Jonathan Kalb, The Theater of Heiner Müller. 1998 – Michael Ostheimer, Mythologische Genauigkeit. Heiner Müllers Poetik und Geschichtsphilosophie der Tragödie. 2002
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Sabine Pamperrien
Jonathan Kalb hat die erste umfassende englischsprachige Einführung in das Theater von Heiner Müller vorgelegt. Nüchtern konstatiert der Theaterwissenschaftler am Beginn seines Textes die Kluft zwischen der amerikanischen und deutschen Sicht auf einen Dramatiker, dessen Namen in Deutschland jedermann kennt, der jedoch in den Vereinigten Staaten völlig bedeutungslos ist. Kalbs Erklärung für diese Kluft ist die – von ihm als selbstverständlich betrachtete – amerikanische Intellektuellenfeindlichkeit. Müllers cerebralism (S. 2) ist denn auch das, was für Kalb so interessant ist: ein intellektuell ambitioniertes Theater, das das Bündnis zwischen selbstzufriedenen Zuschauern und dominanten Traditionen des bürgerlichen Theaters unterläuft und statt dessen sämtliche bisherigen Deutungsmuster und Rezeptionshaltungen durch neue ersetzt. Etwas schlicht wirkt Kalbs Feststellung, daß dieses Theater geprägt sei von dem Bedürfnis, am Ende des 20. Jahrhunderts in Anarchie und Nihilismus doch noch Hoffnung zu finden (S. 3). Kalbs Understatement hebt seine Arbeit wohltuend vom Pathos des Heiner-Müller-Kults ab. So berichtet er zum Beispiel, als er mit seiner Studie anfing, habe ein international erfolgreicher Regisseur ihm gesagt, jede Ära bekomme die Kultur, die sie verdiene, und unsere verdiene Heiner Müller (S. 21) – es wird sich zeigen, daß Kalb ganz vehement die Ansicht vertritt, Heiner Müller sei wirklich jener Repräsentant.
© Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2005
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