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Liudas Zdanavičius and Matthew Czekaj (eds.): Russia's Zapad 2013 Military Exercise. Lessons for Baltic Regional Security. 2015.

  • Leo Bamberger
Veröffentlicht/Copyright: 21. Februar 2017

Die vorliegende Studie analysiert die russisch-belarussische Militärübung Zapad von Ende September 2013, die seinerzeit bei Experten und Politikern in Nordeuropa große Aufmerksamkeit erzielte. Diese Übung war nach Auffassung der Herausgeber keine normale Übung, sondern eine Demonstration militärischer Stärke gegenüber den baltischen und skandinavischen Staaten und auch gegenüber der NATO. Sie hat – noch vor den Ereignissen in der Ukraine – wesentlich dazu beigetragen, dass die russische Rüstungs- und Militärpolitik neu bewertet werden muss.

Zapad 2013 war von Russland bei NATO und OSZE als gemeinsam mit Belarus und anderen Staaten (Armenien, Tadjikistan) geplante Übung angemeldet worden, bestehend aus zwei angeblich separaten Teilübungen, von denen die eine mit 12.900 Soldaten in Belarus stattfinden sollte, die andere mit 9.400 im Bezirk Kaliningrad. Ziel der Übungen sollte es sein, eine terroristische Invasion gegen Belarus abzuwehren, die Angreifer zu isolieren und zu zerstören.

Die einzelnen Kapitel setzen sich in unterschiedlicher Weise mit der Übung auseinander. Neben Informationen über die historische Bedeutung von Großübungen für das russische (sowjetische) Militär (Ieva Berzina), werden vor allem russische Stellungnahmen und Informationen sorgfältig ausgewertet und analysiert (Stephen Blank, sowie Peter A. Mattsson und Jorgen Elfying), wobei sehr großes Detailwissen vorgelegt wird. Interessanter ist die politische Auswertung, die sich vor allem in den Beiträgen von Pauli Järvenpää, Jacob W. Kipp sowie von Stephen Blank findet.

Die Ergebnisse der einzelnen Kapitel lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Der von Russland angegebene Umfang des Manövers von 22.300 Mann war irreführend. Diese Zahl betraf nur die eingesetzten Bodentruppen. Hinzu kamen bis zu 9.000 Angehörige von Marine und Luftwaffe sowie logistische Einheiten und Schienentruppen in einer Gesamtstärke von bis zu 20.000 Personen. Ebenso mitzählen muss man Verbände des Innenministeriums und der Zivilverteidigung in Höhe von 20.000 Personen. Dann gelangt man in der Summe zu einer Zahl von über 70.000, die noch bedeutend höher läge, wenn man einrechnet, dass zeitgleich das Innenministerium eine Mobilisierungsübung abhielt, in deren Rahmen weitere 25.000 Personen für paramilitärische Aufgaben einbezogen wurden.

  2. Die Übung war keinesfalls nur auf den Grenzbereich von Belarus und auf das Gebiet von Kaliningrad beschränkt, sondern weitete sich auf zwei größere Gebiete um Petersburg und um Moskau aus. In diesen Gebieten kam es zu einer Vielzahl von militärischen und paramilitärischen Übungsaktivitäten, die alle in Beziehung zueinander standen und die die Absicht erkennen ließen, eine Vielzahl von Akteuren einzubinden. Das operative Kommando für die nördlichere Zone lag bei der 6. Armee, das der um Moskau gelegenen südlicheren Zone bei der 20. Armee

  3. Das angegebene Ziel – Bekämpfung terroristischer Eindringlinge, die ganze Städte und Landstriche kontrollierten – wurde teilweise tatsächlich verfolgt. Dabei wurden Praktiken von „terroristischen Eindringlingen“ erprobt und übungsmäßig im Kampf getestet, die dann im Frühjahr 2014 in der Ukraine von russischen Spezialtruppen und „Freiwilligen“ bei der Besetzung der Krim und von Teilen der Ostukraine angewandt worden sind. Im Verlauf der Übung wurde aber immer deutlicher, dass die russischen Streitkräfte im starken Masse auch die kombinierte, streikraftübergreifende Kriegführung auf einem regionalen Schauplatz übten, an der auch Truppen des Innenministeriums sowie der Zivilverteidigung teilhatten. Es wurden klassische Übungen konventioneller Kriegführung durchgeführt. Insbesondere wird in der Studie die große Bedeutung maritimer und amphibischer Operationen sowie von Luftlandeunternehmen erwähnt. Auch die Rolle der Luftwaffe und der Luftabwehr und spektakuläre Tests mit dem neuen Raketensystem Iskander passten nicht in das Bild einer Anti-Terroroperation. An der Übung nahmen erstmals auch Su-34 Flugzeuge teil. Anders als bei der Übung Zapad 2009 wurden dieses Mal keine Atomwaffenschläge geübt.

  4. Die Art der Ankündigung und Durchführung der Operation ließ erkennen, dass diese durchaus den Charakter strategischer Kommunikation hatte. Die russischen Streitkräfte stellten ihre Fähigkeiten zur raschen Verlegung mobiler und vielseitiger Einheiten ebenso unter Beweis wie das Funktionieren ihrer Führungs- und Kommandostrukturen. Vor allem die Transformation der Bodenstreitkräfte in Richtung kombinierter, gepanzerter Brigaden scheint erfolgreich ausprobiert worden zu sein. Aber auch die Interoperabilität mit anderen Ministerien stand im Mittelpunkt der Übung.

ZAPAD 2013: die hauptsächlichen Übungsgebiete; © Pauli Järvenpää

Zapad 2103 habe, so die Verfasser, die wachsende Verbesserung der russischen militärischen Handlungsfähigkeit sowohl im klassisch-konventionellen wie im hybriden Bereich erkennen lassen und damit ein Signal in Richtung NATO und Nachbarstaaten gesandt, welches nicht übersehen werden dürfe. Die Übung Zapad 2013 wird als im Wesentlichen gegen die Staaten des Baltikums und Skandinaviens gerichtet gesehen. Sie sei ein Stück Einschüchterung und ein Test für die Fähigkeit der NATO auch in diesem Teil Europas für Sicherheit zu sorgen.

https://jamestown.org/wp-content/uploads/2015/12/Zapad-2013-Full-online-final.pdf

Online erschienen: 2017-2-21

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Artikel in diesem Heft

  1. Titelseiten
  2. Titelseiten
  3. Editorial
  4. Editorial: warum diese Zeitschrift?
  5. Artikel
  6. Die neue Zeitenwende in den internationalen Beziehungen – Konsequenzen für deutsche und europäische Politik
  7. Grundzüge einer neuen NATO-Strategie
  8. Innenpolitische Determinanten der Putinschen Außenpolitik
  9. Strategic Foresight – Die Zukunft antizipieren
  10. Kurzanalysen und Dokumentationen
  11. Russia changes the game: Bilanz der russischen Militärintervention in Syrien
  12. Literatur und Forschung
  13. Der Forschungsstand zum Thema Radikalisierung
  14. Ergebnisse internationaler strategischer Analysen
  15. Terrorismus Anthony H. Cordesman: Comparing Estimates of Key Trends in the Uncertain Metrics of Terrorism. 2016.
  16. Institute for Economics & Peace: Global Terrorism Index 2015.
  17. Christina Schori Liang: Cyber Jihad: Understanding and Countering Islamic State Propaganda. 2015.
  18. Dietrich Jung: The Search for Meaning in War: Foreign Fighters in a Comparative Perspective. 2016.
  19. Shiraz Maher und Peter Neumann: Pain, Confusion, Anger, Shame: The Stories of Islamic State Families. 2016.
  20. Christopher Paul and Colin P. Clarke: Counterinsurgency Scorecard Update: Afghanistan in Early 2015 Relative to Insurgencies Since World War II. 2015.
  21. Stefan Forss, Lauri Kiianlinna, Pertti Inkinen & Heikki Hult: The Development of Russian Military Policy and Finland. 2013.
  22. Liudas Zdanavičius and Matthew Czekaj (eds.): Russia's Zapad 2013 Military Exercise. Lessons for Baltic Regional Security. 2015.
  23. Daniel A. Shlapak, Michael W. Johnson: Reinforcing Deterrence on NATO's Eastern Flank, RAND Corporation, Santa Monica 2016.
  24. Analyse der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen durch Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), 14.8.2016.
  25. Defense Science Board: Study on Strategic Surprise. 2015.
  26. Sinan Ülgen and Can Kasapoğlu: A Threat Based Strategy for NATO's Southern Flank. 2016.
  27. Karen Elliott House: Uneasy Lies the Head that Wears a Crown. The House of Saud Confronts Its Challenges. 2016.
  28. Shay Har-Zvi: The Return of the Russian Bear to the Middle East. 2016.
  29. Der Hohe Norden. Bericht über die zweite Kiel-Conference on Maritime Security
  30. Translated Articles (e-only)
  31. ‘The Times They are a Changin' – Fundamental Structural Change in International Relations as a Challenge for Germany and Europe
Heruntergeladen am 23.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2017-0023/html
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