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Hartwin Brandt, Die Kaiserzeit. Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian, 31 v. Chr.–284 n. Chr.

  • Ulrike Babusiaux
Veröffentlicht/Copyright: 21. Juli 2025

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Brandt Hartwin, Die Kaiserzeit. Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian, 31 v. Chr.–284 n. Chr. (= Handbuch der Altertumswissenschaft, III Teil 11). Beck, München 2021. VIII, 707 S., ISBN 978-3-406-77502-4


1. Der römische Prinzipat stellt den für die Geschichte des römischen Rechts prägenden Zeitabschnitt dar. Hartwin Brandt, (nunmehr emeritierter) Professor für Alte Geschichte aus Bamberg, legt mit dieser auf die Kaiserzeit konzentrierten Neubearbeitung der 1967 von Hermann Bengtson [1)] stammenden Gesamtdarstellung der römischen Geschichte nicht nur eine umfassende Darstellung der römischen Kaiserzeit, sondern auch eine grundlegende Neudeutung vor. Ausgangspunkt dafür ist das von Aloys Winterling begründete Modell einer „neuen Römischen Kaisergeschichte“[2)], das die Kommunikation zwischen Kaiser und Eliten in den Vordergrund rückt. Brandt kritisiert zwar die Verkürzungen, die diese Betrachtungsweise mit sich bringe, und betont, dass die „Verengung der Darstellung auf den stadtrömischen und italischen Raum sowie auf den ,inner circle‘ um den Kaiser“[3)] (3) für eine Gesamtdarstellung nicht tauge; als zielführend erachtet Brandt aber die Betonung des kommunikativen Elements, wobei er in Erweiterung des Ansatzes auch die Kommunikationsprozesse zwischen Zentrale und Provinzen, meist lokalen Eliten, sowie den reichsweit tätigen Magistraten und den städtischen Gemeinschaften für maßgeblich hält:

„Kommunikation im weitesten und umfangreichsten Sinne war zweifellos eine herausragende Aufgabe, welche römische Kaiser zur Bewältigung der alltäglichen regierungspraktischen Erfordernisse als auch in ihrem Streben nach breitem Konsens und möglichst hoher Akzeptanz zu bewältigen hatten, […]“ (8).

Gleichzeitig wendet sich Brandt gegen die auf Millar zurückgehende Vorstellung einer vorrangig reaktiven Tätigkeit des Kaisers[4)]: „Die permanente kommunikative Aktivität der Kaiser und ihrer Umgebung war freilich mehr als nur der Versuch einer Lösung praktischer Regierungsprobleme und der Regelung von Sachfragen, vielmehr suchte sie einem geradezu existentiellen Erfordernis der kaiserlichen Rolle und Position gerecht zu werden: der Herstellung und Erhaltung von Akzeptanz“ (8). Hieraus folgt die Deutung des Prinzipats als „Akzeptanzbedürfnissystem“ (8), in dem „die leitenden Akteure, die ihre Position in einem labilen und dynamischen Gebilde erfüllten, welches wir den ‚Prinzipat‘ nennen, […] stets um Konsens und Akzeptanz werben und ringen“ (8) mussten. Die Kommunikation ist somit nicht freiwillig, sondern erfolgt aus einer Notwendigkeit heraus, die Brandt als „Kommunikationszwang“ (10) bezeichnet.

Auch auf Ebene der Quellen greift Brandt weit aus, indem er neben den literarischen Schilderungen ‒ nützlich ist der Überblick über die antiken Autoren und Werke (20–34), die der Darstellung hauptsächlich zugrunde liegen ‒ auch archäologische Zeugnisse durchgängig berücksichtigt und auf ihren Kommunikationsgehalt hin auswertet. Insgesamt strebt Brandt damit nicht weniger als nach einem Gesamtbild, das „je nach Überlieferungslage flexibel“ ein „Konzept von Herrschaftsgeschichte, gelegentlich auch von Sozial-, Wirtschafts-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte“ (4) zeichnen soll. Aus den Fachschriftstellern hebt er die Geographie (Strabo) (16), Architektur (Vitruv) und Medizin (Galen) hervor (17); auch die Juristenschriften werden erwähnt (17). Einen eigenen Akzent setzt er mit der konsequenten Auswertung der numismatischen Quellen (19). Diesem Anspruch entsprechend ist die Darstellung chronologisch aufgebaut: Nach einer ausführlichen Würdigung von „Augustus und der frühe Prinzipat (31 v. Chr.–14 n. Chr.)“ (Kap. II, 35–115) folgen die Untersuchungen „Die iulisch-claudische Dynastie (14–68)“ (Kap. III, 116–213) und „Das Vierkaiserjahr 68/69“ (Kap. IV, 214–233), an die sich die Darstellungen „Die Flavier (69–96)“ (Kap. V, 234–284) und „Die Adoptivkaiser (96–180) (Kap. VI, 285–402) anschließen. Eine ausführliche Würdigung erfährt „Das Ende der Adoptivkaiserzeit (180–192) und die Severer (193–235)“ (Kap. VII, 403–481), ein Kapitel, das direkt in abschließende Überlegungen zu „,Krise‘ oder ‚Transformation‘? Die Zeit der Soldatenkaiser (235–284)“ (Kap. VIII, 482–585) überführt.

2. Aus der Vielzahl der angesprochenen Fragen und der zahlreichen Neudeutungen, die sich in diesem Opus magnum finden, seien im Folgenden nur einzelne Lesefrüchte herausgegriffen, die aus Sicht der Rechtsgeschichte weiterzudenken wären oder geeignet sind, bestehende rechtshistorische Paradigmata in Frage zu stellen.

2.a) Augustus (Octavian) sieht Brandt als Begründer der kommunikativen Strategie des Prinzipats, indem der erste Princeps den consensus universorum als konstitutiv für die Wiederherstellung der Republik (in seinem Sinne) und damit die Begründung des Prinzipats hervorhebe (38f.). Interessant ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf eine auf das Jahr 28 v. Chr. datierte Goldmünze aus der Provinz Asia, die „auf der Rückseite den jungen Caesar in der Toga, auf einer sella curulis sitzend, mit einer Schriftrolle in der Rechten, zu seinen Füßen ein Behälter für Dokumente (scrinium)“ zeige und deren Legende laute: „Leges et Iura P(opulo) R(omano) Restituit“ (39). Brandt deutet diese Formel als Hinweis auf „ein Bündel von Maßnahmen […], welches im Laufe des Jahres 28 v. Chr. ins Werk gesetzt und später von Augustus in seinem Tatenbericht (34,1) zutreffend als Restaurationspaket charakterisiert wurde“ (39f.). Nur in einer Fußnote äußert sich Brandt zu dem in rechtshistorischen Gesamtdarstellungen nach wie vor gängigen Topos des imperium proconsulare[5)], den er für die vortiberische Zeit unter Verweis auf Klaus M. Girardet für „zumindest missverständlich“ (41 Fn. 66) erachtet[6)]. Augustus sei sein militärischer Kompetenzbereich (provincia) zusammen mit seinem Mitkonsul Agrippa in republikanischer Tradition durch Volk und Senat zugewiesen worden (41). Dieser habe Spanien, Gallien, Syrien (mit Kilikien und Zypern) sowie Ägypten umfasst, während die illyrisch-makedonischen Regionen und Africa dem Senat unterstellt worden seien.

Aus dieser Perspektive erklärt sich auch Brandts Deutung der 18 und 17 v. Chr. erlassenen Gesetze, die er als „Re-Republikanisierungs-Strategie“ (54) beschreibt, die auch formell republikanischen Regeln gehorcht hätten: So beruhten die leges Iuliae auf der tribunicia potestas wie auf dem durch weitere Privilegien ergänzten imperium consulare. Mit Blick auf die Provinzen sei nur Brandts pointierte Deutung der Kyrene-Edikte erwähnt, die er als Vorläufer der späteren Entwicklung einer Allzuständigkeit des princeps ansieht: „Körperschaften und Privatpersonen sahen im Princeps zunehmend jene Instanz, die für alles zuständig war und an die man sich mit allen Anliegen wenden konnte und sollte“, eine Haltung, die Brandt als wichtigen Faktor für die spätere „Monarchisierung“ des Prinzipats ansieht (64) und für die Detlef Liebs mit Blick auf die Reskriptenpraxis den Begriff des „Reichskummerkastens“ geprägt hat[7)]. Auch die Mitwirkungsmöglichkeiten der provinzialen Bevölkerung am Kommunikationsprozess mit dem princeps schätzt Brandt als positiv ein, denn auch sie habe „mannigfaltige Möglichkeiten“ besessen, „in ebenfalls ritualisierter Form ihre Zustimmung zu dem Princeps und seiner Familie zu demonstrieren, und […] auch ihrerseits um erwünschte Zuwendungen seitens des Kaisers nachzusuchen oder diese gar einzufordern“ (76). Als Beispiel dieser Kommunikation nennt er das „inschriftlich erhaltene Dossier des im Namen der Polis Sardeis agierenden Gesandten Menogenes, das aus zwölf einzelnen Urkunden besteht, die insgesamt eine Ehreninschrift für Menogenes bilden“[8)] (76). Einen eigenen Akzent setzt Brandt mit einem Blick auf das Münzwesen, indem er die „Roman Provincial Coins“ als eigenständiges Kommunikationsmedium zwischen Kaiser und Provinzen ansieht, in dem sich Augustus rasch durchgesetzt habe (77).

Bei der Betrachtung der inneren Machtstrukturen werden im Zusammenhang mit den amici auch Juristen erwähnt, die – wie etwa C. Ateius Capito oder C. Trebatius Testa (83) – den princeps bei der Fülle der an ihn herangetragenen Rechtsfragen beraten hätten (83f.). Im Bereich des Rechts konstatiert Brandt denn auch eine eher reaktive Tätigkeit des princeps, wobei er ergänzend auf die offenbar gut funktionierende Kommunikation allgemeiner rechtsverbindlicher Anordnungen in alle Teile des Reiches hinweist (84). Wichtiges Verbindungsglied zwischen Zentrale und Provinzen seien die Statthalter gewesen, die nicht nur Ruhe und Ordnung in ihrer Provinz zu wahren gehabt hätten, sondern auch mit der Rechtsprechung betraut gewesen seien. Diese umfassende Kompetenz sei faktisch durch die in städtischer Autonomie entschiedenen Angelegenheiten und rechtlich durch Vorgaben des princeps beschränkt gewesen; Brandt erwägt, dass die Statthalter auch an den Versammlungen der sog. Provinziallandtage, den koina bzw. concilia, teilgenommen hätten, die er als „eine Art politisch-diplomatischer Zwischenebene zwischen den Städten und den Provinzstatthaltern“ (90) kennzeichnet und die gemeinsam mit dem Kaiserkult ein wichtiges Element des „Kommunikationsnetzes zwischen Städten, Provinzen und Regionen sowie kaiserlicher Zentrale“ dargestellt hätten (91). Für Rom selbst hebt Brandt die „Monarchisierung des Stadtbildes“ hervor, die sich in Bauten und Inschriften zeige (98–108), und in die Umgestaltung der städtischen Topographie „zu einem vom Princeps und seiner Familie dominierten Repräsentationraum“ (107) mündete.

2.b) Die Darstellung der iulisch-claudischen Dynastie (14–68) beginnt mit Tiberius (14–37), den Brandt schon im Titel als Beispiel für das „Misslingen der Kommunikation“ ansieht (116). Die Senatssitzung, in der „das Testament des Augustus verlesen werden und Beschlüsse über die Ehrungen für den toten Princeps gefasst werden sollten“ (119), deutet Brandt als Versuch, die unklare Situation nach dem Tod des ersten princeps zu klären (119). Die Kommunikation zwischen Tiberius, der den Senat einberufen hatte, und dem Senat hält er allerdings für misslungen, wenngleich er Tiberius bescheinigt, „das Vorbild des Augustus zweifellos als verbindlich für sein eigenes Regierungshandeln erachtet“ zu haben (121). Er sieht den Befund durch die Numismatik bekräftigt, da sich Tiberius – wie Brandt ausführt – mit der Fortführung von Münztypen aus augusteischer Zeit begnügt habe, was ein geringes „kommunikatives Engagement“ sowie eine vollständige Abhängigkeit von Augustus zeige (122).

Breiten Raum nimmt in Brandts Darstellung das sog. Senatusconsultum de Cn Pisone patre ein[9)], das er als Beleg für die Rechtsstellung des Germanicus im Rahmen der Ostexpedition[10)] heranzieht (125f.):

„Aus dem Wortlaut des besagten Senatsbeschlusses geht hervor, dass Germanicus im Herbst des Jahres 17 von dem Princeps Tiberius ‚aufgrund der Bevollmächtigung durch den Senat zur Regelung der Verhältnisse jenseits des Meeres entsandt worden sei‘, also als Prokonsul, ‚über den vom Volk ein Gesetz (des Inhalts) verabschiedet worden war, daß ihm in jeder Provinz, in die er käme, ein größeres Imperium zustehe als demjenigen, der diese Provinz als Prokonsul verwaltete, solange nur gesichert sei, daß Ti. Caesar Augustus in allen Belangen ein größeres Imperium habe als Germanicus Caesar‘.“

Brandt erblickt hierin den ersten Beleg für ein imperium maius. Gleichzeitig kennzeichnet er das Senatusconsultum de Cn. Pisone patre als „eminent politisches Dokument“, das „authentische Einsichten in die Kommunikationskultur des frühen Prinzipats“ biete (128). Dies zeige sich vor allem in der ausführlichen „Dankadresse des Senats an die Mitglieder der ‚domus Augusta‘ einerseits und an den ‚equester ordo‘, die ‚plebs urbana‘ sowie die Soldaten andererseits“ (128f.). Es gehe also darum, die Akzeptanz des Princeps und des Prinzipats durch die zwei führenden ordines zu sichern und letzte Zweifel darüber zu beseitigen, „wer dieser Princeps auch in naher Zukunft sein solle oder könne“ (129).

Innenpolitisch bescheinigt Brandt Tiberius eine bewusste Kontinuität zu seinem Vorgänger (133f.), wobei als Krisenmomente die zahlreichen Majestätsprozesse – oder wie sie bei Brandt heißen: „kommunikativen Störungen“ (136) – und der sogenannte Sklavenaufstand von 24 n. Chr.[11)] (137f.) aufscheinen. Auch für Tiberius sei noch nicht von einem fixen consilium principis auszugehen, wenngleich etwa der Jurist M. Cocceius Nerva als amicus des princeps bezeugt sei (135f.). Weiter fällt auch der Prozess Jesu in die Zeit des Tiberius, dessen kompetenzrechtliche Probleme des ius gladii Brandt – etwas zu knapp[12)] – mit der Annahme beseitigt:

„Zu den Hauptaufgaben des Präfekten gehörte die Wahrung der öffentlichen ­Sicherheit und Ordnung, und folgerichtig war Pontius Pilatus mit dem Prozess gegen Jesus wohl im Jahr 30 befasst, […] Der ritterliche Präfekt besaß – was ­keineswegs eine Besonderheit Iudaeas war – die Befugnis der Kapitalgerichtsbarkeit und konnte daher nach einem ‚regulären Strafprozess nach römischem Recht‘ die Kreuzigungsstrafe gegen Jesus aussprechen und umgehend voll­strecken lassen“ (139).

Als Beleg für funktionierende Kommunikation im Reich zitiert Brandt eine Bilingue aus Pisidien (SEG 26,1392)[13)], die ein Edikt des Statthalters von Galatien Sex. Sotidius Strabo Libuscidianus (das Edikt datiert zwischen 14 und 21 n. Chr.) überliefert, das die Verpflichtung (munus) für die Bewohner der Stadt Sagalassos vorsieht, Wagen, Maultiere oder Esel gegen eine fixe Summe zur Verfügung zu stellen (139)[14)]. Es beruhe auf mandata des Augustus wie des Tiberius (Z. 1–4) und zeige damit die Umsetzung kaiserlicher Vorgaben auf provinzialer Ebene.

Einen Bruch mit der Tradition des Augustus konstatiert Brandt hinsichtlich der Selbstdarstellung des Tiberius, der jeglichen Personenkult und jegliche Bauprojekte abgelehnt habe (140f.). Mit der unklaren Rolle des Prätorianerpräfekten L. Aelius Seianus leitet das Kapitel über zu Caligula (37–41), den Brandt – ganz in Kontinuität der bisherigen Historiographie – zwischen den Polen „Kalkül oder Wahnsinn“ (147, vgl. auch 150f.) erörtert. Originelle Akzente vermag auch hier die Auswertung von Münzen zu setzen, die zunächst ein Bemühen um Fortsetzung der tiberischen Tugenden clementia und moderatio belegen (149–152). Einen wichtigen Kontrapunkt zu den aus senatorischer Sicht verfassten Berichten des Sueton und Cassius Dio gewinnt Brandt für den Caligula-Kult in Milet. Während bei Dio der Eindruck entstehe, Caligula habe sich das berühmte Heiligtum von Didyma aneignen wollen, zeige eine in Milet geprägte Bronzemünze nebst Inschriften, dass die Initiative nicht von Caligula selbst ausgegangen sei, sondern von exponierten Bürgern der Polis. Zudem sei das Ziel nicht eine Umwidmung des Didymeion gewesen, sondern eine Etablierung Caligulas als ‚Tempelgenosse‘ (161). Insgesamt will Brandt die Herrschaft Caligulas nicht als „Intermezzo eines verrückten Sonderlings“, sondern als typische Erscheinung der „durchaus labilen Konstruktion des augusteischen Prinzipats“ auffassen (168).

Auch für Claudius (41–54) setzt Brandt neue Akzente, indem er insbesondere der These, es handele sich um eine „lächerliche Gestalt“ bzw. einen „gar nicht ernst zu nehmenden Lückenbüßer“, widerspricht (169). Einen Beleg hierfür bilden erneut Münzprägungen, die zeigen sollen, dass Claudius eigene Akzente setze (171f.). Auch bei der Würdigung seiner innenpolitischen Kommunikation gelangt Brandt zu einem durchaus positiven Bild des Claudius:

„Mit seiner durchdachten kommunikativen Strategie erweist sich Claudius also keineswegs als kaiserliche Verlegenheitslösung, sondern als durchaus zurechnungsfähiger Princeps, der sich der mit seiner Rolle verbundenen Notwendigkeiten und Modalitäten offensichtlich bewusst war“ (177).

Auch die außenpolitische Bilanz sei „erstaunlich“ (178), wobei Brandt beispielhaft epigraphische Neufunde aus der Provinz Lycia anführt, die er bereits in seiner Habilitationsschrift von 1992 ausführlich ausgewertet hat[15)]: Die Provinz sei von Claudius neu eingerichtet und von dem Statthalter Q. Veranius administrativ geprägt worden (179), wie insbesondere das in Patara gefundene Verzeichnis der Verkehrswege in Lykien, der ‚Stadiasmus Patarensis‘[16)], zeige.

Eine Neudeutung präsentiert Brandt auch für die sogenannte „Aufnahme der Gallier in den Senat“, die sowohl bei Tacitus[17)] als auch inschriftlich (CIL XIII 1668 = ILS 212) überliefert ist. Einer Überlegung von Werner Riess[18)] folgend versteht er die Verleihung des ius honorum nicht als Aufnahme in das Voll-Bürgerrecht (im Sinne einer Ergänzung der bisher eingeschränkten civitas sine suffragio), sondern als Unterstützung bei dem Bestreben, senatorische Wahlämter zu erlangen (180)[19)]. Ebenfalls in diesen Zusammenhang gehört das sogenannte edictum de civitate Anaunorum (tabula Clesiana, CIL V 5050 = ILS 206, 46 n. Chr.)[20)], das zwei verschiedene Anordnungen des Claudius enthält, die nur durch den gemeinsamen Vortrag des kaiserlichen Gesandten Iulius Planta zusammengefasst wurden: Der erste Teil betrifft einen schwelenden Konflikt zwischen Como und Bergell um Ländereien, die im Eigentum des princeps standen. Für diesen übersendet Claudius seinen commentarius zur Lösung vor Ort. Der zweite Teil handelt hingegen von einem Bürgerrechtsstreit, der dadurch zustande gekommen war, dass Anauner, Tulliasser und Sinduner sich auf das der Stadt Tridentum verliehene römische Bürgerrecht beriefen, obwohl nur Teile dieser Stämme im Gebiet der Stadt ansässig waren. Die Entscheidung, wie mit diesen Bürgerrechtsusurpationen zu verfahren ist, trifft Claudius selbst, indem er den Anaunern, Tulliassern und Sindunern das römische Bürgerrecht verleiht und damit ihre Rechtsstellung nachträglich legalisiert. Als weitere Zeichen gelungener Kommunikation des Claudius erwähnt Brandt weiter die vermutlich unter diesem Herrscher eingeführte Verpflichtung der Provinzgouverneure, ihre commentarii in den Statthalterarchiven zu deponieren (183) sowie die Berichte über Claudius’ Gerichtstätigkeit (186)[21)].

Nach Caligula führt Brandt Nero (54–68) als zweiten princeps mit Autokratisierungstendenzen an, wobei er allerdings betont, dass Neros erster Akt als princeps die Divinisierung des Claudius gewesen sei, die überhaupt erste Vergöttlichung eines Vorgängers seit Augustus (192f.). Die historiographisch thematisierte Zäsur zwischen einer Frühphase (54–59) und einer zweiten Phase von Neros Herrschaft (59–68) kann erneut ein Blick auf archäologische Quellen bestätigen. So verweist Brandt auf den seit 59 verbreiteten Bildnistyp des Nero als „Typus Thermenmuseum“ (196), mit dem der princeps mit den Konventionen des julisch-claudischen Herrscherporträts breche und den Kaiser als „Künstler“ stilisiere (196). Es fehle in der Folgezeit an einem klaren politischen Profil; immerhin lasse sich aber eine neronische Zollpolitik feststellen, was Brandt mit den Zollinschriften aus Palmyra (mit einem Edikt des Statthalters C. Licinius Mucianus)[22)] und Ephesos, die u. a. das Zollgesetz der Provinz Asia überliefern[23)], begründet (200). Das eigentliche Interesse Neros liege aber auf anderen Feldern, namentlich in der Einrichtung von Spielen („Iuvenalia“, 202; „Neronia“, 203) und der Errichtung der gewaltigen Anlage der domus aurea in Rom mit der über dreißig Meter hohen Bronzestatue des Nero (204f.). Skepsis äußert Brandt mit Blick auf den immer wieder angenommen Zusammenhang zwischen dem Brand Roms und den Missetaten an Christen (210–212), da dieser weder bei den römischen Historikern noch bei christlichen Autoren, wie etwa Laktanz, explizit hergestellt werde. In Kontinuität mit der bisherigen Forschung deutet Brandt aus seiner die Kommunikation betonenden Sicht, dass Nero gescheitert sei, da er „entscheidend an Akzeptanz verloren und […] zu konsensstiftender Kommunikation und nüchternem Regierungshandeln erkennbar nicht mehr willens oder nicht mehr in der Lage“ gewesen sei (212).

2.c) Aus dieser Sicht erfolgt auch die Beurteilung des Vierkaiserjahres, für das Brandt nach kurzer Schilderung der wesentlichen Ereignisse feststellt: „Alle kaiserlichen Akteure des Vierkaiserjahres 68/69 litten nach dem Ende der iulisch-claudischen Dynastie unter besonders eklatanten Akzeptanzdefiziten“ (230). Die verschiedenen Kandidaten hätten alle mit ähnlichen Mitteln versucht, ihr Legitimationsmängel zu überwinden, letztlich habe aber Vespasian durch militärische und machtpolitische Überlegenheit die Auseinandersetzung für sich entschieden (233). Leider lässt Brandt diesbezüglich offen, wie sich das Bemühen um Akzeptanz zur Machtposition verhält, also ob es einen Wendepunkt gibt, an dem Kommunikation und Akzeptanz durch Machtausübung außer Kraft gesetzt worden oder ob Machtausübung selbst einen Teil der kommunikativen Strategien darstellt.

2.d) Das Kapitel zu den Flaviern (69–96) beginnt mit Vespasian und Titus (69–81) und widmet sich u. a. der die für die Konstruktion des Prinzipats bedeutsamen Lex de imperio Vespasiani. Brandt betont zu recht, dass die lex nicht zwingend eine Zäsur in der Geschichte des Prinzipats darstelle (237f.), was auch die rechtshistorische Literatur gezeigt hat[24)]. Im Sinne der neuen Kaisergeschichte erweist sich die von Brandt konstatierte Anhebung der „Stadt- und Rechtskultur in Spanien“ (245f.) als wichtig, da – wie er festhält – „die kommunale Selbstverwaltung nach römischem Muster genauso gestärkt [wurde] wie die Integration der lokalen Eliten in den gesamten Verband der römischen Bürger“ (245)[25)]. Detaillierter fällt die auf archäologische und inschriftliche Belege gestützte Beschreibung der Provinzorganisation aus (246–248), wobei vor allem die Romanisierung von Caesarea durch Errichtung einer Kolonie mit dem Privileg der Befreiung von der Kopfsteuer ein interessantes Beispiel bildet (247f.). Breiten Raum nimmt die Schilderung des bellum Iudaicum (66–74 n. Chr.) ein, wobei sich Brandt naturgemäß auf die Schilderung bei Josephus stützt (248–252). Einen eigenen Akzent setzt er mit der Betrachtung der inschriftlichen Zeugnisse zur Feier des Triumphs nach dem Sieg der Römer, die Brandt u. a. als „eine (politische und kommunikative) Strategie der Deautokratisierung“ deutet, „die sich gezielt der […] Vorbildhaftigkeit des Augustus bediente“ (256). Von der Regierungspraxis des Titus allein sei wenig überliefert; immerhin nennt Brandt einen auf einer Bronzetafel überlieferten Bescheid an ein municipium Munigua[26)], mit dem der princeps auf die vollständige Geltendmachung von Strafgeldern verzichte (260f.).

Einen klaren Kontrapunkt hierzu bildet der als drittes Beispiel für die Autokratisierung des Prinzipats angeführte Domitian (81–96), für die Brandt vor allem auf „Akzentverschiebungen im medialen und kommunikativen Habitus des Princeps“ sowie in der Kaisertitulatur verweist (266). In diese Richtungen wiesen auch die Bauaktivitäten Domitians, wenngleich Brandt hervorhebt, dass letzterer viele Bauwerke lediglich restauriert habe (268) und nur die „Palastanlage“ auf dem Palatin eine neue Art der Repräsentation darstelle (268f.). Dieser Palast sei „mehr als nur Regierungs- und Verwaltungszentrum, er war zugleich ein hochdynamischer und empfindlicher Raum von Kommunikation, sozialer Interaktion, der Ausbildung hierarchischer Strukturen und Einflusssphären sowie der Etablierung von Netzwerken und Abhängigkeiten“ (273); er belege daher die autokratischen Tendenzen, die auch in der römischen Historiographie erörtert werden. Zudem habe Domitian genau wie Nero die ludi und spectacula gefördert und teilweise auch neue geschaffen (275).

Trotz dieser überschießenden Tendenzen Domitians erteilt Brandt der Auslegung eines Bruchs mit seinen Vorgängern eine Absage, wobei er insbesondere die Förderung loyaler Senatoren hervorhebt (280). Für nicht genügend belegt erachtet er Versuche, Domitian besondere Akzente in der Wirtschaftspolitik zuzuschreiben (280f.); die verstärkte Eintreibungspraxis für den unter Vespasian geschaffenen fiscus Iudaicus sieht Brandt als fiskal- wie religionspolitisch motivierte Episode und nicht als eigentliche Wirtschaftsförderung an (281).

2.e) Das Kapitel zu den Adoptivkaisern (96–180) beginnt mit Nerva, dem Brandt den Titel „Zwischenzeit“ verleiht (285), wobei er ihm aber ein eigenes Profil zugesteht, das sich erneut in Münzprägungen zeige:

„Dass Nerva dabei durchaus bewusst eigene kommunikative, reflektierte Anstrengungen unternommen hat, um seinem Prinzipat ein eigenes Profil zu geben, erhellt deutlich aus seiner Münzprägung. So hat er – gewiss in bewusster und deutlicher Absetzung von seinen Vorgängern Domitian und Titus – eine eigene Restitutionsmünzenserie in elf bekannten Typen prägen lassen, die sämtlich und ausschließlich auf der Vorderseite das Porträt des Divus Augustus zeigen“ (289).

Wirtschaftspolitisch wie juristisch folgenreich war auch die von Brandt Nerva zugeschriebene „Gründung der Alimentarinstitution“ (294). Mit Traian (98–117), für den Brandt den Titel „Optimus Princeps?“ wählt, wird die Reihe der – in Brandts Sicht – kommunikativ erfolgreichen Kaiser eröffnet. Obgleich in Germanien habe Traian durch geschickte Münzprägung die Loyalität der Truppen und der städtischen Eliten gesucht (297f.). Erfolgreich sei auch die Kommunikation in den Provinzen verlaufen, für die epigraphische, papyrologische und literarische Belege die Bestätigung von Rechten, die Zusicherung von Autonomie und die Wahrung von Privilegien bezeugten (298). Brandt beschreibt diese Anfragen und Rückbestätigungen als „komplexes kommunikatives Wechselspiel […] zwischen Akzeptanzbekundungen und Akzeptanzerwartungen“ (300):

„Nach den Regeln der reziproken Wunscherfüllung, wie sie sich in der Formel des ‚do ut des‘ artikulieren, gewährten die angesprochenen Gruppen dem Princeps gegen materielle und (oder) ideelle Zuwendungen ihre Loyalität, die vom Princeps selbst auch offensiv eingefordert werden konnte“ (300).

Hinzu sei die „mediale Orchestrierung der traianischen Großtaten im Rahmen der dakischen Eroberung“ getreten, zu der auch die Anlage des gewaltigen Traiansforums gehöre, die dazu gedient habe, den optimus princeps monumental zu verherrlichen (303).

Das von Brandt unter dem Titel „Reform, Recht und Religion: Der Kaiser bei der Arbeit“ (309) eingeordnete Alimentarprogramm Traians lässt sich gleichfalls in die Reihe der selbstverherrlichenden Maßnahmen stellen. Wichtig sind hier die epigraphisch belegten Stiftungen, die – wie es Brandt bezeichnet – „als Teil einer systematisch von Traian betriebenen und auch öffentlich propagierten ‚cura Italiae‘ zu verstehen“ sind (309), indem auch diese Wohltaten erneut im Münzprogramm des Kaisers gefeiert werden (309f.). Hinzu treten Bauprojekte in der Stadt Rom, die Brandt unter dem Titel „Imperialisierung des Stadtbildes“ (315) verzeichnet. Dennoch ist Brandt – in Abkehr von Plinius’ Dankesrede – zurückhaltend, Traian den Titel des optimus princeps zu verleihen, was er vor allem aus der fehlenden Dauerhaftigkeit der im Osten erzielten Kriegserfolge ableitet (321).

Ähnlich kritisch äußert er sich auch zu Hadrian (117–138), für den er vor allem das Fehlen kritischer Historiographie beklagt, weil die römische Geschichtsschreibung der Zeitgenossen zur Panegyrik verkommen sei (321). Als wichtige Quelle hebt Brandt „zahlreiche wörtliche Zitate aus hadrianischen Briefen und Bescheiden bei römischen Juristen“ hervor (322), wofür er sich auf Tony Honoré stützt[27)], ohne die durchaus kontroverse Diskussion von Honorés Thesen und Methoden zu beachten[28)].

Juristisch nach wie vor ungeklärt sei die vermeintliche Adoption Hadrians durch Traian, wobei Brandt zutreffend feststellt, dass die Adoption rechtlich jedenfalls nicht wirksam gewesen sein könne, wenngleich „ihre Gültigkeit offenbar nicht ernstlich angezweifelt“ worden sei und durch die Emittierung von Münzen Fakten geschaffen worden seien (324). Brandt bescheinigt Hadrian ein eigenes kommunikatives Profil, wenn er festhält:

„Die Neubildung eines eigenen, hadrianischen Herrschaftsprofils in den ersten, vornehmlich stadtrömischen Jahren fiel folglich mehrdimensional aus. Auf der einen Seite betonte Hadrian die Legitimität seiner Herrschaftsdesignation durch Adoption und die Rechtmäßigkeit der Umstände seines Herrschaftsantritts, und er bemühte sich um öffentlichkeitswirksame Darstellung seiner ‚pietas‘ gegenüber dem vergöttlichten Adoptivvater, der als ‚optimus princeps‘ eine ideologisch hochprofitable Bezugsgröße darstellte“ (327f.).

Ein eigener Abschnitt ist der Rechtsetzung durch Hadrian („Prinzipat und Recht“, 337–341) gewidmet, wobei Brandt erneut vorrangig inschriftliches Material würdigt: So verweist er u. a. auf ein Edikt Hadrians in Asia aus dem Jahr 129[29)], mit dem er auf Missbräuche durch Soldaten reagiert habe, die sich aus dem Land zu versorgen hatten (337). Richtigerweise betont Brandt, dass die Belastung der Anwohner durch Soldaten eine Kehrseite der intensiven Reise- und Expeditionstätigkeit des Kaisers gewesen sei, da die Versorgung des Militärs aus dem durchzogenen Land selbstverständlich gewesen sei. Weiter nennt Brandt die Regelung Hadrians für Athen zum Zwangsverkauf der Olivenernte[30)] als gelungenes Beispiel, lokale Traditionen und römische Maßnahmen zu kombinieren (338)[31)]. Ebenfalls hierher gehörten die „hadrianischen Vorschriften bezüglich der Kultivierung von Brach- und Ödland in Nordafrika und der Bewirtschaftung der lusitanischen Silberbergwerke“ (338), d. h. die sog. „Lex Hadriana de rudibus agris et iis, qui per X annos continuos inculti sunt“ (338)[32)], die sog. „Bergwerksordnung von Vipasca“ sowie das Edikt Hadrians „für Prätorianer mit unsicherem Bürgerrecht“[33)]. Möglicherweise hätte man auch die Lex rivi Hiberiensis, die wahrscheinlich unter dem Einfluss des legatus iuridicus, eines Statthalters unter Hadrian, abgeschlossen wurde, heranziehen können[34)].

Auch Brandt betont Hadrians Bedeutung für die Rechtsentwicklung, indem er ihm nachgerade eine „kaiserliche ‚Justizpolitik‘“ bescheinigt (339). Wenn er dabei aber behauptet: „So findet sich unter Hadrian die explizite juristische Ausformulierung dessen, was bereits längst anerkanntes Gemeingut im Rechtsleben des Imperium Romanum geworden war: Was der Kaiser (auch in konkreten Einzelfällen) entschied und formulierte, besaß allgemeine Rechtskraft“ (339), so genügt hierfür das Zitat aus einer Schrift des severischen Juristen Ulpian in D. 1,4,1 pr. Ulp. 1 inst. allerdings nicht (339 Fn. 563). Vielmehr lässt sich das auch von Brandt zutreffend gewürdigte ‚edictum perpetuum‘ als Hauptfaktor dafür ausmachen, dass die Rechtsschöpfungsmacht vom Prätor auf die kaiserlichen Juristen überging[35)]. Brandt bescheinigt Hadrian auch eine erfolgreiche Provinzialpolitik, die vor allem in der Förderung von Städten in verschiedenen Teilen des Reiches bestanden habe:

„Die gezielte und kontinuierliche Kommunikation Hadrians mit den Vertretern zahlreicher Poleis dürfte entscheidend zur hohen Akzeptanz seines Prinzipats beigetragen haben, und dies gilt auch für die Gewährung des (Bei-)Namens ‚Hadriane‘ oder Hadrianopolis‘ an schon bestehende Siedlungen oder für die Neugründung von Poleis unter seinem Namen“ (348).

Dennoch habe er Rom nicht vernachlässigt und durch Bauprogramme und Festmähler die Kommunikation mit den römischen Eliten sichergestellt.

Der nächste Abschnitt zu Antoninus Pius (138‒161) steht unter dem mit einem Fragezeichen versehenen Titel: „Das ‚Goldene Zeitalter‘?“ (356) und wirft damit die später auch explizit gestellte Frage nach der Deutung der Regierungszeit des oft als „Kontinuität“ zu Hadrian verstandenen Kaisers als einer „Blütezeit“ auf (359). Entgegen diesem in der antiken Historiographie transportierten Bild setzt Brandt „die Auswertung der verfügbaren Quellen“ und betont – erneut unter Berücksichtigung von Münzen und archäologischen Zeugnissen (360‒362) – die Verstrickung des Herrschers in umfangreiche militärische Aktivitäten und gelangt daher zu dem Schluss, die vermeintliche Friedenszeit sei in Wahrheit eine Kriegszeit gewesen, was Antoninus Pius selbst zutreffend kommuniziert habe. „Anders als bei seinen Vorgängern Hadrian und Traian führte dies jedoch nicht zu Reiseaktivitäten von Antoninus Pius – dieser Kaiser reiste nicht“ (363). Die Leitung der Provinzen und die Regelung von Streitigkeiten vor Ort habe er an Statthalter delegiert (366).

Die damit fast ständige Anwesenheit des Kaisers in Rom habe zu verstärkten Interaktionsmöglichkeiten mit der plebs urbana geführt; hierzu gehöre u. a. die auch in der Münzprägung prominent thematisierte annona (367). Erwähnt sei auch die von Brandt als neuartige und nicht den Alimentarstiftungen zuzuordnende „Stiftung für die ‚puellae Faustinianae‘“, die Antoninius Pius zu Ehren und zur Erinnerung an seine 140 verstorbene Gattin Faustina (maior) errichtet habe (368). Warum es sich nicht um eine Alimentarstiftung handeln soll, bleibt allerdings unklar[36)]. Vielmehr spricht der Inhalt der Anordnung[37)] durchaus für die Einordnung als Stiftung, wobei aufgrund des kaiserlichen Ursprungs selbstverständlich eine besondere Verwaltungsform vorgesehen ist und nicht unbesehen alle Regeln des Privatrechts Anwendung finden[38)]. Aus Sicht der Kommunikation ist erneut der Blick auf die Münzen weiterführend, der Brandt zu dem Urteil führt, dass „Antoninus Pius sich in der Tat als Bewahrer und Verfechter einer moralisch-sittlich fundierten Wertordnung verstand“ (373), z. B. , indem er „die eheliche ‚concordia‘ zwischen dem Kaiser und seiner Gattin Faustina zu einem allgemein verbindlichen gesellschaftlichen Vorbild stilisiert und in einen eigenen sakralen Kontext gestellt“ habe (373). Der Erfolg dieser Kommunikation zeige sich in der Rezeption in Sarkophagen mit Ehepaardarstellungen, die das kaiserliche Vorbild imitierten (373).

Der fünfte Abschnitt des VI. Kapitels widmet sich „Mark Aurel und Lucius Verus (161‒180)“, d. h. der „erstmaligen Etablierung einer weitgehenden Samtherrschaft“ (380) nach dem Tod des Antoninus Pius. Neben der eindeutig militärisch geprägten Politik beider Herrscher, die schon Michael A. Speidel im Kontrast zu der durch die meditationes eingenommenen Perspektive als Philosoph auf dem Kaiserthron herausgearbeitet hat[39)], untersucht Brandt auch die Rolle Marc Aurels als princeps civilis (SHA Marcus Aurelius 6,3), für die er u. a. das Senatusconsultum Orfitianum erwähnt, das er als „erbrechtliche Stärkung von Kindern bei gleichzeitiger Beschneidung der ‚patria potestas‘“ (396) kennzeichnet[40)].

Zu recht betont Brandt, dass diese Reformen ebenso wenig wie Anpassungen im Sklavenrecht als Ausdruck philosophischer Überzeugungen gedeutet werden könnten[41)], und relativiert auch Cassius Dios Beschreibung der „Akribie und Hingabe von Mark Aurel bei der Erledigung seiner richterlichen Aufgaben“ (397). Sie dürften „nicht als Spezifikum nur dieses Kaisers verstanden“ werden, sondern seien „Signum und Erfordernis kaiserlicher Praxis überhaupt“ (397). Auch Kaius Tuori hat gezeigt, wie sich die kaiserliche Macht von Augustus bis in die Severerzeit gerade auch durch die Rechtsprechung vollzog und welche Bedeutung dabei entsprechende exempla gespielt haben[42)]. Als einen derartigen Fall diskutiert Brandt D. 28,4,3 Marcell. 29 dig. (398f.), begnügt sich dabei aber mit dem Verweis auf Millar (1992) und blendet damit die ausführliche und in Teilen auch kontroverse Diskussion in der rechtshistorischen Forschung vollständig aus[43)].

2.f) Kapitel VII behandelt „Das Ende der Adoptivkaiserzeit (180‒192) und die Severer (193‒235)“ (403‒481). Für den anfänglich erwähnten Commodus (180‒192) wählt Brandt erneut einen mit Fragezeichen versehenen Titel: „ein größenwahnsinniger Kaiser?“ (403). Ein Ansatzpunkt für diese Qualifikation ist der Hercules-Kult des Commodus, der sich als „Romanus Hercules“ bezeichnen ließ, weil er im Amphitheater von Lanuvium, das er zur Ehrung seiner Geburtsstadt in colonia Lanuvina Antoniniana Commodiana umbenannte habe, in Wettkämpfen auftrat und Tiere erlegte (411f.). Später sei er selbst öffentlich als Hercules „mit den Attributen Löwenfell und Keule“ (412) aufgetreten und habe sich auch in Münzen als „Hercules Commodianus“ repräsentieren lassen (412):

„Der spektakulärste erhaltene Ausdruck der neuen Hercules-Angleichung des Commodus ist das qualitativ hochwertige, aus weißem italischen Marmor gearbeitete Porträt des Kaisers vom Esquilin in Rom, welches ihn mit herculischen Attributen zeigt (Löwenfell, Keule, Äpfel der Hesperiden)“ (412).

Diese Selbststilisierung sei nicht als „Ausdruck von Verstandesverlust“ zu verstehen (413); vielmehr liege hierin eine übertriebene „Selbstüberhöhung und Autokratisierung des Prinzipats […], die vor allem in senatorischen Kreisen als Hybris und Normenverstoß wahrgenommen und abgelehnt worden sein muss“ (413). Trotzdem sei auch noch zweckrationales Regierungshandeln erkennbar, wie Brandt aus den nichtliterarischen Quellen schließt, die nach seiner Interpretation dem Bericht in der Historia Augusta (SHA Comm. VII, 13,7f.), nach dem der Kaiser nicht mehr in der Lage gewesen sei, Briefe und Anfragen zu bescheiden, widersprechen (413f.).

Der zweite Teil dieses Kapitels befasst sich mit dem Mehrkaiserjahr 193 und damit zunächst mit der Ereignisgeschichte, bevor im dritten Teil mit „Septimius Severus (193‒211) und Caracalla (211‒217)“ und dem Untertitel: „Die Konstruktion einer Dynastie“ wieder stärker die Kommunikation und das Bemühen um Akzeptanz in den Vordergrund treten (427‒460). Zunächst habe Septimius Severus seine Titulatur an seinen Vorgänger Pertinax anknüpft, um „sein unverkennbares Legitimationsdefizit“ zu kompensieren (428). Nach dem Sieg über Pescennius Niger habe Septimius Severus schon im Sommer 195 die Titel „Arabicus“ und „Adiabenicus“ angenommen, was Brandt als klare dynastische Zuspitzung wertet: „Mit der Verwendung der neuen Siegestitel und einer entschiedenen Streuung politischer Privilegierungen und Sanktionierungen verschaffte sich Septimius Severus rasch ein eigenes, auf Inschriften und Münzen auch vernehmbar kommuniziertes Profil, das nun um deutliche, auf die eigene Person und die Kernfamilie beschränkte, dynastische Elemente erweitert wurde“ (430). Erst recht beachtlich ist die auch in den Rechtsquellen transportierte Anlehnung an Marc Aurel[44)], die seit dem Sommer 195 durch die Behauptung einer direkten Abstammung als ,divi Marci Antonini Pii filius‘ und ‚divi Commodi frater‘ forciert worden sei (430f.). Auch die Söhne wurden in diese Genealogie einbezogen, was sich in den Akten der Saekularfeiern zeigt:

„Die inschriftlich […] erhaltenen, sehr langen ‚acta‘ zeichnen das Bild einer engen Kooperation zwischen den Augusti Septimius Severus und Caracalla sowie dem Caesar Geta und dem Senat; bei den eingeschobenen kaiserlichen Verlautbarungen werden in langatmiger Form immer wieder, bei allen drei Herrschern, sämtliche (fiktiven) genealogischen Details aufgeführt – im erkennbaren Bestreben, der Öffentlichkeit diese Form der Herrschaftslegitimation geradezu einzuhämmern“ (433)[45)].

Mit dem Argument, schon seit Augustus habe die militärische Stärke jeden erfolgreichen Kaiser ausgezeichnet, wendet sich Brandt gegen die in der Forschung vorherrschende Qualifizierung des Septimius Severus als erstem „Soldatenkaiser“ (435), denn Septimius Severus’ Karriere weise weniger militärische Aktivitäten auf als etwa Traian (435). Allerdings hätten die militärischen Aspekte in der öffentlichen Selbstdarstellung des Kaisers dominiert, wie vor allem Inschriften zeigten (435f.). Diesem Eindruck steht eine schon in der römischen Historiographie ersichtliche Qualifikation des Septimius Severus als princeps civilis gegenüber, für die Brandt Cassius Dio 76,17,1‒3 zitiert (438) und auf die „protokollartigen Zusammenfassungen der Rolle des Septimius Severus und seiner Beisitzer bei der Findung und Formulierung von Gerichtsentscheidungen“ aus den Digesten verweist (439)[46)]. Auch die berühmte Inschrift von Dmeir mit dem Prozessprotokoll der Verhandlungen unter Caracalla dient Brandt als Beleg für den Beizug von amici und den Rückgriff auf das kaiserliche consilium[47)].

Zentral für die Entwicklung des Rechts ist ferner die Beobachtung, dass „die Aufwertung der Gardepräfektur und die Ausweitung ihrer Aufgabenbereiche bis hin zu einer allgemeinen Kontroll- und Koordinationsinstanz […] ein wesentliches Merkmal des zivilen Regierungshandelns von Septimius Severus und Caracalla“ dargestellt habe (439), denn hierzu gehörte auch der konsequente Einbezug von Fachjuristen. So seien gerade die „beiden exponierten Juristen“ Papinian und Ulpian, „bevor sie die Prätorianerpräfektur erlangten, jeweils ‚a libellis‘ gewesen und damit an einer für die Kommunikation zwischen Kaiser und Reichsbewohnern entscheidenden Stelle“ (440f.). In der Bewertung dieser Eigenart der severischen Dynastie sieht Brandt bürokratische Elemente am Werke, denn es sei „unübersehbar, dass Septimius Severus und Caracalla in ungewöhnlich großem Ausmaß in der Erteilung von Reskripten, in der Formulierung von Kaiserbriefen und in der praktischen Gerichtsbarkeit engagiert waren“ (441). Gerade aus Sicht der Romanistik hätte man hier gerne mehr über mögliche Motive oder Hintergründe der starken Einbindung von Juristen gehört: Lag hierin eine Professionalisierung, wie es die Historia Augusta andeutet? War es in der Biographie des Septimius Severus begründet, dem – wiederum in der Historia Augusta – selbst juristische Ambitionen zugeschrieben werden? Oder ist das Bemühen um das Recht und die Verwaltung letztlich nur ein Ausdruck einer um Legitimation ringenden Kommunikation eines Kaisers, der sich erst nach langen Machtkämpfen durchsetzen konnte? Natürlich sind derartige Überlegungen immer ein Stück weit spekulativ und daher nur mit Vorsicht anzustellen. Gerade wenn aber die Kommunikation des Kaisers im Zentrum der Kaisergeschichte stehen soll, wäre doch die Frage nach der Rolle des Rechts wie der Rechtswissenschaft in diesem kommunikativen Prozess zu stellen und könnte – gerade auch vor dem Hintergrund der offensichtlich öffentlichen Rollen eines Papinian oder Ulpian ‒ auch zu Antworten führen. Jean-Pierre Coriats eingehende Analyse der severischen Rechtsetzung und Rechtsprechung[48)] wäre in diesem Zusammenhang genauer zu prüfen gewesen, als mit einer knappen Fußnote zu „consolidation et précodification“ (441 mit n. 374)[49)], denn die Details der severischen Rechtsetzung lassen kommunikative Strategien sichtbar werden.

Für die Constitutio Antoniniana (443‒446) diskutiert Brandt „andere als fiskalische Motive“ und nennt vor allem die Tatsache, dass ein zuvor nur Wenigen zugängliches Privileg nunmehr „zu einem Gemeingut“ (445) geworden sei, wodurch Caracalla „eine Vielzahl von dankbaren Neubürgern [geschaffen habe], die geradezu als Klientel des ‚pater patriae‘ zu verstehen waren, was sich auch in dem nun massenhaften Gebrauch des kaiserlichen ‚nomen gentile‘ Aurelius durch die Beschenkten artikulierte“ (445). Aus dieser plausiblen Sicht wird also auch die allgemeine Bürgerrechtsverleihung zu einem Mittel, das Akzeptanzbedürfnis des Kaisers zu befriedigen und seinen Rückhalt bei verschiedenen Gruppen zu stärken. Möglicherweise gehört hierzu auch die von Brandt zu recht hervorgehobene intensive Tätigkeit des Caracalla als princeps civilis, die in Inschriften, Papyri und Rechtsquellen belegt wird[50)]:

„Zusammen mit ‚amici‘ und Ratgebern nahm er Anhörungen […] vor, regelmäßig las er Korrespondenzen, und in einer an die Stadt Banasa in Mauretanien gerichteten Verordnung aus dem Jahr 215/16[51)] konzediert Caracalla den offenbar explizit erbetenen Erlass geschuldeter Steuerzahlungen, allerdings unter der Bedingung, künftig allen Verpflichtungen ohne Verzug nachzukommen“ (458).

2.g) Das VIII. Kapitel „,Krise‘ oder ‚Transformation‘? Die Zeit der Soldatenkaiser (235‒284)“ (482‒585) befasst sich mit der auch von Brandt als Übergang verstandenen Zeit, die sich – auch wenn in einzelnen Gebieten Wohlstand und Frieden zu konstatieren seien – jedenfalls insofern als krisenhaft erweise, als „Akzeptanzdefizite“ deutlich sichtbar würden (484). Gerade für diese durch Usurpationen und rasche Regierungswechsel gekennzeichnete Epoche bewährt sich der auf die Kommunikation abzielende Ansatz des Werkes, weil er zeigen kann, wie zwar militärische Erfolge die Ausrufung zum Kaiser motivieren konnten, ein dauerhafterer Machterhalt aber „reichsweite Akzeptanz“ (500) verlangte, die nur selten erreicht wurde und nur selten von Dauer war. Hierbei ist erneut der Rückgriff auf Münzprägungen hilfreich. So zeigt Brandt am Beispiel des Decius (506f.), welche „kommunikativen Anstrengungen“ unternommen wurden, um nicht nur „sich und seine Söhne als verlässliche und glückverheißende Zukunftsperspektive darzustellen“ (506), sondern auch auf Vorbilder früherer Kaiser verwiesen wird, um eine eigene Genealogie zu schaffen, in deren Nachfolge sich Decius stellen möchte. In die kurze Herrschaft des Decius fällt das sog. „Opferedikt“, das wahrscheinlich Ende 249 erlassen wurde und vorsah, „dass alle freien Reichsbewohner öffentlich Rechenschaft über erfüllte Opfertätigkeit zu leisten und vor lokalen Autoritäten zu opfern hatten“ (508). Das von christlichen Autoren als gezielte Maßnahme gegen die Christen gedeutete Edikt wird durch Papyri bestätigt, die Vollzugsbescheinigungen enthalten (508). Brandt betont hingegen, dass sich das Edikt „am ehesten mit dem Legitimationsbedürfnis des Decius […] erklären“ lasse, „der sich und seine Herrschaft der Gunst der Götter zu versichern suchte“ (509). Diese Intention werde auch durch andere Inschriften und durch den Decius-Porträttypus bestätigt (509). Auch für die in den Jahren 257 und 258 ergriffenen Maßnahmen der Gesamtherrscher Valerian und Gallienus gegen die Christen sieht Brandt nicht als „allgemeine Bestrafung des Christseins“, sondern als „Erzwingung von Loyalitätsaktionen in kultischen Formen“, die erneut der Rettung des Reichs gedient hätten, dessen Gefährdung als Strafe für die fehlende Loyalität gegenüber den herkömmlichen Göttern gedeutet worden sei (521f.). Nuanciert zeichnet Brandt die verschiedenen Herrscher und ihr oft nur kurzes Wirken nach und beschreibt vor allem die verschiedenen Bestrebungen, die Macht zu erhalten. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Blick auf das gallische Sonderreich (260‒274) und das Teilreich Palmyra (260‒272), die Brandt als „Desinte­grationsprozesse“ (557, 563) kennzeichnet, wobei er beide Abspaltungen nicht als lokale Abwanderungsbestrebungen, sondern „aus dem Kontext der Soldatenkaiserzeit“ erklärt, d. h. als den sonstigen Usurpationen vergleichbare Entwicklung (567). Weitere, innere Desintegrationsprozesse sind nach Brandt das Aufkommen des Christentums (568‒574) und ökonomische Unsicherheiten (574‒585). Das Hauptproblem der Epoche aber sei die gegenüber der etablierten Praxis misslungene Kommunikation:

„Die in der Kaiserzeit entwickelten und praktizierten Grundelemente des Regierungshandelns […] sowie der Versuch, die eigene Herrschaft und die eigene ‚persona‘ reichsweit bekannt zu machen, um Akzeptanz zu erlangen, spielten in der Soldatenkaiserzeit nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Intensität und die Qualität dieser für die Stabilität des Prinzipats hochbedeutsamen herrscherlichen Kommunikation, welche in den beiden vorangegangenen Jahrhunderten zu beobachten war, wurde nicht mehr erreicht“ (585).

3. Der rasche Durchgang durch die dichte und detailreiche Darstellung kann das Leseerlebnis des flüssig und prägnant geschriebenen Werkes nicht ersetzen. Trotz der Fülle an Informationen und trotz der auch Randfragen einbeziehenden Untersuchung ist es jederzeit möglich, Brandts ,roten Faden‘ zu verfolgen, und es gelingt ihm auch bei Verwicklungen oder Unklarheiten in der Ereignisgeschichte, seine Leser in den Bann zu ziehen. Nur an wenigen Stellen merkt man, wie viel Kärrnerarbeit wirklich in diesem Buch steckt und welche langen und mühevollen Stunden ein elegant und schlüssig daherkommender Satz in Wahrheit gekostet haben mag. Wenn im Vorgang an manchen Punkten aus rechtshistorischer Sicht oder Literatur Ergänzungen angebracht wurden, so darf dies nicht als Widerspruch zu den Ausführungen oder als Kritik an der besonderen Leistung des Autors missverstanden werden. Vielmehr sind die vergleichenden Hinweise als eine Aufforderung an die romanistische Forschung zu lesen, sich mit dieser neuen Gesamtdarstellung der römischen Kaiserzeit auseinanderzusetzen. So bietet gerade die Perspektive der kaiserlichen Kommunikation verschiedene Anknüpfungspunkte für eine neue Untersuchung der Rolle der römischen Rechtswissenschaft, die nicht nur durch einzelne Juristenpersönlichkeiten, sondern durch Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsauskunft insgesamt an der Kommunikation zwischen Herrscher und verschiedenen Gruppen der Bevölkerung beteiligt war. Brandts Werk fordert also auf, manches, in der Romanistik lieb gewonnenes Paradigma aufzugeben oder jedenfalls zu hinterfragen. Wie vor allem die von Brandt konsequent einbezogenen papyrologischen und inschriftlichen Quellen zeigen, findet die Tätigkeit der Juristen nicht nur in einem bestimmten „contesto culturale“[52)] statt, sondern auch in einem besonderen politischen Rahmen[53)].

Published Online: 2025-07-21
Published in Print: 2025-06-26

© 2025 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, Germany

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Artikel in diesem Heft

  1. Frontmatter
  2. I. Zum 90. Todestag von Otto Lenel
  3. Aufsätze
  4. II. Ὁμολογία und nuncupatio –Das attische Homologie-Gesetz in seinem Kontext
  5. III. Charakterzeichnung und Motivsuche in den controversiae – zur Bedeutung der rhetorischen Schulübung für die juristische und die rechtliche Praxis
  6. IV. Bemerkungen zum Testament des Pomponius Maximus aus dem Jahr 371 n. Chr.
  7. V. Justinian und der Schild des Herakles
  8. VI. Studien zu frühen merowingischen Rechtsetzungen
  9. VII. Zur Methode der Pandektenwissenschaft am Beispiel der hereditas iacens
  10. Miszellen
  11. Materialien zur fiducia im Lichte der Interpolationenkritik
  12. Brazil meets Rome: Vasconcellos’ complete translation of the Digest of Justinian into Portuguese
  13. Analyzing Anonymity in Justinian’s Digest: A Quantitative Approach
  14. Between rhetorical and performative aspects of the stipulatio-clause in Greek legal documents of Egypt
  15. Zu den Quellen des byzantinischen Rechts
  16. Literatur
  17. Besprechungen: Martin Avenarius, Ordo testamenti. Pflichtendenken, Familienverfassung und Gemeinschaftsbezug im römischen Testamentsrecht
  18. Hartwin Brandt, Die Kaiserzeit. Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian, 31 v. Chr.–284 n. Chr.
  19. Ciceros Topica und sein Programm De iure civili in artem redigeno, hg. von Wolfram Buchwitz/Matthias Ehmer
  20. Lucia C. Colella, I testamenti dei cittadini romani dʼEgitto tra storia sociale e prassi giuridica. Dal I secolo d.C. a Severo Alessandro
  21. Benedikt Eckhardt, Romanisierung und Verbrüderung. Das Vereinswesen im römischen Reich
  22. Jean-Louis Ferrary, La pensée politique de la Rome républicaine et les traités de philosophie politique de Cicéron. A cura di Maria Stefania Montecalvo
  23. Steffen Michael Jauss, Rechtsfragen der Herdenhaltung am unteren und mittleren Euphrat in altbabylonischer Zeit
  24. Papyrologische und althistorische Studien zum 65. Geburtstag von Andrea Jördens. Hg. von Lajos Berkes/W. Graham Claytor/Maria Nowak
  25. Selen Kılıç Aslan, Lycian Families in the Hellenistic and Roman Periods. A Regional Study of Inscriptions: towards a Social and Legal Framework
  26. Robert A. Kugler, Resolving Disputes in Second Century BCE Herakleopolis. A Study in Jewish Legal Reasoning in Hellenistic Egypt
  27. Roberta Marini, Prius testamentum ruptum est. Il problema della revoca del testamento in diritto romano
  28. Mike Reichert, Pflichten und Pflichtenkonflikte bei einer Verwahrung im römischen Recht im Wandel der Anschauungen
  29. Boudewijn Sirks, The Colonate in the Roman Empire
  30. Benedikt Strobel, Der Nießbrauchssklave im römischen Recht
  31. Tobias Bessel Donaas van der Wal, Nemo condicit rem suam. Over de samenloop tussen de rei vindicatio en de condictio. Proefschrift Leiden
  32. Luca Wimmer, Motivirrtum bei Schenkung und letztwilliger Verfügung. Eine kritische, historisch-vergleichende Untersuchung des deutschen, französischen und österreichischen Rechts
  33. Alfons Bürge, Die Lohnarbeit in der Antike
  34. Francesco Castagnino, I diplomata militaria. Una ricognizione giuridica
  35. Oliver Hekster, Caesar Rules. The Emperor in the Roman World ca. 50 BC‒565 AD
  36. Sammelbuch Griechischer Urkunden aus Ägypten, Bd. XXX hg. von Andrea Jördens unter Mitarbeit von Rodney Ast/Andrea Bernini/W. Graham Claytor/Ulrike Ehmig/Antonia Sarri/Eftychia Stavrianopoulou/Laura Willer
  37. Massimo Lolli, Turpitudinum notae. La caratterizzazione dell’usurpatore nei Panegyrici Latini tardoantichi
  38. Giuseppe Valditara, Civis romanus sum
  39. Eingelangte Schriften und Neuerscheinungen
  40. In memoriam
  41. Hans-Albert Rupprecht (16. April 1938–13. Februar 2024)
  42. Chronik
  43. „The Talmud Yerushalmi’s Civil Law in Its Ancient Legal Context: ­Rabbinic Law – Roman Law – Hellenistic Law“ Philipps-Universität Marburg, 23.–26. Juni 2024
  44. 44. Rechtshistorikertag Frankfurt 16.–20. September 2024
  45. XVIII. Jahrestreffen der Jungen Romanisten (Padua, 30.–31. Mai 2024)
  46. Quellenverzeichnis zu Band 142
Heruntergeladen am 25.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zrgr-2025-0014/html
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