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Lebensereignisse im Bildungsbereich als Erklärung für individuellen Sprachwandel

  • Mason A. Wirtz EMAIL logo und Philip C. Vergeiner
Veröffentlicht/Copyright: 1. März 2025
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Abstract

Major life events (MLEs) in the educational domain such as graduating school or beginning a new degree set an important course for each individual’s life. However, the impact of such MLEs on patterns of individual-level language change across the lifespan, and how their impact may vary among individuals, is far from clear. In this article, we thus demonstrate the variation in patterns of individual-level perceived linguistic change affected by educational MLEs (i. e., graduating school, beginning a new degree, graduating university) among 181 Austrian participants with first language German. Our goal is to both quantitatively and qualitatively investigate which constellation of individual differences in event experiences and other psychosocial factors are associated with differences in reported individual-level linguistic change following educational MLEs. Bayesian modeling indicated that gender and proficiency in nonstandard varieties were particularly predictive of individual-level linguistic change. Qualitative analysis revealed a blended operation of socio-affective and language biography-related factors being associated with educational MLE-related change in the sociolinguistic repertoire.

1 Einleitung

Ereignisse in der Bildungslaufbahn – z. B. der Schulabschluss, der Beginn eines Studiums oder der Abschluss einer tertiären Ausbildung – stellen wichtige Weichen für das weitere Leben, oft auch in sprachlicher Hinsicht. Die Gründe dafür sind vielfältig: Beispielsweise werden im Bildungsbereich gewisse Sprachkompetenzen erst erworben (oder vertieft), außerdem ergeben sich aus der Kommunikation in Bildungsinstitutionen neuartige Anforderungen an den Sprachgebrauch, z. B. aufgrund des vergleichsweise hohen Formalitätsgrades. Und natürlich gehen Lebensereignisse im Bildungsbereich (meist) auch mit weiteren mehr oder minder tiefgreifenden Änderungen in der Sprachbiographie einher, beispielsweise mit Mobilitätserfahrungen (z. B. dem Umzug in eine andere Stadt). Lebensereignisse im Bildungsbereich dürften somit das soziolinguistische Repertoire[1] stark beeinflussen und verändern (vgl. Wagner 2012 b: 180). Bemerkenswerterweise sind derartige Veränderungen des soziolinguistischen Repertoires – im Folgenden auch als individueller Sprachwandel bezeichnet – empirisch schlecht beforscht. Dies gilt insbesondere für den deutschsprachigen Kontext, v. a. in Österreich (vgl. aber Wirtz und Pickl i. Dr.).

Ziel der vorliegenden Studie ist es daher, die Relevanz wesentlicher Lebensereignisse (engl. major life events, verkürtzt MLEs) im Bildungsbereich auf den Gebrauch von und die Einstellungen gegenüber Sprachvarietäten am Beispiel Österreichs zu untersuchen. Herangezogen werden dazu Daten einer umfassenden Fragebogenstudie zu MLEs (Wirtz und Pickl i. Dr.), wobei diese sowohl quantitativ als auch qualitativ untersucht werden.

MLEs, so Bühler et al. (2023: 2), können verstanden werden als „time-specific transitions that indicate a new status (i. e., position, rank, role, condition) or denote the end of a previous status“. MLEs führen dabei häufig dazu, dass Individuen ihre Denk-, Verhaltens- und Gefühlsmuster verändern (Luhmann et al. 2012: 6), was auch Konsequenzen für das soziolinguistische Repertoire haben kann (vgl. Buchstaller 2015: 485; Eckert 1997: 152). Allerdings muss bedacht werden, dass Individuen dasselbe MLE nicht unbedingt auf dieselbe Weise wahrnehmen (Rakhshani et al. 2022: 700; Schwaba et al. 2023: 1136), weshalb ein und dasselbe MLE unterschiedliche Wandeltendenzen bei unterschiedlichen Personen herbeiführen kann (siehe etwa Wirtz i. Dr.). Bei bildungsbezogenen MLEs zeigt sich z. B., dass der Eintritt in eine tertiäre Bildungsinstitution zwar oft, aber keineswegs immer zu einer verstärkten Hinwendung zur Standardsprache führt, weshalb bei der Sprachvariation von Lehrenden und Studierenden große individuelle Unterschiede bestehen (vgl. Dannerer 2018: 183; Vergeiner 2021: 154–164; Vergeiner 2020: 51–55). Diese Unterschiede lassen sich zwar teilweise mit divergierenden, in den universitären Alltag mitgebrachten Einstellungen, Normerwartungen und Varietätenkompetenzen (z. B. aus der Schule) in Verbindung bringen (vgl. z. B. Vergeiner et al. 2021), sie können dadurch aber nicht vollständig erklärt werden. Dies wirft die Frage auf, wann solche Veränderungen auftreten, warum sie auftreten und bei wem sie auftreten.

Der vorliegende Beitrag will zur Klärung dieser Fragen beitragen, wobei am Beispiel bildungsbezogener MLEs in Österreich beleuchtet wird, wie solche individuellen Unterschiede zustande kommen. Im Zuge dessen wird, erstens, der Einfluss unterschiedlicher (psycho‑)sozialer Faktoren auf den wahrgenommenen MLE-bezogenen individuellen Sprachwandel analysiert. Um diese Befunde zu vertiefen, werden zweitens die subjektiven Überzeugungen der Proband:innen darüber, warum bildungsbezogene MLEs ihre soziolinguistischen Repertoires beeinflusst haben, näher betrachtet. Untersucht werden dabei retrospektive Perzeptionen (Selbstwahrnehmungen) zum individuellen Sprachwandel durch MLEs, und zwar in Hinblick auf die Dialekt-/Standardvariation. Dabei geht es sowohl um den Dialekt- und Standardgebrauch selbst als auch um damit zusammenhängende affektiv-attitudinale Faktoren (Dialektakkommodation, lokale Dialektidentität und Einstellungen zur Standardsprache; vgl. Steiner et al. 2023 a: 3016; Steiner et al. 2023 b: 10).[2]

Die vorliegende Studie ist Teil einer umfassenden Fragebogenstudie, deren allgemeines Ziel es ist, die Auswirkungen unterschiedlicher MLEs auf den wahrgenommenen individuellen Sprachwandel zu beleuchten. Bemerkenswert ist, dass die ersten Ergebnisse ein hohes Maß an Variation bei den Auswirkungen bildungsbezogener MLEs auf die selbstberichteten Sprachwandelmuster zeigen (Wirtz und Pickl i. Dr.). Der vorliegende Beitrag erweitert diese Befunde, indem untersucht wird, wodurch diese Variation erklärt werden kann.

2 Sprachvariation und lebenslange Entwicklung

2.1 Die soziolinguistische Situation in Österreich

Die soziolinguistische Situation in Österreich ist durch eine ausgeprägte Dialekt-/Standardvariation gekennzeichnet. Auf dialektaler Ebene werden dabei v. a. Dialekte des Bairischen sowie – im äußersten Westen – auch des Alemannischen verwendet (Lenz 2019). Diese dialektalen oder dialektnahen Varietäten spielen im Alltag in Österreich – anders als z. B. in Nord- und Mitteldeutschland – eine große Rolle; mehrere Studien belegen, dass der überwiegende Teil der Österreicher:innen angibt, zumindest gelegentlich Dialekt zu verwenden (vgl. Ender und Kaiser 2009; Steinegger 1998; Lenz 2019). Dies gilt auch für den Bildungsbereich (vgl. Dannerer 2018; Vergeiner et al. 2019; Vergeiner 2021).

Je nach theoretischer Ausrichtung wird davon ausgegangen, dass die österreichischen Dialekte entweder von einer einzigen österreichischen Standardsprache oder mehreren regionalen Standardvarietäten überdacht werden (vgl. u. a. Ammon 1995). Eine häufige Annahme ist weiters, dass Dialekt und Standard in den meisten Regionen Österreichs nur die Endpunkte eines komplexen diaglossischen Varietätenspektrums darstellen. Es existieren unterschiedliche Vorschläge dazu, wie dieses Spektrum modelliert werden kann und ob zwischen Dialekt und Standard ggf. weitere Varietäten (Regiolekte, Umgangssprachen) bestehen (vgl. z. B. Fanta-Jende 2023). Unklar ist allerdings, inwiefern dieses Kontinuum im Bewusstsein der Sprecher:innen verankert ist. Die derzeitigen Befunde sprechen eher dafür, dass aus Sprecher:innen-Sicht eine weitgehend dichotome Unterscheidung zwischen Dialekt und Standard getroffen wird (vgl. z. B. de Cillia 2018: 70; Ender und Kaiser 2009: 270), weshalb wir uns auch in der vorliegenden Untersuchung auf diese beiden Varietäten fokussieren.

Die Dialekt-/Standardvariation wird in Österreich von unterschiedlichen sozialen Faktoren wie Alter, Herkunft, Geschlecht oder Bildung gesteuert; als besonders relevant erweisen sich situative Faktoren wie der Formalitätsgrad oder das jeweilige Gegenüber – so wird die Standardsprache v. a. in formellen Situationen und mit Nicht-Österreicher:innen verwendet (vgl. z. B. Ender und Kaiser 2009). Was Spracheinstellungen betrifft, weisen bisherige Studien einerseits eine hohe Dialektloyalität in Österreich nach, andererseits werden Dialekt und Standard aber auch mit unterschiedlichen Attributen in Verbindung gebracht: der Dialekt etwa mit Nähe, Emotionalität, Natürlichkeit, außerdem Ehrlichkeit, Freundlichkeit sowie Humor; durch Standardverwendung dagegen wirken Sprecher „more polite, intelligent, educated, gentle, serious and refined, but also [...] more arrogant“ (Soukup 2009: 127; vgl. auch Bellamy 2012). Positive Evaluationen der Standardsprache finden demnach v. a. auf der Status-, die des Dialekts auf der Solidaritätsdimension statt, was wiederum auf die typischen Verwendungssituationen beider Varietäten verweist.

2.2 Sprachvariation im Bildungsbereich

In den letzten Jahren gelangten Bildungseinrichtungen – Schulen und Universitäten – vermehrt in den Blick variationslinguistischer Untersuchungen.[3] Dies hat unter anderem damit zu tun, dass diese implizit und explizit Sprachnormen, Spracheinstellungen sowie Varietätenwissen vermitteln (vgl. Vergeiner 2021: 85; Vergeiner et al. 2019: 289). Im Bildungsalltag führt dies zu Spannungsfeldern unterschiedlicher Art: So steht etwa die Befolgung expliziter Normen im Gegensatz zu Anleitungen zum eigenverantwortlichen Umgang mit Variation; Vorgaben zur Standardorientierung stehen oftmals in Konflikt mit dem Ziel der Vermittlung einer situationsadäquaten und adressat:innenangemessenen Sprachverwendung (vgl. Buttlar 2017; Behrens 2010). Erste empirische Untersuchungen zu variationsbezogenen Normen im sekundären und tertiären Bildungsbereich in Österreich[4] (vgl. Buchner et al. 2022; Buchner und Elspaß 2018; Vergeiner 2021; vergleichend außerdem Vergeiner et al. 2019, 2021) haben gezeigt, dass Sprecher:innen dort durchaus über die Zeit differenzierte Normvorstellungen zum situationsadäquaten Sprachgebrauch entwickeln (vgl. Vergeiner et al. 2019: 321). Daraus lässt sich schließen, dass sich der Gebrauch von wie auch die Einstellungen zu Sprachvariation während der Bildungslaufbahn wandeln (können).

Welche Faktoren für die Veränderung verantwortlich sind, ist allerdings nur teilweise erforscht. So belegen neuere Untersuchungen zur interventionsgestützten Vermittlung von Varietätenkompetenz im schulischen Kontext die ‚Verformbarkeit‘ und damit die plastische Natur von Spracheinstellungen (siehe die Analysen in Unterberger 2024). Der Übertritt von der Schule in die Universität scheint zu weiteren Veränderungen bei Normvorstellungen und Varietätenkonzeptionen zu führen. Dabei zeigt die vergleichende Analyse von Vergeiner et al. (2019: 318), dass Personen häufig „erst an der Universität mit stärkeren Standarderwartungen bzw. einem höheren Maß an Standardgebrauch konfrontiert worden zu sein“ scheinen, während der schulische Sprachgebrauch noch häufig dialektnah ist. Studierende wie Lehrende an der Universität assoziieren den Gebrauch der Standardsprache mit Kompetenz, Professionalität sowie wissenschaftlicher Seriosität, während dem Dialekt in der Schule eine wichtige Rolle bei der Herstellung sozialer Nähe zukommt (vgl. Vergeiner et al. 2021: 425). Ein weiterer wesentlicher Faktor dürfte der regionale Einzugsbereich sein, wobei schulische Institutionen durch einen kleinräumigeren Einzugsbereich gekennzeichnet sind (vgl. Vergeiner et al. 2019: 320). An Universitäten ist indes verstärkt mit Personen aus anderen Regionen des Deutschen zu rechnen, die „verschiedene[n] Sprach- und Varietätenkompetenzen, widersprüchliche[n] Einstellungen und Präferenzen zum Sprachgebrauch“ mitbringen (Vergeiner 2021: 11). Nicht-dialektkompetente Personen im tertiären Bildungsbereich weisen dabei häufig stärkere Standarderwartungen auf, außerdem werden ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Schwierigkeiten, Dialekt zu verstehen, zum Anlass für Anpassungsprozesse (vgl. Vergeiner et al. 2019: 320; Vergeiner et al. 2021: 438; siehe auch Ender und Kaiser 2009: 287). Zwar lassen die wenigen vorhandenen vergleichenden Analysen zu Normerwartungen und Varietätenkonzeptionen im sekundären und tertiären Bildungsbereichen bestimmte Fragen offen (vgl. Vergeiner et al. 2019: 321; Vergeiner et al. 2021: 423), sie liefern trotzdem empirische Hinweise dafür, dass der Übertritt von der Schule in die Universität ein wichtiger Zeitpunkt für Veränderungen im (produktiven und attitudinalen) soziolinguistischen Repertoire ist.

Diese Befunde aus Österreich stehen in Einklang mit Beiträgen zu anderen (primär angloamerikanischen) Kontexten, für die ebenfalls gezeigt wurde, dass der Übertritt in den tertiären Bildungsbereich für die Beibehaltung oder Vermeidung regionaler Non-Standard-Formen relevant sein kann (vgl. De Decker 2006: 74–75; Prichard und Tamminga 2012: 94; Wagner 2008: vii; Wagner 2012 b: 197). So hebt Wagner (2008) in ihrer Panelstudie zu Philadelphia hervor, dass v. a. Personen aus sozio-ökonomisch privilegierten Gruppen nach dem Eintritt in ein College ihren Non-Standard-Gebrauch reduzieren. Ähnliche Ergebnisse erbringen Prichard und Tamminga (2012: 95), wobei sie festhalten: „speakers who attend a nationally-oriented university correct away from negatively-evaluated features“. Hinsichtlich der Gründe, warum solche Veränderungen eintreten, wurden sowohl expositionsbedingte als auch sozial getriebene Prozesse postuliert (vgl. Bigham 2010: 206). Prichard und Tamminga (2012: 94) vermuten beispielsweise, dass die Anzahl nicht-lokaler Mitstudierender, mit denen eine Person regelmäßig interagiert, den Grad der Akkommodation beeinflusst. Aus einer sozial-interaktiven Perspektive heraus argumentieren sie: „complex accommodation outcomes may reflect speakers’ strategic use of both local and supralocal forms to maintain ties to their home social networks while simultaneously connecting to new peer groups“.

Die bisherige Forschung zeigt, dass bildungsbezogene MLEs für den Sprachwandel bei spät- und post-adoleszenten Individuen relevant sein können. Nicht jedes Individuum weist aber dieselbe Entwicklungstrajektorie auf (vgl. Cheshire 2006: 1558; Prichard und Tamminga 2012: 92; Wagner 2012 b: 197). Um solche Differenzen zu erklären, ist eine Reihe an individuellen Unterschieden auf Sprecher:innenebene zu berücksichtigen, welche den Einfluss eines bildungsbezogenen MLEs auf den individuellen Sprachwandel (und dessen Richtung) moderieren können. Im Folgenden fokussieren wir uns daher konkreter auf solche Unterschiede und deren Relevanz für den individuellen Sprachwandel: Warum und unter welchen Umständen tritt sprachliche Veränderung bei unterschiedlichen Personen auf? Inwieweit kann dasselbe Lebensereignis unterschiedliche sprachliche Veränderungen bei verschiedenen Personen auslösen?

2.3 Individuelle Unterschiede und MLE-induzierter Sprachwandel

Buchstaller (2015: 485) zufolge ist die intraindividuelle Variabilität über die Lebensspanne eine Reaktion auf „life-stage specific demands regarding demeanor and language use that we encounter as we progress through our life histories“. Die Art und das Ausmaß sprachlicher Veränderungen wird also durch die persönlichen Erfahrungen eines Individuums geprägt (vgl. Grama et al. 2023: 346; Mechler und Buchstaller 2019: 2; Mechler et al. 2022: 108). Dies passt zur vorherrschenden Ansicht in der psychologischen Forschung, dass „people do not change in the same ways [...] or that people may react differently to the same life event“ (Bühler et al. 2023: 19; vgl. auch Rakhshani et al. 2022: 700; Schwaba et al. 2023: 1136). Bezogen auf den vorliegenden Kontext heißt das, dass nicht jede Person, die z. B. die Schule abschließt oder ein Studium beginnt, dieses Ereignis gleich wahrnimmt und darauf reagiert – womöglich nehmen es einige besonders positiv wahr, während es andere als bedrohlich ansehen. Um solchen Unterschieden gerecht zu werden, haben Luhmann et al. (2021) eine dimensionale Taxonomie ereignisbezogener Charakteristika entwickelt. Diese berücksichtigt individuelle Differenzen darin, wie ein Ereignis ‚erlebt‘ bzw. wahrgenommen wird (etwa wie positiv ein Ereignis perzipiert wird, wie stressig es empfunden wird etc.). Damit lässt sich testen, dass es nicht das Eintreten des MLE ist, welches eine Veränderung herbeiführt, sondern die Art und Weise, wie das Ereignis wahrgenommen wird. Zu untersuchen ist, wie dasselbe Ereignis unterschiedlich erlebt wird und welche Konsequenzen es nach sich zieht – dadurch kann spezifischer der Frage nachgegangen werden, durch welche individuellen erfahrungsbezogenen Aspekte ein MLE sprachliche Veränderung bewirkt.

Zusätzlich zu unterschiedlichen Wahrnehmungen können weitere Faktoren relevant sein, wenn es um den Einfluss eines MLEs auf individuellen Sprachwandel geht. So zeigt etwa Vergeiner (2021: 446–447) die große Bandbreite an inter- und intraindividueller Variation im soziolinguistischen Repertoire, die etwa Studierende in den universitären Alltag mitbringen. Auch Ender und Kaiser (2009: 297–298) belegen solche Unterschiede, z. B. bei der (Selbst-)Einschätzung der Standard- und Dialektkompetenz in Österreich. Anzunehmen ist, dass der Grad des individuellen Sprachwandels – v. a. im produktiven Bereich – auch mit der Varietätenkompetenz zusammenhängt bzw. dadurch beeinflusst wird.

Darüber hinaus können individuelle Unterschiede wie Alter und Geschlecht, aber auch psychologische Faktoren relevant sein (vgl. Steiner et al. 2023 b; Andresen 2015). So verweist Bowie (2010: 47) auf die Relevanz soziolinguistischer Bewältigungsprozesse, also wie Individuen sprachlich auf soziale Zwänge und Ereignisse reagieren und zu ihrer Bewältigung den eigenen Sprachgebrauch adaptieren. Ein wichtiger Faktor dafür ist psychologische Resilienz, d. h. die Fähigkeit, stressige Situationen durchzustehen, was typischerweise mit anderen Bewältigungsmechanismen korreliert (vgl. Chmitorz et al. 2018: 2; Smith et al. 2008: 197). Resilienz scheint auch mit bestimmten ereignisbezogenen Charakteristika zu interagieren, zumal sich Resilienzressourcen auf das „successful engagement with difficult events and experiences“ beziehen (Ryff und Singer 2003: 21). In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, inwiefern sich nach dem Erleben eines als besonders negativ und/oder belastend empfundenen bildungsbezogenen MLEs Differenzen zwischen unterschiedlich resilienten Personen beim individuellen Sprachwandel ergeben.

3 Fragestellungen, Daten und Methoden

Die vorliegenden Daten stammen aus einer in Österreich online durchgeführten sozio- und psycholinguistischen Fragebogenstudie, mit der die Rolle von MLEs auf wahrgenommene Aspekte des individuellen Sprachwandels erhoben wurde. In die Untersuchung fließen die Daten von 181 Proband:innen ein, die im Fragebogen über bildungsbezogene MLEs berichten. Die empirische Analyse fokussiert folgende Fragestellungen:

  1. Welche ereignisbezogenen und (psycho-)sozialen Variablen sind mit wahrgenommenem individuellem Sprachwandel assoziiert, der durch MLEs im Bildungsbereich verursacht wurde?

  2. Welche Faktoren identifizieren Proband:innen als Treiber für ihre von bildungsbezogenen MLEs ausgelösten individuellen Sprachwandelmuster?

Zur Beantwortung dieser Fragen verwenden wir ein equal-status concurrent mixed-methods design, das auf Prinzipien der „expansion“ beruht, d. h. „seeking to expand the breadth and range of research by using different methods for different inquiry components“ (Johnson und Onwuegbuzie 2004: 22). Mit einem solchen mixed-methods-Ansatz legen wir gleiches Gewicht auf Erkenntnisse, die durch quantitative und qualitative Ansätze gewonnen werden. Der quantitative Ansatz ermöglicht es, systematisch die Einflussfaktoren für unterschiedliche Muster des individuellen Sprachwandels nach bildungsbezogenen MLEs zu ermitteln. Die qualitativen Daten liefern vertiefte Einblicke in die sprachbiographisch bedingten Umstände, Einstellungen und Gegebenheiten, die in einer rein quantitativen Analyse verloren gingen (siehe Kapitel 3.3).

3.1 Stichprobe

In dieser Studie wird eine Teilstichprobe des in Wirtz und Pickl (i. Dr.) beschriebenen Samples analysiert, nämlich jene Proband:innen, die im Fragebogen angaben, ein bildungsbezogenes MLE habe ihren Sprachgebrauch und ihre Sprachwahrnehmung in den letzten max. 20 Jahren signifikant beeinflusst. Drei bildungsbezogene MLEs standen dabei zur Auswahl: „Abschluss der Schule“, „Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung“ und „Abschluss der Universität / (Fach-)Hochschule / des College“. Von diesen Kategorien wurde „Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung“ mit Abstand am häufigsten gewählt (n = 128), gefolgt vom „Abschluss der Universität / (Fach-)Hochschule / des College“ (n = 39). Auf „Abschluss der Schule“ entfielen die wenigsten Antworten (n = 14). Abgesehen von den im Abschnitt 3.2.2 beschriebenen Items zu den ereignisbezogenen Charakteristika sowie den offenen Fragen zur Beschreibung des Ereignisses wurden keine weiteren Informationen über die Spezifika der MLEs erhoben (beispielsweise die gewählte Studienrichtung oder der erzielte Abschluss), da der ohnedies umfangreiche Fragebogen nicht noch weiter verlängert werden sollte.

Die Stichprobengröße für die vorliegende Analyse beträgt 181 Proband:innen, die alle Deutsch als ihre Erstsprache angaben, in Österreich aufgewachsen sind und zur Zeit der Datenerhebung in Österreich wohnhaft waren. Abbildung 1 zeigt wesentliche soziodemografische Informationen über die Stichprobe und Abbildung 2 wesentliche soziodemografische Informationen in Abhängigkeit von den drei MLEs. Wie üblich für convenience samples, die durch Crowdsourcing-Methoden zusammengestellt wurden, konnte die Stichprobe nicht nach soziolinguistischen Variablen stratifiziert werden. Sie ist daher in Bezug auf Geschlecht, Alter und Region uneinheitlich verteilt, wobei junge Personen, Frauen und Personen aus Salzburg sowie Oberösterreich überrepräsentiert sind.

Abbildung 1 
            Soziodemografische Daten über die Stichprobe (Mittelwerte inkl. Ausreißer)
Abbildung 1

Soziodemografische Daten über die Stichprobe (Mittelwerte inkl. Ausreißer)

Abbildung 2 
            Soziodemografische Daten über die Stichprobe in Abhängigkeit der bildungsbezogenen MLEs (Mittelwerte inkl. Ausreißer)
Abbildung 2

Soziodemografische Daten über die Stichprobe in Abhängigkeit der bildungsbezogenen MLEs (Mittelwerte inkl. Ausreißer)

3.2 Verfahren

Die Fragebogenerhebung wurde online mithilfe von Limesurvey durchgeführt. Der finale Fragebogen wurde Ende Oktober 2023 freigeschaltet, und die Datenerhebung lief bis Anfang 2024. Im Folgenden werden der Aufbau und die Fragebogenitems genauer beschrieben.

3.2.1 Aufbau des Fragebogens

In Anlehnung an Schwaba et al. (2023: 1140) wurden die Proband:innen im Fragebogen zunächst dazu befragt, ob sie in den letzten max. 20 Jahren ein MLE erlebt haben, und anschließend, ob sie glauben, dieses MLE habe (große oder auch kleine) Auswirkungen darauf gehabt, mit wem sie verschiedene Sprachvarietäten gebrauchen und/oder wie sie diese wahrnehmen. Die Umfrage wurde nur fortgesetzt, wenn beide Fragen mit ja beantwortet wurden (was die Proband:innen vorab aber nicht wussten).

Die Proband:innen sollten anschließend aus einer Liste von 16 Ereigniskategorien[5] dasjenige MLE identifizieren, welches in den letzten max. 20 Jahren ihres Erachtens den größten Einfluss auf ihren Sprachgebrauch hatte. Dieses Zeitfenster wurde gewählt, um ein verhältnismäßig junges MLE zu erfassen, welches einen Einfluss auf das aktuelle soziolinguistische Repertoire der Versuchsperson hat. Anschließend sollte das Jahr angegeben werden, in dem das MLE stattgefunden hat. Es folgen die in Kapitel 3.2.2 beschriebenen Skalen zu ereignisbezogenen Charakteristika sowie die in Kapitel 3.2.3 beschriebenen Skalen zum wahrgenommenen individuellen Sprachwandel. Im Anschluss sollten die Proband:innen in Form offener Fragen erläutern, (a) auf welches Ereignis sie sich bezogen haben und (b) wie sich das von ihnen gewählte MLE auf ihr soziolinguistisches Repertoire ausgewirkt hat.[6] Da es sich um kein Pflichtfeld im Fragebogen handelte, liegen diese Daten nur von 150 Proband:innen vor. Die offenen Items bilden die Grundlage für die qualitative Analyse, während die im Folgenden beschriebenen Items für die quantitative Analyse herangezogen wurden. Den Abschluss des Fragebogens bildeten die in Kapitel 3.2.4 beschrieben demographischen und psychosozialen Variablen.

3.2.2 Skalen zu ereignisbezogenen Charakteristika

Ereignisbezogene Charakteristika erfassen individuelle Unterschiede darin, wie ein MLE wahrgenommen bzw. erlebt wird (vgl. Kapitel 2.3). Zu diesem Zwecke wurden eine verkürzte Version des Event Characteristics Questionnaire (ECQ) von Luhmann et al. (2021) verwendet. Bezogen auf das von den Proband:innen identifizierte MLE wurden damit folgende Daten erhoben:

  1. Belastung durch das Ereignis (Ausmaß an Stress und Angst, welches die Testperson mit dem Ereignis verbindet),

  2. Emotionale Signifikanz (inwieweit das Ereignis starke Gefühle bei der Testperson hervorgerufen hat),

  3. Negative Veränderungen im sozialen Status (inwieweit das Ereignis zu negativen Veränderungen im sozialen Status der Testperson geführt hat).

Ausgewählt wurden diese ereignisbezogenen Charakteristika deswegen, weil die Dialekt-/Standardvariation in Österreich mit Unterschieden bei Emotionalität (z. B. Huesmann 1998: 155; Kroisenbrunner 2015: 124) und sozialem Status (z. B. Steinegger 1998: 168, 373; Ender und Kaiser 2009: 270) verbunden ist. Werden solche Charakteristika durch ein MLE beeinflusst, könnte dies mit einem individuellen Sprachwandel einhergehen.

Die Antworten auf diese Items wurden auf einer (quasi-)kontinuierlichen Skala (Schieberegler) mit den Polen „trifft gar nicht zu“ und „trifft völlig zu“ erfasst.[7] Die interne Konsistenz der Skalen lag im akzeptablen Rahmen (berechnet auf Basis der Gesamtstichprobe, N = 701; Herausforderung, 4 Items: α = 0.85; emotionale Signifikanz, 4 Items: α = 0.81; Veränderung des sozialen Status, 4 Items: α = 0.89).[8]

Abbildung 3 zeigt die ereignisbezogenen Charakteristika aufgeschlüsselt nach MLE (das MLE ‚Abschluss der Schule‘ bleibt ausgespart, weil es aufgrund der kleinen Stichprobe keiner weiterführenden statistischen Analyse unterzogen wird). Sichtbar wird bei beiden MLEs eine breite Streuung v. a. bei den Antworten zur Belastung und zur emotionalen Signifikanz, während negative Veränderungen in Bezug auf den sozialen Status – erwartungsgemäß – kaum berichtet werden.

Abbildung 3 
              Deskriptive Statistik der ereignisbezogenen Charakteristika, aufgeschlüsselt nach MLE (Mittelwerte inkl. Ausreißer)
Abbildung 3

Deskriptive Statistik der ereignisbezogenen Charakteristika, aufgeschlüsselt nach MLE (Mittelwerte inkl. Ausreißer)

3.2.3 Skalen zur Erfassung des individuellen Sprachwandels

Um zu erfassen, inwiefern (rückwirkend) ein individueller Sprachwandel als Folge des identifizierten MLEs wahrgenommen wird, wurde der Ansatz zur Messung perzipierter Veränderung aus der Life Event Study adaptiert (Schwaba et al. 2023: 1140). Dabei wurde den Proband:innen eine Reihe von Aussagen präsentiert (z. B. „In einer durchschnittlichen Woche verwende ich häufig Dialekt mit der Familie.“) und sie wurden darum gebeten, zu beurteilen, ob die jeweilige Aussage durch das Lebensereignis weniger oder mehr zutrifft. Die Rückmeldungen erfolgten wiederum auf einer quasi-kontinuierlichen Skala (Schieberegler) mit den Polen „trifft weniger zu durch das Ereignis“ bis „trifft mehr zu durch das Ereignis“, wobei der Mittelpunkt der Skala repräsentierte, dass keine Veränderung durch das MLE stattgefunden hat.

Die zu beurteilenden Aussagen wurden aus Steiner et al. (2023a: 14; vgl. auch deren Zusatzmaterialien) übernommen. Die Items zielen darauf ab, den individuellen Wandel im Standard- und Dialektgebrauch (etwa mit der Familie, unter Freunden etc.) zu messen, der aufgrund des Lebensereignisses stattgefunden hat. Im Zuge der Befragung wurden alle Proband:innen um Selbsteinschätzungen zum individuellen Sprachwandel im Varietätengebrauch mit Familie und Freund:innen, bei Selbstgesprächen und beim Einkaufen gebeten. Items zum Sprachwandel in Bezug auf den Varietätengebrauch mit Arbeitskolleg:innen und in der Arbeit, mit Universitätskolleg:innen und am Ausbildungsort, und/oder mit Mitschüler:innen und in der Schule wurden nur jenen Proband:innen präsentiert, bei denen der jeweilige Gebrauchskontext aufgrund der vorangehenden Angaben im Fragebogen plausibel war.[9]

Zusätzlich zu den individuellen Wandeltendenzen im Sprachgebrauch wurden auch Wandeltendenzen in Hinblick auf affektiv-attitudinale Faktoren erfasst: Übernommen wurden dazu drei Fragekomplexe mit insgesamt 10 Items aus Steiner et al. (2023b: 10) zur Messung (a) der persönlichen Dialektakkommodation, (b) der Dialektloyalität und (c) der Einstellungen gegenüber Standarddeutsch.

Auf Basis dieser Skalenitems wurden in weiterer Folge Mittelwerte gebildet, um die folgenden fünf Messungen für den individuellen Sprachwandel zu generieren:

  1. individueller Wandel im kontextübergreifenden Gebrauch der Standardsprache (je nach Proband:in 4 bis 10 Items),

  2. individueller Wandel im kontextübergreifenden Gebrauch des Dialekts (je nach Proband:in 4 bis 10 Items),

  3. individueller Wandel in der persönlichen Dialektakkommodation (3 Items),

  4. individueller Wandel in der Dialektidentität (4 Items),

  5. individueller Wandel in den Einstellungen gegenüber Standarddeutsch (3 Items).

3.2.4 Demografische und psychosoziale Skalen

Zusätzlich zu Informationen über Geschlecht, Alter und höchsten Bildungsgrad wurde die Varietätenkompetenz der Proband:innen erfasst. Dazu fanden sich im Fragebogen je zwei Items zur rezeptiven und produktiven Kompetenz im Standarddeutschen und im Dialekt. Auch für diese Fragebogenitems wurde als Antwortformat eine (quasi-)kontinuierlichen Skala (Schieberegler) genutzt. Die Antworten zur rezeptiven und produktiven Varietätenkompetenz wurden im Anschluss gemittelt, um je einen Wert für die Dialekt- und Standardkompetenz zu gewinnen.

Weiters hatten die Proband:innen eine deutschsprachige Version der Brief Resilience Scale (BRS) (Chmitorz et al. 2018) auszufüllen – mit sechs Items sollte dabei die Resilienz der Proband:innen erfasst werden. Wie in der Validierungsstudie von Chmitorz et al. (2018) weisen diese Items auch im vorliegenden Datensatz eine akzeptable interne Konsistenz auf (berechnet auf Basis der Gesamtstichprobe, N = 701; α = 0.84). Erhoben wurden die Rückmeldungen erneut mithilfe einer (quasi-)kontinuierlichen Skala mit den Polen „stimme gar nicht zu“ und „stimme völlig zu“. Im Anschluss wurde außerdem wieder durch Mittelung der Antworten ein Wert für die Resilienz ermittelt.

Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse für das untersuchte Sample je nach MLE. Wie im österreichischen Kontext erwartbar (s. Kapitel 2.1), schätzen die meisten Proband:innen sowohl ihre Dialekt- als auch Standardkompetenz (eher) hoch ein. Was die Angaben zur Resilienz betrifft, zeigt sich mehr Varianz zwischen den Teilnehmer:innen.

Abbildung 4 
              Deskriptive Statistik (psycho-)sozialer Variablen, aufgeschlüsselt nach MLE (Mittelwerte inkl. Ausreißer)
Abbildung 4

Deskriptive Statistik (psycho-)sozialer Variablen, aufgeschlüsselt nach MLE (Mittelwerte inkl. Ausreißer)

3.3 Datenanalyse

3.3.1 Quantitative Analyse

Zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage wurde eine statistische Auswertung des Fragebogens vorgenommen. Dabei wurden Bayes’sche Modelle mit dem brms Paket (Bürkner 2017) in R (R Core Team 2020) berechnet, und zwar je ein Modell für die fünf Messungen des individuellen Wandels (s. Kapitel 3.2.3) und die beiden MLEs „Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung“ und „Abschluss der Universität / (Fach-)Hochschule / des Colleges“. Als fixe Effekte wurden die ereignisbezogenen Charakteristika (s. Kapitel 3.2.2), die psychologische Resilienz (s. Kapitel 3.2.4), die Varietätenkompetenz (s. Kapitel 3.2.4), das Alter beim MLE (s. Kapitel 3.1) und das Geschlecht (-0.5 = männlich, 0.5 weiblich) ins Modell integriert. Aufgrund der möglichen Beziehung zwischen psychologischer Resilienz und bestimmten ereignisbezogenen Charakteristika (Belastung durch das Ereignis und negative Veränderungen im sozialen Status; s. Kapitel 2.3) wurden zudem Interaktionseffekte zwischen diesen Variablen ins Modell einbezogen.[10]

Bayes’sche Modelle generieren für alle Parameter (z. B. die Effektgröße einer Prädiktorvariable) eine Posterior-Verteilung plausibler Werte; näher am Mittelwert liegende Werte erhalten dabei eine höhere Wahrscheinlichkeit. Da die Modellschätzungen in Form von Verteilungen erfolgen, ist deren Visualisierung für die Interpretation von Vorteil. In weiterer Folge werden die Modellschätzungen in Form von Quantil-Dotplots dargestellt. Festgelegt wurde eine region of practical equivalence (ROPE), („the range of parameter values that are equivalent to the null value for practical purposes“; Kruschke 2018: 272) von ±0,10 um den Nullpunkt. Im Folgenden berichten wir den Mittelwert der Posterior-Punktschätzungen für jeden Parameter, zusammen mit dem 95 % highest density interval (HDI; das Bayes‘sche Analogon zum Konfidenzintervall in herkömmlichen statistischen Verfahren) und dem prozentualen Anteil des HDI-Bereichs, der innerhalb der ROPE liegt. Wir gehen von einem signifikanten Effekt aus, wenn 95 % des HDIs einer posterioren prädiktiven Verteilung für einen Parameter nicht in den ROPE-Bereich fällt.

Aufgrund der Anfälligkeit linearer Modelle für Ausreißer wurden Modelle mit und ohne solche berechnet (Werte unabhängiger Variablen, die 2,5 Standardabweichungen über oder unter dem Mittelwert liegen, wurden als Ausreißer eingestuft). Während wir nachfolgend die Modelle ohne Ausreißer berichten, fokussieren wir uns auf jene Effekte, die sich in beiden Modellierungsverfahren als signifikant erweisen.[11]

Detailliertere Informationen zu den Vorteilen Bayes’scher Datenanalyse gegenüber frequentistischen Methoden werden z. B. in McElreath (2015) gegeben, Anleitungen zur Bayes‘schen Inferenzstatistik, die sprachwissenschaftlich ausgerichtet sind, können in Vasishth et al. (2018) und Garcia (2021) gefunden werden. Für konzeptionelle Vorteile Bayes’scher Analysen in der Soziolinguistik sei auf Gudmestad, House und Geeslin (2013) sowie Wirtz und Pfenninger (2023) verwiesen.

3.3.2 Qualitative Analyse

Ziel der qualitativen Analyse ist es, die quantitativen Ergebnisse zu ergänzen und zu erweitern, indem zusätzliche Faktoren identifiziert werden, die die Proband:innen als wesentliche Treiber für ihre von den bildungsbezogenen MLE ausgelösten individuellen Sprachwandeltendenzen erachten. Dieser Analyseschritt erlaubt, weitere Faktoren wie sprachbiographische und soziale Einflüsse, Gefühlen etc. zu berücksichtigen, die sich nur schwer numerisch erheben lassen. Zu diesem Zweck wurden die offenen Antworten im Fragebogen (s. Kapitel 3.2.1) einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen (vgl. Mayring 2015).

Zur Durchführung der Inhaltsanalyse wurde das Datenmaterial der freien Antworten als csv-Datei exportiert, die Analysen selbst konnten aufgrund des überschaubaren Umfangs des Datenmaterials manuell in Excel erfolgen. Dabei wurde nach einer ersten Durchsicht des Materials ein vorläufiges Kategoriensystem generiert. Die Kategorienbildung erfolgte weitgehend induktiv, d. h. auf Basis wiederkehrender Muster in den Antworten wurden wesentliche Faktoren identifiziert, die aus Sicht der Teilnehmer:innen zu einer Veränderung nach dem MLE beitrugen. Das verwendete Kategoriensystem unterschied dabei auf der obersten Hierarchieebene zwischen Faktoren, die eine verstärkte Standardorientierung hervorriefen, und solchen, die zu einer verstärkten Dialektorientierung führten. Das Kategoriensystem wurde anschließend in einem weiteren Durchgang am Datenmaterial überprüft und verfeinert. Hervorzuheben ist, dass sich die jeweiligen Kategorien v. a. auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Individuen beziehen, während aufgrund der Kürze der meisten Antworten Zusammenhänge auf der Ebene einzelner Individuen nur bedingt berücksichtigt werden konnten.

4 Ergebnisse

4.1 Deskriptiver Überblick von MLE-induziertem individuellem Sprachwandel

Abbildung 5 bietet einen ersten, deskriptiven Überblick der Ergebnisse. Gezeigt werden die aus den drei bildungsbezogenen MLEs resultierenden wahrgenommenen Wandeltendenzen in Bezug auf Standard- und Dialektgebrauch sowie zu Dialektakkommodation, Dialektorientierung und zu den Einstellungen zur Standardsprache. Positive Werte deuten auf eine positive Direktionalität des Wandels hin (also höhere Anteile von Dialekt-/Standardgebrauch, mehr Dialektakkommodation, stärker gewordene Dialektidentität, positivere Einstellungen gegenüber Standarddeutsch), und negative Werte auf eine negative Direktionalität.

In Hinblick auf das produktive soziolinguistische Repertoire lässt sich ein „retrenchment“ (Chambers 2008: 190) in Richtung Standarddeutsch erkennen: Als Folge der drei MLEs gibt also die Mehrheit der Proband:innen an, weniger Dialekt und dafür mehr Standardsprache zu gebrauchen. Bemerkenswerterweise scheinen die affektiv-attitudinalen Aspekte des soziolinguistischen Repertoires noch stärker von den MLEs beeinflusst worden zu sein: Die Proband:innen geben an, nach den jeweiligen MLEs mehr zu akkommodieren, positivere Einstellungen zum Standarddeutschen zu haben und gleichzeitig eine stärkere Dialektidentität entwickelt zu haben.

Wie Abbildung 5 verdeutlicht, ist die intra-MLE Variation allerdings erheblich. Dies unterstreicht, dass die MLEs die Individuen auf unterschiedliche Art und in unterschiedlichem Ausmaß beeinflussen. Im Folgenden wird daher versucht, dieser Varianz auf den Grund zu gehen. Untersucht wird, welche individuellen Unterschiede bei den ereignisbezogenen Charakteristika und/oder den (psycho-)sozialen Variablen den durch die bildungsbezogenen MLEs verursachten individuellen Sprachwandel erklären.

Abbildung 5 
            Deskriptive Ergebnisse zum individuellen Sprachwandel aufgrund bildungsbezogener MLEs (Mittelwerte inkl. Ausreißer)
Abbildung 5

Deskriptive Ergebnisse zum individuellen Sprachwandel aufgrund bildungsbezogener MLEs (Mittelwerte inkl. Ausreißer)

4.2 Ereignisbezogene und psychosoziale individuelle Unterschiede als Treiber für den individuellen Sprachwandel

Wie in Kapitel 3.3.1 erläutert, wurden Bayes’sche Modelle errechnet, um den Einfluss der ereignisbezogenen Charakteristika und der (psycho-)sozialen Variablen auf den MLE-induzierten Sprachwandel zu erfassen. Die Abbildungen 6 und 7 stellen die Modellschätzungen in Form von Quantil-Dotplots dar. Gezeigt wird die Varianz der jeweiligen Effekte, wobei breitere Intervalle auf eine größere Varianz hindeuten. Die Quantil-Dotplots visualisieren die posteriore Wahrscheinlichkeitsverteilung der Effektgrößen der Prädiktorvariablen. Jeder Punkt repräsentiert eine Wahrscheinlichkeit von 1 % des jeweiligen Wertes. Effekte, die sich mit der ROPE überschneiden und damit nicht signifikant sind, sind grau schattiert. Farbige Schattierungen weisen auf einen signifikanten Effekt hin, wobei positive Effekte grün und negative Effekte rot eingefärbt wurden.

Abbildung 6 
            Quantil-Dotplots für das MLE ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘ (n = 108 nach Entfernung der Ausreißer; männlich = 28; weiblich = 80)
Abbildung 6

Quantil-Dotplots für das MLE ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘ (n = 108 nach Entfernung der Ausreißer; männlich = 28; weiblich = 80)

Abbildung 7 
            Quantil-Dotplots für das MLE ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘ (n = 36 nach Entfernung der Ausreißer; männlich = 8; weiblich = 28)
Abbildung 7

Quantil-Dotplots für das MLE ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘ (n = 36 nach Entfernung der Ausreißer; männlich = 8; weiblich = 28)

Betrachten wir zunächst das MLE ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘. Hier konnten unterschiedliche Wandeltendenzen beim Dialektgebrauch lediglich zwischen Männern und Frauen festgestellt werden (siehe Abbildung 8a). Interessanterweise geben Männer eher an, dass sich ihr Dialektgebrauch durch das MLE nicht verändert habe, während Frauen signifikant häufiger von einer Abnahme der Dialektverwendung als Folge des MLE berichten (β = -15.59, 95 % HDI = [-29.54, -1.66], ROPE = 0 %). Dialektkompetenz kristallisiert sich als signifikanter Prädikator für die Veränderungen der Dialektidentität heraus (siehe Abbildung 8b), wobei Personen mit höherer Dialektkompetenz eher angeben, dass sich ihre Dialektidentität verstärkt habe (β = 9.86, 95 % HDI = [2.71, 17.22], ROPE = 0 %). Wie bereits in Kapitel 4.1 erläutert, führt der Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung bei den meisten Teilnehmer:innen zu positiveren Einstellungen gegenüber der Standardsprache. Allerdings weisen Personen, die dieses MLE als besonders belastend oder herausfordernd empfunden haben, eine gegenteilige Tendenz auf, d. h. sie geben an, negativere Einstellungen zur Standardsprache entwickelt zu haben (β = -14.24, 95 % HDI = [-25.89, -3.88], ROPE = 0 %) (vgl. Abbildung 8c).

Abbildung 8

Effekte der (psycho-)sozialen Variablen auf den individuellen Sprachwandel aufgrund des MLEs ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘

(a)(b)
(c)

Was das MLE „Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College“ betrifft, konnte lediglich eine Variable den wahrgenommenen Sprachwandel signifikant prognostizieren: Personen mit höherer Dialektkompetenz berichten eine höhere MLE-induzierte Dialektakkommodation (β = 16.14, 95 % HDI = [2.85, 30.86], ROPE = 0 %) (vgl. Abbildung 9).

Abbildung 9 
            Konditionale Effekte von Dialektkompetenz auf individuellen Sprachwandel aufgrund des MLEs ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘
Abbildung 9

Konditionale Effekte von Dialektkompetenz auf individuellen Sprachwandel aufgrund des MLEs ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘

4.3 Treibende Kräfte für individuellen Sprachwandel aus qualitativer Sicht

Die quantitativen Analysen in Kapitel 4.1 und 4.2 haben gezeigt, dass die bildungsbezogenen MLEs bei der Mehrheit der Proband:innen zu mehr Standard- und weniger Dialektgebrauch führen; außerdem nimmt die Akkomodationsbereitschaft ebenso zu wie die positiven Einstellungen zur Standardsprache und die Dialektidentität. Jedoch zeigen sich dabei starke interindividuelle Unterschiede, die zum Teil durch (psycho-)soziale Faktoren wie Geschlecht, Dialektkompetenz oder Belastung durch das MLE erklärt werden können. In diesem Kapitel sollen die Ergebnisse qualitativ weiter vertieft werden. Dazu wurde eine Inhaltsanalyse der offenen Fragen im Fragebogen durchgeführt. Folgende Fragestellungen standen dabei im Fokus: Wie begründen die Proband:innen selbst den Einfluss bildungsbezogener MLEs auf Sprachgebrauch und Spracheinstellungen? Welche Faktoren führen – aus Sicht der Proband:innen– zu einer verstärkten Standardorientierung? Welche Faktoren bedingen in manchen Fällen aber auch eine stärkere Dialektorientierung? Da die meisten Antworten das MLE ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘ betreffen – und dabei v. a. erstes –, beziehen sich auch die folgenden Ergebnisse v. a. darauf.

4.3.1 Welche Faktoren tragen zu einer verstärkten Standardorientierung bei?

In den Antworten der Proband:innen lassen sich mehrere Faktoren identifizieren, die zu einer stärkeren Standardorientierung v. a. nach dem Beginn eines Studiums führen: einerseits normative Erwartungen, Sprachideologien und -einstellungen, andererseits aber auch die Erweiterung des sozialen Netzwerkes und neue soziale Kontakte, Mobilitätserfahren, sowie mit diesen Faktoren zusammenhängende Erwerbs- und Sensibilisierungsprozesse. In weiterer Folge soll auf diese Faktoren genauer eingegangen werden.

Mehrere Proband:innen berichten von normativen Erwartungen, die an der Universität herrschen und den Gebrauch der Standardsprache verlangen (vgl. u. a. Dannerer 2018; Vergeiner et al. 2019; Vergeiner 2021). So meint beispielsweise Proband (P) 81: „Vor allem durch das vielfach im universitären Alltag erwartete Standarddeutsch hat sich mein Sprachgebrauch mit dem Ereignis des Studienbeginns verändert“. Auch P 1326 verweist in seiner Erklärung, wie der Beginn eines Studiums seinen Sprachgebrauch verändert habe, auf universitäre Normen zur Standardverwendung: „An der Uni war es klar, dass man Hochdeutsch sprechen sollte.“

Allerdings sind es nicht nur an der Universität verbreitete Normen und Erwartungen, sondern auch bestimmte Sprachideologien und -einstellungen, die eine stärkere Orientierung zur Standardvarietät zu bewirken scheinen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die in Kapitel 2.1 angesprochene Höherbewertung der Standardsprache auf der Statusdimension (Bellamy 2012; Soukup 2009), wie sie etwa an folgender Antwort von P 1220 deutlich wird: „im Universitätsgeschehen erlebt man auch Situationen, die einem folgende Botschaft übermitteln: ‚Hochdeutsch = gebildet, Dialekt = weniger oder gar ungebildet‘“. Aus diesen Attribuierungen, so P 1220 weiter, ergeben sich „Außenseitergefühle als Person, die sich im Privatbereich im Dialekt verständigt.“ Zwar schreibt P 1220 dem Dialekt eine wichtige identitätsstiftende Funktion zu (die P 1220 auf die Formel „Dialekt = Identität“ bringt), allerdings halte man „diesen Teil Erfahrungsgemäß [sic!] im Universitätsleben vorerst verborgen [...], um nicht unterschätzt zu werden“. Von Gefühlen der Stigmatisierung, die zu einer – wenn auch widerwilligen – Hinwendung zur Standardsprache geführt haben, berichten auch andere Dialektsprecher:innen: P 1158 gibt beispielsweise an, „dass man sich [an der Universität; MW und PV] fast schämt Dialekt zu sprechen u[nd] d[dass] dies manchmal als nicht professionell gilt“; P 1197 verweist darauf, dass „immer noch das Vorurteil vorherrscht, dass Dialektsprecher dumm oder dümmer seien“; P 1438 bemerkt: „Von vielen Personen habe ich mich nicht ernst genommen gefühlt, wenn ich Dialekt gesprochen habe. Beispielsweise wurde man schnell belächelt über die Aussprache gewisser Wörter, das war mir teilweise peinlich.“

Als weitere wichtige Erklärung für die verstärkte Standardorientierung verweisen die Proband:innen auf die Erweiterung ihres sozialen Netzwerks durch den Eintritt in die Universität, insbesondere auf den verstärkten Kontakt mit Personen, die einen anderen oder überhaupt keinen Dialekt sprechen.[12] Der Kontakt mit solchen Personen scheint z. T. zu einer Anpassung des eigenen Sprachgebrauchs im Sinne einer long-term accommodation (van den Berg 1988) zu führen, wobei diese Akkommodationsprozesse häufig in Richtung Standardsprache verlaufen. P 341 beschreibt einen solchen Anpassungsprozess: „Durch die viele Verwendung von Standardsprache meiner Mitstudent:innen hat man sich unbewusst etwas mehr darauf eingestellt und auch so mit ihnen gesprochen.“ Ein Motiv, das dabei eine Rolle spielen dürfte, ist der Wunsch, verstanden zu werden: So identifiziert P 150 als Ursache für die von ihm im Fragebogen konstatierte stärkere Orientierung zum Standard die „Konfrontation mit Menschen aus allen teilen [sic!] Österreichs und deren Dialekte. Kontakt mit Menschen aus anderen Ländern, die nur Standard verstehen“. Auch P 1173 berichtet von einem „[v]ermehrte[n] Gebrauch von Standarddeutsch, um verstanden zu werden.“ Dass es allerdings nicht immer nur um bloße Verständnissicherung geht, sondern auch um Fragen der Identität und Zugehörigkeit, legt etwa folgende Äußerung von P 1165 nahe: „Da viele Personen an der Uni nur Standarddeutsch (oder kaum Dialekt) sprechen, habe ich angefangen nur Standarddeutsch zu sprechen, da man sich sonst ‚blöd‘ vorkommt.“ Dies habe dann auch die Sprachverwendung außerhalb der Universität beeinflusst: „Mit den Freunden (und mittlerweile auch meinem Ehemann), die ich an der Uni kennen gelernt habe, habe ich dann auch nur Standarddeutsch gesprochen (die waren es ja so von mir gewöhnt).“

Die Änderungen im sozialen Netzwerk am Beginn eines Studiums gehen bei vielen Proband:innen mit einem Wohnortwechsel einher – häufig vom ruralen in den urbanen Raum und z. T. in eine andere Dialektregion –, was ebenso den Sprachgebrauch verändert habe (vgl. hierzu auch Wirtz angenommen). So meint P 228 – die „ursprünglich aus dem Pinzgau“ stammt, einer ländlich geprägten Region im Süden Salzburgs –, dass sich ihre Sprache in Folge des Studienbeginns an der Universität Salzburg und des damit einhergehenden Umzugs in die Stadt Salzburg stark gewandelt habe: „Durch die Sprachgewohnheiten in einem Umfeld mit einer hohen Zahl an Studentinnen und Studenten aus Ostösterreich (v. a. Oberösterreich) und Deutschland aber auch durch die Anforderungen im Studium selbst hat sich mein Dialektgebrauch drastisch geändert und ist auch mit dem Rückzug in meinen Heimatbezirk nicht mehr zurückgekehrt“. Einige Proband:innen berichten sogar davon, mit dem Umzug in eine andere Region bzw. in eine größere Stadt einen bewussten Varietätenwechsel vorgenommen zu haben. Bei P 1189 sei es etwa aufgrund eines „Umzug[es] von Kärnten an den Studienort meiner Wahl“ – nämlich Innsbruck – zur Abkehr von ihrem Heimatdialekt gekommen. Grund dafür war, dass P 1189 „nicht mehr so einseitig als Kärntner wahrgenommen werden“ wollte. Von einem bewussten Varietätenwechsel berichtet auch P 1008: „Aufgewachsen am Land rede ich normalerweise Dialekt. In der Oberstufe in wien [sic!] wurde ich aber oft als Bauer gesehen. Daher nutzte ich den Eintritt in die Universität, um Standarddeutsch zu sprechen.“

Manchen Proband:innen sei durch den Wechsel an den Studienort überhaupt erst bewusst geworden, wie standardfern ihr Sprachgebrauch bis dahin gewesen sei. So meint etwa P 112 in Bezug auf den Beginn ihres Studiums: „Es hat mich mehr dazu gebracht, mich einem Standard anzupassen, und mir gezeigt, wie weit ich davon immer entfernt war (mit meinem Dialekt)“. Bisweilen werden auch Erwerbsprozesse in Bezug auf Sprache und Sprachvariation berichtet. P 1168 erklärt beispielsweise, durch den Beginn des Universitätsstudiums mehr Sicherheit in der Standardverwendung und auch mehr Verständnis für die Relevanz der Standardsprache gewonnen zu haben: „Standarddeutsch hat sich für mich auch davor schon unnatürlich angefühlt, aber durch verschiedene Bekanntschaften und Situationen auf der Uni bin ich es jetzt eher gewohnt und verstehe, dass Dialekte in manchen Situationen aus pragmatischen Gründen nicht bzw. schlecht funktionieren (man will ja verstanden werden bzw. als ‚professionell‘ wahrgenommen werden).“ Darauf, dass sie an der Universität einen sicheren Umgang mit der Standardsprache erworben habe, verweist auch folgende Äußerung von P 611: „in Lehrveranstaltungen wurde meistens Standardsprache verwendet, ich habe aber gerade anfangs meistens noch Umgangssprache gesprochen und fühlte mich dabei irgendwie unzulänglich. Das Switchen fiel mir sehr schwer. Mittlerweile spreche ich in der Uni und mit fremden Menschen meistens eher Standardsprache und finde, dass diese auch wesentlich verständlicher ist und sich besser dafür eignet, komplexere Sachverhalte auszudrücken.“ In einigen Fällen wird die vermehrte Standardorientierung auch als Teil der Ausbildung bzw. als Vorbereitung auf das künftige Berufsleben verstanden. So meint P 152 mit Blick auf die sprachlichen Anforderungen ihrer beruflichen Zukunft als Schauspielerin, auf die die Universität vorbereiten soll: „Dialekt ist etwas wertvolles [sic!] aber um meinen Beruf ausüben zu können, muss ich umlernen wie ich spreche.“

Letztlich scheinen also verschiedene soziolinguistische und sprachbiographische Faktoren zur vermehrten Standardorientierung in Folge des Studienbeginns als MLE beizutragen. Häufig genannt werden an der Universität verbreitete Sprachnormen, ‑einstellungen und -ideologien, neue soziale Netzwerke und Kontakte, Mobilitätserfahren, außerdem mit diesen Faktoren zusammenhängende Erwerbs- und Sensibilisierungsprozesse. Natürlich treten diese einzelnen Faktoren oft miteinander verwoben auf. P 258, z. B., identifiziert als Ursachen für die verstärkte Hinwendung zur Standardsprache sowohl einen „Ortswechsel (ländliches OÖ -> Graz)“, neue soziale Kontakte („nicht-muttersprachlichen Mitbewohner im Studentenwohnheim“) sowie attitudinal-normative Faktoren („das Gefühl, gehobener sprechen zu ‚müssen‘“).

Hinzuweisen ist weiters darauf, dass auch für das MLE ‚Abschluss der Universität / (Fach-)Hochschule / des College‘ ähnliche Antworten geliefert werden. Das deutet darauf hin, dass das Studium als Lebensabschnitt insgesamt einen bleibenden Einfluss auf das Sprachverhalten hat. Manche Proband:innen, etwa P 638, merken dies auch im Fragebogen explizit an: „Das Lebensereignis war das Studium selbst, also nicht der Beginn oder das Ende davon.“

4.3.2 Welche Faktoren tragen zu einer verstärkten Dialektorientierung bei?

Bemerkenswerterweise führen bildungsbezogene MLEs bei einer Minderheit der Proband:innen auch zu einem gegenteiligen Effekt, also zu einer vermehrten Hinwendung zum Dialekt. Abschließend soll der Frage nachgegangen werden, wodurch dies aus Sicht der Proband:innen ausgelöst sein könnte. Als wesentliche Faktoren hierfür konnte eine ablehnende Haltung zu den an der Universität herrschenden Normen, Einstellungen und Ideologien sowie ein stärkerer Varietätenkontakt und ein höheres Varietätenbewusstsein identifiziert werden.

So ist zunächst auffällig, dass mehrere Personen, die bei sich eine stärkere Orientierung zum Dialekt als Folge des MLEs beobachten, auf die bereits oben beschriebenen Normen, Einstellungen und Ideologien verweisen, die zur Dialekt-/Standardvariation an der Universität herrschen. Im Fragebogen bringen sie ihre ablehnende Haltung dazu zum Ausdruck – so etwa P 136, wenn sie auf das Vorurteil verweist, Dialektsprecher seien weniger intelligent: „Es stört mich sehr dass Studies wenig Dialekt sprechen. Sie glauben sie seien intelligenter wenn sie Hochdeutsch sprechen.“ Das Gefühl, zur Verwendung der Standardsprache gezwungen zu werden, könnte negative Einstellungen zur Standardsprache und umgekehrt eine stärkere Hinwendung zum Dialekt veranlassen; z. T. scheint es auch durch vermehrte Dialektverwendung in anderen Kontexten „kompensiert“ zu werden. So behauptet P 1001 von sich: „An der Uni habe ich immer Hochdeutsch gesprochen. Als Urwienerin habe ich dann vermehrt im Dialekt mit meiner Familie oder mit meinen Freunden gesprochen. Ich brauchte einen Ausgleich zum Hochdeutsch an der Uni.“

Ein anderer Faktor, der von Personen genannt wird, die aufgrund eines bildungsbezogenen MLEs eine stärkere Dialektorientierung berichten, ist eine Zunahme des Kontakts mit anderen Dialekten, vgl. z. B. folgende Antwort von P 373 auf die Frage, wie das MLE ihren Sprachgebrauch verändert habe: „Studienbeginn, mehr Kontakt zu Personen aus den Bundesländern, die div. Dialekte sprechen.“ Bei manchen Proband:innen scheint die an der Universität erlebte Varietätenvielfalt zu einer größeren Toleranz und einem größeren Bewusstsein für Variation beigetragen haben, wie etwa folgende Äußerung von P 254 illustriert: „Ich habe bei diesem Ereignis sehr viel über Sprache gelernt. Es hat meinen Sprachgebrauch bewusster gemacht.“ Ähnlich äußert sich P 1312: „Dieses Ereignis führte dazu, dass ich mich deutlich intensiver mit Dialekten befasste und somit auch meinen eigenen Sprachgebrauch reflektierter wahrnahm.“ Auch P 803 berichtet als Folge ihres Studienbeginns von „[m]ehr Varietätenbewusstsein“ und „mehr Gelassenheit im Zusammenhang mit sprachlichen Veränderungen in der Gesellschaft/ regionalen Unterschieden“. Der Kontakt mit dialektnahen Varietäten scheint bei manchen Personen sogar zur Übernahme des Dialekts des Studienortes geführt zu haben – so berichtet zumindest P 1499, sie habe in ihrem Studium „eine Freundin kennengelernt und zum ersten Mal falle ich in einen wienerischen Dialekt rein, wenn ich bei ihr bin. Sonst rede ich mit allen anderen Leuten Hochdeutsch und wurde so auch erzogen.“

Die verstärkte Hinwendung zum Dialekt als Folge bildungsbezogener MLE scheint also v. a. durch Ereignisse ausgelöst zu werden, die die Dialektidentität stärken: auf positive Weise durch den Kontakt mit anderen Dialekten und ein zunehmendes Variations- und Varietätenbewusstsein, auf negative Weise durch den Druck, standardsprachlich (oder standardnäher) sprechen zu müssen.

5 Diskussion und Fazit

In der vorliegenden Studie wurden durch bildungsbezogene MLEs induzierte Veränderungen beim Gebrauch von und bei Einstellungen zur Sprachvariation in Österreich erhoben. Dazu wurden die retrospektiven Perzeptionen (Selbstwahrnehmungen) von 181 Österreicher:innen mit Erstsprache Deutsch analysiert. Die bildungsbezogenen MLEs umfassen ‚Abschluss der Schule‘, ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘ und ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘.

Analysiert wurde, welche Auswirkungen bildungsbezogene MLEs auf das soziolinguistische Repertoire haben, und welche individuellen Unterschiede sich dabei zeigen. Es wurde also den Fragen nachgegangen, bei wem bildungsbezogene MLEs sprachliche Veränderungen hervorrufen, unter welchen Umständen sie das tun, und auch warum und in welche Richtung individueller Sprachwandel auftritt. Die Analysen erfolgten sowohl aus einer quantitativen als auch aus einer qualitativen, inhaltsanalytischen Perspektive. Die erbrachten Befunde erweitern nicht nur die variationslinguistische Forschung zur Relevanz von MLEs (vgl. Prichard und Tamminga 2012; Wagner 2008, 2012 a; Grama et al. 2023), sondern ebenfalls die Forschung zu den Auswirkungen von Bildungsinstitutionen auf die soziolinguistische Entwicklung (vgl. Dannerer 2018; Vergeiner et al. 2019, 2021; Vergeiner 2020, 2021).

Die vorliegenden Analysen deuten darauf hin, dass das soziolinguistische Repertoire auch in spät- und post-adoleszenten Phasen plastisch bleibt (vgl. Beaman 2021; Bowie 2010; Bülow und Vergeiner 2021; Sankoff 2018). Dies unterstreicht, dass „the assumption of stability for young adults [...] may have to be revised“ (Labov 2001: 447). Generell scheinen bildungsbezogene MLEs zu einer verstärkten Hinwendung zur Standardsprache zu führen; die untersuchten Ereignisse führen also – aus Sicht der meisten Proband:innen – zu einer häufigeren Verwendung der Standardsprache und einer verminderten Dialektverwendung, weiters zu einer höheren Akkommodationsbereitschaft, zu positiveren Einstellungen zum Standarddeutschen und einer stärkeren Dialektidentität (vgl. auch Wirtz und Pickl i. Dr.). Allerdings geht aus der Analyse hervor, dass bildungsbezogene MLEs auf individuell unterschiedliche Weise, in unterschiedlichem Maße und aus unterschiedlichen Gründen das soziolinguistische Repertoire beeinflussen können. Dies steht in Einklang mit der bisherigen psychologischen Forschung v. a. zur Persönlichkeitsentwicklung, welche belegt, dass Personen MLEs auf unterschiedliche Art und Weise wahrnehmen (Bühler et al. 2023: 19; Rakhshani et al. 2022: 700; Schwaba et al. 2023: 1136). Nicht zuletzt deshalb kann ein und dasselbe MLE unterschiedliche Wandeltendenzen bei unterschiedlichen Personen herbeiführen. Ziel der Untersuchung war es, diese Variation genauer zu beleuchten: Welche Faktoren erklären den wahrgenommenen MLE-induzierten individuellen Sprachwandel?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wurden u. a. Bayes’sche Modelle berechnet. Aufgrund der niedrigen Stichprobengröße beim MLE ‚Abschluss der Schule‘ wurden dabei nur die MLEs ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘ und ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘ berücksichtigt. Die Ergebnisse deuten auf vier signifikante Effekte hin, die sich bemerkenswerterweise allerdings bei den beiden untersuchten MLEs unterscheiden. Die signifikanten Zusammenhänge, und deren Direktionalität erweisen sich somit als MLE-spezifisch.

Beim MLE ‚Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung‘ konnten drei signifikante Effekte festgestellt werden.

  1. Frauen berichten signifikant häufiger von einer Abnahme der Dialektverwendung als Folge des MLE, während Männer sich hierbei stabiler verhalten. Dieser Effekt passt zum v. a. in der englischsprachigen Soziolinguistik erbrachten Befund, dass sich Frauen stärker an Standardnormen orientieren (vgl. Labov 1990; Cheshire 2004; Tagliamonte 2012). In Untersuchungen zum Deutschen zeigen sich z. T. ähnliche Ergebnisse, insofern Sprecherinnen stärker standardsprachliche Varianten präferieren (Twilfer 2014; vgl. allerdings Vergeiner 2021: 444–445) und diese auch in Fragebögen zur Alltagssprache häufiger angeben (Wirtz et al. i. Dr.). Diese Tendenz muss auch vor dem Hintergrund des jeweiligen Lebensabschnitts beleuchtet werden: Der Abschluss der Schule und, für die hier untersuchten Proband:innen, der Eintritt ins Studium bzw. in eine Ausbildung „presents the first real opportunity to define oneself in terms of individual choices“ (Wagner 2012 b: 180; vgl. auch Giddens 1991: 78–79). Dabei ist diese Lebensphase oftmals mit einem „retrenchment“ (Chambers 2008: 190) verbunden, also mit einer verstärkten Orientierung zur Standardsprache, etwa zur Vermittlung von Professionalität und Kompetenz in akademischen Kontexten (vgl. Vergeiner et al. 2021: 439). Unsere Ergebnisse legen nahe, dass dieses „retrenchment“ bei Frauen stärker als bei Männern ausgeprägt ist.

  2. Die Analyse zeigt zudem, dass eine höhere Dialektkompetenz mit einer Verstärkung der Dialektidentität verbunden ist. Diese Erkenntnis steht in Einklang mit der Forschung zum Zusammenhang zwischen Varietätenkompetenzen und -einstellungen (vgl. Ender 2020) – diese deutet nämlich darauf hin, dass Einstellungen zu Varietäten eng mit der Beherrschung der jeweiligen Varietäten verwoben sind. Ein ähnlicher Zusammenhang lässt sich auch bei den Auswirkungen bildungsbezogener MLEs feststellen.

  3. Weiters wurde ein Effekt durch das ereignisbezogene Charakteristikum ‚Belastung durch das Ereignis‘ entdeckt, und zwar in Bezug auf die Einstellungen gegenüber der Standardsprache. Wie die deskriptiven Daten zeigen, ist der Beginn eines Studiums bzw. einer Ausbildung bei den meisten Teilnehmer:innen mit positiveren Einstellungen zur Standardsprache assoziiert. Personen, die das MLE allerdings als besonders belastend oder herausfordernd empfinden, weisen eine gegenteilige Tendenz auf, berichten also von negativeren Einstellungen zur Standardsprache. Um dies zu erklären, muss berücksichtigt werden, dass gerade der Wechsel an die Universität häufig mit tiefgreifenden (sprach-)biographischen Änderungen einhergeht. Da diese oft auch eine vermehrte Verwendung der Standardsprache verlangen (s. u.), könnte es sein, dass Personen, die mit diesen Änderungen schlecht(er) zurechtkommen, darauf regieren, indem sie die damit verbundene Standardsprache negativer bewerten. In jedem Fall zeigt das Ergebnis, dass in der künftigen Forschung nicht nur Lebensereignisse selbst, sondern auch die Wahrnehmungen dazu stärker berücksichtigt werden sollten.

In Bezug auf das MLE ‚Abschluss von der Universität / (Fach-)Hochschule / vom College‘ gibt es lediglich eine signifikante Prädiktorvariable:

  1. Personen mit höherer Dialektkompetenz berichten von einer höheren MLE-induzierten Dialektakkommodation. Der Grund dafür könnte sein, dass diese Individuen eine größere Variationsbreite aufweisen und daher sprachlich flexibler auf die jeweilige Situation bzw. ihr Gegenüber reagieren (können). Womöglich führt der vermehrte Kontakt zu Personen mit anderen Sprachkompetenzen ab dem Studium dazu, dass diese Fähigkeit öfter angewandt und weiter ausgebaut wird.

Um die Befunde der quantitativen Analyse weiter zu vertiefen, wurde eine qualitative Inhaltsanalyse der offenen Antworten im Fragebogen durchgeführt. Untersucht wurde dabei u. a., welche Faktoren zur vermehrten Standardorientierung in Folge des Studienbeginns beitragen. Als relevant erweisen sich an der Universität verbreitete Sprachnormen, ‑einstellungen und ‑ideologien, neue soziale Netzwerke und Kontakte, Mobilitätserfahrungen, außerdem mit diesen Faktoren zusammenhängende Erwerbs- und Sensibilisierungsprozesse. Dass es in einigen Fällen auch zur umgekehrten Tendenz – also einer stärkeren Dialektorientierung – kommt, könnte u. a. mit Ereignissen zusammenhängen, die die Dialektidentität stärken: auf positive Art, weil an der Universität das Bewusstsein für Variation und die Varietätenkenntnisse zunehmen; auf negative Art, weil die wahrgenommene Stigmatisierung des Dialekts und der Druck, die Standardsprache zu verwenden, eine Hinwendung zum Dialekt als „Abwehrreaktion“ auslöst.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die vorliegende Studie das komplexe Zusammenspiel individueller und überindividueller biographischer und (psycho-)sozialer Faktoren auf Sprachgebrauch und Spracheinstellungen zeigt. Die Ergebnisse müssen natürlich insofern eingeschränkt werden, als dass sie ausschließlich auf retrospektiven Perzeptionen (Selbstwahrnehmungen) beruhen. So ist darauf hinzuweisen, dass Intuitionen über das eigene sprachliche Verhalten nicht unbedingt mit dem tatsächlichen Sprachgebrauch übereinstimmen. Labov (1996) zeigt beispielsweise mehrere Fälle auf, in denen die introspektiven Urteile von Sprecher:innen über die Akzeptanz einer sprachlichen Variante „versagen“ (z. B. Ablehnung einer Variante, obwohl sie in einem soziolinguistischen Interview verwendet wurde). In der vorliegenden Studie ist das Problem allerdings insofern entschärft, als wir uns auf die Wahrnehmungen von und die Einstellungen zu ganzen Sprachvarietäten (d. h. Standarddeutsch und Dialekt) konzentrieren, anstatt auf ausgewählte sprachliche Variablen. Insbesondere, weil (a) Standard- und Dialektvarietäten in Österreich deutlich wahrnehmbare Unterschiede aufweisen (z. B. Ender und Kaiser 2009), (b) Sprecher:innen aus ihrer Sicht eine weitgehend dichotome Unterscheidung zwischen Dialekt und Standarddeutsch treffen (z. B. de Cillia 2018: 70) und (c) Österreicher:innen besonders fähig sind, Standard- und Dialektvarietäten zu diskriminieren (z. B. Kaiser et al. 2019), ist anzunehmen, dass die Retrospektionen zum individuellen Sprachwandel, die diese Varietäten betreffen, zumindest annähernd den tatsächlichen Sprachwandel wiedergeben. Außerdem deuten Erkenntnisse aus der Psychologie zur MLE-bezogenen Persönlichkeitsentwicklung – beruhend auf ähnlichen Methoden wie die aktuelle Studie (d. h. retrospektive Wahrnehmungen von Veränderungen) in Kombination mit Längsschnittdaten –, darauf hin, dass retrospektiv beurteilte Veränderungen mäßig bis stark mit tatsächlich beobachteten Veränderungen korrelieren (z. B. Schwaba et al. 2023). Solche Ergebnisse fehlen jedoch in Hinblick auf die wahrgenommenen und tatsächlichen Veränderungen im soziolinguistischen Repertoire, was auch mit dem Mangel an Panelstudien zu tun hat (Bülow und Vergeiner 2021), da deren Durchführung äußerst zeit- und ressourcenaufwendig ist.

Mit dem Design der vorliegenden Studie konnten hingegen vergleichsweise schnell relativ große Datenmengen erhoben werden, um konkrete Hinweise dazu zu liefen, (a) welche MLEs einen besonders starken Einfluss auf sprachliche Veränderungen während der Bildungslaufbahn haben, (b) in welchen Bereichen (z. B. Sprachgebrauch, Spracheinstellungen) Veränderungen in real-time zu erwarten sind und (c) welche Aspekte von MLEs (z. B. ereignisbedingte Veränderungen in sozialen Netzwerken oder in kommunikativen Anforderungen) mit sprachlichen Veränderungen auf individueller Ebene zusammenhängen. Die Ergebnisse von Studien zur retrospektiven Wahrnehmung des individuellen Sprachwandels bilden somit eine wesentliche Grundlage für das Design künftiger longitudinaler Untersuchungen, indem sie z. B. Aufschluss darüber geben, welche MLEs für Längsschnittuntersuchungen am fruchtbarsten sind und welche individuellen Unterschiede kontrolliert werden sollten.

Darüber hinaus liefert die vorliegende Studie erstmals umfassende, empirisch abgesicherte Hinweise darauf, welche Änderungen im soziolinguistischen Repertoire als Folge bildungsbezogener MLEs in Österreich wahrgenommen werden und wie sich einzelne Personen dabei unterscheiden.

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Online erschienen: 2025-03-01
Erschienen im Druck: 2025-03-13

© 2025 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter im Auftrag der Gesellschaft für Angewandte Linguistik

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Artikel in diesem Heft

  1. Frontmatter
  2. Frontmatter
  3. Sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit im Vorbereitungsdienst: Ausgestaltungs-prozesse in der Lehrkräftebildung zwischen Curriculum und Institution
  4. „Besser Gas aus dem Westen als aus dem Osten. Kanada ist ein sympathischer Lieferant“ – Zur Verknüpfung des Topos der geteilten Werte mit aktuellen Narrativen des Energiedispositivs. Eine kleine empirische Studie
  5. Explikationen als Mittel der Verstehens-sicherung in Arzt-Patienten-Gesprächen in der Onkologie
  6. Mehrebenenannotation argumentativer Lerner*innentexte für die automatische Textauswertung
  7. Würzburger Thesen zur Angewandten Sprachwissenschaft
  8. Lebensereignisse im Bildungsbereich als Erklärung für individuellen Sprachwandel
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  14. Angebote zur Rezension
Heruntergeladen am 28.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zfal-2025-2006/html
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