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Tagungsbericht: Dritter „Tag der Bestandserhaltung“ in Berlin und Brandenburg am 8. Oktober 2013

  • Elisabeth Balihar

    Elisabeth Balihar B.A.

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Veröffentlicht/Copyright: 8. April 2014
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Zusammenfassung:

Am 8. Oktober 2013 fand auf dem Gelände der Universität Potsdam Griebnitzsee der dritte „Tag der Bestandserhaltung“ statt, der vom Kompetenzzentrum Bestandserhaltung für Archive und Bibliotheken in Berlin und Brandenburg organisiert wird. In diesem Tagungsbericht wird ein kurzer Abriss über die Vorträge, Workshops, Präsentationen und Führungen gegeben. Themen waren u. a. die KEK-Modellprojekte 2012 aus der Region, Servicestellen für Digitalisierungsprojekte in Berlin und Brandenburg, die neue maschinell elektrostatische Reinigungsanlage mit Standort in Hildesheim sowie die am Nachmittag durchgeführten Workshops und Führungen.

Abstract:

The third Preservation Day took place at the University of Potsdam Griebnitzsee on 8 October 2013 and was organized by the centre of excellence for preservation issues in archives and libraries in Berlin and Brandenburg. A brief outline of the lectures, workshops, presentations and guided tours will be given in these proceedings. Some of the main issues were the regional pilot projects run by the Coordination Office for the Preservation of the Written Cultural Heritage (KEK) in 2012, service centers for digitization projects in Berlin and Brandenburg as well as the new mechanical electrostatic cleaning system for culturally valuable objects located in Hildesheim.

Der vom Kompetenzzentrum Bestandserhaltung für Archive und Bibliotheken in Berlin und Brandenburg (KBE) ausgerichtete dritte „Tag der Bestandserhaltung“ fand mit 96 Teilnehmer/innen am 8. Oktober 2013 auf dem Universitätsgelände der Universität Potsdam Griebnitzsee statt.

Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit Grußworten von Peter Borchardt, Abteilungsleiter Sammlungen in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, und dem KBE-Fachbeiratsvorsitzenden Prof. Dr. Mario Glauert, Vorsitzender des Fachbeirats des KBE, stellvertretender Leiter des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Herr Borchardt eröffnete seine Begrüßung mit einer positiven Neuigkeit: die Vereinbarung zwischen dem Land Berlin, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) des Landes Brandenburg und der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) zum KBE ist Anfang Oktober 2013 beschlossen worden. Dies bedeutet, dass ein neuer Fachbeirat gewählt werden kann und die Kontinuität der Finanzierungen der Maßnahmen ausgebaut und Fortbildungsangebote intensiviert werden können. Dadurch konnte eine weitere Stelle im KBE ausgeschrieben werden, so dass es zu einer Verstärkung der derzeit einzigen Mitarbeiterin kommen wird.

Herr Prof. Dr. Glauert drückte ebenfalls seine Freude über die aktuellen Neuigkeiten aus und bedankte sich dafür ausdrücklich bei Herrn Nowak (MWFK), der an diesem Vormittag anwesend war und sich an der Vereinbarung maßgeblich beteiligt hatte. Anschließend berichtete Prof. Dr. Glauert vom ersten „Tag der Bestandserhaltung“ in Stralsund, welcher in einem ähnlichen Format wie der Berlin-Brandenburger „Tag der Bestandserhaltung“ aufgestellt war. Ausschlaggebend für die Organisation dieses Tages waren die Bücher der Gymnasialbibliothek in Stralsund. Nach einer Veräußerung eines Buchbestands an die Öffentlichkeit wendete sich ein Käufer an den Oberbürgermeister von Stralsund und wies darauf hin, dass die Bücher in schlechtem Zustand und teilweise von Schimmel befallen seien. Hinzu kam die massive Fehleinschätzung der Archivleitung zur Bedeutung der verkauften Bände, da ein Gutachten ergab, dass es sich bei der Büchersammlung aus der alten Gymnasialbibliothek um bedeutendes Bibliotheksgut handelt. Die Schimmelbelastung war im Sommer 2012 im Zusammenhang mit dem geheimen Verkauf von 6.000 Büchern aus dem Bestand des Archivs publik geworden und hatte deutschlandweit zu Protesten geführt. Die Brisanz des dort viel diskutierten Themas zeigt, dass die Vermittlung von Fachwissen immer noch Priorität haben muss.

Nach diesem Auszug aus dem aktuellen Geschehen in Mecklenburg-Vorpommern wurde das Programm kurz umrissen und anschließend mit dem ersten Vortrag zur „Lage der Bestandserhaltung in Berlin und Brandenburg“ auf Grundlage der 2012 erzielten Umfrageergebnisse des KBE begonnen, dies war die zweite Umfrage dieser Art. Referentin Maria Winkler, Lektorin und Redakteurin, führte die Umfrage für das KBE durch, wertete diese nach Abschluss aus und stellte sie nun dem Fachpublikum vor. Der ausführliche Bericht zu den Ergebnissen ist auf den Webseiten des KBE www.zlb.de/kbe in der Rubrik „Tag der Bestandserhaltung“ zu finden.

Der verbleibende Vormittag galt den KEK-Modellprojekten 2012 aus der Region Berlin und Brandenburg. Einleitend begann Dr. Ursula Hartwieg die Vergabesituation zu den eingereichten Anträgen 2012 zu schildern. Anschließend wurden zwei Modellprojekte aus Berlin vorgestellt.

Angelika von Knobelsdorff, Universitätsbibliothek Technische Universität Berlin, referierte über die „Restaurierung von Zuckerliteratur“, die durch die KEK-Mittel ermöglicht wurde. Die weltweit umfassendste Sammlung zu diesem Thema besteht aus ca. 35.000 Bänden zur Zuckertechnologie, Zuckerchemie und Zuckerindustrie, ebenso ein historischer Bestand an Originalausgaben mit ca. 230 Monografien und 550 Zeitschriftenbänden. 1945 wurden 11.500 Bände abtransportiert/demontiert. Bis heute befindet sich ein Teil im Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Zuckerindustrie in Kiew/Ukraine. 2010 wurde eine Revision und Schadensanalyse im gesamten Rara-Monographien-Bestand durchgeführt. Das Ergebnis beim Zuckerbestand war, dass 49 von ca. 230 Rara-Monographien mit Schadensmerkmalen (Erscheinungsjahre 1695–1904) notiert wurden. Im Antrag an die KEK wurden Kosten für Bestände mit Erscheinungsjahr bis 1850 von 14.700 € veranschlagt, bewilligt wurden 7.500 € mit einem vorgesehenen Eigenanteil der Universitätsbibliothek von 7.200 €. Am 27. Juni 2013 fand in Kiew in der Nationalen Parlamentsbibliothek der Ukraine die feierliche Übergabe von 713 Bänden aus der ehemaligen Bibliothek des Instituts für Zuckerindustrie an die Universitätsbibliothek der TU Berlin statt.

Vor der Mittagspause stellte Dr. Petra Lennig, Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité, das zweite KEK-Modellprojekt, die „Restaurierung von Rudolf Virchows Sektionsprotokollen“ vor. Die Sektionsprotokolle bestehen aus 46 Bänden und sind zwischen 1856 und 1902 erschienen. Trockenheit und Tintenfraß setzen den Protokollen zu, viele Seiten sind zusammengeklebt, die Buchrücken aus Leder sind stark zerfallen. Ein von der KEK geförderter Band von 1876 wies neben Verschmutzungen, Rissen und Säurefraß in den Randbereichen sowie an Einband und Bindung durch Benutzung Beschädigungen auf. Im aufwendigen Papierspaltverfahren wurde jeweils eine Seite zwischen zwei mit Gelatine beschichtete Trägerpapiere gelegt und gepresst. Zog man sie wieder auseinander, spaltete sich das Originalblatt in zwei Hälften. Dazwischen wurde nun ein hauchdünnes Japanpapier eingeklebt und das Ganze wieder zusammengeheftet. Der Charakter des Originals bleibt erhalten – und gleichzeitig ist das Papier entsäuert. Mit diesem Vorzeigeobjekt will das Museum nun um Sponsoren für umfassendere Maßnahmen werben.

Nach einer kleinen Kaffeepause wurde eine weiterentwickelte Anlage zur elektrostatischen Reinigung von Stäuben bzw. aufliegenden Partikeln von einem der Entwickler, Ernst Becker, mittels eines kleinen Films vorgestellt. Weiter waren Prof. Ulrike Hähner, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), und Prof. Dr. Gerhard Banik, Universität für Angewandte Kunst Wien, in den Entwicklungsprozess involviert. Die ursprünglich an der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha eingesetzte maschinelle Technologie der elektrostatischen Reinigung zur Behandlung der Feinstaub-kontaminierten Karten des Perthes-Bestandes konnte damit erfolgreich weiterentwickelt werden. Neben der maschinellen elektrostatischen Reinigung für planliegende Objekte wie Archivgut, Sammlungen, Bibliotheksgut ist die neue Anlage deutlich kleiner als der Prototyp. Statt ursprünglich acht Meter lang und zwei Meter breit ist sie nur noch drei Meter lang und 1,30 Meter breit. Außerdem digitalisiert sie das eingelegte Kulturgut in einem Arbeitsgang.

Von der vielfältigen interdisziplinären Forschungs- und Entwicklungsarbeit rund um die neue Technologie profitieren auch die Studierenden der HAWK, denn sie werden aktiv eingebunden und die neuen Erkenntnisse in der Lehre vermittelt. Eine von ihnen ist Friedricke Krause, die ihre Masterthesis „Effektivität verschiedener Oberflächenreinigungsmethoden bei Mengenbehandlungen von Archivgut“ in Zusammenhang mit der neuen Anlage vorstellte. Bei der Frage nach Effektivität sieht die Idealvorstellung vor, eine hohe Partikelabnahme in kürzester Zeit zu erzielen, ohne die Oberfläche des Originals dabei zu verändern. Dabei muss seitens der Anwender die durchzuführende Maßnahme wirtschaftlich sein, unzulässige Nebenwirkungen müssen definiert werden und die Anforderungen an die Qualitätssicherung müssen eingehalten werden. Überprüft wird die Effektivität entweder visuell ohne weitere Hilfsmittel oder mit Hilfsmitteln, beispielsweise mit Mikroskopen. Zu den direkten Nachweismitteln gehört dann der Partikelzähler, ein Ausschnitt wird vor und nach der elektrostatischen Reinigung betrachtet und die Partikel werden markiert. Bei der indirekten Nachweismethode kann man zwischen der Weißgradbestimmung nach ISO 2470 und der fotogestützten Auswertung der farblichen Veränderungen wählen. Es wird geraten, erst die elektrostatische Reinigung durchzuführen, da eine gleichmäßige Reinigung ohne Partikelverschleppung und ohne Abrasion stattfindet. Danach kann bei Bedarf manuell gereinigt werden, falls die Lesbarkeit beeinträchtigt sein sollte und eine größere Reinigungstiefe gewünscht wird.

Als letzter Themenbereich vor der Mittagspause stellten sich die Beratungsstellen für Digitalisierungsprojekte in Berlin und Brandenburg vor. Die Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS) im Zuse-Institut wurde von Anja Müller präsentiert. 2010 wurde von der Senatskanzlei Berlin ein Digitalisierungskonzept für das Land Berlin erstellt. Zwei Jahre später startete das Förderprogramm Digitalisierung und der Aufbau der Servicestelle Digitalisierung am Zuse-Institut Berlin (ZIB) als Pilotphase für zwei Jahre. Ihre Aufgabe besteht in der Beratung und Koordinierung von Digitalisierungsprojekten, außerdem sollen Strukturen und Aufmerksamkeiten für die Langzeitverfügbarkeit des digitalen Kulturerbes geschaffen werden sowie technische Services und organisatorische Unterstützung zur Sicherung der Langzeitverfügbarkeit am ZIB und für die Bereitstellung über die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) aufgebaut werden.

Anschließend wurden die noch junge Koordinierungsstelle Brandenburg-digital und ihre künftigen Aufgaben von Ulf Preuß in einem kurzen Vortrag präsentiert. Hauptsächlich möchte man Unterstützung bei der Entwicklung und Durchführung von Digitalisierungsprojekten geben, aber auch die landesweite und spartenübergreifende Vermittlung von Kooperations- und Kompetenzpartnern wird als eine der Zielsetzungen genannt. Anschließend sollen die Projektpartner in das Netzwerk der DDB eingebunden werden. Ein weiterer Aufgabenbereich liegt in der Organisation von Informationsveranstaltungen und Workshops sowie in der praktischen Beratung und Erprobung von Digitalisierungsworkflows im Digitalisierungslabor der Fachhochschule Potsdam. Die Koordinierungsstelle Brandenburg-digital mit Sitz in der Fachhochschule Potsdam wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.

Nach dem Mittagessen liefen jeweils drei der frei wählbaren parallelen Veranstaltungen in zwei aufeinanderfolgenden Blöcken in Form von Workshops, Präsentationen und Führungen.

Der erste Block von 13.30 Uhr bis 15 Uhr begann mit einem AV-Forum zum Thema „Bestandserhaltung bei Fotoüberlieferung“. Workshopleiterin war Carola Gerlach aus der Restaurierungswerkstatt Claus Schade. Frau Gerlach gestaltete ihren Workshop sehr praxisorientiert und ist mit den Workshopteilnehmern gezielt ins Gespräch gekommen. Zu Anfang hielt sie eine kurze theoretische Einführung ins Thema und stellte danach kurz diverse Materialien zur Bearbeitung und dem Erhalt von AV-Medien vor. Die Teilnehmer/innen erhielten dann die Chance, in kleinen Gruppen ausgewählte Objekte mit Schadensmerkmalen selbst zu begutachten, diese zu bewerten und zu kategorisieren. Danach stellte jede Gruppe ihr Objekt und die Ergebnisse vor, dabei sollten folgende Fragen beantwortet werden: Was ist es? Woraus besteht es (Material)? Welche Veränderungen hat es erfahren? Wie gehe ich mit diesen Veränderungen um? Was ist bei der Archivierung zu beachten? Frau Gerlach ergänzte die Gruppenergebnisse und Entdeckungen durch ihre fachliche Expertise zu den einzelnen Objekten und förderte damit einen regen Austausch der Teilnehmer/innen.

Parallel dazu konnten sich Interessierte dem Bericht von Prof. Dr. Alexandra Jeberien, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW), und Sabine Stropp, Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (LFS), zur „Erstellung eines Katastrophenrahmenkonzepts für Archive des Landes Brandenburg: Beispielhafte Notfallkonzepterstellung in regionalen Archiven und Entwicklung einer Risikoerfassungsmatrix“ widmen oder sich der Führung durch das Universitätsarchiv Potsdam anschließen.

Die Projektpräsentation der Ergebnisse zum erarbeiteten Katastrophenrahmenkonzept für Archive des Landes Brandenburg, welches ebenfalls ein durch die KEK finanziertes Modellprojekt aus 2012 war, und der dabei entstandenen Risikomatrix (Entwicklung einer Matrix zur Risikoerfassung in Archiven) stellen einen aktuellen Arbeitsstand der Kooperation zwischen HTW und LFS dar. In erster Linie sollen auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte individuelle Notfallpläne erarbeitet, ein Notfallnetzwerk gebildet und auf Ebene der kreisangehörigen Archive individuelle Notfallpläne entwickelt sowie regionale Notfallverbünde gegründet werden. Die Grundlage dazu bildet das 2012 in Kooperation entstandene Dreijahres-Projekt NikrA (Notfallplanung für kleine, regionale Archive im Land Brandenburg der HTW und der LFS). Dabei wurden erste Fallbeispiele untersucht und Basisnotfallkonzepte erstellt. Die Ergebnisse fließen in notwendige Instrumente, u. a. Erfassungstools für Risiken in Archiven, und ein Rahmenkonzept für kleine, regionale Archive ein und dienen somit der Erarbeitung zukünftiger Maßnahmen der Notfallprävention und zur Erstellung detaillierter Notfallpläne.

Wahlmöglichkeit drei war die Führung durch das Universitätsarchiv Potsdam. Diese bot den ca. 29 Interessierten Einblicke in den gewachsenen Bestand von unterschiedlichen Vorgängereinrichtungen. Es entstand 1991 aus dem Archiv der Brandenburgischen Landeshochschule und dessen Vorgängereinrichtung, dem Archiv der Pädagogischen Hochschule Potsdam, das 1966 eingerichtet worden war und als Verwaltungs- sowie Endarchiv gedient hatte. Die Unterlagen reichen bis in das Jahr 1948 zurück, dem Gründungsjahr der ersten Brandenburgischen Landeshochschule.

Nach einer kurzen Kaffeepause begann der zweite und letzte Block an diesem Tag mit einem Workshop zum SicherheitsLeitfaden Kulturgut (SiLK) der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen (KNK), der mit seinen einführenden Abhandlungen, Fragebögen und seinem Wissenspool der Schärfung des Bewusstseins für das Thema Sicherheit und dem Kulturgutschutz in Museen, Bibliotheken und Archiven dient.

Der SicherheitsLeitfaden Kulturgut SiLK wurde von dem Projektteam bestehend aus Alke Dohrmann, Almut Siegel und Katrin Schöne erarbeitet und ist ein Angebot, das sich an alle Einrichtungen im deutschsprachigen Raum richtet, die Sammlungen jeglicher Art beherbergen. Es dient als Instrument zur Selbst-Evaluation und als umfassendes Nachschlagewerk zum Thema Sicherheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive und Bibliotheken. Seit 2010 ist SiLK im Internet kostenfrei und ohne Registrierung zugänglich, im April 2012 wurde SiLK mit Fertigstellung und Freischaltung sämtlicher 14 Themenkapitel in seiner ganzen thematischen Breite veröffentlicht und u. a. auf dieser Tagung vorgestellt. Dabei waren die Referentinnen für jegliche Anregungen und Hinweise dankbar. Ziel des SicherheitsLeitfadens Kulturgut ist es, mögliche Gefahren bewusst zu machen, Handlungsoptionen aufzuzeigen und damit die Sicherheit und den langfristigen Erhalt der Sammlungen, Bauwerke und Anlagen zu gewährleisten. Ein Bestandteil des Workshops bestand in dem Selbstversuch, seine Einrichtung basierend auf dem Leitfaden auf Sicherheit und Katastrophenschutz zu überprüfen. In dem interaktiven Fragebogen werden eine Vielzahl von Einzelaspekten aus dem jeweiligen Themengebiet abgefragt und der Zustand der Einrichtung in Bezug auf das behandelte Risiko erfasst und darauf abgestimmt eine Liste von Handlungsoptionen erstellt. Das Ergebnis, welches auch als PDF-Dokument abgespeichert werden kann, sollte in Abständen aktualisiert werden, sodass neue Entwicklungen berücksichtigt und die Ergebnisse der Umsetzung empfohlener Maßnahmen überprüft werden können.

Ein weiterer Workshop befasste sich mit den „Problemen bei der Bestandserhaltung von Magnetbandmaterial am Beispiel der Tonbandsammlung des Landesarchivs Berlin“. Thilo Mrosek, Workshopleiter aus dem Landesarchiv Berlin, führte mit einer PowerPoint-Präsentation durch das Thema, während er auf die Fragen und Anregungen der einzelnen Workshopteilnehmer/innen einging. Die ersten Tonbänder wurden 1934 durch die BASF (Badische Anilin- & Soda-Fabrik) erfunden. 1943 hat die BASF die erste Entwicklung noch einmal verbessert und so einen Jahrzehnte währenden Standard der Magnetbänder geschaffen. Ab 1943 gab es Acetat- und PVC-Bänder, seit 1965 waren die Bänder auf Chromdioxid-Basis hergestellt. Zehn Jahre später setzten sich dann die Polyester-Bänder durch, die in der Regel auf Metallspulen, dann auf Plastikspulen aufgerollt wurden. Es gibt ab 1956 sogenannte 2-Zoll-Bänder, seit 1965 1-Zoll-Videobänder und das selten gewordene ½-Zoll-Band. Standard war damals ¼ Zoll.

Ende 1963 kam dann die Audiokassette hinzu, die von der holländischen Firma Philips erfunden wurde. Die Audiokassetten sind bei der Archivierung ein schwieriges Medium. Ab 1970 gab es verschiedene Formen von Video-Kassettenformaten wie die VCR-Kassette mit ½ Zoll. Ab 1971 kam die U-Matic-Kassette hinzu, hier ist jedoch die Archivierung heute mittlerweile so gut wie aussichtslos. Seit 1976 gab es die VHS-Kassette, die sich auf Grund der niedrigen Produktionskosten durchsetzte. Ab 1986 gab es noch die Betacam SP-Kassette. Diese konnte sich aber auf Grund der hohen Kosten bei der Produktion nicht gegen VHS durchsetzen, ist aber bei der Archivierung haltbarer als die VHS-Kassette, gerade bei der Bildqualität. Sie kann bei guter Lagerung bis zu 30 Jahre halten.

Schäden und Schadensbilder bei Tonbändern:

  1. falsche Wicklung (z. B. Treppenbildung durch unsachgemäßes Umspulen),

  1. Abrieb/Schichtablösung,

  1. Hydrolyse/Schimmel (z. B. Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit),

  1. Verklebung (kann man durch Aufbacken und Schockfrostung teilweise oder laut Anmerkung eines Workshopteilnehmers durch ein Isoprophyl-Alkohol-Bad, hier aber sofortige Digitalisierung nötig, beheben),

  1. Magnetismus (Tipp: Entmagnetisierung der Tonbandgeräte in einem festgelegten Rhythmus),

  1. mechanische Schäden/Schmutz hervorgerufen durch falsche und offene Lagerung.

Der Gefährdungsgrad eines Tonbandes hängt immer vom Material, der Lagerung und der Produktionscharge des Herstellers ab. Die Bänder sollen möglichst auf Ende lagern, bei Gebrauch erfolgt dann das Zurückspulen. Wichtig ist, dass die Bänder stehend und nicht übereinander in säurefreiem Karton oder Kunststoffverpackung lagern. Sie sollten dabei nicht noch einmal in eine Plastikhülle vorverpackt werden. Hinzu kommt die konstante Lagerung in möglichst optimalen Klimaverhältnissen. Nach der ISO 18923:2000 wären das 8° C Temperatur bei 25 % Luftfeuchtigkeit, realistisch ist aber schon ein guter Wert von 15–19° C bei max. 40 % Luftfeuchtigkeit. Wichtig ist hierbei, dass die Werte stabil bleiben und die Materialien vor der Benutzung genügend Zeit zur Akklimatisierung haben.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Zeit. Nach 15 Jahren setzt langsam eine Instabilität der Materialien ein, nach 20 Jahren besteht unbedingter Handlungsbedarf. Bei Löschbändern ist die Zeiteinschätzung noch schwieriger. Das gängige Ausgabeformat für die Nutzer bei der Digitalisierung der Bänder ist .mp3. Das meistgenutzte Speicherformat bei der Digitalisierung ist .WAV. Das Landesarchiv verwendet jedoch das Format .FLAC, da dies ein Open-Source-Format ist und künftig zum Industriestandard werden könnte. Dieses Format existiert seit 20 Jahren und ist ein verlustfreies Komprimierungsformat ohne Speichergrenzen. Die Speichergrenze bei .WAV-Dateien beträgt 2 GB. Eine Umwandlung von .FLAC in .WAV ist möglich. Ein weiterer Vorteil der FLAC-Dateien ist, dass teilweise die Hälfte bis Zweidrittel des Speicherplatzes gegenüber .WAV gespart wird und der Klang sich gleich anhört, zudem ist .FLAC streamingfähig. Alle Digitalisierungen sollten möglichst hochauflösend in 1:1-Kopie ohne Nachbearbeitung vorgenommen werden. Die Digitalisierung sollte mit mindestens 96 Kilohertz erfolgen.

Eine weitere Führung ins „Deutsches Rundfunkarchiv“ (DRA) wurde von Dr. Jörg-Uwe Fischer begleitet, der einer Gruppe von 14 Teilnehmer/innen während eines rund eineinhalbstündigen Besuchs Einblicke in die Arbeit des Archivs gewährte. In Form eines Vortrags mit anschließender Führung wurde den Teilnehmer/innen viel Wissenswertes über das Archiv, seine Aufgaben und Sammelschwerpunkte insbesondere am Standort Potsdam-Babelsberg vermittelt.

Schwerpunkt der Arbeit ist hier die Bewahrung, Erschließung und Vermittlung der archivalischen Hinterlassenschaften des Fernsehens (1949–1991) sowie zahlreicher Hörfunksender (1945–1991) auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in Wort, Bild und Ton. Das somit in Zeit und Umfang weitgehend abgeschlossene Sammelgebiet vereint daher eine Vielzahl sehr verschiedener Medienarten. Die Überlieferung ist allerdings keineswegs vollständig bzw. zeitlich lückenlos gegeben, was nicht zuletzt aus der Arbeitspraxis von Rundfunk und Fernsehen resultiert, nach erfolgter Ausstrahlung von Sendungen entsprechendes Bandmaterial zu löschen und erneut zur Aufnahme zu verwenden. Wo dies möglich ist und thematisch sinnvoll erscheint, werden daher nach wie vor Ergänzungen der Bestände, z. B. aus Nachlässen, vorgenommen. Darüber hinaus verfügt das Archiv über eine umfangreiche Sammlung historischer Geräte und Gegenstände aus dem Bereich des Rundfunks und Fernsehens. Der heutige Archivstandort Potsdam-Babelsberg verdankt, neben rein praktischen Überlegungen, seine Existenz auch der Festlegung im Einigungsvertrag, dass das Programmvermögen der entsprechenden Einrichtungen im Gebiet des Beitrittsgebietes zu verbleiben hat. Nachdem die Sammlungen zunächst auf dem Gelände des ehemaligen DDR-Fernsehens in Berlin-Adlershof untergebracht waren, befinden sie sich nun seit dem Jahr 2000 am besichtigten Standort in einem speziell auf die Bedürfnisse des Archivs zugeschnittenen Neubau auf dem ehemaligen UFA-Gelände.

Aus der Vielschichtigkeit der gesammelten Medienformen ergeben sich für das Archiv auch entsprechend vielfältige Probleme der Bestandserhaltung, sowohl beim Erhalt der Medien in ihrer physischen Form als auch beim Erhalt und Zurverfügungstellen der enthaltenen Information. Anhand von Beispielen in Gestalt von historischen Speicherformen und Gerätschaften ging Dr. Fischer während seines Vortrags und der sich anschließenden Führung durch zwei Magazinräume auch immer wieder auf verschiedene Bestandserhaltungsprobleme ein. Neben den Erhaltungsmöglichkeiten einiger spezieller Medienformen, kamen auch Probleme und konkrete Lösungsansätze des Archivs in Sachen Brandschutz, Klimatisierung und räumlicher Unterbringung zur Sprache. Im Original erhaltene, extrem leicht entzündliche Nitrofilme wurden zur Aufbewahrung an das Bundesarchiv abgegeben, welches über entsprechend sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten gemäß Sprengstoffmittelgesetz verfügt.

Hauptnutzer des Deutschen Rundfunkarchivs sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (Kostenträger des Archivs ist die ARD) sowie Nutzer aus dem Bereich Forschung, Bildung und Lehre (beide kostenfrei), aber auch (gegen Bezahlung bzw. Gebühren) kommerzielle Filmfirmen und Privatpersonen. Die Bearbeitung von Anfragen nach Beständen selbst ist nicht kostenpflichtig und auch die Einsicht vor Ort ist kostenfrei. Die Bestände sind bzw. werden zur Auskunftserteilung in einer hauseigenen Recherchedatenbank mit eigenem Thesaurus erschlossen. Erst wenn Material (meist in Form von Kopien) das Haus verlässt, wird eine Gebühr fällig. Bevor dies geschieht findet in jedem Falle eine Rechteprüfung durch die Mitarbeiter des DRA statt.

Auch der dritte Tag der Bestandserhaltung für Archive und Bibliotheken in Berlin und Brandenburg kann als Erfolg gewertet werden und die Teilnehmer/innen konnten zahlreiche anregende und positive Eindrücke von dieser insgesamt recht vielseitigen und runden Veranstaltung mitnehmen.

Der nächste Tag der Bestandserhaltung wird voraussichtlich im Oktober 2014 in Berlin (Universitätsbibliothek der Humboldt Universität zu Berlin) stattfinden. Näheres dazu findet sich voraussichtlich ab Mai auf der Website www.zlb.de/kbe in der Rubrik „Tag der Bestandserhaltung“.

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Elisabeth Balihar

Elisabeth Balihar B.A.

Elisabeth Balihar B.A.:

Published Online: 2014-04-08
Published in Print: 2014-04-30

© 2014 by De Gruyter

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