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Visuelle Rechtsordnung und Herrschaftslegitimation in katalanischen Libri feudorum und Capbreus

  • Susanne Wittekind
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Die Urkunde
Ein Kapitel aus dem Buch Die Urkunde

Zusammenfassung

Kartulare wurden im Früh- und Hochmittelalter in der Regel von geistlichen Institutionen angelegt. Sie dienten der abschriftlichen Sicherung, Ordnung und Verwaltung ihrer durch Dokumente begründeten Rechtstitel, Güter und Einnahmen. In Katalonien trifft man seit Mitte des 12. Jahrhunderts auf vergleichbare Initiativen der Grafen von Barcelona: Ramon Berenguer IV. lässt das Gewohnheitsrecht aufzeichnen (usatges) und topographisch geordnete, notariell beglaubigte Einnahmeverzeichnisse (capbreus) erstellen. Sein Sohn Alfons II. (†1196) stellt in einem umfangreichen Kartular lehnrechtlich relevante Dokumente zusammen. Diese Rechtssammlungen dienen der Stärkung der Position und Vorrangstellung der Grafen von Barcelona als principes Kataloniens. Der Bildschmuck des ‚Liber feudorum maior‘ unterstreicht diesen Anspruch. Er markiert durch die Wiederholung von Homagiumsszenen den thematischen Fokus der Urkundensammlung und legitimiert die Abschriften durch die Verbildlichung ihrer Genese als authentische Dokumente. Graf Sancho von Cerdanya und Roussillon (†1223) greift dieses lehnrechtliche Kartular- Modell auf. Die Analyse der motivisch verwandten Miniaturen des ‚Liber feudorum ceritaniae‘ zeigt, wie durch kleine Veränderungen deren Aussage zugunsten ihres Auftraggebers verändert wird. 1292 lässt König Jakob II. von Mallorca und Graf von Cerdanya-Rousillon (†1311) erstmals ein Verzeichnis von Einnahmen aus Krongut anlegen und illuminieren. Dies geschieht im Rückgriff auf Bildthemen des ‚Liber feudorum maior‘; doch lässt sich an den Miniaturen zugleich ein Wandel der Herrschaftsauffassung ablesen. Der Beitrag fordert somit auf, diese Codices nicht nur als praktische Verwaltungsinstrumente zu betrachten, sondern auch als künstlerische Medien herrscherlicher Legitimation, Selbstvergewisserung und Selbstdarstellung zu interpretieren.

Zusammenfassung

Kartulare wurden im Früh- und Hochmittelalter in der Regel von geistlichen Institutionen angelegt. Sie dienten der abschriftlichen Sicherung, Ordnung und Verwaltung ihrer durch Dokumente begründeten Rechtstitel, Güter und Einnahmen. In Katalonien trifft man seit Mitte des 12. Jahrhunderts auf vergleichbare Initiativen der Grafen von Barcelona: Ramon Berenguer IV. lässt das Gewohnheitsrecht aufzeichnen (usatges) und topographisch geordnete, notariell beglaubigte Einnahmeverzeichnisse (capbreus) erstellen. Sein Sohn Alfons II. (†1196) stellt in einem umfangreichen Kartular lehnrechtlich relevante Dokumente zusammen. Diese Rechtssammlungen dienen der Stärkung der Position und Vorrangstellung der Grafen von Barcelona als principes Kataloniens. Der Bildschmuck des ‚Liber feudorum maior‘ unterstreicht diesen Anspruch. Er markiert durch die Wiederholung von Homagiumsszenen den thematischen Fokus der Urkundensammlung und legitimiert die Abschriften durch die Verbildlichung ihrer Genese als authentische Dokumente. Graf Sancho von Cerdanya und Roussillon (†1223) greift dieses lehnrechtliche Kartular- Modell auf. Die Analyse der motivisch verwandten Miniaturen des ‚Liber feudorum ceritaniae‘ zeigt, wie durch kleine Veränderungen deren Aussage zugunsten ihres Auftraggebers verändert wird. 1292 lässt König Jakob II. von Mallorca und Graf von Cerdanya-Rousillon (†1311) erstmals ein Verzeichnis von Einnahmen aus Krongut anlegen und illuminieren. Dies geschieht im Rückgriff auf Bildthemen des ‚Liber feudorum maior‘; doch lässt sich an den Miniaturen zugleich ein Wandel der Herrschaftsauffassung ablesen. Der Beitrag fordert somit auf, diese Codices nicht nur als praktische Verwaltungsinstrumente zu betrachten, sondern auch als künstlerische Medien herrscherlicher Legitimation, Selbstvergewisserung und Selbstdarstellung zu interpretieren.

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort V
  3. Inhalt VII
  4. Die Urkunde. Text ‒ Bild ‒ Objekt. Eine Einführung 1
  5. Teil 1: Urkunden als Quellen und als Rechtsmittel
  6. Jüdisches Urkundenwesen und christliche Obrigkeiten im spätmittelalterlichen Österreich 19
  7. Datamining in Urkunden 41
  8. Mit brief und insigel. Reflexe von Beglaubigungsstrategien in mittelhochdeutschen Romanen 99
  9. Papstbriefe und Papsturkunden. Abgrenzungen und Überschneidungen im früheren Mittelalter 125
  10. Die ‚Privaturkunde‘ im persisch-islamischen Kultur- und Rechtsbereich. Herausforderungen einer komparatistischen Diplomatik 141
  11. Teil 2: Urkunden als Schriftbilder zwischen Recht und Repräsentation
  12. Das Erscheinungsbild tibetischsprachiger Herrscherurkunden. Strategien zur Erzeugung von Feierlichkeit 163
  13. Die sichtbare Macht. Visuelle Signale im Rahmen der kaiserlichen Privilegienurkunde in Byzanz 183
  14. Graphische Symbole in Bischofsurkunden des hohen Mittelalters 199
  15. „Same same but different“. Die Werkstatt der Avignoner Bischofsammelindulgenzen 233
  16. Illuminierte Urkunden. Bildmedium und Performanz 259
  17. Teil 3: Der Medienwechsel. Urkunden in Kopiaren und auf Stein
  18. Urkundeninschriften und Urkunden imitierende Inschriften. Gestaltungsformen und Gestaltungsmöglichkeiten 331
  19. Originale, imitierende Kopien, Fälschungen. Die Nutzung und Sicherung mittelalterlicher Herrscherurkunden durch geistliche Empfänger Italiens (10.‒12. Jahrhundert) 363
  20. Visuelle Rechtsordnung und Herrschaftslegitimation in katalanischen Libri feudorum und Capbreus 383
  21. Register 419
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