Rezensierte Publikation:
Christian Donat 2024. Modalpartikeln im Norwegischen. (Texte und Untersuchungen zur Germanistik und Skandinavistik, 69.) Lausanne etc.: Peter Lang.
1 Einleitendes
Die Monographie Modalpartikeln im Norwegischen (im Folgenden: MpN) stellt die überarbeitete Fassung einer im Jahre 2020 an der Universität Greifswald verteidigten Dissertation dar. Die Arbeit gliedert sich in acht Kapitel. Nach einer kurzen Einleitung werden in Kapitel 2 semantische und grammatische Aspekte der Problemstellung vorgestellt. Dem schließt sich in Kapitel 3 anhand einschlägiger Literatur eine Diskussion der Wortartenbestimmung der sog. ,Modalpartikeln‘ an.
Den empirischen Hauptteil der Monographie stellt Kapitel 4 „Einzelanalysen norwegischer Modalpartikeln“ (S. 57–211) dar, wo mehr als 170 authentische Belegstellen einer z. T. sehr detaillierten prädikatenlogischen Analyse unterworfen werden. Das der Darstellung zugrunde gelegte Belegmaterial wurde hauptsächlich einem großen, mehrere Textsorten umfassenden Korpus schriftsprachlicher Texte (einschließlich Übersetzungstexten) und, eher unterstützend, einem methodologisch wichtigen, aber dennoch etwas weniger ergiebigen, kleineren Korpus gesprochener Sprache entnommen; ein drittes, größeres, aber methodologisch weniger gut abgesichertes, schriftsprachliches Korpus wurde ergänzend herangezogen (S. 58–60).
Die Kapitel 5–7 „Alphabetische Übersicht: Partikelsystem des Norwegischen“, „Vervollständigung des Prototypenmodells“ und „Zusammenfassung und Ausblick“ enthalten Zusammenfassungen der in Kapitel 4 erarbeiteten Befunde. Ein Literaturverzeichnis, das 124 Titel umfasst, schließt das Buch ab.
2 Inventarisierung
Zur Diskussion stehen 15 „Modalpartikeln oder modalpartikelhafte Adverbien“ des Norwegischen (S. 57), die sich auf 14 funktionale Einheiten verteilen: die Einzelwörter nå, jo, nok, vel, visst, altså, nesten, bare, egentlig und mon sowie da, bei dem zwei homonyme funktionale Einheiten da 1 (< anord. þá) und da 2 (< anord. þó) angesetzt werden, wie auch die Wortpaare neppe/knapt und også/heller, die jeweils als eine funktionale Einheit gelten.
Von den 14 funktionalen Einheiten (bzw. Wortpaaren) in MpN werden in Norsk referansegrammatikk (NRG 1997, 824–827) da, nå/no, jo, nok, vel, visst besprochen. In Grammatik over det Danske Sprog (GDS 2011, II: 1046–1072) wird mit 20 „dialogischen Partikeln“ gerechnet, von denen bare, da, nu, jo, mon, nok, vel, vist Entsprechungen in MpN und NRG oder nur in MpN haben. Von den 6 in Svenska Akademiens grammatik (SAG 1999, 4, 114–122) aufgeführten Partikeln und satzbezogenen Adverbien haben ju, nog, väl und egentligen Entsprechungen in MpN, NRG und GDS. Anders als in NRG und GDS II werden die schwedischen Entsprechungen in Zusammenhang mit syntaktisch komplexen Adverbialphrasen mit ähnlicher funktionaler Semantik behandelt.
3 Wortartenklassifikation und Kriterienvarianz
In NRG gehören die fraglichen Wörter zu den Adverbien, wobei in Klammern hinzugefügt wird „av og til kalla modalpartiklar“ (ibid., 824). In GDS heißen sie „dialogiske partikler“ und gelten als Subklasse der Satzadverbiale: „der skelnes inden for traditionens sætningsadverbier mellem dialogiske partikler og sætningsadverbier i snævrere forstand“ (2011, II, 1108). In SAG 4 werden sie den „modala satsadverbial“ zugerechnet.
In NRG, GDS II und SAG 4 wird die Zugehörigkeit der Modalpartikeln zur Wortart Adverb nicht weiter problematisiert. MnP steht im Zeichen deutscher Partikelforschungen und widmet der Wortartenbestimmung ein ganzes Kapitel. Die hier angesetzte Wortart (,Wortklasse‘) Modalpartikel sei „prototypisch strukturiert“ und „nicht als Liste mit starren Grenzen anzusehen […] sondern als ein dynamisches Gebilde, dessen Konstituenten in Beziehung zu anderen Wortarten stehen, sich mit diesen überschneiden […]“; sie sei des Weiteren durch einen „prototypischen Kern, eine[n] weniger prototypischen Übergangsbereich und eine[] eher untypische[] Peripherie […]“ charakterisiert (S. 53). Eine „im Zentrum der Wortart“ stehende, „,idealtypische Modalpartikel‘, die alle Modalpartikelkriterien erfüllt“, müsse freilich im Norwegischen gar „nicht notwendigerweise“ existieren (S. 53).
Zur Wortartenidentifikation von Modalpartikeln werden sieben ,formale‘ Kriterien angesetzt (vgl. S. 29–34, 52–56): (i) Unflektierbarkeit, d. h. Flexionslosigkeit. – (ii) Unbetonbarkeit – (iii) Unfähigkeit zur Phrasenbildung und fehlender Satzgliedstatus. Durch dieses Kriterium scheiden syntaktisch komplexe Satzadverbiale als Modalpartikeln aus. Zum Satzgliedstatus ist zu bemerken, dass Modalpartikeln im Satzinneren, im „Nexusfeld“ in der Terminologie von Paul Diderichsen (EDG 1962, 186 et passim), mit nicht-partikelhaften adverbialen Satzgliedern kommutieren, vgl. z. B.: … fordi han jo /allerede/for flere dager siden hadde betalt gjelden, was für Satzgliedstatus sprechen könnte. – (iv) Möglichkeit der Reihenbildung mit anderen Modalpartikeln, z. B.: Han hadde da vel betalt gjelden? Dies ist anzusehen als ein Sonderfall der Kombinierbarkeit von Modalpartikeln mit anderen Adverbialbestimmungen (einschließlich Satzadverbialen), wobei die Modalpartikeln in Einklang mit ihrer (relativen) „Unbetonbarkeit“ zuerst stehen, z. B.: … fordi han jo allerede for flere dager siden hadde betalt gjelden. – (v) Weiter Skopus, zu verstehen als ,Satzbezug‘ bzw. propositionaler Skopus, wie überhaupt bei Satzadverbialen. – (vi) Erststellenunfähigkeit, die im Zusammenhang mit Unbetonbarkeit zu sehen und durch Nichtthematisierbarkeit zu erklären sein dürfte. – (vii) Kürze bedeutet praktisch bevorzugte Erst- oder höchstens Zweisilbigkeit.
Die zusammenfassende Tabelle 18 (S. 228), wo auch die nicht als Modalpartikeln klassifizierten Satzadverbien antagelig, dessverre, forhåpentlig, kanskje, sannsynligvis und virkelig zum Vergleich mit herangezogen sind, bestätigt das unerschiedliche Verhalten der besprochenen Modalpartikeln in Bezug auf die sieben Identifikations- bzw. Definitionskriterien. (Das Kriterium Möglichkeit der Reihenbildung ist hier nicht einschlägig.)
Sämtliche sechs partikeldefinierenden Kriterien treffen bei da (beide Gebrauchsweisen), jo, nok, nå, vel und visst zu. Davon unterscheiden sich die zweisilbigen altså und også und das dreisilbige egentlig nur durch fehlende Monosyllabizität.
Das einsilbige mon weicht durch ,Erststellenfähigkeit‘ ab, die freilich weder mit konjunktionaler Funktion noch mit Vorfeldposition gleichzusetzen ist, vgl.: Og mon hun kommer idag? Die Voranstellung kann als Ausdruck des interrogativen Propositionsbezuges verstanden werden, was in NRG der Einstufung als „Frage-“ statt „Modalpartikel“ entspricht.
Bare, knapt und nesten erfüllen vier der genannten Kriterien. Ähnlich wie das interrogative mon steht das zweisilbige bare dem Kernbestand nahe, nimmt aber in Befehls- und Wunschsätzen die Spitzenstellung ein, vgl. z. B.: Bare le, du!; Bare hun snart kommer! Das zweisilbige nesten unterscheidet sich vom Kernbestand durch angebliche Satzgliedfähigkeit, und das einsilbige knapt durch Betonbarkeit und Satzgliedhaftigkeit. Falls betonbar, wäre bei knapt Erststellenfähigkeit zu erwarten, die, wenn auch heutzutage möglicherweise selten, sich auch belegen lässt: knapt kunde han holde pegasen itømme, da hvisked en stemme (Henrik Ibsen, zitiert nach naob.no).
Zweisilbiges neppe und dreisilbiges virkelig weichen wegen Erststellenfähigkeit und Betonbarkeit mit Bezug auf drei Kriterien vom Kernbestand ab. Nur die beiden Kriterien Unflektierbarkeit und weiter Skopus liegen bei antagelig, dessverre, forhåpentlig, kanskje und sannsynligvis vor, die deswegen definitionsgemäß als Modalpartikeln ausscheiden.
Aus der hier zusammengefassten Kriterienvarianz ließe sich folgern, Modalpartikeln seien keine eigenständige Wortart, sondern vielmehr, der skandinavischen Tradition entsprechend, als ein Sondertyp von Satzadverbialen mit eingeschränkter Distribution zu klassifizieren, wobei sich die Annahme einer eigenständigen Wortklasse erübrigt. Dies würde im Grunde genommen der Einsicht des Verf. entsprechen, wenn er die Fragestellung „Semantik oder Funktion?“ bei Modalpartikeln für „verfehlt“ hält und darauf hinweist, dass „[die] pragmatischen Aspekte der Partikeln klar […]“ überwiegen und es „daher plausibler [erscheine], von einer Partikelfunktion bzw. Partikelfunktionen zu sprechen“ (S. 36).
Von daher könnte freilich auch der Terminus „Modalpartikel“ weniger angemessen erscheinen. Der Terminus „Abtönungspartikel“ wäre der pragmatischen, diskursanleitenden Funktion der „Modalpartikeln“, etwa als „Verstehensanleitung“ (S. 37), eher gerecht und deshalb vorzuziehen (vgl. S. 19–22). Der Verf. zieht es dennoch – „mehr zufällig als bewusst“ (S. 20) – vor, bei „Modalpartikel“ zu bleiben. So wird aus praktischen Gründen auch in der vorliegenden Rezension verfahren.
4 „Pragmatisierung“
Die vom Verf. verwendeten Begriffe „Pragmatisierungsprozess“ (S. 160, 195) und „Pragmatisierungspfad“ (S. 161) legen einen methodologischen Vergleich mit „Grammatikalisierungsprozessen“ und „Grammatikalisierungspfaden“ nahe. Pragmatisierung und Grammatikalisierung setzen gleichermaßen Desemantisierung im Sinne von (stufenweiser) Abschwächung bzw. Neutralisierung von lexikalischem Inhalt voraus. (Vgl.Narrog and Heine 2021: 312–314, 319.) Dem entspricht, dass sämtliche in MpN, NRG, GDS II und SAG 4 aufgelisteten Modalpartikeln bzw. dialogischen Partikeln aus synchronischer Sicht dem Verf. zufolge „Homonyme“ haben, auf die sie diachronisch zurückzuführen sind. Beispielsweise ist bei visst die Rede von „Weiterentwickung des Adverbs“ (S. 141) und bei altså von einer „zunehmend modale[n] Funktion“ (S. 154). Der Partikelgebrauch von bare sei ähnlich „wenig emanzipiert vom homonymen Adverb“ (S. 177). Bei nå in Aufforderungen könne „die Grenze zwischen Adverb und Modalpartikel nicht trennscharf gezogen werden“ (S. 87). Ausnahmen von der diachronischen Adverbdominanz sind jo, das ansonsten Antwortpartikel und Konjunktion ist, und mon als grammatisch refunktionalisiertes lexikalisches Relikt, das auf eine Präsensform des altnordischen Modalverbs munu zurückgeht.
Die Charakterisierung von Modalpartikeln als „dynamische[r] Wortart […], deren Mitglieder auch die Funktionen anderer Wortarten erfüllen können“ (S. 28), stellt eine Vereinfachung der Entstehungsgeschichte von Modalpartikeln als Weiterentwicklungen zugrundeliegender lexikalischer Adverbbedeutungen dar. Durch die Pragmatisierungsanalyse deutet sich ein Ausweg aus der reichlich diffusen Frage nach der „Bedeutung“ von Modalpartikeln an (S. 34–37). Die vom Verf. gelieferten prädikatenlogischen Funktionsanalysen könnten dann als Formalisierungen pragmatisch-funktionaler Verwendungsbedingungen verstanden werden.
5 „Vier-Ebenen-Modell“ zur synchronischen Beschreibung von Modalpartikeln
Der Beschreibung der „komplexe[n] Bedeutung“ (so S. 16) norwegischer Modalpartikeln wird ein „Vier-Ebenen-Modell“ (I–IV) zugrunde gelegt. Das Modell wird zunächst (i) anhand eines kopfstehenden Pyramidendiagramms (S. 40), dann (ii) diskursiv als allgemeine Funktionsbeschreibung (S. 41–47) und schließlich (iii) schematisch in der zusammenfassenden „Alphabetischen Übersicht“ zu den einzelnen Modalpartikeln (S. 213–226) beschrieben. Im Pyramidendiagramm (i) bzw. in den Überschriften der diskursiven Beschreibung (ii) werden die vier Ebenen I-IV wie folgt charakterisiert: (I,i) „epistemische Ebene: Satz, den die Modalpartikel modifiziert“; (I,ii) „Primäre Funktion: Ausdruck für epistemische Einstellungen“. – (II,i) „textuelle Ebene: Partikelsatz und ein weiteres Element aus dem Gesprächskontext“; (II,ii) „Sekundäre Funktion: Gedankliche Verknüpfung“. – (III,i) „emotive Ebene: Sprechakt; Satzform, Intonation, propositionaler Gehalt“; (III,ii) „Tertiäre Funktion: Vermittlung emotiver Einstellungen“. – (IV,i) „kommunikative Ebene: Situativer Rahmen, Gespräch“; (IV,ii) „Quartäre Funktion: H[örer]-Einbindung“.
In den darauf basierenden Beschreibungen kommt eine Vielfalt theoretischer und methodologischer Ansätze zur Geltung, die sich aus den zitierten Überschriften bzw. Stichwörtern keineswegs eindeutig herauslesen lassen oder gar darin zu erkennen sind.
Allgemein wird vorausgesetzt, dass sämtliche vier Beschreibungsebenen bei jeder Modalpartikel einschlägig sind, freilich mit dem Vorbehalt, dass bei individuellen Partikeln „einzelne Funktionen stärker ausgeprägt sein können als andere“ (S. 40). Beim Partikelgebrauch von bare ,nur‘ wird keine „Primärfunktion“ angenommen (S. 214).
Auf allen Stufen wird auf einen dialogischen S–H- [Sprecher–Hörer]-Parameter Bezug genommen, der durch Hinweise auf „Gespräch“ und „Gesprächskontext“ in der Präsentation der Ebenen sowie durch die Charakterisierung von S–H-Beziehungen als „Konstellationen von Einstellungen und Sprechakten“ (S. 42) begleitet wird. Der S–H-Parameter wird freilich nicht in der Beschreibung aller Modalpartikeln praktisch nutzbar gemacht. H-S-Markierung findet sich in Beispielen mit da (6mal), nå (5mal), jo und også (je 3mal) und jo (2mal) sowie bei altså, neppe und vel (je einmal). S–H–S- und H–S–H–S-Markierungen finden sich je einmal bei altså. In den Beispielen mit bare, egentlig, knapt, mon, nesten og visst sind keine S- oder H-Markierungen vorhanden. Einfaches S oder H kommen nicht vor. Der Sprecher wird explizite mit der grammatischen „1. Person Singular“ identifiziert (S. 92).
Angesichts der „Origo“-Position Sprechers im Sprechakt muss es auffallen, dass die Reihenfolge von S und H in der Markierung von S–H-Beziehungen fast durchgehend H–S ist. Dies rührt daher, dass in MpN S – der Sprecher – derjenige ist, dessen Äußerung die Modalpartikel enthält. Die „modalisierte“ Äußerung (bzw. der gedankliche Inhalt) des S kann durch eine Äußerung von Seiten des H veranlasst sein, oder sie kann eine Reaktion auf nicht-verbales Verhalten des H sein oder sich einfach ergeben aus Reflexionen des S, die keinen äußeren, beobachtbaren Anlass haben (S. 45); vgl. z. B.: „[…] die Bedeutung von [da 1 kann] paraphrasiert werden als ,dieser Sprechakt folgt aus etwas‘. Dieses ,etwas‘ kann ein vorhergehender Sprechakt sein, aber auch ein Ereignis oder ein Sinneseindruck, den S hat“ (S. 63); es kann sich um „Verknüpfung des Gesagten mit unterstellten H-Annahmen“ (S. 39) oder um ein Vorwissen von S und H (vgl. Bsp. (55) S. 44) oder um einen „nonverbalen Hinweis“ (S. 138) bzw. „ein (nicht unbedingt sprachliches) Signal seitens H“, d. h. eine inhaltliche (Re)konstruktion vonseiten des S, handeln.
Zur Beschreibung von S–H-Beziehungen bedient sich der Verf. einer prädikatenlogischen Notation (S. 41–42) mit den Prädikatoren ɛ (für Epistemizität, zu lesen als ,wissen‘) und – „nur in Verbindung mit […] Ausdrücken für deontische Modalität“, wie dem Imperativ – δ (für Deontizität, zu lesen als ,wünschen‘).
Im Bereich der „Satzverknüpfung“ auf der zweiten, textuellen Ebene 2 wird das Grice’sche System von Kooperationsmaximen der Relevanztheorie von Wilson and Sperber (2004) vorgezogen (S. 43).
Die tertiäre, „emotive“ Ebene gibt den Rahmen ab für die „Vermittlung emotiver Einstellungen“ (S. 45). Es fällt auf, hier den „propositionalen Gehalt“ (S. 40) vorzufinden, zumal in der ausführlicheren Beschreibung dieser Ebene (S. 45–50) davon gar keine Rede ist. Stattdessen werden hier die Themen „Satzmodus und ontische Bedeutung“, d. h. die „Satztypen“-Einteilung in Deklarativsätze, Entscheidungs- und Ergänzungsfragesätze und Imperativsätze (vgl. die tabellarische Übersicht S. 48) sowie Illokution und Prosodie angesprochen. Inwiefern das alles als „emotiv“ sachgemäß einzustufen ist, erscheint fraglich.
6 „Distribution“ (1): illokutive Satztypenaffinität
Der Begriff „Distribution“ kommt in der einführenden Ebenen- bzw. Funktionsbeschreibung nicht vor, leitet aber als erster Punkt die Beschreibung der einzelnen Modalpartikeln in Kapitel 4 sowie in der „Alphabetischen Übersicht“ in Kapitel 5 ein. „Distribution“ steht in beiden Kapiteln für zweierlei: zum einen für das Vorkommen der Partikel in einem von der Form und/oder Funktion her als Aussage, Frage oder Befehl zu charakterisierenden „Satztyp“ (S. 47–48), und zum anderen für die satzinterne Position der Partikel. Im ersteren Sinne tauchen auch die Termini „Satzbauschema“ (S. 29) und „Satzbauplan“ (S. 47) auf; letzterer Begriff findet in der deutschen Grammatik sonst ausschließlich im Bereich der Valenz Verwendung und ist daher in Beschreibungen von Wort- und Gliedstellung fehl am Platze.
Den formal definierten „(Haupt)satztypen“ Deklarativ-, Entscheidungsfrage-, Ergänzungsfrage- und Imperativ(haupt)sätzen wird je eine „ontische Bedeutung“ zugeschrieben, die, wie ersichtlich, einer Sprechaktbezeichnung entspricht und bei dem Imperativ auch morphologisch zu motivieren ist. Im Normalfall dürften sich „ontische Bedeutung“ und „Illokution“ entsprechen.
Der Verf. stellt fest, dass „Modalpartikeln [sich] auf den gesamten Sprechakt“ (S. 63), d. h. einschließlich des illokutiven Potentials der Äußerung, beziehen. Dem entspricht, dass die Modalpartikeln mehrheitlich an einen bestimmten Satztyp (oder bestimmte, aber nicht alle Satztypen) gebunden sind oder in Verbindung mit einem bestimmten Satztyp besonders häufig verwendet werden; Modalpartikeln besitzen charakteristische illokutive Satztypenaffinitäten.
Modalpartikeln kommen mehrheitlich in Aussagesätzen vor. Auf Aussagesätze beschränkt sind jo, nok, visst (auch in „als Aussagesätze formulierten Fragen“, S. 226), altså, nesten und neppe/knapt. Da 2 findet sich zusätzlich in Befehlssätzen und også/heller in Entscheidungs- und Ergänzungsfragen. Egentlig kommt in sowohl Aussage- als auch Fragesätzen, nicht aber in Befehlssätzen vor (S. 185). Vel findet sich auch in Entscheidungsfragen mit Aussagefunktion und in rhetorischen Ergänzungsfragen, und bare in Befehlssätzen wie auch in Aussagesätzen mit deontischem kunne, måtte oder få. Die Fragepartikel mon ist naturgemäß auf Entscheidungs- und Ergänzungsfragen beschränkt; so verhält sich auch die Variante da 1 von da. Am vielfältigsten ist nå, das keinen Satztypenrestriktionen dieser Art unterworfen zu sein scheint.
7 „Distribution“ (2): Satztopologie
Der Begriff „Distribution“ leitet als erster Punkt die Beschreibung der einzelnen Modalpartikeln in Kapitel 4 sowie in der „Alphabetischen Übersicht“ in Kapitel 5 ein. Der satztopologischen Beschreibung von Modalpartikeln liegt das Stellungsfelderschema in NRG (1997: 858–862) zugrunde, das in den Hauptzügen auf Paul Diderichsens Arbeiten zum Dänischen zurückgeht (vgl. EDG 1962, 162, 184–187), aber mit gewissen Modifikationen auch für die übrigen (festland)skandinavischen Sprachen Gültigkeit beanspruchen kann (vgl. SAG 1999, 4: 5–18; die Felderkonzeption in GDS stellt eine weiterführende Neudeutung von EDG dar, die nicht mehr mit NRG und SAG 4 direkt vergleichbar ist, vgl. GDS 2011, I: 312–313, 328–330; III: 1582–1591). In EDG, NRG und SAG 4 sowie in Duden (2022, 44–46, 51–55, 97–102, 299–302) werden folgende (ins Deutsche übersetzten) Feldbezeichnungen verwendet:
| Skandinavisch (Hauptsätze) | |||||
|---|---|---|---|---|---|
| EDG | Fundamentfeld | Nexusfeld | Inhaltsfeld | ||
| NRG (Extraposition) | Vorfeld | Mittelfeld | Schlussfeld | (Extraposition) | |
| SAG 4 (Vorfeld) | Initialfeld | Mittelfeld | Schlussfeld | (Nachfeld) | |
| X | v–n–a1−n | V1−n – N1−2 – A1−n | |||
|
|
|||||
| Deutsch (Hauptsätze) | |||||
|
|
|||||
| Duden (Vorvorf.) | Vorfeld | Linke Satzkl. | Mittelfeld | Rechte Satzkl. | (Nachfeld, rechtes Außenfeld) |
| X | v | N1−3/A1−n | V1−n/v | ||
-
Erklärungen: X = beliebiges vorfeldfähiges Satzglied; v = finites Verb; V = infinite Verbform; n = (nominales) Subjekt; N = nicht-subjektisches nominales Satzglied; A = Adverbialglied; […]kl. = […]klammer; […]f. = […]feld; – = (weitgehend feste) Basisabfolge; / = (regelgeleitete) variable Gliederabfolge.
Das skandinavische Stellungsfelderschema unterscheidet sich in wesentlicher Hinsicht von dem deutschen (zum verbalen Bereich s. insbesondere Bech 1983, 60–72). Das skandinavische und das deutsche Felderschema sind einzelsprachliche Manifestationen verschiedener satztopologischer Basistypen; das norwegische Schema vertritt den (S)VX-Typ und das deutsche den (S)XV-Typ. Die entsprechenden Nebensatzschemata unterscheiden sich hauptsächlich von den Hauptsatzschemata durch das Fehlen eines thematischen Vorfeldes sowie durch die unterschiedliche Position des finiten Verbs, im Deutschen Endstellung und im Skandinavischen n – a1−n– v-Abfolge. In Bzug auf das Norwegische liegt es nahe, die satzeinleitende Subjunktion als die Nebensatzentsprechung des Hauptsatzvorfeldes anzusehen. Ein syntaktisch-typologisch bedeutsamer Unterschied ist, dass im Skandinavischen anders als im Deutschen das Mittelfeld und das Schlussfeld (Inhaltsfeld) zusammen den topologischen Raum bilden, in dem die syntaktischen Relationen im Bereich der Subjekt- und Objektergänzungen des verbalen Prädikats konfigurationell festgelegt werden.
In Mpn wird das vom Verf. zugrunde gelegte norwegische Felderschema dem Leser nicht als vollständige Feldersequenz vorgestellt. Dies mag ein Grund dafür sein, dass es dem Verf. nicht ganz gelungen ist, eine seiner Thematik angemessene einheitliche und konsistente Felderterminologie zu erstellen.
Verwendet werden sowohl die Bezeichnung „Vorfeld“ (S. 54, 151) mit dem Adjektiv vorfeldfähig, S. 26) als auch, und zwar häufiger, der EDG-Terminus „Fundamentfeld“ (z. B. S. 32 et passim). Das entsprechende Adjektiv heißt „satzinitial“ (z. B. S. 172).
Neben „Mittelfeld“ (z. B. S. 57) finden auch „Satzmittelfeld“ (z. B. S. 73) sowie gelegentlich „Adverbialfeld“ (z. B. S. 185) oder auch einmal „Nexusadverbialfeld“ (S. 32) Verwendung. Die beiden letzteren Termini gibt es in EDG nicht; an der Stelle in EDG (1962, 179), auf die in MnP in Verbindung mit „Nexusadverbialfeld“ verwiesen wird, steht dän. „Neksusadverbial“. Der EDG-Terminus „Nexusfeld“ (dän. „Neksusfelt“) kommt in MpN nicht vor. Das „Mittelfeld“ (usw.) entsprechende Adjektiv ist in MpN „satzmedial“ (z. B. S. 67) oder nur „medial“ (S. 76). Ausschließlich mittelfeldbezogen ist noch dazu das Adjektiv „satzintern“ (S. 161–163).
Von einem „Schlussfeld“ im Sinne der NRG ist in MnP nirgends die Rede. (Das deutsche verbale „Schlussfeld“, vgl. Bech 1983, hat mit dem kategorial gemischten NRG-„sluttfelt“ nur das infinite Verb gemein.)
Das durch Vor-, Mittel- und Schlussfeld konstituierte NRG-Felderschema kann durch Voran- und Nachstellung weiterer Glieder bzw. Felder erweitert werden, so die Nachstellung eines Gliedes in rechter „Extraposition“ (NRG 1997, 908–912) oder „Nachfeld“ (SAG 1999, 4: 23–24) bzw. im dt. „Nachfeld“ bzw. „rechten Außenfeld“ (Duden 2022, 97–102, 299–302); vgl. auch GDS (2011, III: 1833–1840.)
In Bezug auf den rechten Extrapositionsbereich des Norwegischen herrscht in MnP einige terminologische Verwirrung. Einmal steht das wenig spezifische „Satzende“ (S. 161). Der Terminus „Nachfeld“ kommt zweimal vor (S. 32, 57). Statt an dieser Bezeichnung festzuhalten, geht es indessen mit „Schlussfeld“ weiter (S. 62, Bsp. (81)–(82); S. 73, Bsp. (115); S. 78, im Text; S. 99, Bsp. (207)–(208); S. 125–126, Bsp. (306)–(307)), dessen NRG-Entsprechung „sluttfelt/Schlussfeld“ wie erwähnt ein schemainternes Feld bezeichnet. (Mit gleichem Bezug findet sich auch „exponiert“ (sic) auf S. 160, was möglicherweise als Fehlschreibung für korrektes „extraponiert“ zu verstehen ist.)
Norwegische Modalpartikeln stehen kennzeichnenderweise im Mittel- bzw. Nexusfeld des Satzes und nehmen dabei die erste Position ein vor anderen propositional oder thematisch bezogenen Adverbialen, etwa vergleichbar der Position deutscher Modalpartikeln vor der Satznegation im deutschen Mittelfeld (vgl. z. B. Zifonun et al. 1997, 1541–1545). Die Zentralstellung norwegischer Modalpartikeln im Satzschema ist dem zwischen dem „Thema“- und dem „Rhema“-Teil des Satzes angesiedelten „Phema“ in der logisch-semantischen Konzeption des deutschen Satzes von Zemb 1984, 106 et passim, vergleichbar.
Einzelne Modalpartikeln haben zusätzliche „externe“ Positionsmöglichkeiten. Vorfeldfähig im eigentlichen Sinne dürfte nur visst sein. In einer Voranstellungsposition, die nicht mit dem Vorfeld zu identifizieren ist, treten altså, bare und mon auf.
Im Unterschied zu deutschen Modalpartikeln, die im Nachfeld unmöglich sind (S. 32), ist Nachfeldposition einiger norwegischer Modalpartikeln üblich und in MpN durch zahlreiche Beispiele mit den Partikeln da 1/2 , jo, vel, visst und altså dokumentiert. Beispielweise ist nachgestelltes da in Imperativsätzen, z. B.: Kom nå, da !, im gesprochenen Norwegisch besonders geläufig (vgl. NRG 1997, 826). In der Schrift wird die Zäsur zwischen vorangehendem Satz und nachgestellter Partikel regelmäßig durch ein Komma markiert.
Bei linker und rechter Extraposition handelt es sich um Positionen, wo gegen die definitorische Forderung nach Unbetonbarkeit im Satzinneren nicht verstoßen wird.
Die nachfeldfähigen Modalpartikeln da, jo und vel (nicht aber nok, nå og visst) können noch dazu an einer Art Kopierung teilnehmen, die vom Verf. als „Doppelbesetzung“ (S. 32) oder „Reiteration“ (S. 99, 125) oder aber auch mit dem etwas weniger angemessenen Partizipialadjektiv „redupliziert“ (S. 141) bezeichnet wird, vgl. z. B. Det var da bra, da ; Det er vel nok, vel ; Det er jo sant, jo .
Von den norwegischen Doppelbesetzungen wird normalerweise nur in gesprochener Sprache Gebrauch gemacht. Im skandinavischen Raum sind Doppelbesetzungen für das Norwegische und Schwedische kennzeichnend; im Dänischen, wie im benachbarten kontinentalgermanischen Deutsch, gibt es sie nicht.
Die Nachstellung satz- bzw. propositionsbezogener Modalpartikeln, einzeln oder als Doppelbesetzung, lässt sich als nachgetragener Ausdruck epistemischer Stellungnahme zu oder als emotive Hervorhebung von der vorangehenden satzförmigen Proposition auffassen, was dem (S)VX-typologischen Charakter des Norwegischen entsprechen dürfte. Im gegenwärtigen gesprochenen Norwegisch werden mit etwa der gleichen Funktion gelegentlich auch volllexikalische Satzadverbiale auf die gleiche Weise nachgestellt (ähnlich wie im heutigen Schwedisch, s. SAG 1999, 4: 100), vgl. z. B.: Hun har likevel forstått det, kanskje ; Han hadde kommet seg unna politiet, heldigvis ; Nå var saken avgjort en gang for alle, forhåpentligvis . Hierher gehört auch egentlig, von dem der Verf. behauptet, es stehe „nur in Ausnahmefällen“ im Nachfeld; vgl. z. B.: Hva ville hun ha gjort da, egentlig ?
8 Einzelkommentare
Von der Partikelverwendung von nå heißt es, sie sei „distributionell genau so frei wie da“ (S. 84), was nicht stimmt, denn nå ist im Unterschied zu da nicht nachfeldfähig.
Bsp. (258) „*Jeg tror vi har nok en god del å snakke om“ (S. 112) wird als ungrammatisch markiert. Der Grund für die zweifelhafte Grammatizität dürfte in erster Linie ein Verstoß gegen die Stellung des finiten Verbs im norwegischen Nebensatz sein, vgl. die korrekte Version: Jeg tror vi nok har en god del å snakke om (oder mit „Anhebung“ von nok: Jeg tror nok vi har en god del å snakke om).
Die adverbiale Redewendung vel og lenge (S. 124) hat keine epistemische, sondern schlechthin temporale Bedeutung.
Es ist vermutlich ein „slip of the pen“, wenn es von der Modalpartikel visst zunächst heißt, sie markiere „eine Proposition nicht als subjektive Einschätzung bzw. fremdgestützte Behauptung“ (S. 142). Dem widersprechen die unmittelbar darauffolgenden Zitate wie auch die Charakterisierung von visst als „in bestimmten Kontexten [… Ausdruck] eine[s] Bericht[s] zweiter Hand“ sowie die deutsche Übersetzung durch angeblich (s. 149–150). In solchen Fällen handelt es sich um eine quotative Verwendung von visst, die sich wohl aus der Verwendung als „Evidenzindikator […] um externe Evidenz zu markieren“ (S. 146), herleiten lässt.
In Verbindung mit knapt und neppe (S. 171) wird behauptet, der Ausdruck (in Bsp. (452)) «det er neppe noen vei» impliziere, „dass es tatsächlich einen Weg gibt (aber eben auch nur den einen)“. Vielmehr wird dabei offengelassen, ob es einen Weg gibt oder nicht. Es ist überhaupt fraglich, ob knapt und neppe als Modalpartikeln einzustufen sind; die beiden Wörter gehören eher mit ikke in ein Negationsadverbparadigma: Det er ikke / neppe / knapt gått en uke siden sist.
In Bsp. (513) „Kan du egentlig bære kofferten?“ (S. 186) ist die Interpretation als Aufforderung unwahrscheinlich. Schwer nachzuvollziehen ist noch, wieso egentlig in Bsp. (518) „Hva vet du egentlig om medisinene du tar?“ „einen Themenübergang“ (S. 187) markieren sollte. Bei der Wiederaufnahme dieses Beispiels als Bsp. (521) (S. 191) wird behauptet, die Partikel egentlig lege nahe, «dass H ein gesteigertes Interesse an der Beantwortung der Frage haben sollte: […]“. Die Implikation der fraglichen „Stimulusfrage“ dürfte eher sein: „Du weißt zu wenig.“
Die Ansiedlung der Modalpartikel mon im Konjunktionalfeld des Satzes, wie in Bsp. (532) „Mon hun kommer“ (S. 195), ist abzulehnen. Die Position von mon am Satzanfang reflektiert die Position dieser ursprünglichen finiten Verbalform am Satzanfang von Entscheidungsfragen. Damit vergleichbar ist das bei weitem üblichere kanskje ,(ursprünglich) kan skje‘, d. h. ,kann geschehen‘, vgl. „Mon hun kommer?“ und Kanskje hun kommer? wie auch „Mon det?“ (S. 197) und Kanskje det?
Doppeldeutig ist Bsp. (484) „?Han døde bare“ (S. 179), wo das vorangestellte Fragezeichen gestrichen werden kann. Neben der vom Verf. vorgeschlagenen, pragmatisch weniger wahrscheinlichen Interpretation (i) „dass es eine noch schlimmere Konsequenz eines Skiunfalls geben könnte [als der Tod]“, hat der Satz auch die pragmatisch wahrscheinlichere Interpretation (ii) „Er ist einfach dahin gestorben“.
Bsp. (568) „[…] Men jeg har også foreldre som er fra Groruddalen, […]“ (S. 206) mit også hat in der Tat drei möglich Interpretationen. Wird også als auf das Subjekt bezogenes additives Adverb verstanden, ist die bedeutung (i) „Auch ich habe Eltern aus Groruddalen“. Wird også additiv, aber nicht-subjektbezogen verstanden, impliziert der Satz, (ii) dass der Sprecher zwei Elternpaare hat, wobei das eine Paar aus Groruddalen ist. Wird aber også als (iii) nicht-additive Modalpartikel mit Satz-, d. h. Propositionsbezug interpretiert, ist die faktische Herkunft der Eltern aus Groruddalen bedeutsam.
Dazu finden sich einige wenige norwegische Beispiele, die den norwegischen native speaker etwas befremdlich anmuten mögen. Etwas merkwürdig ist die Antwortpartikel jo als Antwort auf die Frage Bsp. (51) „Bygger Ola og Randi hus?“ (S. 35), weil mit jo normalerweise auf negierte Fragen respondiert wird. – In Bsp. (54) „Hvorfor slutter du ikke jobb hvis du ikke trives?“ (S. 43) sind Einfügung der Präposition på und Hinzufügung eines bestimmten Artikels erforderlich: Hvorfor slutter du ikke på jobben hvis du ikke trives? – In der festen Wendung ha det travelt darf das formale Objekt det nicht fehlen (S. 89). – In Bsp. (277) „Vi kommer nok inntil kl. 4“ muss es heißen; Vi kommer nok innen kl. 4 (oder før, nicht inntil) (S. 116). – In Bsp. (432) „?Christian Coleman er nesten verdens raskeste mann“ ist das vorangestellte Fragezeichen m. E. nicht berechtigt.
Mir sind nur wenige Druckfehler aufgefallen (Korrekturen im Fettdruck): kan sk je (S. 31); Dass man […] kann, zeig t etwa die GDS … (S. 33); s t år (S. 101); Die daraus sich ergeben d e Unschärfe (S. 119); oppmer ks om (S. 143).
9 Bilanz
Methodologisch bedeutsam und deskriptiv ertragreich ist in MpN das hauptsächliche Anliegen des Verf., anhand eines umfassenden empirischen Textkorpus die Beschreibung der Interpretation bzw. der Verwendungsbedingungen von Modalpartikeln auf eine logisch-semantische Grundlage zu stellen. Daraus ergeben sich viele einschlägige Aspekte berücksichtigende Interpretationen und Analysen, die, trotz gewisser konzeptueller und terminologischer Unzulänglichkeiten, der Forschung dennoch Erkenntnisgewinne und weitere Anregungen bringen mögen.
Der Verf. hätte sich bei der Zurechtlegung einer seinem Projekt angemessenen grammatischen Terminologie etwas mehr Zeit lassen sollen. Auch im redaktionellen Bereich wären Verbesserungen möglich. Das eher programmatische Vorhaben, „Modalpartikeln“ als eine grammatikographisch „neue“ eigenständige Wortart („Wortklasse“) zu etablieren, das offenbar deutsche eher als skandinavische Vorbilder hat, ist m. E. weniger überzeugend.
Aufschlussreich sind in Kapitel 4 die Übersichten über das Vorkommen der einzelnen Modalpartikeln in den verschiedenen Textsorten Sachprosa, Belletristik, Zeitungen und Periodika, Texten aus Fernsehsendungen sowie unveröffentlichtem Material einschließlich Kleindrucken (S. 71 et passim). Dadurch werden kennzeichnende Unterschiede zwischen den einzelnen Partikeln in Bezug auf Textsortenaffinität deutlich.
Sehr verdienstvoll sind die kontrastiv vergleichenden Abschnitte, welche die Darstellung der einzelnen norwegischen Partikeln in Kapitel 4 beschließen (S. 17, 58, 72–73 et passim). Hier wird auf knappem Raum und auf didaktisch einsichtige Weise über norwegisch-deutsche Kon- und Divergenzen informiert und durch die authentischen Beispiele deutschen Lesern praktisch nutzbare norwegische Idiomatik vermittelt.
Trotz der Einwände, die man haben mag, bietet die Monographie von Christian Donat dem Leser eine vielseitig problematisierende Darstellung, mit der sich künftige Forschungen zur norwegischen Partikelproblematik auseinanderzusetzen haben werden.
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