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Von den allgemeinen Eigenschaften, Arbeitsprodukt und abstrakt menschliche Arbeit zu sein, zum Wert und zum „Doppelcharakter der Arbeit“

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Published/Copyright: October 17, 2017
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Zusammenfassung

Die allgemeinen Eigenschaften, Arbeitsprodukt und abstrakt menschliche Arbeit zu sein, sind transhistorische Eigenschaften der Gebrauchswerte respektive der konkret nützlichen Arbeiten. Die transhistorischen allgemeinen Eigenschaften werden folglich im Austauschverhältnis weder durch die Gleichsetzung noch durch die sogenannte „Tauschabstraktion“ geschaffen. Der besondere gesellschaftliche Charakter des Austauschverhältnisses bewirkt aber, dass sie zusätzlich die gesellschaftliche Form des Werts bzw. der formbestimmten abstrakt menschlichen Arbeit erhalten. Was bedeutet deren Erklärung für die Darstellungsweise am Anfang des Kapitals, die für viele Kapitalinterpreten ebenso unwissenschaftlich sein soll, wie die Textpassagen, in denen Marx die abstrakt menschliche Arbeit als „Verausgabung menschlicher Arbeitskraft im physiologischen Sinn“ charakterisiert?

Abstract

The general properties of the product of labour and abstract human labour are transhistorical properties of use-values, or respectively, of concretely useful labours. That is why within the exchange relation these general properties are neither created by an equalization nor by the so-called "exchange abstraction". However, because of the particular social character of the exchange relation, they also obtain the historically social form of value, respectively of form-determined abstract human labour. What does this kind of their explanation mean for the mode of presentation at the beginning of Capital, which for many interpreters is just as unscientific as the passages in which Marx characterizes abstract human labour as the “expenditure of human labour power in the physiological sense”?

Siglen

MEW 23 Marx, Karl (1993): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals, in: Marx-Engels Werke, Bd. 23. 18. Aufl. Berlin: Dietz VerlagSearch in Google Scholar

MEGA II/5 Marx, Karl (1983): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals, in: Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe. Zweite Abteilung: „Das Kapital“ und Vorarbeiten. Berlin: Dietz Verlag.Search in Google Scholar

MEGA II/10 Marx, Karl (1991): Das Kapital. Kritik der Politischen Ökonomie. Erster Band, in: Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe. Zweite Abteilung: „Das Kapital“ und Vorarbeiten. Berlin: Dietz Verlag.Search in Google Scholar

Literatur

Elbe, Ingo (2008) Marx im Westen. Die neue Marx-Lektüre in der Bundesrepublik seit 1965.Search in Google Scholar

Berlin: Akademie Verlag.Search in Google Scholar

Wolf, Dieter (2002): Der dialektische Widerspruch im Kapital. Ein Beitrag zur Marxschen Werttheorie. Hamburg: VSA.Search in Google Scholar

Wolf, Dieter (2017a): „Marx‘ Verständnis des Werts und der abstrakt menschlichen Arbeit alsSearch in Google Scholar

gesellschaftlich allgemeiner Form der konkret nützlichen Arbeiten in den Grundrissen“.Search in Google Scholar

http://dieterwolf.net/wp-content/uploads/2016/02/Arbeit_Grundrisse-1.pdf. Letzter Zugriff: 10.7.2017Search in Google Scholar

Wolf, Dieter (2017b): „Fehlinterpretationen Vorschub leistende Mängel in Marx’ Darstellung imSearch in Google Scholar

Kapital“ und wie Marx sie hätte vermeiden können. Zur Interpretation von Metaphern Search in Google Scholar

und grundlegender Sachverhalte in den ersten Kapiteln des „Kapitals““ Search in Google Scholar

http://dieterwolf.net/wp-content/uploads/2016/02/Kapital_Marx_Versaeumnisse_vermeiden.pdf. Letzter Zugriff: 10.7.2017Search in Google Scholar

Wolf, Dieter (2017c): „Semantik, Struktur und Handlung im „Kapital““.Search in Google Scholar

http://dieterwolf.net/wp-content/uploads/2016/02/Semantik_Struktur_und_Handlung_im_Kapital.pdf. Letzter Zugriff: 10.7.2017Search in Google Scholar

Diskussion

Bensch: [...] Ich bin einverstanden mit Dir, wenn Du Interpreten kritisierst, gegen sie polemisierst, die von „Realabstraktion“ sprechen. Da rennst Du offene Türen ein, mache ich sofort mit. [...] Mit Deinem Verständnis der „physiologischen Wahrheit“ habe ich kein Problem, damit bin ich einverstanden. [...] Aber jetzt der Einwand: Das eine, was auffallen musste bei Deinem Vortrag, insbesondere im ersten Teil, war, dass Du den Doppelcharakter der Arbeit betont hast in immer neuen Varianten und dabei angespielt hast auf die Überschrift des Kapitels 1.2 und da heißt die Überschrift aber: Der Doppelcharakter der in der Ware dargestellten Arbeit! Und erst, wenn ich das betone: es geht um die Ware, dann wird etwas deutlich. Ich halte es für außerordentlich problematisch, wenn formuliert wird – immer und immer wieder [...] hast Du das so formuliert – dass ‚die allgemeine Eigenschaft ahistorisch existiert‘. [...] Nein! Was soll denn das sein, dass eine allgemeine Eigenschaft ahistorisch existiert? Ich kann selbstverständlich beim Robinson immer sagen: Auch beim Robinson, wenn er da seinen schrägen Sonnenschirm und seine Möbel zimmert und dann mal in der Bibel liest, dass diese Tätigkeiten Robinson-Arbeit sind, ich kann sogar noch die Abstraktion, meinen Gedanken dazu tun, dass dieser Robinson als Exemplar der Art Mensch menschliche Arbeit verrichtet. [...] Wenn ich einfach nur behaupte, eine ahistorische allgemeine Eigenschaft würde existieren – dreimal unterstrichen: existieren, das hast Du mehrfach gesagt – dann könnte ich auch sagen, die allgemeine ahistorische Eigenschaft der Zählbarkeit existiert. Dann kann ich auch sagen, die Zählbarkeit ist eine allgemeine ahistorische Eigenschaft und die würde existieren. Mitnichten tut sie das! Es ist ein Gedanke, den ich hinzutue. Und jetzt geht es ins Detail, das machen wir aber nicht jetzt, erst mal kannst Du antworten: Wir untersuchen noch einmal die Seite 51 und die Seite 52. Und da geht der Dissens nämlich los.

Wolf: Also das mit dem Doppelcharakter, da sich festzumachen – Doppelcharakter ist ein wichtiges Wort, Doppelcharakter für die bürgerliche Gesellschaft eine historisch spezifische Form, eine Form vom Doppelcharakter, den es immer gibt. Ich habe ausführlich erzählt, warum die konkret nützliche Arbeit in nicht-kapitalistischen Gemeinwesen eine gesellschaftliche Form erhält und das ist mit Doppelcharakter der Arbeit gemeint. [...] Will mir hier jemand das Wort Doppelcharakter verbieten?! Ich muss es nicht nur beziehen auf den Doppelcharakter der in den Waren steckenden Arbeit. Das ist eine historisch spezifische Form des Doppelcharakters. Sag mal ein Argument gegen den Doppelcharakter in nicht-kapitalistischen Gemeinwesen, wo die konkret nützliche Arbeit selbst gesellschaftliche Form hat!

Bensch: [...] Das kann ich immer hinzudenken, bei allen vorbürgerlichen Gesellschaften. In der bürgerlichen Gesellschaft, wo es um den Doppelcharakter der in der Ware dargestellten Arbeit geht, da spielt diese Eigenschaft eine gegenständliche Rolle. [...]

Wolf: Eine „gegenständliche Rolle“ – was immer im Einzelnen damit gemeint ist – kann die Eigenschaft abstrakt menschlicher Arbeit nur dann spielen, wenn es diese bereits gibt. In einem vorkapitalistischen Zusammenhang, in den nicht-kapitalistischen Gemeinwesen [...] besitzen die konkret-nützlichen Arbeiten von vornherein gesellschaftliche Form. Das ist nicht meine subjektive Reflexion, das ist ein normaler Prozess: Indem dieses Gemeinwesen entstanden ist, hat sich das gebildet. Das ist eine Vermittlung. Der vorausgesetzte gesellschaftliche Zusammenhang vermittelt den konkret-nützlichen Arbeiten die aus ihnen selbst bestehende gesellschaftliche Form, die gerade nicht diese Eigenschaft abstrakt menschlicher Arbeit ist. [...] – Bestreitest Du den strukturierten realen gesellschaftlichen Zusammenhang in nicht-kapitalistischen Gemeinwesen?!

Bensch: Nein.

Tagungsteilnehmer: Du hast gesagt, wenn ich Dich richtig verstanden habe, im Austauschverhältnis erhalten die Produkte ihre gesellschaftliche Form.

Wolf: Ja. [...] Es geht um eine Gleichsetzung. Die unterschiedlichen Gebrauchswerte werden als Arbeitsprodukte gleichgesetzt. Und deswegen, weil das im Austauschverhältnis geschieht, das darüber entscheidet, über die gesellschaftliche Form der Arbeitsprodukte entscheidet. [...] Deswegen ist das Arbeitsprodukt schlechthin als das gleiche aller als Gebrauchswert verschiedenen Arbeitsprodukte die gesellschaftliche Form des in den Gebrauchswerten existierenden Reichtums. Und so ausgedrückt ist das der Wert. Und da hätte Marx von Wert sprechen müssen! An der Stelle und nicht erst später! Und dann ausgerechnet noch mithilfe unglücklicher Metaphern. Man kann in der Wissenschaft Metaphern benutzen, aber nur dann, wenn man unabhängig von Metaphern [...] zuerst in prosaischer, sachlich nüchterner Sprache erklärt, worum es geht, also darum, dass Marx im Austauschverhältnis auf Eigenschaften stößt, vom Austauschverhältnis nicht geschaffene, die aber in ihm eine gesellschaftlich allgemeine Bedeutung erhalten.

Tagungsteilnehmer: [...] Man findet ja z. B. bei Michael Heinrich so eine Formulierung, dass das einzelne Arbeitsprodukt, bevor es in die Zirkulation eingeht, keine Ware ist. Würde das bei Dir dann nicht auch darauf hinauslaufen?

Wolf: Ja, das würde ja dem widersprechen, was ich gerade schon gesagt habe. Das habe ich vorhin schon gesagt: Mit was fängt die Darstellung an? Mit dem einfachsten Austauschverhältnis. Marx analysiert das Austauschverhältnis, um eine Ware zu erklären. Nachdem ich das gemacht habe, das Austauschverhältnis zu betrachten, also die Beziehung der Waren zu einander [...], habe ich eine Auskunft erhalten, was eine Ware ist. Und jeder normale Wissenschaftler hält das Ergebnis jetzt erst mal fest. Was hat das Austauschverhältnis – nicht die einzelne Ware, die ein Witz ist – was hat das Austauschverhältnis für Erkenntnisse gebracht über die Ware? So, jetzt nehme ich mir die Ware und jetzt abstrahiere ich mal davon, dass das Austauschverhältnis jetzt weitergeht. Also jetzt wird die Ware, die ich jetzt erkannt habe, jetzt die, die ausgetauscht wird, und dann betrachte ich danach das Austauschverhältnis. Ich halte erst mal inne: Was ist denn jetzt die Ware? Das ganze erste Kapitel heißt die Ware. Er hat erst mit dem Austauschverhältnis, und nicht mit einer einzelnen Ware die Ware erklärt. Und die halte ich jetzt als einzelne fest. Und dann gehe ich wieder zum Austausch. Er sagt ausdrücklich: ‚Wir kehren zum Tauschwert zurück‘ (vgl. MEW 23, S. 62) und der Tauschwert erscheint zuerst als das quantitative Verhältnis von Gebrauchswerten, also als Austauschverhältnis. Was ich über die Ware weiß, weiß ich durch das Austauschverhältnis und ich weiß es nicht durch die einzelne Ware, ok?

Tagungsteilnehmer: Mich würde noch eine Formulierung interessieren, und zwar ging es darum, dass auch in nicht-kapitalistischen Gesellschaften die Arbeit als aliquote Teile der Gesamtarbeitszeit bestimmt ist. Diesen Aspekt des Zählens, den habe ich nicht ganz verstanden.

Wolf: Wie Zählen?!

Tagungsteilnehmer: Ja, das ist eben meine Frage [...]

Wolf: Es wird nicht gemessen, es wird nicht gezählt, es ist ein Tatbestand [...]

Tagungsteilnehmer: Es wird auch nicht gezählt, ich meine, mal ist es Geld, es hat eine gewisse Relevanz, Sie hatten ja gesagt, es hat eben keine Vergesellschaftungsrelevanz. Aber was bedeutet dann Zählen, was bedeutet dann dieses Wort? Also dieses Zählen, das geht in eine Richtung [...]

Wolf: Ich habe niemals gesagt, das Geld hätte keine Vergesellschaftungsrelevanz: die hat es wie die abstrakt menschliche Arbeit im kapitalistischen Gemeinwesen. [...] Die proportionale Verteilung ist von der mit ihr einhergehenden Vergesellschaftung zu unterscheiden. Das Zählen als aliquote Teile. Ich kann doch sagen, sie sind aliquote Teile! Man muss ja auch dieses vorkapitalistische Gemeinwesen nicht nur als Voraussetzung betrachten, das ist ja auch entstanden und im Entstehen entsteht auch zugleich die Verteilung der sich entwickelnden Gesamtarbeitszeit auf die einzelnen konkret nützlichen Arbeiten. Und als aliquote Teile kommen die konkret nützlichen Arbeiten in Abstraktion von ihrem Unterschied nur als aliquote Teile in Frage. Das ist mit sie zählen als ... etwas gemeint.

Tagungsteilnehmer: Aber diese Abstraktion ist schon eine, die wir sozusagen in der Analyse und Untersuchung dieser Gesellschaften vornehmen. Wir zählen sozusagen für uns in der Betrachtung als aliquoter Teile, also [...]

Wolf: Da zählt niemand. Das ist eine proportionale Verteilung. Die stellt sich einfach naturwüchsig her. Wenn ich die jetzt aber analysiere als realen Prozess, dann ist in dem Prozess die Gesamtverteilung mitbetrachtet, dann sind die einzelnen Arbeiten aliquote Teile davon. Damit sage ich auch, dass sie in der Hinsicht untereinander gleich sind, ohne Bedeutung für die gesellschaftlich allgemeine Form. Ende! Sie sind aliquote Teile. Echt und real und nicht mein Hirngespinst.

Lange: Eine Frage direkt im Anschluss daran: Welche Funktion hat der Begriff der Gesamtarbeitszeit dann für diese vorkapitalistischen Gemeinwesen? Dieser Begriff hat überhaupt gar keine Funktion. Und wenn Sie sagen, es sind aliquote Teile der Gesamtarbeitszeit, macht das nur Sinn vor dem Hintergrund einer Wertbestimmung als gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die bezogen wird nämlich auf die Gesamtarbeit einer Gesellschaft. Und das macht nur Sinn im Kapitalismus.

Wolf: Und Sie wollen mir jetzt erzählen, in einem nicht-kapitalistischen Gemeinwesen gäbe es keine diesem Gemeinwesen insgesamt zur Verfügung stehende Arbeitszeit. Soll das Ihr Ernst sein?

Lange: Es hat keine Funktion! Es hat keine interpretatorische Funktion, es hat keine erkenntnisgewinnbringende Funktion, es hat überhaupt keine Funktion. [...] Aber dann erklären Sie mir doch bitte, welche Funktion dieser Begriff der gesellschaftlichen Gesamtarbeit in vorkapitalistischen Gesellschaften hat!

Wolf: Das Wort Funktion ist schon falsch. [...] Abstrahieren Sie doch mal von dem, was Sie Kapitalverhältnis nennen. Stellen Sie sich wirklich ein vorkapitalistisches Gemeinwesen, ein größeres, sagen wir ein antikes Gemeinwesen vor und vernachlässigen wir, [...], wie das entstanden ist. Das griechische Gemeinwesen besteht aus 40000 Leuten. 40000 Leute, Sklaven eingerechnet, sage ich jetzt mal, können so viel am Tag produzieren. Ich rechne nicht. Das ist objektiver Tatbestand! Das richtet sich ein! Es richtet sich so ein, dass die Gesellschaft davon leben kann, so viel konkret nützliche Arbeit da verausgabt ist. So, aber als aliquote Teile der Gesamtarbeitszeit – wollen Sie bestreiten, dass es da keine Gesamtarbeitszeit gibt und dass da keine Verteilung der Gesamtarbeitszeit auf die einzelnen konkret nützlichen Arbeiten stattfindet? Natürlich findet die statt. Als objektiver Prozess. Ich kann ja nur jetzt nachrekapitulieren. Es liegt in der Natur der Verteilung als aliquote Teile. Es ist doch immer interessant, dass, wenn da Kritiken kommen, diese Geschichte, als ob aliquote Teile überhaupt nicht da wären, [...]

Lange: Ich sehe da einen Anachronismus in Ihrer Argumentation und ich muss einfach sagen, dass der Begriff der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit als Definition der Wertsubstanz dann tatsächlich transhistorisch übertragbar sein würde.

Wolf: Habe ich einmal von gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit gesprochen, einmal?

Lange: Nur in diesem Sinne macht der Begriff der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit erst überhaupt Sinn.

Wolf: Ja, das sagen Sie. Sie denken an das Kapital. Gut, im Kapital da habe ich gesagt, gibt es insgesamt eine gesellschaftliche Arbeitszeit, die wird auch verteilt und dann stellt sich über die Erscheinungsform abstrakt menschlicher Arbeit in einem gesellschaftlichen Prozess gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit her. Sodass ich sagen kann, die gesellschaftlich notwendige Arbeit ist der Faktor. [...] Ich meine, die Verteilung als solche, das ist doch eine ahistorische Qualität für jedes gesellschaftliche Gemeinwesen. Die Verteilung der gesamtgesellschaftlichen Arbeitszeit, die von der gesellschaftlich allgemeine Form gebenden Vergesellschaftung verschieden ist. In meinen Ohren klingt das absurd, Ihre Vorstellung.

Kuhne: Sie haben viel von „allgemeinen Eigenschaften“ und nicht von „Substanz“ gesprochen und haben Kapitalinterpreten erwähnt, die der Meinung sind, die ersten Abschnitte könne man vergessen. Solche Interpreten kenne ich gar nicht, aber es mag sie geben. Sie haben sehr oft von „allgemeinen Eigenschaften“ gesprochen. Müssten Sie gemäß Ihrer Interpretation nicht sagen, wenn Marx abstrakte Arbeit als Wertsubstanz bezeichnet, ist er selbst ein „Mystifizierer“ und „Irrationalist“?

Wolf: [...] Es war ja jemand, der hat hier Substanz gesagt und hatte ja auch Schwierigkeiten und hat gesagt, das wäre keine Eigenschaft. Ich kann zusammenbringen, dass die Substanz Eigenschaft ist, ich muss natürlich das Wort Substanz ein bisschen entmystifizieren und entlasten, substantia heißt das Zugrundeliegende und heißt das Wesentliche und ich brauche für das Verständnis vom Kapital nur abstrakt menschliche Arbeit, von Substanz nicht mehr zu wissen: Das ist das allem anderen Zugrundeliegende und es ist von eminenter Bedeutung. Diese zwei Bedeutungsvarianten von Substanz, mehr brauche ich nicht. Ansonsten ist abstrakt menschliche Arbeit Eigenschaft konkret nützlicher Arbeit. [...] Diese Eigenschaft liegt allem zugrunde. Deswegen nenne ich es Substanz. Dies bedeutet, dass alle Formen gesellschaftlicher Arbeit Erscheinungsformen formbestimmter abstrakt menschlicher Arbeit sind. [...] So nimmt Marx Substanz. Ich muss aus der Sache heraus erklären, warum er das Wort Substanz benutzt, und nicht philosophische Vorstellungen von den Griechen haben und das als Substanz ans Kapital herantragen.

Published Online: 2017-10-17
Published in Print: 2017-10-10

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  6. Der Begriff der Substanz bei Marx
  7. Der Begriff der Freiheit im Kapital
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Downloaded on 23.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zksp-2017-0010/html
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