Zusammenfassung
Schuld und ihre Bewältigung in Form von Verzeihen spielen in therapeutischen Kontexten eine zentrale Rolle. Säkulare wie religiöse Wege können zu einer gelingenden Auseinandersetzung beitragen. Im Rückgriff auf weltweites Kulturgut und verschiedene Behandlungsmethoden möchte dieser Aufsatz aufzeigen, wie eine fruchtbare Auseinandersetzung mit dem Schuldbegriff zugunsten einer Praxis des Verzeihens gelingen kann. Neben der säkularen Bewältigung gibt es eine Fülle religiöser, künstlerischer und supportiver Bewältigungsversuche, welche alle zu Vergebung und Versöhnung hinführen. Die abendländischen christlichen Traditionsstränge werden daher in diesem Aufsatz in einen Dialog mit modernen, internationalen Wissenschaftsströmungen, vertreten durch die Medical Humanities und Healing Arts, geführt. Welche Aspekte können aus diesen Traditionen in einer zunehmend säkularen Umwelt für die psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis gewonnen werden?
An den Beginn meiner Ausführungen stelle ich biblisch-künstlerische Impressionen zu Schuld und Vergebung (1). Danach folgt eine theologisch-dogmatische Begriffsdefinition zum Schuld- wie Sündenbegriff (2), zur Vergebung im Rahmen der christlichen Religion bzw. zur Praxis des Verzeihens im Abendland (3), bevor im nächsten Abschnitt (4) das Augenmerk auf künstlerische Verarbeitungen in Kirche und Bibel als Ausdruck des Verzeihens gerichtet wird. Nach einem Exkurs zu den Medical Humanities und Healing Arts (5) folgen therapeutische Impulse zur Kunst des Verzeihens (6) sowie ein abschließendes Fallbeispiel zur trialogischen Arbeit (7).
Abstract
Guilt and dealing with it in the form of forgiveness play a central role in therapeutic contexts. Secular as well as religious paths can contribute to a successful debate. With recourse to worldwide cultural assets and various treatment methods, this essay would like to show how a fruitful examination of the concept of guilt can succeed in favour of a practice of forgiveness. In addition to secular coping, there is a wealth of religious, artistic and supportive attempts at coping, all of which lead to forgiveness and reconciliation. In this essay, the Western Christian tradition strands are therefore brought into a dialogue with modern, international scientific currents, represented by the Medical Humanities and Healing Arts. What aspects can be gleaned from these traditions for psychiatric-psychotherapeutic practice in an increasingly secular environment?
At the beginning of my remarks I present biblical-artistic impressions of guilt and forgiveness (1). This is followed by a theological-dogmatic definition of the concepts of guilt and sin (2), forgiveness within the framework of the Christian religion and the practice of forgiveness in the West (3), before the next section (4) focuses on artistic processing in the Church and Bible is judged as an expression of forgiveness. After an excursus on Medical Humanities and Healing Arts (5), therapeutic impulses on the art of forgiveness (6) and a concluding case study on trialogic work (7) follow.
Literatur
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© 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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- Essay
- „[…] denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit“ (M. Luther)
- Rezension
- Werner Thiede (2021) Unsterblichkeit der Seele? Interdisziplinäre Annäherungen an eine Menschheitsfrage. Theologische Plädoyers. Bd. 13. Münster: Lit-Verlag. ISBN: 978-3-643-14878-0; 265 Seiten; Preis: D 24,90 €; E-Book 19,90 € Immortality of the soul? Interdisciplinary approaches to a question of humanity. Theological pleadings. Vol. 13.
- Das Stichwort
- Versöhnung
- Interview
- Sorge für die Verstorbenen des Klinikums und für die Trauernden
- Tagungsbericht
- IGGS-Tagung Salzburg 04. bis 06. November 2022: Implementierung von Spiritual Care
- Nachruf
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- Spiritueller Impuls
- Umstellung
- Mitteilungen
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