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Robert Musil im 21. Jahrhundert in den USA übersetzen

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Band 37 2021/2022
This chapter is in the book Band 37 2021/2022
Genese GrillRobert Musil im 21. Jahrhundertin denUSAübersetzenAm Vorabend der Pandemie traf ich mich in New York mit Mark Mirsky,dem Herausgeber der amerikanischen Übersetzung von Musils Tagebüchern,und Rainer Hanshe, der den Verlag Contra Mundum Press gegründet hat, indem drei meiner Musil-Übersetzungen veröffentlicht wurden. Mark Mirskysprach von der ›Musil-Industrie‹ in Deutschland, und wir lachten traurig dar-über, dass es so etwas in Amerika nicht gibt.Die Geschichte von Musils Werken in englischer Sprache beginnt in den1950er Jahren, als Eithne Wilkins, in Neuseeland geboren, aber schon als Kindnach England übersiedelt, und ihr österreichisch-jüdischer Ehemann ErnstKaiser die ersten beiden Bücher desMann ohne Eigenschaftenin Englandübersetzten.1Wilkins und Kaiser übertrugen in der Folge weitere Werke Mu-sils ins Englische; diese Übersetzungen wurden in Großbritannien wie auchin denUSAveröffentlicht.2Die erste Monographie, die in den VereinigtenStaaten zu Musil publiziert wurde, erschien 1961 und stammt von BurtonPike.3Fast drei Jahrzehnte später übersetzte er mit David S. Luft eine Aus-wahl von Musils Essays, die 1990 unter dem TitelPrecision and Soulerschien.4Pike war schließlich auch an der Neuübersetzung desMann ohne Eigen-schaftenbeteiligt. Sophie Wilkins, nicht verwandt mit Eithne Wilkins, hattebegonnen, Musils Hauptwerk ins Englische zu übertragen; Pike führte dieseArbeit fort, indem er 600 Seiten aus dem Nachlass übersetzte und außerdemden Gesamttext revidierte.5Dieser neue zweibändigeMann ohne Eigenschaf-ten, der vom renommierten Knopf-Verlag unter der Ägide von Carol BrownJaneway veröffentlicht wurde, war ein Meilenstein in der Rezeption Musils in1Robert Musil: The Man Without Qualities. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. 3 Bde.London 1953, 1955, 1960.2Robert Musil: Young Törless. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. London 1955; RobertMusil: Tonka, and Other Stories. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. London 1965; Ro-bert Musil: Five Women. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. Mit einem Vorwort v. FrankKermode. New York 1966.3Burton Pike: Robert Musil: an Introduction to his Work. Ithaca, New York 1961.4Robert Musil: Precision and Soul. Essays and Addresses. Hg. u. übers. v. Burton Pike u. Da-vid S. Luft. Chicago, London 1990.5Robert Musil: The Man without Qualities. 2 Bde. Übers. v. Sophie Wilkins u. Burton Pike.New York 1995. Diese Übersetzung erschien auch in London, ebenfalls aufgeteilt auf zweiBände (Bd. 1, 1995; Bd. 2, 1997). Das erste Teil der in New York 1995 erschienenen Ausgabewurde 2017 im Verlag Picador – ohne die Nachlass-Kapitel – wieder aufgelegt.
© 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Genese GrillRobert Musil im 21. Jahrhundertin denUSAübersetzenAm Vorabend der Pandemie traf ich mich in New York mit Mark Mirsky,dem Herausgeber der amerikanischen Übersetzung von Musils Tagebüchern,und Rainer Hanshe, der den Verlag Contra Mundum Press gegründet hat, indem drei meiner Musil-Übersetzungen veröffentlicht wurden. Mark Mirskysprach von der ›Musil-Industrie‹ in Deutschland, und wir lachten traurig dar-über, dass es so etwas in Amerika nicht gibt.Die Geschichte von Musils Werken in englischer Sprache beginnt in den1950er Jahren, als Eithne Wilkins, in Neuseeland geboren, aber schon als Kindnach England übersiedelt, und ihr österreichisch-jüdischer Ehemann ErnstKaiser die ersten beiden Bücher desMann ohne Eigenschaftenin Englandübersetzten.1Wilkins und Kaiser übertrugen in der Folge weitere Werke Mu-sils ins Englische; diese Übersetzungen wurden in Großbritannien wie auchin denUSAveröffentlicht.2Die erste Monographie, die in den VereinigtenStaaten zu Musil publiziert wurde, erschien 1961 und stammt von BurtonPike.3Fast drei Jahrzehnte später übersetzte er mit David S. Luft eine Aus-wahl von Musils Essays, die 1990 unter dem TitelPrecision and Soulerschien.4Pike war schließlich auch an der Neuübersetzung desMann ohne Eigen-schaftenbeteiligt. Sophie Wilkins, nicht verwandt mit Eithne Wilkins, hattebegonnen, Musils Hauptwerk ins Englische zu übertragen; Pike führte dieseArbeit fort, indem er 600 Seiten aus dem Nachlass übersetzte und außerdemden Gesamttext revidierte.5Dieser neue zweibändigeMann ohne Eigenschaf-ten, der vom renommierten Knopf-Verlag unter der Ägide von Carol BrownJaneway veröffentlicht wurde, war ein Meilenstein in der Rezeption Musils in1Robert Musil: The Man Without Qualities. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. 3 Bde.London 1953, 1955, 1960.2Robert Musil: Young Törless. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. London 1955; RobertMusil: Tonka, and Other Stories. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. London 1965; Ro-bert Musil: Five Women. Übers. v. Eithne Wilkins u. Ernst Kaiser. Mit einem Vorwort v. FrankKermode. New York 1966.3Burton Pike: Robert Musil: an Introduction to his Work. Ithaca, New York 1961.4Robert Musil: Precision and Soul. Essays and Addresses. Hg. u. übers. v. Burton Pike u. Da-vid S. Luft. Chicago, London 1990.5Robert Musil: The Man without Qualities. 2 Bde. Übers. v. Sophie Wilkins u. Burton Pike.New York 1995. Diese Übersetzung erschien auch in London, ebenfalls aufgeteilt auf zweiBände (Bd. 1, 1995; Bd. 2, 1997). Das erste Teil der in New York 1995 erschienenen Ausgabewurde 2017 im Verlag Picador – ohne die Nachlass-Kapitel – wieder aufgelegt.
© 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Inhalt V
  3. Themenschwerpunkt: »Musil übersetzen«
  4. Einleitung 1
  5. »Ähnlichkeit«: Das übersetzerische Potential von Musils Gleichnispoetik 9
  6. Übersetzen als Verstehen und Deuten im Zeichen von Zweisprachigkeit 26
  7. Unterwegs mit dem Fliegenpapier: Robert Musil in Frankreich 45
  8. Der Mann ohne Eigenschaften in italienischer Übersetzung 85
  9. Die unscheinbarsten Dinge sind nicht »Les plus insignifiantes« 121
  10. Fruchtbare Irrtümer der Musil-Übersetzung ins Portugiesische 151
  11. Aus der Übersetzungswerkstatt
  12. Robert Musil in Korea 181
  13. Robert Musil in Armenien 190
  14. Musil übersetzen – aber wie? 197
  15. Zur Übersetzung, Neuübersetzung und Rezeption von Robert Musils Werken in der Türkei aus interkultureller Perspektive 203
  16. Zur Musil-Rezeption in der arabischen Welt 212
  17. Robert Musil in Albanien 221
  18. Robert Musils Mann ohne Eigenschaften und seine Sonderstellung in der kroatischen Kultur 227
  19. Zur Neuübersetzung des Törleß ins Tschechische 234
  20. Im Zeichen von Essayismus und Ironie 242
  21. Robert Musil im 21. Jahrhundert in den USA übersetzen 248
  22. Abhandlungen
  23. »Moosbrugger war einer jener Grenzfälle« 262
  24. »Er ist naiv wie ein heiterer Mönch« 287
  25. Miszellen
  26. Prousts Titel 308
  27. Robert Musils Entlassungsschein aus der k. k. Landwehr 316
  28. Internationale Robert-Musil-Gesellschaft
  29. Nachruf auf Burton Pike (1930–2022) 320
  30. Karl Corino zum 80. Geburtstag 324
  31. Rezensionen 326
  32. Anschriften der Beiträgerinnen und Beiträger 413
  33. Siglen 418
  34. Redaktioneller Hinweis 420
  35. Register 421
Downloaded on 8.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110775891-017/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOorRA-402RYRDH0r18rjQRF8MmSR6McIjL_KuJo1kiVKs83UJgzq
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