Die Trennung von Wertpapier- und sonstigem Bankgeschäft: Trennbankensystem, ring-fencing und Volcker-Rule als Mittel zur Eindämmung systemischer Gefahren für das Finanzsystem / The seperation of investment and commercial banking: Dual banking system, ring-fencing and Volcker rule as means to reduce systemic risk for the financial system
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Florian Möslein
Zusammenfassung
Die Trennung von Wertpapier- und sonstigem Bankgeschäft hatte vor allem in den USA eine lange Tradition. Seit der globalen Finanzkrise werden entsprechende Vorgaben jedoch weltweit, nunmehr allerdings in veränderten Gestaltungsvarianten rechtspolitisch diskutiert; der deutsche Gesetzgeber hat ihre Einführung kürzlich bereits beschlossen. Während zur Begründung traditionell vor allem institutsbezogene Erwägungen angeführt wurden, sind seit der Finanzkrise Fragen der Systemstabilität in den Vordergrund gerückt. Allerdings ist keineswegs erwiesen, dass die Einführung eines Trennbankenregimes Systemrisiken zu reduzieren vermag. Zudem beschränkt ein solches Regime die institutionelle Vielfalt und droht deshalb, selbst destabilisierend zu wirken. Die Gestaltungsvarianten, die als Alternativen zum klassischen Trennbankensystem diskutiert werden, können diese Bedenken nicht zerstreuen. Eine Aktivitätsbeschränkung nach dem Vorbild der US-amerikanischen Volcker Regel wirft erhebliche Abgrenzungsprobleme auf und lässt überdies eine Zunahme unregulierter Schattenbanken befürchten. Die konzerninterne Spartentrennung, wie sie auf europäischer Ebene sowie in Großbritannien und Deutschland geplant bzw. beschlossen ist, bietet ebenfalls keine aussichtsreiche Handhabe gegen ein Übergreifen systemischer Risiken. Einerseits stehen einzelne Konzerngesellschaften nach geltendem Unternehmensrecht keineswegs völlig unverbunden nebeneinander, sondern befinden sich in einem Konzernverbund; andererseits droht das Anlegervertrauen in den Gesamtkonzern selbst bei Schieflage nur einzelner Sparten erschüttert zu werden. Insgesamt überwiegen daher die Bedenken gegen strukturelle Trennbankenregeln, die maximalinvasiv in gewachsene Bankenstrukturen eingreifen, zugleich aber hochkomplex sind und deshalb sowohl Umgehungsgefahren als auch Risiken nicht intendierter Nebenwirkungen bergen. Als Alternative bietet sich indessen eine anreizorientierte, zielgenauere Regulierung von Wertpapierhandelsgeschäften an.
Summary
The separation of investment and commercial banking has had a long tradition primarily in the US. Since the global financial crisis similar rules are being discussed by rule-makers all over the world, now however with various modifications. The German legislator has just decided on their introduction. Traditionally, such rules have been justified by considerations with regard to single financial institutions, but since the financial crisis the question of system stability has come to the fore. By no means has it been proven, however, that the separation of investment and commercial banking is able to reduce systemic risks. In addition, such a regime restricts institutional diversity and thus threatens to have destabilizing effects itself. The modifications which are currently being discussed as alternatives to the classical separate banking system cannot dispel these doubts. A restriction of activities based on the US-american Volcker Rule causes substantial problems with respect to identifying prohibited transactions. Moreover, it raises concerns about an increase in unregulated shadow banks. The intra-group separation of business lines which is planned and/or adopted on the European level, in Great Britain and Germany does not offer any promising leverage against systemic risk spreading: According to applicable corporate law, individual corporate affiliates are by no means entirely unconnected, but remain effectively integrated in a corporate group. Moreover, investor confidence in the entire group will be shaken even in case of difficulties of single divisions only. To sum up, the reservations against structural rules introducing a separate banking system are predominant, as such rules massively intervene in grown bank structures, at the same time being very complex, and for this reason posing the risk of circumvention as well as the risk of unintended side-effects. An incentive-based, more focused regulation of securities trading seems to constitute a much better alternative.
© 2013 by Lucius & Lucius, Stuttgart
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