgeber natürlich dazu einlädt, den linguistischen Fokus auf die Produzent:innenseite zu legen, wäre interessant gewesen, in den Formulierungsmustern den indexikalischen Hinweisen auf die Rezipient:innenseite nachzuspüren (z. B. Erwartungsstrukturen an das Vorwissen der Ratsuchenden durch eine Analyse zugeschriebener Präsuppositionen), um das Interaktionsgefüge zwischen Ratsuchen und Ratgeben vor dem Hintergrund des kaschierten Statusgefälles eingehender zu beleuchten.

Anastasia-Patricia Och & Stephan Habscheid liefern einen differenzierten Blick auf Beratungskommunikation als Interaktionskommunikation. Während die Datengrundlage von Spitzmüller und Schröter vor allem eine produzent:innenorientierte Sicht zulässt und die rezipient:innenorientierte sich lediglich durch indexikalische Verweisstrukturen nachzeichnen lässt, so eröffnet die multimodal und parainteraktiv geprägte Kommunikation in Beauty-Videos auf YouTube eine Sicht auch auf das Ratsuchen. Der Beitrag eignet sich auch für Leser:innen, die sich zum ersten Mal mit Theorie und Methode im Bereich der Social-Media-Kommunikation konfrontiert sehen, denn er steckt das Feld multimodaler Internetkommunikation kurz ab, um dann exemplarisch auf Beraten und im Speziellen auf die Präsentation der Analyseergebnisse einzugehen. Der Beitrag ist vor allem auch vor dem Hintergrund der Verwirtschaftlichung des Ratsuchens und -gebens sehr lesenswert.

Der Beitrag von Christine Ott beleuchtet einen zentralen Aspekt, und zwar den der Gegenstandsbestimmung und den damit einhergehenden methodisch-methodologischen und forschungspraktischen Fragen, die die Text- bzw. Gesprächssortenbestimmung sowie die Auswahl der Datengrundlage betreffen. Was ist eigentlich unter Ratgeberhaftigkeit zu verstehen? Wer sich empirisch mit Ratsuchen und -geben befassen möchte, kommt an diesem Beitrag nicht vorbei, denn er wirft die semasiologische Frage auf, was unter dem Wort Ratgeben zu verstehen ist, welche Praktiken damit verbunden sind und wie diese in Kommunikaten realisiert werden. Umgekehrt wird onomasiologisch gefragt, welche Sachverhalte in der Welt, welche Interaktionsgefüge und damit einhergehende Praktiken das Potential haben, ratgeberhaft zu sein und wie diese als Kommunikate ebenso in eine linguistische Analyse einbezogen werden können. Ott stellt als analytische Orientierung dafür vier Parameter vor: 1. paratextuelle Indikatoren, 2. innertextuelle Indikatoren, 3. kommunikative Funktion und 4. Wirkung.

Katja Kessels Beitrag schließt unmittelbar an den von Ott an, indem sie einen Überblick gibt, welche Ratgeber es überhaupt gibt. Dabei richtet sie ihren Fokus auf deutsche Sprach- und Kommunikationsratgeber, ein Bereich, den die Herausgeber:innen als ein relativ etabliertes Forschungsfeld einordnen. Bei der Lektüre ist das auch daran festzustellen, dass leider weniger auf soziologische und kulturwissenschaftliche Beiträge einerseits und allgemeine (text-)linguistische Literatur andererseits verwiesen wird. Mit Antos (1996), Greule (2002) und Kessel (2009), mit der sich die Autorin bei der Darstellung der Subsorten über vier Seiten selbst zitiert, wird das relativ gut bestellte Feld lediglich abgesteckt, aber gut dargestellt. Die Verortung der Ratgeber auf dem Kontinuum zwischen ‚mehr oder weniger Anleitungscharakter‘ und ‚mehr oder weniger Sprachthematisierung‘ sowie die Zuordnung der Ratgeber zu einem prototypischen Kernbereich und seiner weniger prototypischen Peripherie überzeugen. Die Darstellung der Online-Formate hätte etwas ausführlicher erfolgen können, da hier ein Desiderat vorzuliegen scheint.

Robert Niemann präsentiert ein Modell zur linguistischen Beschreibung von sprachlich hergestellter Normativität. Er stellt vier verschiedene Ebenen vor, über die sich Normativität in Texten erstreckt: 1. die morpho-syntaktische, 2. die lexikalische, 3. die der Textstruktur und 4. die inhaltsbezogene Ebene. Diese verbindet er mit der in der Kommunikationsforschung etablierten Lasswell-Formel und seiner modifizierten Form, um das Beziehungsgefüge zwischen Ratsuchendem und Ratgebendem mit den sprachlichen Ebenen zu verknüpfen. In einem daran anschließenden Schritt reflektiert Niemann das Zusammenspiel zwischen Normativität, Autorität und Wissensasymmetrie, um dann seine im Beitrag angestrebten Parameter zur Diversität der sprachliche-normativen Gestalt auch an empirischem Material zu plausibilisieren.

Rolle der Linguistik als ratgebende Instanz

Im Beitrag von Niemann wird die kollaborative Leistung der am Sammelband beteiligten Autor:innen in besonderer Weise sichtbar. Jeder Beitrag hat zwar einen eigenen Gegenstand und beleuchtet diesen mit Bezugnahme auf die dafür relevante Literatur im Forschungsdiskurs. Viele Beiträge haben aber bezogen auf die grundlegende Literatur eine gemeinsame Schnittmenge. Zugleich binden fast alle die bereits publizierten Schriften der im Sammelband vertretenen Autor:innen ein. Auf diese Weise entsteht ein Buch, in dem die Beiträge untereinander sehr gut aufeinander abgestimmt sind. Die Sammelschrift dokumentiert einen Austausch zwischen den Beitragenden und eine gelungene Netzwerkbildung, die anscheinend durch die Herausgeber:innen moderiert wurde.

Dies zeigt sich auch in dem zweiten, etwas kürzeren Teil der Sammelschrift, in dem sich die Beitragenden (Antos, Felder, Hennig und Schneider) einerseits aufeinander beziehen, aber zugleich Bezüge zu denen des ersten Teils („Beraten und Ratgeben als linguistischer Gegenstand“) herstellen. Gerd Antos befasst sich mit der Rolle der Konkurrenz, die zwischen Lai:innengruppen entsteht, und geht der Frage nach, welche Folgen sich daraus für die linguistischen Expert:innen ergeben. Seine Darlegungen überzeugen, vor allem auch durch das Beispiel der Leichten Sprache.

Ekkehard Felder plädiert für einen angstfreien Umgang mit der Sprache, indem aufgeklärte Bürger:innen an dem Metadiskurs über Sprache partizipativ teilhaben sollen. Er stellt sein Modell eines Sprecher-Hörer-Wort-Welt-Verhältnisses vor und spricht sich für das Konzept der strukturellen Dialogizität aus, in dem sich alle am Aushandlungsprozess zum Umgang mit Sprache beteiligen. Er setzt aufgeklärte Bürger:innen, das Zoon politikon, voraus, eine Idealvorstellung, die möglicherweise nicht die Diversität und die vorherrschenden Kommunikationsweisen der Gesellschaft abbildet. Ein Teil des gesellschaftlichen Ringens um Sprache kann damit sicherlich in sinnvolle Bahnen gelenkt werden, aber ein beträchtlicher Teil wohl weniger. Es soll an dieser Stelle nicht beurteilt werden, wer aufgeklärte:r Bürger:in ist und wer nicht. Die aktuell laufenden Aushandlungsprozesse zum Umgang mit sprachlichen Zweifelsfällen werden aber nicht immer in gepflegter Atmosphäre struktureller Dialogizität geführt. Die verschiedenen Formen sozialer Medien laden zum schnellen und affektbehafteten Kommunizieren ein, dem sich nicht immer ein Meinungsbildungsprozess anschließt. Das Zoon politikon hat hier gar keine Zeit, sich auf strukturelle Dialogizität einzulassen, sondern trägt seinen Teil zum emergenten Prozess bei, in dem Sprache eher zementiert werden soll und Wortobjektivismus vorzuherrschen scheint.

In Mathilde Hennigs Beitrag wird eine neue, für den Sammelband zentrale Perspektive eröffnet, indem neben dem Ratsuchenden und Ratgebenden auch die Verlage, also die Akteure der Vermarktung und Distribution von Ratgebern, in den Blick genommen werden. Hennig reflektiert diesen für die Ratgeberkommunikation prägenden Akteur am Beispiel des Dudenverlags. In einer Studie, die sich von der Makrostruktur des Verlagsprofils über die Mesoebene des Ratgeberbuchs (Paratexte) hin zur Mikroebene der Ratgebertexte selbst erstreckt, führt sie die Leser:innen luzide durch ihre Untersuchungsergebnisse. Die Ergebnisse werden im Schluss pointiert dargestellt, eine die Studie weiterführende Perspektive wäre interessant gewesen.

Der Beitrag von Jan Georg Schneider rundet die Sammelschrift mit einem brisanten Thema, dem Gendern, ab, indem er die Behandlung dieses Themas in Leitfäden von Institutionen in den Blick nimmt. Ihm gelingt es, mit einem angemessenen Zungenschlag die verschiedenen Positionen in dieser kontroversen Debatte herauszustellen, die Ergebnisse seiner deskriptiven Studie darzulegen, für das Spannungsverhältnis zwischen „Indexikalität und grammatischen Erfordernissen“ (Schneider, S. 258) zu sensibilisieren und zugleich in seiner Zusammenfassung eine ratgebende Empfehlung auszusprechen. Die Linguistik scheint damit der ratsuchenden Gesellschaft nachzukommen und sich in den Genderdiskurs und die Ratgeberkommunikation einzubringen.

Abschließend kann festgehalten werden, dass die Sammelschrift sehr lesenswert ist. Sie behandelt die prominenten Praktiken des Ratsuchens und -gebens in ihrer Vielgestaltigkeit. Die Beiträge sind gut aufeinander abgestimmt und laden dazu ein, Zusammenhänge zwischen ihnen herzustellen.

Literatur

Antos, Gerd. 1996. Laien-Linguistik. Studien zu Sprach- und Kommunikationsproblemen im Alltag. Am Beispiel von Sprachratgebern und Kommunikationstrainings (Germanistische Linguistik 146). Berlin, Boston: De Gruyter.10.1515/9783110958492Search in Google Scholar

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Online erschienen: 2024-11-16
Erschienen im Druck: 2024-11-27

© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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