I. Zum 90. Todestag von Otto Lenel
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Die Herausgeber
I Vorbemerkung der Herausgeber*)
Am 7. Februar 1935, einem Donnerstag, verstarb frühmorgens Otto Lenel (*13. Dezember 1849)[1)] im Alter von 85 Jahren in Freiburg[2)]. Persönlich betroffen vom nationalsozialistischen Unrechtsregime hatte er vor seinem Tode den Wunsch geäußert, dass in Deutschland kein Nachruf auf ihn erscheinen solle. Der Redaktion der romanistischen Abteilung der ZRG, die nach der Verdrängung von Ernst Rabel und Ernst Levy im Januar 1934[3)] aus Hans Kreller[4)] und Leopold Wenger[5)] bestand, war dieser Wunsch Lenels, von dem Pringsheim 1957 erstmals berichtet[6)], unbekannt[7)]. Daher erschien bereits in der ZRG RA 55 (1935) eine sechsseitige Würdigung Lenels durch Leopold Wenger (VII–XI)[8)]. Wenger räumt freilich ein, er sei Lenel „nur einige Male flüchtig begegnet“ und habe nicht die Gelegenheit gehabt, „ihm persönlich näherzutreten“ (VIII). Er stellt aber einen ausführlicheren Nachruf für den Folgeband in Aussicht: „Und so wird auch der tiefste Einblick in Wert und Wesen des Lebenswerkes Otto Lenels nur von dem gewonnen werden können, der ihm persönlich nahestand. Wir hoffen Erinnerungen an ihn von berufenster alter Freundeshand im nächsten Bande der Zeitschrift bringen zu können.“ Diese Erinnerungen wurden auch publiziert, allerdings nicht in der ZRG RA 56 (1936), sondern im Almanach der Wiener Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1935, Wien 1936. Unter dem Titel „Erinnerungen an Otto Lenel“ (309–336) erschien dort ein umfangreicher Nekrolog von Moriz Wlassak (20.8.1854‒24.4.1939)[9)], zudem ein Verzeichnis der Schriften Lenels, das Fritz Pringsheim erstellt hatte[10)]. Wlassak hatte den Nachruf, der an die Ehrenmitgliedschaft Lenels in der Wiener Akademie anknüpft, bereits am 29. Mai 1935 auf der feierlichen Jahressitzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in der philosophisch-historischen Klasse vorgetragen[11)]. Dass es sich hier um die „Erinnerungen […] von berufenster alter Freundeshand“ handelt, die Wenger für die ZRG RA 1936 in Aussicht stellte, belegen sowohl der Titel als auch, dass Wlassak auf schon erschienene Nachrufe verweist, die Leben und Werk Lenels bereits ausführlich gewürdigt hätten, er aber dank seiner Freundschaft zu Lenel vieles zu diesem als akademischem Lehrer und Mensch beitragen könne[12)]. Die Freundschaft zu Lenel, die auch nach der gemeinsamen Zeit in Straßburg (1895–1900) fortbestand, erwähnt Wlassak im Folgenden mehrfach[13)]. Lenel seinerseits widmete Wlassak die dritte Auflage des „Edictum perpetuum“ aus dem Jahre 1927[14)].
Da Wenger einen ausführlichen Nachruf von „alter Freundeshand“ nicht ohne Rücksprache mit Wlassak in Aussicht gestellt haben kann, überrascht es freilich, dass sich dessen Publikation in der ZRG RA in der kurzen Zeitspanne nach Drucklegung der ZRG RA 1935 und Ende Mai 1935 durch den Vortrag von Wlassak in Wien erledigte. In einem weiteren Nachruf auf Lenel im Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1934/35[15)] weist Wenger schon darauf hin, dass Wlassak ihm mitgeteilt habe, dass eine Würdigung Lenels aus seiner Feder im Almanach der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erscheinen werde. Wlassak werde „das zu sagen vermögen, was nur der sagen kann und darf, der nicht bloß das Werk kennt, sondern auch dem Meister persönlich nahe stand“[16)]. Hiernach hat Wlassak die in Aussicht genommene Publikation in der ZRG RA abgesagt. Die Gründe hierfür teilt Wenger nicht mit. Jedenfalls in der vorliegenden Form konnte im Jahre 1936 der Nachruf in der ZRG RA nicht mehr erscheinen, denn Wlassak benennt auf S. 335 deutlich den Unrechtscharakter des nationalsozialistischen Regimes: „Der zweite Umsturz im Reich, der die Nationalsozialisten zur Macht brachte, mußte Lenels Ausblick in die Zukunft vollends verdüstern. Seine einzige Tochter, die sich seit Jahren der Krankenpflege gewidmet hatte, wurde ihrer Abstammung wegen aus dem Amt als Oberin einer Universitätsklinik entfernt. Ihrem Vater stand seitdem die bange Frage vor Augen, was wohl in Deutschland aus den Kindern seiner verstorbenen Söhne werden soll? Konnten sie jetzt noch erwarten, in ihrem Geburtslande jemals eine befriedigende Lebensstellung zu erringen?“ Der Rest des Nachrufs ist unverfänglich. Die Anknüpfung zu Beginn an die Ehrenmitgliedschaft Lenels in der Wiener Akademie ist rein formal. Einen Nachruf auf Lenel als Person zu drucken, wäre im Jahre 1936 wohl in Deutschland noch möglich gewesen, und auch in der ZRG: In der ZRG RA 1936 erschienen sogar zwei Nachrufe auf Otto Gradenwitz, einer von Paul Koschaker (19.4.1879‒1.6.1951)[17)] (wie derjenige von Wenger auf Lenel zu Beginn des Bandes[18)]), ein weiterer von Emil Kießling (in memoriam am Ende)[19)]. So offene Kritik am NS-Regime, wie sie bei Wlassak zu finden ist, war aber im Jahre 1936 im nationalsozialistischen Deutschland nicht mehr publizierbar. Buch- und Pressewesen waren lückenlos überwacht und mussten den Vorgaben der NS-Ideologie genügen[20)]. Die ZRG wurde in Weimar im Stammhaus des Verlags und in der großen Druckerei des Böhlau-Verlags hergestellt. Ihr Erscheinen war abhängig von einem Druckkostenzuschuss der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, die sich bereits 1933 selbst ,gleichgeschaltet‘ hatte[21)], sowie von einer Zuwendung des preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung[22)]. Bereits 1934 hatte die Existenz zweier jüdischer Herausgeber (Levy, Rabel) zu einer Kürzung der Zuschüsse geführt[23)]. Der Abdruck eines Nachrufs auf einen Juden verbunden mit offener Kritik am NS-Regime, noch dazu in einer international gelesenen Zeitschrift, hätte gravierende Konsequenzen nach sich ziehen können, etwa die Einstellung der Druckkostenzuschüsse[24)]. Alternativ ist auch noch ein anderer Grund denkbar, da auch das Schriftenverzeichnis Lenels, das Pringsheim erstellte, im Almanach 1936 der Wiener Akademie erschien. Pringsheim und Wlassak müssen diesbezüglich in Kontakt gestanden haben. Dann könnte Pringsheim Wlassak über den Wunsch Lenels informiert haben, dass in Deutschland kein Nachruf auf ihn erscheinen soll (s. oben S. 1). Die Absage Wlassaks gegenüber der ZRG RA wäre dann damit zu erklären, dass Wlassak diesen Wunsch Lenels respektierte. Gleichzeitig hätte sie Wlassak ermöglicht, obige Passage in seinen Nekrolog aufzunehmen. Ein weiterer Nachruf auf Lenel erschien in der ZRG RA nicht mehr. Kreller verweist im Literaturteil der ZRG RA 56 (1936) lediglich darauf, dass mit den Erinnerungen Wlassaks im Almanach der Wiener Akademie die von Wenger gemachte Ankündigung „voll erfüllt“ sei[25)].
In seinem Nekrolog auf Wlassak in der ZRG RA 60 (1940)[26)] erwähnt Wenger mehrfach Lenel und zitiert auch wörtlich aus dem Nachruf von Wlassak im Almanach 1936, freilich ohne eine Fundstelle anzugeben[27)]. Am Ende des Nachrufs nennt Wenger auch die Nekrologe, die Wlassak in verschiedenen Bänden des Almanachs der Wiener Akademie publizierte, und gibt deren Inhalt kurz wieder[28)]. Der Nekrolog auf Lenel fehlt hier, ebenso in dem Schriftenverzeichnis Wlassaks, das an den Nachruf Wengers anschließt. Wie es scheint, war 1939 der Nachruf wegen des oben angeführten Absatzes nicht zitierfähig.
Da Wlassaks „Erinnerungen an Otto Lenel“ eine Reihe von persönlichen Nachrichten über Lenel enthalten, die in anderen Nachrufen nicht zu finden sind[29)], schien es den jetzigen Herausgebern der ZRG RA angebracht, diese angesichts des 90. Todestages von Lenel erneut zu drucken, ebenso wie die berührenden Worte, mit denen Fritz Pringsheim am Montag, den 11. Februar 1935, in seiner Vorlesung „Geschichte und System des römischen Rechts“[30)] des Todes von Otto Lenel gedachte[31)].
Die Herausgeber
I Erinnerungen an Otto Lenel von Moriz Wlassak aus: Almanach der Wiener Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1935, Wien 1936, 309–336[32)]
Erinnerungen an Otto Lenel[1)]
Die philosophisch-historische Klasse beklagt den Verlust ihres berühmten ältesten Ehrenmitgliedes. Otto Lenel, unter den juristischen Forschern unserer Zeit unstreitig einer der ersten, unter den der Altertumskunde nahestehenden Gelehrten der deutschen Länder wie des Auslands einmütig hochgeschätzt und viel gefeiert als unvergleichlicher Meister des römischen Rechtes, ist am 7. Februar 1935 im Alter von 85 Jahren in Freiburg im Breisgau gestorben.
Meine Aufgabe soll es nicht sein, den Lebenslauf des von uns Geschiedenen zu beschreiben und seine zahlreichen Schriften zu würdigen. Solcher Nachrufe sind einige – sehr wertvolle – schon erschienen; andere werden ohne Zweifel bald nachfolgen. Mir aber war es vorbehalten, durch mehr als 50 Jahre Otto Lenel zur Seite zu stehen, bald in naher, bald in lockerer Verbindung, doch allezeit in so klarem und so freundlichem Verständnis mit ihm, daß Zwiespalt in Sachen unserer Wissenschaft niemals trennend wirken konnte. Infolgedessen glaube ich zur Erkenntnis des mir vorangegangenen Freundes, des akademischen Lehrers wie des Menschen, ein wenig beitragen zu dürfen, was anderen schwerlich bekannt ist.
Die erste Berührung mit Lenel wurde mir vermittelt durch die Czernowitzer (deutsche) Rechtsfakultät, die im Sommer 1881 Ausschau halten mußte nach einem Ersatz310| für den an die Grazer Universität berufenen Professor des römischen Rechtes. Der nach sorgfältiger Prüfung Erkorene war ein überfällig gewordener Privatdozent, der seit 5 Jahren an der Universität Leipzig mit großem und steigenden Erfolg Vorlesungen hielt, ohne von der sächsischen Regierung nur die geringste Förderung zu erlangen. Als Literat hatte Lenel damals außer einer gründlich angelegten Habilitationsschrift die erste Reihe seiner viel versprechenden Beiträge zur Kunde des prätorischen Edikts (1878) und eine ausgezeichnete systematische Abhandlung (Parteiabsicht und Rechtserfolg) in Jherings Jahrbüchern XIX aufzuweisen. Eine weit umfänglichere Arbeit aber muß in jener Zeit der Vollendung schon ziemlich nahe gewesen sein. Denn das Selbstvertrauen und die gute Zuversicht, die aus ihr für den Verfasser entsprang, ist wohl ausschlaggebend gewesen für die Ablehnung des Antrags, als Professor in die weltentlegene Bukowina zu übersiedeln.
Die Münchner Akademie der Wissenschaften hatte im Jahre 1879 im Auftrag der Savigny-Stiftung einen namhaften Preis ausgeschrieben für die Lösung der Aufgabe: die Formeln des Edictum perpetuum (Hadriani) im Wortlaut wieder herzustellen, u. zw. hauptsächlich aus den Ediktkommentaren heraus. Dieser Hinweis auf die bei der Untersuchung zu benützende Quelle entsprach genau dem, was Lenel in seinen ersten Beiträgen zum Edikt mit Recht gefordert und was sein Vorgänger A.F. Rudorff vernachlässigt hatte. Anderseits war nach meiner und sicher auch nach Lenels Ansicht die Münchener Aufgabe fehlerhaft gefaßt, wenn sie unter dem Einfluß des Rudorffschen Buches die Herstellung bloß der Formeln des prätorischen Albums verlangt. Wer die Worte des Preisausschreibens genau nahm, wäre gezwungen gewesen, nur halbe Arbeit zu verrichten 311| und den vielleicht wichtigeren Teil der prätorischen Gerichtstafel, die Edikte, beiseite zu lassen. Eine einstweilige Teilung der Arbeit aber wäre undurchführbar gewesen, weil gerade die Gestalt, die das Album – unter Hadrian – von dem Juristen Julian empfangen hat, bedingt ist durch die Verbindung der Edikte und der Formeln.
Da Lenel mich mit Fragen beschäftigt wußte, die auch seinem Arbeitsgebiet angehörten, lag es nahe, eine Aussprache zwischen uns einzuleiten. Zu meiner großen Freude erklärte er sich zu einer Begegnung bereit, die in München meiner Erinnerung nach etwa Mitte August 1881 zustande kam. Dort im Englischen Garten tauschten wir stundenlang Mitteilungen aus über wissenschaftliche Fragen, zunächst über solche, die jetzt gerade Erwägung verlangten, dann über manche Zukunftspläne, die noch der Gestaltung harrten. Erst in späteren Jahren wurden wir uns immer deutlicher dessen bewußt, daß in München unversehens der Grund gelegt war zu einem Vertrauensverhältnis, das lebenslang währen, das manche Probe bestehen und hierdurch noch weitere Vertiefung erfahren sollte.
Aus dem Münchener Gespräch greife ich hier einen einzigen Gegenstand – wohl den wichtigsten – heraus. Mein Anliegen betreffs der Gerichtstafel des Prätors ging damals nur dahin, allgemeineren Fragen, die noch nicht behandelt oder falsch beantwortet waren, genauer nachzugehen. So vor allem: das grundsätzliche Verhältnis zwischen Edictum (im engeren Sinn) und der proponierten Prozeßformel aufzuklären. Ferner festzustellen, was von den Texten des Albums dem Amtsrecht und was dem Volksrecht zuzurechnen sei. Endlich zu ermitteln, ob die Zugehörigkeit zur einen und zur anderen Masse schon aus 312| der Fassung erkennbar ist, die das einzelne Stück im Album aufweist.
Unvergleichlich größer und schwieriger war die Aufgabe, die sich Otto Lenel gestellt hatte. Er wollte ja die Münchener Frage beantworten und mehr als das: alle Überreste von Texten des Albums, auch die kleinsten, mochten sie Stücke von Edikten oder Formeln sein, aus ihrem Versteck in den Quellen herausholen. Um dieses Ziel zu erreichen, war sehr vieles schlechthin nötig: eiserner Fleiß gepaart mit größter Genauigkeit, unermüdliche Arbeitskraft, umfassendes Wissen und nicht zum wenigsten geschulter Scharfsinn, der leicht reagiert und einleuchtend kombiniert, Eigenschaften also, die höchst selten zusammentreffen, bei Lenel aber in Vollkommenheit vorhanden waren. Und noch eines kam ihm bei seiner Arbeit in hohem Maße zustatten: die Wiederaufnahme der seit Jahrhunderten in Verruf geratenen Aufsuchung justinianischer Interpolation in den klassischen Texten. So ist es ihm insbesondere gelungen, bei einer erheblichen Zahl von Aktionen die Verfälschung ihres Namens überzeugend darzutun. Die Auswirkung solcher Eingriffe mußte nicht immer dieselbe sein. Entweder war mit dem Namen der unterdrückten Actio auch die ihr eigentümliche Ordnung völlig beseitigt. Oder die Kompilatoren benützten die an einer Stelle überflüssig gewordenen Texte dazu, mit ihnen die für eine andere Actio, welche sie gelten ließen, überlieferten Bestimmungen aufzufüllen. Es ist klar, wie sehr die erwähnten Entdeckungen geeignet sind, unseren Schatz klassischer Rechtsätze bald zu mehren, bald zu läutern.
Lenels bewundernswertes Meisterwerk ist unter dem – kürzlich angefochtenen – Titel „Das Edictum perpetuum“ zuerst im Mai 1883 ausgegeben. Das Vorwort ist im Februar 313| dieses Jahres geschrieben. Groß, ebenso weitreichend wie nachhaltig war der Erfolg, der dem „Edictum“ zuteil wurde, einmütig der Beifall, den es allenthalben auslöste. Noch ehe es im Druck erschienen war, hatte die Kieler Rechtsfakultät im Sommer 1882 den Verfasser für eine ordentliche Professur in Vorschlag gebracht. Vermutlich wußten die Kieler, daß ihr künftiger Kollege der Träger des Savigny-Preises sein werde. Um dieselbe Zeit kam die Preisfrage vor die Bayerische Akademie der Wissenschaften auf Grund eines ausführlichen (später veröffentlichten) Gutachtens von Alois Brinz, das mit den Worten schließt: Lenels Arbeit sei des „größten Lobes und ohne allen Zweifel des Preises würdig“.
Das Gutachten ist datiert vom 10. Juni 1882. Schon nach elf Tagen, in ihrer Sitzung vom 21. Juni, hat die Akademie der Arbeit des Dr. O. Lenel, Privatdozent an der Universität Leipzig, den Preis der Savigny-Stiftung zuerkannt.
Die römisch-rechtliche Literatur, zunächst die deutsche, hat nicht gezögert, das Münchner Urteil zu bekräftigen, indem sie die durch Lenels geniale Forschung aufgefundenen Rechtsgebilde und die daranhängenden Fragen mit Feuereifer aufgriff, meist nicht um zu kritisieren, sondern um weiterzubauen auf dem neugewonnenen Boden. Zwei Jahrzehnte lang sind im In- und Ausland recht wenige Arbeiten romanistischen Inhalts verfaßt, die nicht Bezug nehmen auf die unerschöpfliche Preisschrift und mehr minder Nutzen aus ihr ziehen. Hatte seinerzeit Savignys historische Schule mit dem Tode des Gründers an Leuchtkraft eingebüßt, so war jetzt mit dem „Edictum“ von 1883 wieder ein monumentales Werk geschaffen, das, abweichend von dem Vorbild jener Schule, Rechtsgeschichte nicht bloß 314| treibt im Hinblick auf Fragen des heutigen Rechtes, sondern ein wichtiges Stück antiker Kultur um seiner selbst willen gründlich erforscht und eindrucksvoll darstellt. So wenig Lenels Buch ein Gesamtbild des römischen Rechtes entwerfen will, hat es doch – in vier Auflagen, einmal in französischer Übersetzung – dank rasch erworbener Autorität der deutschen Romanistik geraume Zeit hindurch den ersten Platz gesichert.
Auf der kleinen Universität Kiel hat O. Lenel vor einer bescheidenen Zahl von Hörern zwei Jahre lang gelehrt. Hierauf folgte ein Zwischenspiel an der Universität Marburg, herbeigeführt durch einen seltsamen Eingriff des G.R. Althoff, in dessen Hände die Verwaltung der preußischen Universitäten gegeben war. Schon nach einem Semester (Ostern 1885) konnte Lenel – diesmal tief befriedigt – einem ehrenvollen Rufe nach Straßburg folgen, dessen rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät damals sehr hervorragende Gelehrte vereinigte. Die Übersiedlung in die Stadt, deren Übergabe an das Belagerungskorps der junge Lenel als Soldat 1870 miterlebt hatte, bezeichnet er in seiner Selbstbiographie als Abschluß seiner Wanderjahre, das schöne Elsaß als die neu gewonnene zweite Heimat. Gewiß lag ihm lange Zeit nichts ferner als der Gedanke, die ihm liebgewordene Kaiser-Wilhelms-Universität, deren Rektor er 1896 war, jemals zu verlassen. Wenn er trotzdem 1907 schweren Herzens Freiburg gegen Straßburg eintauschte, müssen ihn sehr gewichtige Gründe bestimmt haben, von denen er nur sagt: sie entziehen sich der öffentlichen Mitteilung.
In die ersten vier Straßburger Jahre fällt die Herstellung des zweiten Hauptwerkes: der Palingenesia iuris civilis (1889). Ein gut Stück Arbeit daran hatte Lenel schon durch das 315| genaue Studium und die Neugestaltung der Ediktskommentare im voraus erledigt. Was aber an Texten übrig blieb, erwies sich als mühevoller und schwieriger, als seinerzeit das Material für den Aufbau des „Edictum“ gewesen war.
Der Endzweck der Palingenesie konnte kein anderer sein als der, unser Wissen vom klassischen Recht zu mehren durch gründliche Verbesserung der Quellenlage.
Wenn es z. B. gelingt, den ursprünglichen Standort eines Fragmentes der Pandekten zu ermitteln und die Umgebung, aus der es herstammt, so haben wir eine neue Hilfe gewonnen, um den wahren Sinn der Worte zu finden, in die der Klassiker seine Ansicht gefaßt hatte.
Begonnen ist die Arbeit an der Palingenese vermutlich mit der Prüfung und Feststellung der von uns sogenannten Systeme – bescheidener gesagt – der Stoffgruppierung, welche die alten Juristen für ihre recht mannigfaltigen Schriften jeweils gewählt haben mochten. Leider konnten die einschlägigen Fragen, selbst für die großen Zivilrechtswerke (die libri ad Q. Mucium und ad Sabinum), nicht durchaus zweifelsfrei beantwortet werden, u. zw. deswegen nicht, weil die Überlieferung gerade für die Lösung mancher Systemfrage weniger oder weniger Verlässiges bietet, als unbedingt nötig ist.
Um die ursprünglichen Zusammenhänge von Digestentexten zu finden, ist es geboten, die Buchziffern zu beachten, welche die Inskriptionen aufweisen. Fraglich nur, ob wir ihnen durchaus vertrauen dürfen? Sicher war nichts so sehr der Gefahr der Verfälschung seitens der Abschreiber ausgesetzt, als die, etwa in Juristenzitaten vorkommenden Ziffern. Man vergleiche nur die lange Liste von fehlerhaften Inskriptionen, welche Lenel der ersten Auflage seines Edictum (S. 447ff.) beigefügt hat. Begreiflich mußte er 316| auch als Autor der Palingenesie die ihm wohlbekannte Gefahr besonders scharf im Auge behalten.
Eine weitere Schwierigkeit, die den Fortgang der Arbeit zuweilen hemmen mochte, ergab sich unvermeidlich aus der oft vorkommenden bloß mittelbaren Überlieferung von Klassikertexten. Hier ist es manchmal nötig, die Frage zu stellen, wo fängt der zitierte Jurist zu sprechen an und wo sind seine Worte zu Ende? Besonders die letztere Frage muß nicht selten ohne Antwort bleiben.
Nicht weniger heikel ist für den Autor einer Palingenesie die Entscheidung darüber, ob der Zitierende wortgetreu berichtet oder aber mit eigenen Worten, sei es durchaus mit solchen oder bloß unter Beimischung eigener.
Endlich soll hier noch eine Frage berührt werden, die Lenel selbst wiederholt erörtert – ihrer Wichtigkeit wegen – und die ihn offenbar am meisten beunruhigt hat. Sie lautet: wie soll sich die in Arbeit befindliche Palingenesie zu der mehr und mehr anwachsenden Interpolationenforschung verhalten?
Schon in den Jugendjahren hat Lenel in seinen das „Edictum“ vorbereitenden und später in den begleitenden Beiträgen durch glänzende Leistungen die Kritik der Rechtsquellen in hohem Maße gefördert. Man darf sagen, die von Juristen der Humanistenzeit begründete, später aber fast in Vergessenheit geratene kritische Schule ist von ihm neu belebt worden.
Als Lenel den Plan der Palingenesie entwarf, mochte er sich für einen Augenblick das schöne Ziel vorsetzen, einen von allen Veränderungen gereinigten Text sämtlicher Juristenschriften herzustellen. Davon aber ist er – wie seine Selbstbiographie lehrt – sehr bald abgekommen. Den Interpolationen und Glossemen „mit systematischer Kritik 317| nachzuspüren, das hätte den Verzicht bedeutet auf die Möglichkeit, das begonnene Werk jemals zu vollenden. Schon die Ermittlung dessen, was von tausend anderen für die Texteskritik bereits geleistet war, würde viele Jahre beansprucht haben“. Und noch eines trat zu diesen Erwägungen hinzu: Lenels richtige Voraussicht, daß schon in einigen Jahren die Menge der gefundenen oder doch behaupteten Interpolationen ins Unübersehbare gesteigert sein wird. Damit aber verband sich unentrinnbar die Folgerung: es gibt also – einstweilen wenigstens – kein Mittel, die Palingenesie vor der Gefahr zu behüten, im Punkte der Textgestaltung recht bald für veraltet zu gelten. Erst in weiterer Zukunft könnte eine zweite Auflage das Werk wieder auf volle Höhe bringen.
Ist mit dem hier Gesagten Lenels Gedankengang gut erraten, so dürfen wir – glaube ich – den von ihm gewählten Mittelweg für richtig ansehen. Um die Palingenesie rasch abzuschließen, verzichtet der Autor auf eine vollständige Sammlung der bisher gemachten textkritischen Versuche. Was er nicht kennt, was ihm nicht zur Hand liegt, bleibt ausgeschlossen, mag es treffend oder verkehrt sein. Im übrigen zieht er sowohl Altes wie Neueres heran, freilich beides nur, wenn er es billigt oder – mag auch die Zustimmung fehlen – wenn es nach seinem Ermessen beachtenswert ist. Aus dem neuesten Schrifttum benützt er fleißig das von ihm hochgeschätzte Interpolationenbuch von Gradenwitz (1887), doch mit Ausnahme des Abschnittes V, und schmückt sein Werk reichlich durch Einfügung von eigenen, ganz kurz begründeten textkritischen Beiträgen, die vorher nicht veröffentlicht waren.
Um Lenels Einstellung zur modernen Interpolationistik ins klare zu bringen, sind zunächst ein paar Bemerkungen 318| vorauszuschicken. So häufig Lenel als Quellenkritiker auftrat, so wenig hat er sich jemals von der Lust am Zerstören oder von Neuerungssucht beherrschen lassen oder gar vorgefaßter Mißgunst gegen fremde Ideen stattgegeben. Wo er einen alten Text als verdächtig oder dessen heutige Auffassung als unhaltbar erweisen will, ist sein Angriff aufs reiflichste überlegt, insbesondere auf vollkommene Sachkenntnis gestützt und niemals ausgeführt ohne den – schon zur Kontrolle sehr nützlichen – Versuch, das Widerlegte durch Besseres zu ersetzen.
Wenn einer die angeführten Grundsätze für sich als Richtschnur annimmt, wird er deren Beobachtung regelmäßig auch von anderen verlangen. So kann es nicht befremden, wenn der Erneuerer und eifrige Freund der Interpolationistik gewisse Methoden der jüngsten Forscher, die jenen Grundsätzen zuwiderlaufen, als verfehlt zurückweist.
Eingeleitet ist der allgemeine Abwehrkampf 1925 in einer Abhandlung der Savigny-Zeitschrift (Bd. 45), welche die Überschrift „Interpolationenjagd“ aufweist. Der wichtigste Vorwurf, der erhoben wird, ist der der Leichtfertigkeit. „Ein paar Handgriffe genügen, die Quellen so zuzustutzen, daß sie unseren Wünschen entsprechen.“ Um dieses Urteil zu rechtfertigen, unterzieht Lenel beispielsweise zwei quellenkritische Aufsätze namhafter Forscher einer genauen Nachprüfung. In beiden Fällen erwächst die Unechtheitsbehauptung nicht aus den angezweifelten Texten selbst. Statt dessen ist hier und dort eine ersonnene These aufgestellt, die nur aufrecht bleiben kann, wenn ein oder mehrere Stücke der Überlieferung verfälscht sind. Demnach ergibt sich unabweislich die Aufgabe, alles aufzubieten, um die Unechtheit jener in Bezug genommenen Texte zu erweisen. Mithin kann Lenel treffend behaupten: „Wir bauen unsere Hypo-319|thesen nicht weiter auf auf den unzuverlässigen Quellen, sondern passen diese Quellen unseren Hypothesen an.“ Entgegen Emilio Albertario und Gerhard Beseler – den Verfassern jener zwei Aufsätze – will übrigens Lenel gezeigt haben, daß der von den genannten Gelehrten notwendig zu erbringende Beweis der Verfälschung mißlungen ist.
Der 1925 aufgenommene Kampf gegen die Übertreibungen der Interpolationistik ist fortgesetzt in den Bänden 49 und 50 der Savigny-Zeitschrift (1929f.). Der ins Auge gefaßte Gegner ist hier durchaus G. Beseler, der Gegenstand der Kritik die Wortforschung dieses Gelehrten. Wichtig erscheint mir besonders Lenels Widerstand gegen die Absonderung der Juristen – mit einem engbegrenzten Sprachschatz – von der Profanliteratur und die Leugnung der behaupteten Spracheinheit in den klassischen Rechtsschriften. Die eine wie die andere Lehre erleichtert außerordentlich die Ansammlung für unecht erklärter Wörter und vergrößert im selben Maße den von Athetesen eroberten Raum. Lenel aber lehnt es als aller Erfahrung widerstreitend ab, den juristischen Klassikern einen Sitz auf einem „sprachlichen Isolierschemel“ anzuweisen und weigert sich auch, sie als „fungible Stilisten“ zu behandeln.
In der letzten, von Lenel der Interpolationistik gewidmeten Arbeit handelt es sich um den Text des Veroneser Gaius, den G. Beseler zum Gegenstand seiner Wortforschung macht, um so Echtes und Unechtes zu scheiden. Von einigen Glossemen abgesehen, die seit alters als fremde Zutat erkannt sind, galt uns bisher das im Veronensis überlieferte Latein durchaus als Sprache eines Juristen des zweiten Kaiserjahrhunderts. Gegen diese Annahme wendet sich Beseler. Seiner Meinung nach weist die Gaius-Handschrift Wörter und Formen auf, die so angewandt, wie wir sie 320| lesen, nicht vom Klassiker herkommen können, sondern spätlateinisch sind. Darnach hätten wir keine klassischen Institutionen; statt ihrer nur ein in nachklassischer Zeit überarbeitetes Werk.
Lenel hat sich die Beurteilung der von Beseler vertretenen Thesen gewiß nicht leicht gemacht. Er prüft ohne Vorurteil und gründlichst eine lange Reihe von Gaiusstellen, wo das verdächtigte ‚et ideo‘ oder ‚ideoque‘ vorkommt, ferner Gai. 4, 60, wo der Plural der ersten Person (nos invenimus) den Singular ersetzt; und zuletzt noch Wort für Wort Gai. 1, 188. Nirgends aber erklärt er sich bereit, der Quellenkritik des Wortforschers beizutreten. Dagegen glaubt er das Ergebnis seiner Untersuchung so zusammenfassen zu können: „Die Möglichkeit später (bei Gaius) eingedrungener Glossen soll nicht geleugnet sein; aber in der Hauptsache haben wir meines Erachtens den im Veronensis überlieferten Text als den des echten Gaius zu betrachten, solange nicht entscheidende Gründe für das Gegenteil beigebracht sind.“
Mit der Interpolationenforschung hängt auch noch die jüngste bedeutsame Arbeit zusammen, die der 82jährige Greis der Savigny-Zeitschrift (R.A.) anvertraute, der er fünf Jahrzehnte lang reichlich Beiträge gespendet hatte: eine Neuausgabe nämlich von Afrikans Quästionen, die er bescheiden bezeichnet als „Versuch einer kritischen Palingenesie“ (Bd. 51, 1931). Dieser „Versuch“ – die letzte Anstrengung des Meisters – soll dem künftigen Herausgeber einer nachgeprüften Palingenesie mit möglichst gereinigten Texten Hilfe bringen, soll also Vorarbeit sein für ein Werk, das Lenel immer vorschwebte, das er aber nicht schaffen konnte, weil „es weit über die Kräfte eines Einzelnen geht“.
321| Uns aber erleichtert jener kostbare „Versuch“, der sorgsam erwogene Textänderungen in beträchtlicher Zahl vorschlägt, die richtige Würdigung der darin geübten Quellenkritik. Wenn ich sie als hervorragende Leistung preise, so denke ich vor allem an die Bewährung der oben (S. 318) dem echten Forscher zugeschriebenen Eigenschaften und füge hier zu Lenels Bild nur sehr Bekanntes und Unbestreitbares hinzu: die Verbannung ausschweifender Phantastik, die Neigung zu nüchterner Sachlichkeit und das überall bewiesene kluge Maßhalten.
Nicht zu umgehen ist schließlich die Frage, ob O. Lenel, der Erneuerer der Interpolationistik, den in jungen Jahren gewählten Standpunkt auch in seiner Spätzeit unverändert festgehalten hat? Begreiflich ist nie eine Äußerung von ihm bekannt geworden, die geeignet wäre, den Wert der Quellenreinigung herabzusetzen. Nicht diese ist jemals der Gegenstand seines Mißvergnügens, allerdings aber die angewandte Methode. Noch in der Savigny-Zeitschrift von 1918 veröffentlicht er als Nachtrag zur Palingenesie eine Sammlung von 98 textkritischen Anmerkungen zu Fragmenten der 8 ersten Pandektenbücher. Anderseits bringt seine ausführliche Abhandlung über die klassische cura minorum (Savigny-Ztschr. Bd. 35 von 1914) auffallend häufig die Zurückweisung von Interpolationsbehauptungen, deren Urheber der verdiente Fachgelehrte des römischen Vormundschaftsrechtes Siro Solazzi ist. Zum Durchbruch aber kommt der Widerstand gegen die leichtfertige und gefährliche „Interpolationenjagd“ erst in dem oben (S. 318f.) besprochenen Aufsatze von 1925. Mit den Bemerkungen „Zur Sprache der Juristen“ (Bd. 49, 1929) sind dann manche gegen Beseler streitende Erwägungen erheblich verstärkt. Endlich im Bd. 50. (1930) nimmt 322| Lenel gegen die reine Wortforschung – wie mir scheint – in etwas gedämpfterem Tone Stellung. Dabei spricht aber gewiß nicht Vorliebe für jene einseitige Methode mit. Vielmehr dürfte sich die Zurückhaltung des Kritikers daraus erklären, daß er in seinem Aufsatze philologische Mithilfe benutzt, während er sonst gewöhnt ist, sein Urteil bloß aus eigener Überzeugung zu schöpfen.
Wie zuerst freundliche Beziehungen zwischen Lenel und mir zustande kamen, das ist oben S. 309f. erzählt. Mein Verhältnis zu dem älteren Fachkollegen, der 1885 einen Lehrstuhl an der Straßburger Universität erhalten hatte, erwuchs allmählich zu einer engeren Verbindung infolge der warmen Teilnahme, die er meinen literarischen Arbeiten zuwandte. Ich selbst hatte im Oktober 1884 eine Berufung an die Breslauer Universität angenommen und blieb in derselben Stellung bis 1895. In diese Zeit (1888/92) fallen meine ersten Versuche, den römischen Privatprozeß der alten und der klassischen Epoche von dem Banne einer verkehrten, freilich bald nach 1827 einstimmig angenommenen Theorie (F.L. Kellers) zu befreien.
Während von meinen einschlägigen Arbeiten noch der erste Band der „Römische Prozeßgesetze“ in der Savigny-Zeitschrift, R.A. IX (von Gradenwitz) und in der Nouv. Revue hist. de droit XIII (von P.F. Girard) erfreuliche Anerkennung gefunden hat, fehlt hier wie dort von dem zweiten – weit gewichtigeren – Bande selbst jede Anzeige. Das Urteil über ihn und den Verfasser sollte tiefes, dauerndes Schweigen sein. Das gleiche Schicksal war offenbar auch der zwischen jenen zwei Bänden als Breslauer 323| Festschrift für B. Windscheid (1888) veröffentlichten Abhandlung zugedacht, welche die Litiskontestation im Formularprozeß erörtert und den Kern meiner Prozeßlehre einschließt.
Um rasch von dritter Seite her Auskunft zu erhalten über die Hauptpunkte des oben berührten literarischen Streites und zugleich über die Aussicht, welche Partei vermutlich die Oberhand behaupten werde, sei es gestattet, einen Satz hier einzuschalten, mit dem O. Lenel 1927 (Sav.-Ztschr., Bd. 47) seine Abhandlung „Iudicium“ einleitet, die gerichtet ist wider einen etwas verspäteten Gegner, wider G. Beseler. Jener Satz lautet so: „Wlassaks Auffassung der Litiskontestation und seine Untersuchungen über iudicium und iudicium legitimum sind nach meiner Überzeugung der Schlüssel für das Verständnis des römischen Zivilprozesses.“
Um Kellers Auffassung des älteren römischen Prozesses zu widerlegen, war vor allem eine neue und gründliche Prüfung der sehr schwierigen römischen Terminologie (besonders: actio, iudicium) unerläßlich. Ich hatte sie durchzuführen gegen den von der Berliner Savigny-Stiftung bestellten juristischen Mitarbeiter am Vocabularium iurisprudentiae Romanae: Otto Gradenwitz, der durch glückliche Interpolationenforschung rühmlich bekanntgeworden war. Im weiteren mußte ich ‒ Gaius folgend ‒ eine Auffassung des iudicium legitimum zu erweisen suchen, die erheblich abwich von einer Ansicht, welche Th. Mommsen schon 1857 angedeutet und später in breiterer Ausführung in sein Römisches Staatsrecht aufgenommen hatte. Endlich sollte ich gegen die seit 60 Jahren nicht ernstlich bestrittene Autorität F.L. Kellers den Tatbestand der klassischen Litiskontestation aus den Quellen feststellen.
324| Solche Arbeit konnte begreiflich nur gelingen, wenn mir die Fachgenossen einige Ermutigung zuteil werden ließen. Statt dessen wurde meine literarische Tätigkeit in einem sehr angesehenen Gelehrtenkreise verfehmt und mit Totschweigen bestraft. Freilich, Th. Mommsen ist durch mein Buch veranlaßt worden, 1892 in der Savigny-Zeitschrift XII einen Aufsatz: „Iudicium legitimum“ zu veröffentlichen, der aber nichts Neues bringt und meine Lehre auch gar nicht kritisiert. Zur Rechtfertigung wird nur gesagt: „Die Behandlung der Frage (des iud. leg.) durch einen irritablen Forscher scheint ein Abbrechen der direkten Diskussion zu fordern.“ Dieser Abbruch geht ziemlich weit, denn mein Name ist nirgends genannt. Erst der Herausgeber eines neuen Abdrucks von Mommsens Aufsatz in den Gesammelten juristischen Schriften III (1907), S. 56, hat es ‒ 15 Jahre später ‒ für angemessen erachtet, den fehlenden Namen in einer Anmerkung nachzutragen. Ich aber zähle die in Rede stehende Abhandlung zu dem mindest Gelungenen, was aus Mommsens Feder stammt. Indes hat der erlauchte Name des Verfassers auch hier fortgewirkt über seine Lebenszeit hinaus. Daher war es unvermeidlich, in voller Offenheit die vielfache Fehlerhaftigkeit und zweifellose Unhaltbarkeit von Mommsens Darlegung zu erweisen. Das ist geschehen in einer Beilage meines ‚Judikationsbefehls der römischen Prozesse‘, Wien, 1921, S. 282‒87. Charakteristisch für Lenel ist seine, jenen Aufsatz treffende Äußerung (Savigny-Zeitschrift 42 [1922], 574), die ich wörtlich hier folgen lasse: „So sehr ich verstehe, daß Wlassak sich durch (Mommsens) Abhandlung seinerzeit empfindlich berührt fühlen mußte, und so sehr ich ihm in allem Sachlichen seiner Abwehr beitrete, so hätte doch diese Polemik gegen den großen Toten jetzt 325|nach dreißig Jahren meines Erachtens gelinder geführt werden können. Ich weiß, mit welcher Ehrfurcht W., wie wir alle, Mommsen gegenübersteht; war es wirklich notwendig (S. 282), alle Pietät beiseite zu setzen, die wir dem bahnbrechenden Forscher und Meister künstlerischer Prosa schulden?“
Th. Mommsens Ablehnung und das durch lange Zeit fortgesetzte Stillschweigen der Savigny-Zeitschrift über meine „Litiskontestation“ mußten mich arg entmutigen und mir den Gedanken nahelegen, alle Arbeit am römischen Prozeßrecht einzustellen. Da brachte das Jahr 94 unvermutet eine frohe Wendung. Die Zeitschrift dieses Jahres enthielt eine mir günstige, in der Hauptsache zustimmende Besprechung meiner Festschrift von 1888, verfaßt von O. Lenel. Daß mein Freund so dachte ‒ anders als die Alemannen unter den juristischen Gelehrten ‒, das wußte ich längst. Was ihn zunächst zurückgehalten hat, seine Meinung zu äußern, das habe ich weder erfragt noch sonst erfahren. Für mich war Lenels Eintritt in die Erörterung der Prozeßfragen eine Befreiung von schwerem Druck. Dafür auch öffentlich Dank zu sagen, das empfinde ich wie damals so noch heute als selbstverständliche Pflicht. Es ist mir wohl bewußt, daß es Lenel nicht leicht fiel, für meine Sache Partei zu nehmen, weil er 1894, wie später G. Beseler gegenüber, befürchten mußte, bei Freunden, die ihm sehr nahestanden, Anstoß zu erregen. Allein sein starker, unerschütterlicher Wunsch, Gerechtigkeit zu üben und auszusprechen, was er für richtig hielt, hat seinen Entschluß auch in meinem Falle maßgebend bestimmt.
Einige Monate später, im Frühjahr 1895, erhielt ich eine Berufung an die Kaiser Wilhelms-Universität zu Straßburg, die ich sofort anzunehmen bereit war. Verlockend 326|wirkte die Erwägung, aus dem Osten nach Westen in ein schönes, reiches Land sehr alter Kultur zu übersiedeln, und vor allem die Aussicht, in unmittelbaren Verkehr mit einem Gelehrten ersten Ranges zu treten, von dem ich Förderung in meiner Arbeit erwarten durfte.
Auf den reichsdeutschen Universitäten ergab sich im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts überall aus der Verbindung der Romanistik mit der Pandektenvorlesung die Aufforderung für den Vertreter dieser Fächer, eine Brücke zu schlagen vom alten gemeinen Recht zum neuen Einheitsrecht des kommenden bürgerlichen Gesetzbuches. Nicht auf das gesamte Privatrecht bezog sich übrigens die Einladung, doch immerhin auf einen beträchtlichen Teil; und örtlich waren die zwei Universitäten der linksrheinischen Länder nicht ausgenommen, obwohl dort bis 1900 der Code civil noch in Geltung stand.
In Straßburg fiel mir als dem Nachfolger des Pandektisten die Aufgabe zu, über Teile des Entwurfs des bürgerlichen Gesetzbuches zu lesen, während Lenel einstweilen die römischen Vorlesungen beibehielt. In einem Wintersemester aber lasen wir abends beide nebeneinander über Teile des im August 1896 als Gesetz verkündigten bürgerlichen Gesetzbuches, Lenel über allgemeine Lehren, ich über Erbrecht. Unsere zahlreichen Hörer waren durchaus Praktiker aus dem Reichsland: Richter, Notare, Rechtsanwälte. Wir beide waren in der Lage, der Vorlesung des anderen beizuwohnen. Hierbei war mir erwünschte Gelegenheit geboten, meinen Kollegen von einer neuen Seite kennenzulernen. Ich begriff jetzt bald, daß er als Heidelberger Student nicht befriedigt sein konnte von den vielgerühmten Vorträgen Vangerows, die jede Beziehung auf das Leben der Gegenwart beiseite ließen, und daß er sich anderseits stark hingezogen fühlte zu C.G. von 327| Wächter (in Leipzig), der in seiner Person den Rechtslehrer, Gesetzgeber und juristischen Praktiker vereinte, der insbesondere bei wichtigen Rechtsnormen dem Zwecke ihres Daseins nachging und sie im Leben der Erprobung ihrer Brauchbarkeit unterwarf, der endlich als Lehrer durch Vorführung von Beispielsfällen die Einsicht in den gerade erörterten Rechtssatz zu erleichtern wußte und so zugleich die Aufmerksamkeit der Hörer zu wecken wie zu fesseln verstand.
Wenn es erlaubt ist, hiernach den Typus des Rechtslehrers aufzustellen, dem O. Lenel nachleben wollte, muß ihm unbedenklich volles Gelingen seines Strebens zugebilligt werden. Wie C.G. Wächter sah er als Pandektist seinen Beruf nicht darin, reines Wissen zu fördern und zu mehren, sondern in einem praktischen Fache nur fürs Leben der Gegenwart Brauchbares zu schaffen. Von diesem Gedanken waren auch seine Vorträge über das erste Buch des bürgerlichen Gesetzbuches beherrscht. Über sie kann ich als Ohrenzeuge einiges berichten.
Vor allem der Form nach war die Rede untadelig: von großer Genauigkeit und Knappheit, dennoch durchsichtig klar, eindringlich und lebhaft. Was den Inhalt betrifft, war sie reichhaltig, wenn nötig, erschöpfend; und wo schwierigste Fragen an die Reihe kamen, z. B. die Deliktsfähigkeit der juristischen Person, oder was ‚wesentlicher Bestandteil‘ eines Grundstückes sei, wann der Geschäftsirrtum Anfechtbarkeit schaffe: in diesen und ähnlichen Fällen ging der Vortrag weit hinaus über das in Lehrbüchern übliche Maß und näherte sich der gesprochenen Monographie. Dabei versäumte es Lenel nirgends, wo es nützlich sein konnte, der blassen Regel einen gut gewählten Beispielsfall an die Seite zu setzen, um dem Ungeübten verständlich zu werden 328| und ihm zu zeigen, wie sich der Rechtssatz im Leben auswirkt. Mir aber brachte der tiefe Gehalt jener Vorlesungen außerordentlichen Gewinn. Ich war nun in reifen Jahren wirklich Lenels Schüler geworden und habe später oft genug Anlaß gehabt, mich mit aufrichtigem Dank der empfangenen Belehrung zu erinnern.
Die im Praktikerkolleg ‒ vielleicht zum erstenmal ‒ benutzten vortrefflichen Rechtsfälle sind nicht verlorengegangen. Schon einige Jahre vor 1900 hat Lenel begonnen, geeignete Fälle, die ihm irgendwo zu Gesicht oder Gehör gekommen waren, zu sammeln, um sie bald unverändert, bald bearbeitet, bei Übungen und Vorlesungen selbst zu benutzen oder für künftige Veröffentlichung durch den Druck bereit zu halten. Als das bürgerliche Gesetzbuch in Kraft getreten war, hielt er den Zeitpunkt für gekommen, die auf das neue Recht eingestellte Sammlung weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Dies geschah zum erstenmal 1901; gegenwärtig aber ist das Büchlein, dem Jahr um Jahr neuer Stoff eingefügt wurde, schon bei der zwölften Auflage angelangt. Dieser große Erfolg war nur erreichbar, wenn die Auswahl der Fälle von einer glücklichen Hand ausging und die Textfassung mit äußerster Sorgfalt überwacht war. Der Autor erzählt, daß er keinen Fall aufgenommen habe, für den er nicht die rechte Entscheidung im Kopfe hatte.
Nicht geringeren Beifall als durch die Fällesammlung hat Lenel schon früher durch seine Praktika mit mündlichen und schriftlichen Übungen errungen, in Straßburg sowohl wie später in Freiburg. Nach R. Jhering, der solche Kollegien ‒ wohl als erster ‒ in Göttingen glänzend eingeführt, und nach Emil Strohal, der sie erfolgreich der Leipziger Universität zugebracht hat, dürfte kaum ein anderer auf die Erziehung seiner Studenten zu praktischen Juristen so nach-329|haltig eingewirkt haben als Otto Lenel. Begeisterte Urteile aus dem Munde seiner ehemaligen Hörer konnte ich oft und oft vernehmen.
Im Frühjahr 1900 folgte ich ‒ im Bewußtsein, Köstliches aufzugeben ‒ einem Rufe nach Wien, an die große Universität, von der ich ausgegangen war. Die räumliche Trennung sollte den Verkehr mit Lenel nicht zerreißen. Neben dem Briefwechsel waren Begegnungen im deutschen Südwesten in Aussicht genommen. Solche haben auch ‒ nicht ohne Nachwirkung ‒ zu wiederholten Malen stattgefunden; vor dem Kriege in Straßburg, dann mehrmals in Baden-Baden, zuletzt in Freiburg.
Ohne das lebende Recht auf der Grundlage des bürgerlichen Gesetzbuches außer acht zu lassen, wendet sich Lenel im neuen Jahrhundert wieder überwiegend romanistischen Aufgaben zu, so der Herausgabe der Straßburger Ulpianfragmente ‒ die er musterhaft besorgt ‒ so der Untersuchung der klassischen Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners und vor allem zweimal der Umarbeitung der römischen Rechts- und Quellengeschichte, welche Bruns und A. Pernice für die älteren Auflagen der Holtzendorffʼschen Rechtsenzyklopädie verfaßt hatten.
In der siebenten Auflage des Sammelwerkes (vom Jahre 1913) sind die Eingriffe in die alte Fassung so bedeutend, daß der Bearbeiter mit gutem Fug erklären konnte, er müsse jetzt die Verantwortung tragen für den ganzen Text. Namentlich in der Darstellung der römischen Urzeit ist die Neuerung sofort erkennbar. Die Führer sind nicht weiter die Autoritäten der historischen Schule und Th. Mommsen, sondern Eduard Meyer, Max Weber, die wirtschaftliche Erwägungen in den Vordergrund stellen und Rom nicht isolieren wollen; betreffs der Etruskerfrage aber Wilh. Schulze, 329| der für wichtige lateinische Eigennamen etruskische Herkunft annimmt. Der kaum 100 Seiten füllende Aufsatz für Holtzendorff-Kohlers Enzyklopädie ist die einzige zusammenfassende Rechtsgeschichte, die wir aus Lenels Feder besitzen. Sie hat leider in unserem Schrifttum nicht die ihr gebührende Beachtung gefunden.
In die letzte Straßburger und in seine Freiburger Zeit fallen einige prozessualische Abhandlungen, die erkennen lassen, wie sich Lenel mehr und mehr bejahend zu den von mir vertretenen Auffassungen verhält, während er wiederum durch eigene Aufstellungen mein Vorwärtsschreiten auf der eingeschlagenen Bahn fördert. Betreffs der Litiskontestation hatte er zunächst in der Sav.-Z. XXIV (1903) Widersacher abzuwehren, die als Anhänger Kellers uns beide zusammen angriffen. Dann aber stützt er auf die Vertragsnatur der Streitbefestigung sofort die Hypothese: der römische Privatprozeß sei aus einem Schiedsverfahren hervorgegangen (S. 342f.).
In meinen Studien über den römischen Gerichtsmagistrat (Sav.-Z. XXV und XXVIII) ist dem vorsitzenden Beamten in der streitbegründenden ‒ wie in der streitlosen ‒ Legisactio das nämliche Ablehnungsrecht (non dare) zugeschrieben, das ihm zweifellos im Formularprozeß zukam. In der Sav.-Z. XXX (1909) hat Lenel dieser These ‒ wie ich meine ‒ gegen Paul Frederic Girard zum endgültigen Siege verhülfen.
Wie er in den folgenden Jahren über meine Prozeßarbeiten dachte, das will ich in Kürze hier zusammenstellen. Bd. XLIII der Sav.-Z. (1922) enthält von ihm eine sehr eingehende Anzeige meiner Abhandlung über den „Judikationsbefehl“. Der Rezensent erhebt darin Widerspruch nur gegen verhältnismäßig unerhebliche Einzelheiten. Das Gesamtergebnis des Buches scheint ihm unanfechtbar zu 330| sein. Noch einmal äußert sich Lenel aus besonderem Anlaß über das Ganze meiner dem Prozeßrecht gewidmeten Forschung (Sav.-Z. XLVII). Sein Urteil brauche ich hier nicht zu wiederholen (s. oben S. 323). Dankbar preisen aber möchte ich die Unbefangenheit, mit der er die Loslösung vollzog von der durch doppelt verschärften Schutz gesicherten Deutung der römischen Prozeßterminologie.
Zuletzt möchte ich noch den Zwiespalt erläutern, der hinsichts der Fassung der Prozeßformel zwischen Lenel und mir bestand. Wenn in der Prozeßvorschrift nicht der Prätor spricht ‒ wie Keller meint ‒ sondern die Parteien zueinander, so können diese offenbar dem ihnen gleichgeordneten Privatrichter nicht (im Vokativ) zurufen, um ihm zu befehlen: si paret ‒ condemna, si non paret absolve, sondern nur von dem als Satzsubjekt (Nominativ!) in der dritten Person genannten Richter feststellen, er sei berufen: si paret … iudex condemnato ‒ si non paret absolvito. Lenel hat zunächst die hier angeführte Erwägung nicht als zwingend anerkannt, sie später aber als „möglich“ zugestanden, um endlich in der dritten Auflage seines Edictum (1927) der zweiterwähnten Formelfassung vor der ersten den Vorzug einzuräumen.
Das Gelehrtenleben O. Lenels ist bisher im Umriß geschildert, wie es sich im Verkehr mit einem bestimmten Fachgenossen gestaltet hat. Dabei ist ein Ereignis aus den ersten Freiburger Altersjahren unerwähnt geblieben, das vielleicht sehr starken Einfluß gewonnen hätte, wenn es früher eingetreten wäre.
Als im Jahre 1911 F. Eisele sein Lehramt Alters wegen niedergelegt hatte, berief die Freiburger Fakultät zu dessen Nachfolge den jungen, ebenso vielseitig wie genial veranlagten Romanisten und Papyrologen Josef Partsch. 331| Dieser war schon als Studierender von seinen Breslauer Lehrern Paul Jörs und Felix Dahn als Talent seltenster Art erkannt und von der Juristenfakultät seiner Heimat mit einem Preise gekrönt worden. Als er (1905) seine Doktordissertation an Lenel sandte, antwortete dieser mit einem Briefe, wie er vermutlich sein Leben lang keinen zweiten geschrieben hat, mit der Aufforderung nämlich: Partsch habe sich der akademischen Laufbahn zu widmen, da er berufen sei, die Fackel weiter zu tragen, wenn sie uns Älteren aus der Hand sinke. In dieser Voraussage sind die außerordentlichen Fähigkeiten des jungen Doktors durchaus richtig eingeschätzt. Doch hat der so freundlich Angetriebene noch weit mehr geleistet, nachdem er in schwerster Zeit (1924/25) von seiner Regierung mit der Aufgabe betraut war, das Deutsche Reich in Paris als plädierender Anwalt gegen drückende Ansprüche der Reparationskommission und im folgenden Jahr ebenso vor dem deutsch-belgischen Schiedsgerichte zu vertreten. Ein verhängnisvoller Schlaganfall hat schon am 30. März 1925 dem kostbaren Leben des tapferen Streiters, der mit zahllosen Arbeiten überlastet war, jählings ein Ende bereitet. Für O. Lenel aber, den im letzten Kriegsjahr in seiner Familie herbstes Leid getroffen hatte, bedeutete Partschens Tod einen neuen, überaus schmerzlichen Verlust. Denn der durch 9 Jahre immer fortgesetzte Verkehr von Fakultätsgenossen, die wohl geeignet waren, einander zu ergänzen, hatte in den bangen Tagen des Weltkriegs zwischen ihnen treue und herzliche Freundschaft begründet. In der ärgsten Zeit, als es galt, dem tiefverwundeten Vaterherzen des Älteren Linderung zu bringen, hat vermutlich Partsch den Plan entworfen, in gemeinsamer Arbeit einen kurzen Kommentar zu den römischen Bestimmungen des sogenannten Gnomon des Idios Logos zu schaffen, von denen 333| die meisten noch unerklärt waren. Die Textfassung rührt von Lenel allein her; doch ist der Inhalt des Gesagten durchaus zwischen ihm und Partsch erwogen worden. Veröffentlicht haben die Verfasser ihre Abhandlung in den Sitzungsberichten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Phil.-hist. Kl.) Jahrgang 1920.
Ähnlichen Ursprungs dürfte ein Aufsatz in der Deutschen Juristenzeitung von 1920 sein, in dem Lenel überzeugend die Sinnlosigkeit eines Kollegs dartut, das in 3‒4 Wochenstunden das Romanum erledigen möchte, und worin er sehr entschieden dafür eintritt, dem römischen Rechte die alte Stelle am Eingang der juristischen Studien zu wahren, weil keine andere Rechtsordnung, was den pädagogischen Wert anlangt, mit der römischen zu vergleichen sei. Daß J. Partsch in diesem Punkte und sonst in gerade brennenden Streitfragen mit Lenel übereinstimmte, darf für sicher gelten.
Wie fest geknüpft die Freundschaft war zwischen dem Altmeister und dem jungen Amtsgenossen, der wie jener festhalten wollte an der römischen Grundlage sowohl für Studierende wie für gelehrte Forschung, ‒ freilich von ihr aus nach der Erfassung aller antiken Rechte strebte ‒, das erhellt am deutlichsten aus den schönen, ergreifenden Abschiedsworten (Sav.-Ztschr. XLVII ‒ 1925), die der Ältere dem vorzeitig aus dem Leben Gerissenen widmet.
Dieser Nachruf, der so sehr absticht von der schlichten Sachlichkeit und stets bereiten Kritik, die sonst Lenels Art kennzeichnet, ist in zweifacher Richtung erheblich: er verkündet seine patriotische Einstellung und zeigt seine menschliche Güte. Aus der Zahl seiner gedruckten Äußerungen ist mir nur noch eine bekannt, die man dem, Partsch feiernden Hymnus an die Seite stellen kann.
334| Im Auge habe ich dabei die in Freiburg vor dem Elsaß-Lothringischen Studentenbund und dessen Gästen gehaltene Gedenkrede auf die Universität Straßburg 1621‒1921 (aus dem Herbste 1921). Damals hat der Redner, der mit Begeisterung dem Deutschen Reiche von 1871 ergeben war, manche stark erregende Mitteilung gemacht: Worte tiefer Trauer gesprochen über den Untergang einer der wertvollsten, reich ausgestatteten deutschen Kulturstätte und heftige Worte der Empörung über die gewaltsame Austreibung der Deutschgesinnten aus den ehemaligen Reichslanden.
Als 1914 der Weltkrieg zum Ausbruch kam, stand O. Lenel noch auf der Höhe des Lebens, als Literat wie als akademischer Lehrer. Längst galt er im In- wie im Ausland als Erster im Kreise der juristischen Romanisten. Von der Jugendzeit ab war ihm ‒ von kleinen Zwischenfällen abgesehen ‒ das Glück treu geblieben. Nun aber sollte der unselige Ausgang des Völkerkampfes ‒ wie für Tausende ‒ auch für ihn und seine Familie zur Quelle schlimmsten Jammers werden.
Am 30. September 1918 ‒ kurz vor dem Waffenstillstand ‒ ist sein älterer hoffnungsvoller Sohn Paul als Bataillonskommandeur auf dem Schlachtfelde in der Nähe von La Bassée gefallen. Auch der jüngere Sohn Rudolf hat als Arzt am Kriege teilgenommen. Er ist nach langjähriger Krankheit 1928 das Opfer eines tückischen Leidens geworden.
Die Einstellung des Widerstandes an der Westfront hatte den Zusammenbruch des Kaiserreichs zur Folge, dem 335| Otto Lenel überzeugt und treu gedient hatte. Gegen die neue in Deutschland aufgerichtete Ordnung konnte er schwere Bedenken nicht unterdrücken. Ob er auch die große Gefahr vorausgesehen hat, die aus dem starken Andrang der deutschen Juden zu den geistigen Berufen für sie erwuchs, das entzieht sich meiner Kenntnis. Der zweite Umsturz im Reich, der die Nationalsozialisten zur Macht brachte, mußte Lenels Ausblick in die Zukunft vollends verdüstern. Seine einzige Tochter, die sich seit Jahren der Krankenpflege gewidmet hatte, wurde ihrer Abstammung wegen aus dem Amt als Oberin einer Universitätsklinik entfernt.
Ihrem Vater stand seitdem die bange Frage vor Augen, was wohl in Deutschland aus den Kindern seiner verstorbenen Söhne werden soll? Konnten sie jetzt noch erwarten, in ihrem Geburtslande jemals eine befriedigende Lebensstellung zu erringen?
Eine erfreulichere Episode aus der trüben Nachkriegszeit verdient hier festgehalten zu werden. Einer Anregung von Prof. Fr. Pringsheim (Freiburg i. Br.) folgend, überreichten im Dezember 1929 zwanzig Länder verschiedener Erdteile ‒ jedes in seiner Sprache ‒ Otto Lenel zur Feier seines achtzigsten Geburtstages Glückwunschadressen, wobei ihm mehr als 100 Universitäten durch Unterschriften ihrer ersten Männer aus dem Fache der Rechtswissenschaft und Altertumskunde ihre Verehrung bezeigten. Die Glückwünsche beantwortend versicherte der Jubilar, er schätze nichts höher ein als die Wahrnehmung, daß es überall in der zivilisierten Welt sehr viele gibt, die dem römischen Rechte wie seiner Wissenschaft Lob und Hochachtung darbringen.
Ein Gegenbild aus einem späteren Jahr möchte ich nicht verschweigen, von dem ich Kenntnis erhielt durch einen Brief oder eine Postkarte. Lenel schrieb mir damals, 336| offenbar in verbitterter Stimmung: er habe sich abgewandt von seiner Wissenschaft; Trost und Erholung suche er jetzt, indem er, unterstützt von seinem Freunde Ed. Fraenkel, den Tragiker Aischylos studiere. Eine Flucht also in erhabene Schönheit.
Gesehen habe ich Otto Lenel zum letztenmal Ende August 1934 in seinem Hause in Freiburg, wohin ich von seiner gütigen Frau eingeladen war. Sein Aussehen war durchaus nicht beängstigend. Allein der einst so beredte Mund war nahezu verstummt. Er sprach selten und immer nur ein paar Worte. Als ich aufbrach, begleitete er mich schweigend bis an die Gartenpforte und gab mir die Hand. Dann blickte er mir eine kurze Weile nach. Seine Augen redeten Abschied; ich wußte es wohl: es war der letzte Abschied.
M. Wlassak.
II Nachruf auf Otto Lenel Aus: Fritz Pringsheim, Die Haltung der Freiburger Studenten in den Jahren 1933‒1935, in: Die Sammlung ‒ Zeitschrift für Kultur und Erziehung 15 (1960) 532–538, 535–537
Schluß der Vorlesung vom 11. Febr. 1935: Nachruf auf Otto Lenel
Lassen Sie mich den Rest dieser Stunde benutzen, Otto Lenels zu gedenken, der in seinem 86. Lebensjahre gestorben ist. Sie werden alle gemerkt haben, daß ich in der vorigen Stunde, am Freitag, nicht imstande war, wie sonst meine Vorlesung zu halten. Ich wußte damals schon, daß das Ende nahe sei. Der Lehrstuhl, den ich bekleide, ist sein Lehrstuhl, und oft haben wir hier die geistvollen Fälle aus seinem Praktikum benutzt. Manche von Ihnen haben in der Vorlesung über Römisches Recht vom Werke dieses Mannes gehört. Er stammt aus einer alten badischen Bürgerfamilie; sein Vater war Präsident der Handelskammer in Mannheim. Mit 16 Jahren bezog der begabte junge Mensch die Universität in Heidelberg, war dann in Leipzig und Berlin, um in Heidelberg sein Studium zu beenden. Er hat juristisch dort nicht mehr gelernt als andere junge Menschen; aber er hat sich eine allgemeine Bildung erworben, die ungewöhnlich war. In seinen Lebenserinnerungen hat er gesagt – und dies gibt schon ein Bild von der Wesensart dieses Mannes –: „Im Gegensatz zu meinem Vater schätzte ich weder meine Begabung noch meinen Fleiß so hoch ein, daß ich mich der akademischen Laufbahn hätte gewachsen fühlen dürfen.“ Meistens pflegt das umgekehrt zu sein. Beim Kriegsausbruch meldete er sich freiwillig beim Badischen Leib-Dragoner-Regiment und hat in ihm den Krieg 1870/71 bis zum Ende mitgemacht; während der Kaiserproklamation von Versailles stand er draußen auf Wache. In die Praxis ging er, ohne in die Rechtsgebiete eingeführt zu sein, die das Leben von jungen Juristen forderte; aber er fand sich – und dies ist das, was man von jedem jungen Juristen verlangen muß – in alles mutig und geschickt hinein. Er hat es selbst einmal ausgesprochen, daß vielleicht die Überfülle des Stoffes, mit dem die heutigen Prüfungen belastet sind, die Leistungsfähigkeit der jungen Juristen eher herabsetzt als steigert. Schließlich entschloß er sich zur Habilitation in Leipzig. Er verlebte dort glückliche Jahre im Kreise junger Gelehrter, aus dem eine Reihe hochbedeutender Männer hervorgegangen ist. Die Bayrische Akademie der Wissenschaften erließ ein Preisausschreiben: „Die Wiederherstellung der Formeln des Edictum perpetuum.“ Er war, als es erging, schon mit diesem Gebiete vertraut. In wenigen Jahren gelang es ihm, nicht nur den Preis zu gewinnen; nein, von vornherein war es diesem nun schon überlegen werdenden Geiste klar, daß die Aufgabe zu eng gestellt war, daß es gälte, auch das Edikt selbst wiederherzustellen. Die Akademie erklärte – und damals war die deutsche Sprache noch zurückhaltend –, „daß wohl alle Kritik und weitere Forschung auf diesem Gebiete fortan von diesem Werke ihren Ausgang nehmen werde“, und daß „die Arbeit ohne allen Zweifel des Preises wert sei“. Streng und mutig ist er dabei zu Werke gegangen. Wie Inseln aus dem Meere tauchten die Reste des alten Rechts aus den Justinianischen Digesten empor; er hatte bei der Arbeit oft eine ähnliche Empfindung, als ob er eine verlorene Handschrift wiedergefunden hätte. Mit 33 Jahren war er Ordinarius in Kiel, dann in Marburg, schließlich auf viele Jahre in Straßburg, dessen Universität mit besonderer Liebe gepflegt wurde; im Kreise von Laband und Sohm, Knapp und Adolf Merkel (dem Vater), Brentano und Wlassak lehrte er; in dieser Zeit kam seine Palingenesia iuris civilis heraus, in der die alten Schriften der römischen Juristen zu neuem Glanze erstanden. Seitdem verging kaum ein Jahr, in dem die Zeitschrift der Savigny-Stiftung nicht eine Abhandlung von ihm brachte. Mit Recht hat sie ihn zu seinem 50. Doktorjubiläum durch ihren 42. Band geehrt, wie die Freiburger Fakultät damals ihm eine Festschrift darbrachte und zum 60. Doktorjubiläum ehemalige und jetzige Freiburger Romanisten ihn und sich durch eine Festgabe ehrten. Aber er war nicht nur ein Romanist; auch das Deutsche Recht der Gegenwart verdankt ihm einzelne gewichtige Beiträge, die zum Teil das werdende Gesetz stark beeinflußt haben; ich erwähne nur „Parteiabsicht und Rechtserfolg“, „Zur Lehre von der Stellvertretung“, „Über die Voraussetzung“. Er hatte als erster praktische Übungen abgehalten; sein Praktikum des Bürgerlichen Rechts, nun in 12. Auflage erschienen, ist noch immer das beste und interessanteste aller solchen Bücher. Seit 1907 lehrte er in Freiburg, bis in die letzten Jahre in größter geistiger Regsamkeit. 1924 hat er es ausgesprochen, daß es seine Wissenschaft und seine Lehrtätigkeit sei, „die das sonst Unerträgliche allein ertragen helfe“. So litt er unter dem Ausgange des Krieges und unter der Abkehr von allem geschichtlich Gewordenen. Von großer Sorge sind seine Vorträge von 1919 über die Reichsverfassung und von 1921 über das amerikanische Regierungssystem eingegeben. Schon damals erkannte er, welche Gefahren von der Weimarer Verfassung drohten; mit ernster Eindringlichkeit wies er darauf hin, daß die Stellung des Reichspräsidenten viel zu schwach sei. Er ist Zeit seines Lebens ein nationaler Mann gewesen, der der Partei nach sehr weit rechts stand, aber ausländische Sprachen wie ausländische Menschen kannte und liebte. Viele Generationen von Studenten haben zu seinen Füßen gesessen, und oft stieß man bei der Frage, die man an ältere Juristen richtete, auf die Antwort, Lenel habe auf die Dauer den größten Eindruck hinterlassen. Das lag nicht nur an der wunderbaren Einfachheit und Klarheit seiner Rede, an der sauberen Gedankenführung und der Fülle des Wissens, die dahinterstand; man erlebt immer wieder, daß, was dem Studenten bleibt, nicht das ist, was er gelernt hat, sondern die Persönlichkeit des Lehrers. Man ahnte, warum er ein so großer Gelehrter war: Ehrendoktor von Breslau und Oslo, von Mailand und Oxford, Mitglied der Akademie von Göttingen und Wien, von Heidelberg und München (nicht von Berlin), von Rom und Bologna, von Palermo und Neapel, der Britischen Akademie der Wissenschaften. Vor 5 Jahren hatte ich die Ehre, eine Adresse für ihn anzuregen, die von 125 Universitäten, von den erlauchtesten Namen aller Erdteile unterzeichnet wurde. Was ihm die größte Freude daran gemacht hat, war nicht, wie seine Person geehrt wurde, sondern daß das Römische Recht noch heute in der Welt soviel galt. Zwei hochbegabte Söhne sind vor ihm dahingesunken: der eine, ein vielversprechender junger Historiker, vom ersten Tage bis zum 30. September 1918 als Infanterist im Felde, als Hauptmann zu allerletzt gefallen, als der Sieg schon ferne war; der andere, ein ausgezeichneter Arzt, auch er die ganze Zeit im Kriege, einige Jahre nach dessen Ende, schon auf dem Wege zu einer hervorragenden Bahn, plötzlich hingerafft. Trotz allem blieb der Vater an der Arbeit. Als ich vor nun bald 6 Jahren nach Freiburg kam, hielt er mit mir zusammen Seminar; und wie oft war es sein Geist, der alles beherrschte. Er war schon über 80, als er seine Vorlesung über Cicero hielt, an der eine ganze Schar von Ordinarien und Dozenten teilnahm, den immer regen und noch heiteren, ja glänzenden Vortrag bewundernd. Er war äußerlich ein kleiner, unscheinbarer Mann, an dem nichts auffiel, als seine überaus klugen Hände und die leuchtenden Augen, aus denen leidenschaftliche Liebe zur Gerechtigkeit sprach und eine unbeugsame Wahrheitsgewalt. Kein Wort sprach er zuviel; er konnte schweigen wie wenige; wenn er nach der Lektüre einer ihn lebhaft berührenden Arbeit, die ein ihm nahestehender Schüler ihm vorlegte, gesagt hat: das wird wohl richtig sein, so war das schon viel, und jeder Versuch, ein Gespräch über diese Arbeit mit ihm zu führen, war vergeblich. Er war, wie alle wirklich großen und echten Gelehrten, von einer Bescheidenheit, die jeden entwaffnete, aber von einem Gewicht, wenn es Kampf um eine gute Sache oder Fürsorge für einen ungerecht Behandelten galt, das unwiderstehlich war. Fanatische Strenge und Sachlichkeit bis ins Letzte zeichneten ihn aus; es war zuweilen auch für gewissenhafte Menschen beschämend, wie nichts Persönliches zuletzt neben der Sache, auch nur die geringste Rolle spielen durfte. So wurde er der klügste, aber nur für tapfere Menschen brauchbare Berater in schweren Lagen. Für alles Große immer empfänglich, jeden Wert anerkennend, sah man ihn immer turmhoch über allem Kleinlichen. Großen Menschen zu begegnen ist das schönste Geschenk derer, die an der Universität wirken dürfen. Wer sie nicht zu erkennen vermag, hat keinen Hauch ihres Geistes verspürt. Wie einen König der Geister wollte man ihn geleiten und empfangen, wenn er nach Rom vor fast 3 Jahren gekommen wäre; man war bereit, ihm alle Privilegien des Ruhmes und des Alters zu bewilligen, wenn er nur mit seiner Person und seinem Namen das Fest schmücke. Er hat das nicht gewollt, wohl weil er da nicht mehr erscheinen wollte, wo er glaubte, sachlich von seiner Wissenschaft nicht mehr genug geben zu können; zum bloßen Empfangen war er immer zu stolz. Dann kam die nationale Revolution, die seinen Enkeln das Lebensrecht in Deutschland zu nehmen droht. Denn er war Nichtarier. Daß das Land, für das er selbst im Felde gestanden hatte, dem seine Söhne, der eine bis zum Tode, gedient hatten, keinen Raum für seine Enkel haben sollte, das hat er nicht überstanden; das hat ihm das alte Herz gebrochen. Wie er es schon vor vielen Jahren als Wunsch ausgesprochen hatte, haben nur die Allernächsten ihn zur Ruhe geleitet; das entsprach seinem Wesen. Aber ein Wort der Ehrfurcht wird er uns nicht verbieten; die Freiburger Studenten sollen heute sich noch einmal daran erinnern, daß in Freiburg ein Mann gelebt hat, den sie schon zu vergessen begannen und der doch dem deutschen Namen in der Welt mehr Ehre gebracht hat als irgendeiner in dieser Stadt. Die jungen Juristen sollen heute wissen, daß die Welt voll Trauer dieses deutschen Mannes gedenkt.
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Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- I. Zum 90. Todestag von Otto Lenel
- Aufsätze
- II. Ὁμολογία und nuncupatio –Das attische Homologie-Gesetz in seinem Kontext
- III. Charakterzeichnung und Motivsuche in den controversiae – zur Bedeutung der rhetorischen Schulübung für die juristische und die rechtliche Praxis
- IV. Bemerkungen zum Testament des Pomponius Maximus aus dem Jahr 371 n. Chr.
- V. Justinian und der Schild des Herakles
- VI. Studien zu frühen merowingischen Rechtsetzungen
- VII. Zur Methode der Pandektenwissenschaft am Beispiel der hereditas iacens
- Miszellen
- Materialien zur fiducia im Lichte der Interpolationenkritik
- Brazil meets Rome: Vasconcellos’ complete translation of the Digest of Justinian into Portuguese
- Analyzing Anonymity in Justinian’s Digest: A Quantitative Approach
- Between rhetorical and performative aspects of the stipulatio-clause in Greek legal documents of Egypt
- Zu den Quellen des byzantinischen Rechts
- Literatur
- Besprechungen: Martin Avenarius, Ordo testamenti. Pflichtendenken, Familienverfassung und Gemeinschaftsbezug im römischen Testamentsrecht
- Hartwin Brandt, Die Kaiserzeit. Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian, 31 v. Chr.–284 n. Chr.
- Ciceros Topica und sein Programm De iure civili in artem redigeno, hg. von Wolfram Buchwitz/Matthias Ehmer
- Lucia C. Colella, I testamenti dei cittadini romani dʼEgitto tra storia sociale e prassi giuridica. Dal I secolo d.C. a Severo Alessandro
- Benedikt Eckhardt, Romanisierung und Verbrüderung. Das Vereinswesen im römischen Reich
- Jean-Louis Ferrary, La pensée politique de la Rome républicaine et les traités de philosophie politique de Cicéron. A cura di Maria Stefania Montecalvo
- Steffen Michael Jauss, Rechtsfragen der Herdenhaltung am unteren und mittleren Euphrat in altbabylonischer Zeit
- Papyrologische und althistorische Studien zum 65. Geburtstag von Andrea Jördens. Hg. von Lajos Berkes/W. Graham Claytor/Maria Nowak
- Selen Kılıç Aslan, Lycian Families in the Hellenistic and Roman Periods. A Regional Study of Inscriptions: towards a Social and Legal Framework
- Robert A. Kugler, Resolving Disputes in Second Century BCE Herakleopolis. A Study in Jewish Legal Reasoning in Hellenistic Egypt
- Roberta Marini, Prius testamentum ruptum est. Il problema della revoca del testamento in diritto romano
- Mike Reichert, Pflichten und Pflichtenkonflikte bei einer Verwahrung im römischen Recht im Wandel der Anschauungen
- Boudewijn Sirks, The Colonate in the Roman Empire
- Benedikt Strobel, Der Nießbrauchssklave im römischen Recht
- Tobias Bessel Donaas van der Wal, Nemo condicit rem suam. Over de samenloop tussen de rei vindicatio en de condictio. Proefschrift Leiden
- Luca Wimmer, Motivirrtum bei Schenkung und letztwilliger Verfügung. Eine kritische, historisch-vergleichende Untersuchung des deutschen, französischen und österreichischen Rechts
- Alfons Bürge, Die Lohnarbeit in der Antike
- Francesco Castagnino, I diplomata militaria. Una ricognizione giuridica
- Oliver Hekster, Caesar Rules. The Emperor in the Roman World ca. 50 BC‒565 AD
- Sammelbuch Griechischer Urkunden aus Ägypten, Bd. XXX hg. von Andrea Jördens unter Mitarbeit von Rodney Ast/Andrea Bernini/W. Graham Claytor/Ulrike Ehmig/Antonia Sarri/Eftychia Stavrianopoulou/Laura Willer
- Massimo Lolli, Turpitudinum notae. La caratterizzazione dell’usurpatore nei Panegyrici Latini tardoantichi
- Giuseppe Valditara, Civis romanus sum
- Eingelangte Schriften und Neuerscheinungen
- In memoriam
- Hans-Albert Rupprecht (16. April 1938–13. Februar 2024)
- Chronik
- „The Talmud Yerushalmi’s Civil Law in Its Ancient Legal Context: Rabbinic Law – Roman Law – Hellenistic Law“ Philipps-Universität Marburg, 23.–26. Juni 2024
- 44. Rechtshistorikertag Frankfurt 16.–20. September 2024
- XVIII. Jahrestreffen der Jungen Romanisten (Padua, 30.–31. Mai 2024)
- Quellenverzeichnis zu Band 142
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- I. Zum 90. Todestag von Otto Lenel
- Aufsätze
- II. Ὁμολογία und nuncupatio –Das attische Homologie-Gesetz in seinem Kontext
- III. Charakterzeichnung und Motivsuche in den controversiae – zur Bedeutung der rhetorischen Schulübung für die juristische und die rechtliche Praxis
- IV. Bemerkungen zum Testament des Pomponius Maximus aus dem Jahr 371 n. Chr.
- V. Justinian und der Schild des Herakles
- VI. Studien zu frühen merowingischen Rechtsetzungen
- VII. Zur Methode der Pandektenwissenschaft am Beispiel der hereditas iacens
- Miszellen
- Materialien zur fiducia im Lichte der Interpolationenkritik
- Brazil meets Rome: Vasconcellos’ complete translation of the Digest of Justinian into Portuguese
- Analyzing Anonymity in Justinian’s Digest: A Quantitative Approach
- Between rhetorical and performative aspects of the stipulatio-clause in Greek legal documents of Egypt
- Zu den Quellen des byzantinischen Rechts
- Literatur
- Besprechungen: Martin Avenarius, Ordo testamenti. Pflichtendenken, Familienverfassung und Gemeinschaftsbezug im römischen Testamentsrecht
- Hartwin Brandt, Die Kaiserzeit. Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian, 31 v. Chr.–284 n. Chr.
- Ciceros Topica und sein Programm De iure civili in artem redigeno, hg. von Wolfram Buchwitz/Matthias Ehmer
- Lucia C. Colella, I testamenti dei cittadini romani dʼEgitto tra storia sociale e prassi giuridica. Dal I secolo d.C. a Severo Alessandro
- Benedikt Eckhardt, Romanisierung und Verbrüderung. Das Vereinswesen im römischen Reich
- Jean-Louis Ferrary, La pensée politique de la Rome républicaine et les traités de philosophie politique de Cicéron. A cura di Maria Stefania Montecalvo
- Steffen Michael Jauss, Rechtsfragen der Herdenhaltung am unteren und mittleren Euphrat in altbabylonischer Zeit
- Papyrologische und althistorische Studien zum 65. Geburtstag von Andrea Jördens. Hg. von Lajos Berkes/W. Graham Claytor/Maria Nowak
- Selen Kılıç Aslan, Lycian Families in the Hellenistic and Roman Periods. A Regional Study of Inscriptions: towards a Social and Legal Framework
- Robert A. Kugler, Resolving Disputes in Second Century BCE Herakleopolis. A Study in Jewish Legal Reasoning in Hellenistic Egypt
- Roberta Marini, Prius testamentum ruptum est. Il problema della revoca del testamento in diritto romano
- Mike Reichert, Pflichten und Pflichtenkonflikte bei einer Verwahrung im römischen Recht im Wandel der Anschauungen
- Boudewijn Sirks, The Colonate in the Roman Empire
- Benedikt Strobel, Der Nießbrauchssklave im römischen Recht
- Tobias Bessel Donaas van der Wal, Nemo condicit rem suam. Over de samenloop tussen de rei vindicatio en de condictio. Proefschrift Leiden
- Luca Wimmer, Motivirrtum bei Schenkung und letztwilliger Verfügung. Eine kritische, historisch-vergleichende Untersuchung des deutschen, französischen und österreichischen Rechts
- Alfons Bürge, Die Lohnarbeit in der Antike
- Francesco Castagnino, I diplomata militaria. Una ricognizione giuridica
- Oliver Hekster, Caesar Rules. The Emperor in the Roman World ca. 50 BC‒565 AD
- Sammelbuch Griechischer Urkunden aus Ägypten, Bd. XXX hg. von Andrea Jördens unter Mitarbeit von Rodney Ast/Andrea Bernini/W. Graham Claytor/Ulrike Ehmig/Antonia Sarri/Eftychia Stavrianopoulou/Laura Willer
- Massimo Lolli, Turpitudinum notae. La caratterizzazione dell’usurpatore nei Panegyrici Latini tardoantichi
- Giuseppe Valditara, Civis romanus sum
- Eingelangte Schriften und Neuerscheinungen
- In memoriam
- Hans-Albert Rupprecht (16. April 1938–13. Februar 2024)
- Chronik
- „The Talmud Yerushalmi’s Civil Law in Its Ancient Legal Context: Rabbinic Law – Roman Law – Hellenistic Law“ Philipps-Universität Marburg, 23.–26. Juni 2024
- 44. Rechtshistorikertag Frankfurt 16.–20. September 2024
- XVIII. Jahrestreffen der Jungen Romanisten (Padua, 30.–31. Mai 2024)
- Quellenverzeichnis zu Band 142