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Erweckt die Lücke an realer Begegnung und Ortswechsel eine neue bibliothekarische Vernunft, die der virtuellen?

Ein Bericht aus der Hochschulbibliothek der Technischen Hochschule Wildau
  • Frank Seeliger EMAIL logo , Katrin Ockel EMAIL logo and Felix Salaske EMAIL logo
Published/Copyright: July 10, 2021
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Zusammenfassung

Die Corona-Pandemie birgt neben den großen Herausforderungen auch Chancen, Wandel positiv zu gestalten. An der Hochschulbibliothek Wildau wurde bereits im Jahr 2019 die Agenda 2025 erarbeitet, deren Inhalte in verschiedenen Bereichen wie Infrastruktur, Raum- und Personalentwicklung ohne den gewohnten Publikumsverkehr nun noch fokussierter umgesetzt werden konnten.

Abstract

Apart from innumerous challenges, the coronavirus pandemic has also offered opportunities for change in positive ways. Wildau University Library have developed their „Agenda 2025“ in 2019. In the pandemic-induced temporary absence of public users, the contents of this agenda could be implemented in more focused ways and in various areas ranging from infrastructure and spatial issues to staff development.

Die aktuellen, in ihrer Art einmaligen Herausforderungen der beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 und die nun anstehende Planung der schrittweisen Öffnungsstrategien lassen einem kaum Zeit für die Rückschau oder einen distanzierteren Blick à la lesson learned darauf. Blickt man zurück, dann gilt die wachgerüttelte Erinnerungskultur morbiden Perioden, in denen andere hochinfektiöse Krankheiten ganze Populationen beschäftigten, von Pest und Pocken bis zur Spanischen Grippe. Wie wird man aber auf diese bald zwei Jahre zurückschauen und sie mit welchem griffigen Label als Markenzeichen charakterisieren?

Als Schlagwort für die greifbaren Ereignisse der Jahre 1989/90, als beide deutschen Teile wieder zusammengeführt wurden, etablierte sich der Begriff der „politischen Wende“. Wird man 2020/21 als „hard-line digital turn“ bezeichnen?

So wie ein fernöstlicher Virusausbruch Ende 2019 von Wuhan aus globale Auswirkungen zeitigt, bescherte vor zweihundert Jahren ein fernöstlicher Vulkanausbruch hierzulande das sogenannte „Jahr ohne Sommer“ (1816). Werden rückblickend 2020/21 als „Jahre ohne Ortswechsel und des fernen Miteinanders“ in die Annalen eingehen?

Die immer noch obwaltenden Anstrengungen durch die Pandemie, das Reagieren auf kurzfristige Änderungen etc. stehen uns ins Mark geschrieben. Aber was bleibt sonst aus einer Zeit, in der das Homeoffice uns zum Königsberg Kants wurde, welches wir kaum verließen? Kamen wir durch das Ortskontinuum zu einer anderen bibliothekarischen Vernunft in unserem Handeln und Agieren? Und was wird davon bleiben, wenn die post-coronale neue Normalität nicht mehr ganz die alte aus der Zeit vor der Pandemie sein wird?

Zwei Perspektiven lassen sich einnehmen, um einer umfassenden Antwort näher zu kommen. Der eine point of view greift den Modus Operandi auf, wie er sich täglich, teils täglich neu, ergibt. Die zweite Sicht auf die Pandemie kann für unser Bibliotheksteam gewonnen werden, reflektiert man das bisherige Handeln mit Blick auf die im November 2019 fertiggestellte Agenda 2025 der Wildauer Hochschulbibliothek als Referenzrahmen, wie sie vor der Pandemie als erstrebenswert vorlag. Gegebenenfalls ist eine Neujustierung der strategischen Ausrichtung notwendig. Eine an die Agenda gerichtete Frage lautet demgemäß, wie krisenfest ist sie.

Abb. 1: Agenda 2025 der Wildauer Hochschulbibliothek.
Abb. 1:

Agenda 2025 der Wildauer Hochschulbibliothek.

Bevor auf beide Perspektiven eingegangen wird, soll nicht unerwähnt bleiben, dass sie einen gemeinsamen Ausgangspunkt haben. Dieser liegt in den Prozessen, die unbeeinflusst von den obwaltenden Umständen fortgeführt werden. Es sind die Routinen, die im erwartbaren Rahmen ihres Verhandelns bleiben, von Erwerbung, Katalogisierung, Fernleihe bis hin zu den Vermittlungsaufgaben von Information Literacy. Darunter fallen auch Projektarbeiten, z. B. bei der Umstellung der einen Plattform für die Erfassung hochschuleigener Publikationen (PubLister) auf eine neue (HISinOne), gemäß des Kerndatensatzes für Forschung (KDSF).

Rabota, rabota, rabota (russ. Arbeit)

Die erste Fokussierung umfasst die Perspektive aus dem aktuellen und pragmatischen Handeln – wie in vergleichbarer Weise ein Fußballer das noch laufende Spiel zu analysieren versucht. Man kann kaum anders, als aus der Vita activa seit März 2020 zu schöpfen. Identisch zu vergleichbaren Informationseinrichtungen wurde in Wildau geräuscharm auf Telearbeit und Homeoffice umgestellt, mit technischen Endgeräten und Zugängen nachgerüstet, der Besucherstrom kontingentiert und regelbasiert auf das Hygienekonzept inklusive digitaler Erfassungsmodi justiert. Die vorhandenen Ressourcen konnten entsprechend ausgesetzter Dienstleistungen konzentriert in Projektarbeit eingesetzt werden. Das betrifft in Wildau z. B. die Umstellung der nach der GHB-Systematik aufgestellten Werke auf die RVK-Notation inklusive einer intensiven Aussonderung oder die Kataloganreicherung (Verschlagwortung und Digitalisierung der Inhaltsverzeichnisse) der im Sammelauftrag befindlichen hochschuleigenen Abschlussarbeiten. In Kooperation mit zusätzlichen Landesmitteln im Werteumfang eines Mittelklassewagens konnten digitale Angebote deutlich ausgebaut werden, was neben der nun lizenzierten und schon lange gewünschten Normdatenbank auch Fernzugänge für Einzelarbeitsplatz-lizenzierte Produkte betrifft. Im Betätigungsrahmen einer Technischen Hochschule gingen das Rechenzentrum, das iCampus-Team für neue digitale Dienste, wie die gesamte Hochschulleitung engagiert Hand in Hand, sodass notwendige Schutzmaßnahmen, Videokonferenzsysteme, die QR-Code gestützte Registrierung für die Kontaktverfolgung etc. mit sportlicher Performance und produktiver Reife durch das Maßnahmenziel gehievt wurden. Wohlwollen im virtuellen Umgang, koordiniertes Miteinander und eine große Breite an Unterstützung trafen bibliothekarisches Handeln in dieser Krisenzeit.

Eine Besonderheit und als externer Einflussfaktor vermutlich weitere Hochschulbibliotheken in den neuen Bundesländern betreffend, gesellt sich ein teils umfangreicher Aufgabenkatalog hinzu, der die anstehenden Jubiläen einiger Hochschulen betrifft. In diesem Jahr feiert die TH Wildau ihr dreißigjähriges Bestehen, wozu zahlreiche Projekte und Events, welche auf reale Begegnungen zielten, in virtuelle Ziele umgewandelt werden, samt der Umwidmung der dafür veranschlagten Mittel. Für die Bibliothek der TH Wildau, die damit zusätzlich in den Genuss freigewordener Ressourcen keines geringen Umfanges kommt, ist damit im Wesentlichen das Projekt der Visualisierung der knapp 15.000 Abschlussarbeiten verknüpft. Seit Hochschulgründung wird das jeweils dritte Exemplar von jeder Abschlussarbeit (Diplom, Bachelor, Master) der Bibliothek als Beleg- und Ansichtsexemplar übereignet. Dieses vor allem bibliographische Vermächtnis der Studierenden, zusammen mit ca. 60 kooperativ entstandenen Dissertationen, gilt es nach verschiedenen Kriterien bis Oktober diesen Jahres zu visualisieren. Hierzu bedarf es aktuell mehrerer Schritte. Sie reichen von der vollständigen Erschließung der Abschlussarbeiten (Verschlagwortung und Scannen der Inhaltsverzeichnisse) über die Reinigung der teilweise vom Schimmel befallenen Exemplare bis hin zur Ausschreibung einer entsprechenden Web-Anwendung und deren Entwicklung durch einen externen Dienstleister. Als Ergebnis soll die Datenvisualisierung eine Entwicklung bei den Abschlussarbeiten anzeigen, wie z. B. zu thematischen Schwerpunkten, zu quantitativen Aussagen kommen etc.

Wie praxistauglich ist eine Agenda 2025 in unruhigen Zeiten?

Neben dem Fortbestand grundlegender Prozesse des Bibliotheksbetriebs, den Pandemie-bedingten Einschränkungen und Vorkehrungen inklusive der daraus resultierenden Projektorientierung, die bei der Umsystematisierung von GHB auf RVK bereits 2017 begann, den bibliotheksbezogenen Jubiläumsvorbereitungen für die Hochschule etc. ist das Handeln und Ausrichten der Bibliothekstätigkeiten seit dem Jahr 2020 im Wesentlichen nach der Agenda 2025 ausgerichtet. Dieser Fünfjahresplan vom Stand November 2019, der im Rahmen eines Praktikums mit der Potsdamer Studentin Ramona Schneider ausgearbeitet wurde, legte Entwicklungsziele für die folgenden Bereiche fest:

  • das Leit- und Selbstbild,

  • kundenorientierte Dienstleistungen,

  • den Ort der Bibliothek,

  • die Medien,

  • die Infrastruktur,

  • die Kommunikation,

  • die Publikationsdienstleistungen und

  • die Personalentwicklung.

Aufschlussreich ist der Blick auf die Zwischenziele, wie sie sich im Zuge der Viruswelle darstellen, im dramaturgischen Spagat von unbeeinflussbar erreichbar über prokrastinieren bis hin zu gestrig im Sinne einer Zielrevidierung. Die acht Bereiche der Agenda seien hiermit nach etwas mehr als einem Jahr auf ihren erreichten Stand kurz resümiert:

Als erste Dimension ist im Leitbild eine hohe Bereitschaft zur Veränderung und zum Wandel festgehalten, weiterhin zur Güte und Geschwindigkeit der Serviceerbringung, kurzum: eine zeitgemäße Handwerkerehre. Gerade dafür ist der Bibliothek von verschiedenen Seiten, Kunden, Präsidium bis Bibliothekskommission ein gutes Zeugnis ausgestellt worden. Dennoch weiß das Team um Schwächen, an denen weiterhin intensiv gearbeitet werden muss. Ein Beispiel ist die zügige und vollständige Erfassung der oft in Paketen erworbenen E-Books in den eigenen Nachweisinstrumenten. Gerade in der Phase der Renaissance von digitalen Lehrwerken stellt sie eine der größten Baustellen dar auf einem Gebiet, auf dem Bibliotheken über Generationen hinweg für gedruckte Werke einen Goldstandard setzten.

Ein anderer Aspekt betrifft die Bibliothek als Ausbildungsbetrieb für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste (FaMI), wie sie sich seit fast zwanzig Jahren mit jährlich mindestens einer Ausbildungsstelle an der Förderung von Nachwuchs beteiligt. Verbunden mit einem nahtlosen Generationswechsel der Ausbilderin findet diese generische Aufgabe gleichfalls in diesem Jahr mit zwei Ausbildungsstellen ihre Fortsetzung. Die Pandemie-bedingten Einschränkungen betrafen ausschließlich Praktika von Schüler*innen und Studierenden. Ungewohnt, aber machbar sind crossmediale Ansätze des Kennenlernens, um über den telegenen Eindruck gegebenenfalls in eine arbeitsvertragliche Verbindung zu kommen.

Darüber hinaus konnten neue Dokumentationen zur Herstellung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit bibliothekarischen Handelns in die hochschuleigene Prozesslandschaft eingebracht werden. Dies betrifft die Aktualisierung der Publication sowie der Open Access Policy und die Aussonderungsrichtlinie.

Der Aspekt der kundenorientierten Dienstleistungen schwingt in allen anderen sieben Zieldimensionen mit, erhält mit der Pandemie aber ebenfalls einen „hard-line digital turn“. Bestach die Informationseinrichtung vor der Pandemie mit der räumlichen Präsenz durch den unverwechselbaren Charme einer denkmalgeschützten Industriehalle, der Freundlichkeit im Umgang, stehen die Online-Angebote in einem härteren Wettbewerb mit anderen Diensten und ihren Anbietern. Daher ist es eine wichtige Aufgabe, der Bibliothek ein schärferes Online-Profil zu geben – eines, das für Qualität, werbefreie Datenhoheit und Unvoreingenommenheit steht, bei dem es direkte Ansprechpersonen gibt, oder die Sichtbarkeit von Dienstleistungen zu erhöhen (z. B. für IP-Range gesteuerte Lizenzräume). Systematischer als bislang müssen spezifische Zielgruppen (neu berufene Professor*innen, Studierende während der Thesis-Phase, nichtwissenschaftliches Personal) analysiert und informiert werden, da gerade in der digitalen Ära immer wieder überrascht, um welche Möglichkeiten sich Nutzer*innen aus Unkenntnis bringen. Um neue Kooperationen z. B. mit den Studierenden (StuRa, StuPa), Multiplikatoren in der Lehre aufzusetzen, sind Anfänge gemacht. Aus diesen Kooperationen heraus Service zu entwickeln, wird der nächste Schritt sein. Ein konkretes Projekt betrifft die Umsetzung der virtuellen Leselounge zusammen mit Studierenden des StuRa.

Abb. 2: Halle 10, 3 Generationen.
Abb. 2:

Halle 10, 3 Generationen.

Die Entwicklung des Raumes ist mit der Pandemie etwas zurückgestellt worden, da gerade dessen Nutzung stark eingeschränkt ist, auch wenn die Bibliothek nach einmonatigem Lockdown im März / April 2020 seitdem ununterbrochen geöffnet ist. Der Service des 24/7-Zuganges für Hochschulangehörige kam während der Zeit vollends zum Erliegen. Dennoch ließen sich Fortschritte bei der Umgestaltung des Bereichs der Lehrbuchsammlung zur Leselounge erreichen. Neben dem planerischen Konzept sind Ertüchtigungsmaßnahmen des Raumes durch entsprechende Gewerke umgesetzt worden. Andere Themen wie Begrünung, Verschattung, Neugestaltung des Tresens sind nicht vorangebracht worden. Die bauliche Umsetzung von Maßnahmen, unabhängig von der Pandemie, gestaltet sich für brandenburgische Hochschulbauten insgesamt schwierig, sieht man von den attraktiven Gebäuden insgesamt ab. Da die Bauherreneigenschaften im Land nicht von der Hochschule bestritten werden, sind die Abhängigkeiten von entsprechenden Landesbehörden stark ausgeprägt. Eingeschränkt war in der Entwicklung eines räumlichen Anreicherungsportfolios z. B. die Serviceerweiterung der Funktionalitäten des humanoiden Roboters Wilma. Mit Wilma muss vor Ort gearbeitet werden, was für das Support- und Entwicklungsteam aus Studierenden durch das Eingebundensein in die digitale Lehre nicht zu bewerkstelligen war. Alternativ wurde für die künftige Kommunikationsmöglichkeit des Pepper-Roboters über Hören, Verstehen und Sprechen ein Chatbot aufgebaut (benannt mit: Frag Wilma). Diese virtuelle Plattform als textliches Dialogsystem soll über die Landing-Page der Bibliothek erste Dienste reflektieren und Erfahrungen sammeln, die anschließend auf Wilma als Roboter portiert werden und zur Anwendung kommen.

Eine wichtige Aufgabe im Bereich der Medien stellt die Medienpräsentation dar. Nach eigenem Verständnis hat die Bibliothek ihren Teil des Assistenzauftrages in Lehre und Forschung dann erfüllt, wenn angehörige Studierende und Wissenschaftler alle relevante Literatur im Bestand ihrer Bibliothek für ihren Beitrag haben einfließen lassen können. Gemäß dem Zitat vom ehemaligen DFG-Präsidenten, Peter Strohschneider: Manchmal muss man Indien suchen, um Amerika zu entdecken, bietet die Wildauer Hochschulbibliothek neben einem zentralen Sucheinstieg über das Discovery-Tool Wilbert viele weitere Recherchemöglichkeiten an. Dies betrifft Angebote im gleichen Nachweisinstrument, darüber hinaus andere Plattformen, um ebenfalls dem Aspekt der Serendipität gerecht zu werden. Im letzten Jahr betraf dies z. B. die Anreicherung der Suchmaschine Wilbert mit neuen Facetten und Filterfunktionen, um über die RVK-Systematik-Treffer filtern zu können oder via den CrossRef-Daten neben üblicherweise Titeln von selbstständigen Werken und Periodika gleichfalls Online-Artikel, welche über eine DOI verfügen, zu finden. Mit anderen Worten ist mit den genannten Werkzeugen erstmals seit 2020 eine systematische Recherche mit komplett eigenen Lösungen möglich.

Der qualitative Ansatz beinhaltet neben der Datenbereinigung die schnellere Datenverfügbarkeit von E-Book-Titeln. Hierfür werden verschiedene Wege getestet, um z. B. über alleinige Verlagsdaten den Besitznachweis frühestmöglich im Discovery-Tool verfügbar zu haben.

In den Kontext der Medienpräsentation fällt ein weiteres Projekt, das nach zwei Praktikumsarbeiten aktuell die zweite in diesem Projektrahmen erstellte Abschlussarbeit darstellt. Die prototypische Entwicklungsarbeit trägt den Titel „E-Book-to Go“ und zielt auf die Überwindung des Medienbruchs. Als lokal basierter Service soll über einen optischen Marker am Bücherregal entsprechend der RVK-Systematik ermittelt werden können, welche Werke – neben den sichtbaren vor Ort – entliehen sind und welche als E-Book das betreffende Sortiment ergänzen.

Zur besseren Visualisierung des Medienbestandes konnte man sich mit Sondermitteln einer weiteren Aufgabe annehmen. Es betrifft die mittlerweile über verschiedene Vertragsformen zugänglichen Online-Zeitschriften (ca. 18.000 Titel), die mit Tools wie Wilbert, EZB, ZDB für Kunden nicht optimal wiedergegeben werden. Über das Produkt BrowZine als Coverportal sind adäquate Clusterungen nach Themen, Suchen, Profildiensten und die Wiedergabe von Inhaltsverzeichnissen möglich. Somit hoffen wir, über Linkresolver etc. hinaus verschiedenen Zielgruppen den Zugang zu entsprechenden Inhalten zu erleichtern.

Im Fokus der Infrastruktur der Medienverwaltung steht ein Lokalsystem, welches seit längerer Zeit nicht mehr allen aktuellen Anforderungen gewachsen ist. Die Suche nach Alternativen und Ergänzungen setzte ein, als im Jahr 2013 parallel zum vorhandenen webOPAC mit dem Bibliotheksverbund KOBV und im Rahmen der dortigen ALBERT-Familie das Discovery-Tool Wilbert aufgebaut wurde. Dieser etablierte Dienst wird aktuell über eingeworbene Landesmittel um eine Kontofunktionalität mit Anbindung an die Kundendaten des jeweiligen Lokalsystems erweitert. Weitere funktionale Erweiterungen sind parallel zum altehrwürdigen Lokalsystem hinzugekommen, wie die zentrale Erfassung der COUNTER-Statistiken, ein Linkresolver etc. Mit dem Jahr 2020 gesellte sich als ERM-System LAS:eR hinzu. Es bleibt die Frage, welche Aufgabe dem Lokalsystem künftig zukommt und welcher Kostenrahmen dafür aufzuwenden ist. Zur Marktsichtung und Evaluierung vorhandener Alternativen konnten die eigenen Prozesse erfasst, teils priorisiert werden. Das Gesamtpaket befindet sich in einem landesinternen Projektantrag, abgestimmt mit den brandenburgischen Hochschulbibliotheken, wieder. Die notwendigen Abstimmungsprozesse wären in dieser Geschwindigkeit ohne Videokonferenzsysteme nicht in der Zeit zum Abschluss gebracht worden.

Durch fehlende reale Begegnungen kommt der virtuellen Kommunikation im Zuge der Digitalisierung eine besondere Rolle zu. Etabliert haben sich in der externen Kommunikation eine sehr aktuell und zweisprachig Englisch / Deutsch aufgestellte Homepage, Push Notifications über die TH-eigene App UNIDOS, neben klassichen E-Mail-Verteilern. Intern bilden ein Intranet über die Blogsoftware Serendipity mit spezifischen Erweiterungen und für Dokumentationen ein eigenes Wiki seit über zehn Jahren sehr gut die teambezogenen Bedarfe ab. Die ursprüngliche Agenda visiert bis 2025 eine grundlegende Überarbeitung der bisherigen Kommunikationskanäle und des Wissensmanagementsystems an, was ressourcenbedingt zurückgestellt werden musste. Die zügige Umstellung auf ausschließliche Online-Schulungen, Hinweise auf neue Produkte und Dienstleistungen (BrowZine, Zugang zur Perinorm, Shibboleth-Authentifizierung zu lizenzierten Produkten etc.) zeigt jedoch die Bedeutung von Kommunikation sehr deutlich auf. Werden Zugänge und Angebote nur von wenigen angenommen, schlägt sich dies in Nutzungsstatistiken wider, die letztendlich für eine Fortlizenzierung von Produkten mitentscheidend sind. Über den neuen Service THInsights, einem öffentlich zugänglichen Blog für interne News der TH Wildau, konnten einige Beiträge öffentlichkeitswirksamer geliefert werden, aber dies kann erst der Anfang einer grundständigen Aufarbeitung aller Möglichkeiten sein. Eine neue Möglichkeit wurde im ersten Corona-Jahr gestartet, die der eigenen Onlinetutorials.

Die Hochschulbibliothek aktiver als Publikationsdienstleister mit einzubringen, ist gleichfalls eine Zieldimension der Agenda 2025. Die Ziele der Bibliothek waren hochgesteckt und flankiert von einer eigenen Open-Access-Policy, die durch eine Gesamtbrandenburger Open-Access-Erklärung Verstärkung fand. Die zweimalige Förderung durch die DFG konnte in einen eigenen Publikationsfond umgewandelt werden. Ebenfalls kann in Zukunft dem Wunsch entsprochen werden, hochschuleigenen Konferenzen eine Plattform zur Ergebnissicherung anzubieten, die wiederum den Open-Access-Gedanken stützt. In einem Rahmenvertrag mit der TIB Hannover wird eine Reihe „Engineering and Natural Sciences Proceedings“ für den Zeitraum bis 2025 eingerichtet.

Ein weiteres Ziel umfasste den Aufbau einer webbasierten Plattform zur digitalen Abgabe der Abschlussarbeit, wie sie als drittes Exemplar jeder akademischen Abschlussarbeit in der Bibliothek zu hinterlegen ist. Entsprechend der Rahmenordnung sind der Bibliothek eine gedruckte und eine digitale Version zu übergeben. Bislang waren den gedruckten Werken digitale Kopien über verschiedene Speichermedien angeheftet. Das Projekt, aus der webbasierten Anwendung des Thesis-Planers, über den alle Prozesse der Betreuung von Abschlussarbeiten an der TH Wildau für die Studierenden, Gutachter bis Betreuer gelotst werden, in eine Verwaltungsumgebung der Bibliothek zu überführen, ist in vollem Gange. Die technische Umsetzung über die vom Bibliotheksverbund KOBV gehostete OPUS-Software samt Klärung aller rechtlichen Schritte ist realistisch für das dritte Quartal 2021 zu erwarten.

Eine letzte Forderung aus einer Bedarfsumfrage betraf den Service der technisch unterstützten Plagiatsdetektion inklusive Aufbereitung von Informationen zur guten wissenschaftlichen Praxis bis hin zum Fehlverhalten, was mit Vorliegen dieses Beitrags umgesetzt ist.

In der Zieldimension Personalentwicklung der Agenda 2025 ist u. a. ein Ressourcenaufwuchs bei der Auswertung anfallender Nutzungsstatistiken anvisiert. Die Notwendigkeit, das Nutzungsverhalten auf allen Angebotskanälen im analysierenden Blick zu behalten, hat sich gerade in den letzten beiden Jahren als wichtiges Element der Entscheidungsassistenz erwiesen. Limitierte Mittel, zahlreiche Servicedesiderata aus Lehre und Forschung erfordern eine ständige Überprüfung ihrer Wirksamkeit und heben die Bedeutung des personellen Mehraufwandes. Projektbezogen auf das angesprochene Jubiläum, das Einsetzen Corona-bedingter Sondermittel und weiterer Projekte ist dem Bibliotheksteam eine halbe Projektstelle zugestanden worden. Perspektivisch ist die Hoffnung verbunden, diese zu verstetigen und auf das genannte Thema mit anzusetzen.

Der Reigen an Beispielen aus der Agenda 2025 heraus, dem Regelbetrieb, den um die Pandemie sich ergebenden Notwendigkeiten und Chancen, sei hiermit beispielhaft für eine Hochschulbibliothek Genüge getan. Für das Wintersemester 2021/22 werden aktuell die Szenarien diskutiert, schrittweise zum Präsenzbetrieb zurückzukehren. Für das Wildauer Bibliotheksteam wird diese zurückkehrende Normalität neu sein insofern, dass optionale Telearbeit weiterhin den Alltag partiell mitbestimmen wird und die Online-Präsenz an Kontur gewonnen hat. Der digitale Wettbewerb mit anderen privatwirtschaftlichen und ebenfalls öffentlichen Dienstleistern zeigte deutlich die bisherigen Stärken und Schwächen. So lässt sich für Wildau insgesamt festhalten, dass es an digitaler Reife hinzugewonnen hat, wohlwissend, welche Strecke sich nach wie vor auftut zwischen erreichter und möglicher Informationsversorgung der Zielgruppen. Der bisherige Impact auf Lehre und Forschung durch adäquate Informationsversorgung zeigt unmissverständlich, dass Aufhol- und Nachbesserungsbedarf besteht. Gute COUNTER-basierte Nutzungsstatistiken sind dafür nicht alleinig ausschlaggebend.

Published Online: 2021-07-10
Published in Print: 2021-07-27

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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