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Ein neues Prüfverfahren zur Untersuchung der Rissbildung beim Feuerverzinken von Stahl*

  • Jörg Adelmann , Dominik Körber , Rainer Landgrebe und Christina Berger
Veröffentlicht/Copyright: 28. Mai 2013
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Kurzfassung

Mit einem neu entwickelten Prüfverfahren können die Bedingungen, unter denen beim Feuerverzinken von Stählen der Schadensmechanismus der flüssigmetallinduzierten Rissbildung (Liquid Metal Assisted Cracking, LMAC) auftritt, gezielt untersucht werden. Es werden u-förmige Biegeproben verwendet, mit denen unterschied- liche Spannungsgradienten realisiert werden können und die Untersuchung des Einflusses von Vorverformungen möglich ist.

Mit dem Verfahren wurden Stähle mit unterschiedlichen Anfälligkeiten gegenüber LMAC untersucht, wobei der Schwerpunkt der Untersuchungen auf dem Werkstoff S355 J2 lag. In einem breit angelegten Parameterfeld wurde bei den Zinkschmelzen vor allem der Einfluss der Legierungselemente Blei, Zinn und Wismuth auf das Gefährdungspotenzial durch LMAC näher untersucht. Von den untersuchten Versuchsvarianten wiesen der Versuch mit konstanter Beanspruchung (Zeitstandversuch) und der Versuch mit kontinuierlich zunehmender Beanspruchung (Zugversuch) die beste Indikation für ein bestehendes Gefährdungspotenzial auf. Unabhängig von der Versuchsführung und der für die Indikation herangezogenen Größe (Zeit bis zur Rissbildung, Nennspannung oder Dehnung) wurden bei vergleichbarem Gefährdungspotenzial für Versuchsdauern zwischen 5 min und 1 h jeweils vergleichbare Ergebnisse erhalten. Wichtig ist die Erkenntnis, dass noch bevor an den jeweils aufgenommenen und ausgewerteten Belastungskurven eine Schädigung erkennbar wird, in der hochbeanspruchten Randschicht Mikrorisse auftreten, die zu einer Zunahme der Aufweitung gegenüber einer gleich beanspruchten rissfreien Probe führen. Dies muss bei der Berechnung der beim Verzinken ertragbaren plastischen Dehnung aus der gemessenen Probenaufweitung berücksichtigt werden.

Abstract

A new test procedure has been developed for systematic research into the conditions conducive to liquid metal-assisted cracking (LMAC), a phenomenon which can occur when steel is hot-dip galvanised. U-bend specimens are used to achieve different tensile stress gradients and to allow an investigation of the influence of any pre-deformation. The procedure was used to test steels with different levels of susceptibility to LMAC, although the main focus was on S355 J2. Having established a broad range of parameters, closer attention was paid to the effect of the alloying elements of lead, tin and bismuth during zinc smelting on the potential risk posed by LMAC. Of the various procedures studied, the test involving constant stress (stress/time-to-rupture test) and the test where stress was continually increased (tensile test) offered the greatest indication of existing risk potential. Irrespective of the test procedure and of the variable used for the indication (time to crack formation, engineering stress or strain), comparable results were obtained with comparable risk potential for tests lasting between 5 min and 1h. One important insight is that before any damage becomes evident on the basis of load curves and their analysis, micro-cracks occur in the outer layer which is subject to high stress, and these minute cracks cause an increase in the expansion as compared to a crack-free specimen subject to similar levels of stress. This must be factored into the calculation of the plastic expansion which can be withstood during the galvanising process as measured from the specimen expansion.


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Dieser Beitrag erschien auszugsweise bereits im Berichtsband Werkstoffprüfung 2009 — Kennwertermittlung für Forschung und Praxis.

Dipl.-Ing. Jörg Adelmann, Jahrgang 1956, studierte an der Technischen Universität Darmstadt (TUD) Maschinenbau. Seit 1983 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Staatlichen Materialprüfungsanstalt Darmstadt und dem Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde der TUD und dort verantwortlich für das Kompetenzfeld Mechanisch-technologische Prüfung. Seine Forschungsschwerpunkte liegen neben allgemeinen Themen zur Bauteilfestigkeit auf dem Gebiet der diffusionsgesteuerten Schadensmechanismen bei Bauteilen aus Stahl.

Dipl. Phys. Dominik Körber, Jahrgang 1978, studierte an der Technischen Universität Kaiserslautern Physik. Seit 2007 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Staatlichen Materialprüfungsanstalt und dem Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde der Technischen Universität Darmstadt (TUD). Im Rahmen seiner Forschungsaktivitäten beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit der flüssigmetallinduzierten Rissbildung bei Bauteilen aus Stahl.

Dr.-Ing. Rainer Landgrebe, Jahrgang 1952, studierte an der Technischen Universität Darmstadt (TUD) Maschinenbau und promovierte dort 1993. Seit 1994 ist er stellv. Leiter der Staatlichen Materialprüfungsanstalt (MPA) Darmstadt an der TUD und betreut dort den Kompetenzbereich Werkstoffanalytik mit den Schwerpunkten Metallkunde, chemische Analytik und Schadensanalytik. Seine Forschungsschwerpunkte liegen neben allgemeinen Themen zur Schraubenverbindung auf dem Gebiet der diffusionsgesteuerten Schadensmechanismen bei Bauteilen aus Stahl (z.B. flüssigmetall- und wasserstoffinduzierte Rissbildungen). In der Lehre betreut er die Vorlesung Schadenskunde.

Prof. Dr.-Ing. Christina Berger, Jahrgang 1946, studierte Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung mit dem Grundstudium allgemeiner Maschinenbau an der Techn. Hochschule Magdeburg und promovierte an der RWTH Aachen. Von 1975 bis 1995 bearbeitete sie im Turbinen- und Generatorenwerk der Siemens AG, Unternehmensbereich Energieerzeugung KWU, in Mülheim a.d. Ruhr werkstofftechnische Prüf- und Entwicklungsaufgaben im Rahmen der Bauteilbeurteilung, Qualitätssicherung und Schadensklärung. Seit 1981 leitete sie die Abteilung „Mechanische Eigenschaften-Festigkeit-Großbauteile“. 1995 wurde sie zur Universitätsprofessorin für Werkstoffkunde an der Technischen Universität in Darmstadt ernannt und leitet das Institut für Werkstoffkunde sowie die Staatliche Materialprüfungsanstalt Darmstadt. Im Mittelpunkt ihrer Forschungsaktivitäten steht die Bauteilfestigkeit unter komplexen Beanspruchungen.


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Online erschienen: 2013-05-28
Erschienen im Druck: 2010-09-01

© 2010, Carl Hanser Verlag, München

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