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„Seelsorge beim Hausarzt?“ Möglichkeiten und Hinderungsgründe für spirituelle Gespräche in der hausärztlichen Praxis – eine qualitative Studie

  • Ruth Mächler

    Dr. rer. pol., Dipl.-Soz., MAS Theologie, wiss. Mitarbeiterin an der Professur für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit, Klinikum rechts der Isar der TU München.

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    , Cornelia Straßner

    PD Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, wiss. Mitarbeiterin und priv. Doz., Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg.

    , Noemi Sturm

    Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg.

    , Johannes Krisam

    Dr. sc. hum., Institut für medizinische Biometrie und Informatik, Universitätsklinikum Heidelberg.

    , Regina Stolz

    Wiss. Mitarbeiterin, Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen.

    , Friederike Schalhorn

    Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin in eigener Hausarztpraxis. Von 2019 bis 2021 wiss. Mitarbeiterin am Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen.

    , Jan Valentini

    Dr.med. Dr.med.univ., Facharzt für Allgemeinmedizin, Akupunktur, Leitung Bereich Komplementäre und Integrative Medizin am Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen.

    and Eckhard Frick

    Prof. Dr. med., Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychiatrie, Psychoanalytiker, Priester. Seit 2021 Forschungs-Professur für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.

Published/Copyright: July 14, 2023
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Zusammenfassung

Hintergrund: Im Rahmen des Forschungsprojektes „Ganzheitliches Versorgungsprogramm für ältere Patienten zur Stärkung von spirituellen Bedürfnissen, sozialer Aktivität und Selbstfürsorge in der hausärztlichen Versorgung (HoPES3)“ wird die Implementierung von Spiritual Care in allgemeinärztlichen Praxen untersucht.

Forschungsfragen: Wie reagieren kranke ältere Menschen auf das Angebot einer spirituellen Anamnese? Was sind hinderliche Faktoren für spirituelle Gespräche in Hausarztpraxen?

Methode: Ärzte und Ärztinnen aus 24 Praxen boten 164 ihrer Patienten und Patientinnen eine spirituelle Anamnese an. Mit 29 der Patienten bzw. Patientinnen wurden bis zu sechs Monate später qualitative leitfadengestützte Interviews geführt. Die Interviews wurden mittels Reflexive Thematic Analysis (RTA) ausgewertet.

Ergebnisse: Insgesamt hatten von den 29 befragten Patienten/Patientinnen nur elf das vollständige Anamnesegespräch geführt, die Mehrheit hatte das Gespräch abgelehnt. Als Gründe werden angegeben: Vorbehalte gegenüber religiösen Institutionen, Einschätzung der Thematik als „zu persönlich“ und ein Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit. Die Beziehung zum Arzt oder der Ärztin wird mehrheitlich positiv geschildert, gleichzeitig wird ein allgemeines Bedürfnis nach einem Austausch auf Augenhöhe deutlich.

Diskussion: In den Reaktionen der Patienten/Patientinnen kann die Wirkung einer Machtasymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung beobachtet werden, verstärkt durch das strukturelle Setting der Praxis sowie durch Parallelen des Gesundheitssystems mit religiösen Systemen, die bei der spirituellen Anamnese zum Tragen kommen können.

Schlussfolgerung: Bei Weiterbildungen im Feld Spiritual Care sollte die Sensibilität für das Thema Machtasymmetrien gestärkt werden.

Abstract

Background: The research project “Holistic Care Program for Elderly Patients to Integrate Spiritual Needs, Social Activity and Self-Care into Disease Management in Primary Care (HOPES3)” is investigating the implementation of spiritual care in general medical practices.

Research questions: How do ill elderly people react to the offer of taking a spiritual history (SPIR)? What are hindering factors for spiritual conversations in family practices?

Method: Physicians offered a SPIR to 164 patients. Qualitative guided interviews were conducted with 29 of the patients after the SPIR. The interviews were analysed using Reflexive Thematic Analysis (RTA).

Results: Overall, of the 29 patients interviewed, only 11 had completed the full interview; the majority had declined the SPIR. The reasons given are: Reservations about religious institutions, perception of the subject matter as “too personal” and a desire for self-efficacy. The relationship with the doctor is described positively in the majority of cases; at the same time, a need for an exchange on an equal footing becomes apparent.

Discussion: In the patients’ reactions the effect of a “power asymmetry” in the doctor-patient relationship can be observed, reinforced by the structural setting of the practice as well as by parallels of the health care system with religious systems, which take effect at the SPIR.

Conclusion: In training in the field of spiritual care, sensitivity to the topic of power asymmetries should be strengthened.

1 Einleitung/Hintergrund

Im deutschen Gesundheitssystem werden Anstrengungen unternommen, die Versorgung älterer Patienten und Patientinnen zu verbessern, da diese Bevölkerungsgruppe häufig einen besonders hohen Krankenstand und eine damit zusammenhängende niedrige Lebensqualität aufweist (Böhm et al. 2009; Hodek et al. 2009; Rizza et al. 2012; Van Oostrom et al. 2012). Bei den Versuchen, die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern, liegt der Fokus auf standardisierten Programmen. Die Bedeutung der Implementierung von evidenzbasiertem Wissen in die Versorgung ist unbestritten, es besteht jedoch das Risiko, weniger gut messbare Dimensionen der Versorgung zu vernachlässigen. Hierzu gehören auch spirituelle Bedürfnisse.

Die Überzeugung, dass die spirituelle Dimension für die Gesundheit relevant ist, begründet die wachsende Bedeutung des Handlungsfeldes „Spiritual Care“. Spiritual Care (SC) bedeutet, dass Menschen, die professionell heilende und pflegende Aufgaben übernehmen, auch die spirituelle Dimension der Gesundheit berücksichtigen. (Siehe zum Beispiel: Puchalski CM 2006; Roser 2007; Frick 2014; Noth & Kohli Reichenbach 2014; Nauer 2015; Bürgi & Frick 2017; Frick 2017; Liao 2017; Peng-Keller 2017; VanderWeele et al. 2017).

Auch hausärztliche Praxen erscheinen für SC geeignet, und viele Hausärztinnen und Hausärzte sind der Ansicht, dass die Berücksichtigung spiritueller Bedürfnisse Teil der hausärztlichen Versorgung sein sollte (Monroe et al. 2003; Hamilton et al. 2017; Appleby et al. 2018; Appleby et al. 2019; Koper et al. 2019; Reissmann et al. 2021; Whitehead et al. 2022). Studien zeigen, dass die meisten Hausärzte es wichtig finden, spirituelle Bedürfnisse zu erkennen, aber an ihrer entsprechenden Kompetenz zweifeln (Vermandere et al. 2011; Balboni et al. 2013; Bar-Sela et al. 2019; Vasconcelos et al. 2020).

Patientinnen und Patienten haben Interesse daran, mit medizinischem Personal über spirituelle Fragen zu sprechen (Grant et al. 2004; Frick et al. 2006; Büssing et al. 2009; einen Überblick über Studien hierzu geben Best et al. 2015; Schroeder & Fishbach 2015; Fitch & Bartlett 2019). In Deutschland steckt SC noch in den Anfängen (Janhsen & Woopen 2019: 185; Taverna et al. 2019).

Um die Berücksichtigung spiritueller Bedürfnisse kranker Menschen nachhaltig zu verbessern, bedarf es wissenschaftlicher Untersuchungen zur Implementierung von SC. Hier reiht sich HoPES3 ein, eine Studie, die das Angebot einer spirituellen Anamnese in hausärztlichen Praxen einschließt.

In diesem Artikel werden folgende Forschungsfragen untersucht:

  1. Wie reagieren chronisch kranke ältere Menschen auf das Angebot einer spirituellen Anamnese mit ihrer Hausärztin?

  2. Was sind ihre Beweggründe dafür, auf das Angebot einzugehen?

  3. Was sind hinderliche Faktoren für spirituelle Gespräche in Hausarztpraxen?

2 Studiendesign und Methode

Die Darstellung der Methoden folgt weitgehend den „Consolidated Criteria for Reporting Qualitative Research/COREQ“ (Tong et al. 2007).

Studiendesign HoPES3

Die explorative mixed-methods-Studie „HoPES3“ wird gemeinsam vom Universitätsklinikum Heidelberg, der Universitätsklinik Tübingen und dem Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München durchgeführt.

HoPES3 (“Holistic Care Program for Elderly Patients to Integrate Spiritual Needs, Social Activity and Self-Care into Disease Management in Primary Care”) untersucht, ob in hausärztlichen Praxen durch Interventionen, die die spirituellen Bedürfnisse, die soziale Aktivität und die Selbstfürsorge adressieren, ein positiver Effekt bewirkt werden kann (Straßner et al. 2019).

Forschungsteam und Reflexivität

Erstautorin Ruth Mächler (RM) entwickelte den Interviewleitfaden in enger Zusammenarbeit mit dem Team. RM führte die Telefoninterviews mit den Patientinnen und Patienten, entwickelte das Kategoriensystem, führte die Analyse der 29 Interviewtranskripte durch und schrieb den ersten Entwurf des Artikels. RM reflektierte ihre Rolle, mögliche Voreingenommenheit sowie die Codes im Rahmen einer qualitativen Werkstatt der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die quantitativen Analysen wurden von Noemi Sturm (NSt) und Johannes Krisam (JK) erarbeitet. Die Ergebnisse wurden mit dem gesamten Forschungsteam diskutiert.

Einschlusskriterien

Teilnehmende sind Hausarztpraxen in der Umgebung von Heidelberg und Tübingen und deren Patienten/Patientinnen, die mindestens 70 Jahre alt sind, mindestens 3 chronische Erkrankungen haben, mindestens 3 Medikamente dauerhaft einnehmen und an einem Disease-Management-Programm (DMP) teilnehmen.

Rekrutierung

Im März 2019 wurden alle Hausarztpraxen um Heidelberg und Tübingen angeschrieben. Es nahmen 28 Allgemeinarztpraxen an der Studie teil, die per Cluster-Randomisierung der Interventions- und der Kontrollgruppe zugewiesen wurden. Um Patienten und Patientinnen für die Studie zu gewinnen, luden die Hausärzte diejenigen zur Teilnahme ein, die die Einschlusskriterien (siehe oben) erfüllten und innerhalb der nächsten 3 Monate einen DMP-Termin in ihrer Praxis hatten. Die Daten von 23 Praxen und 297 Patienten/Patientinnen wurden in die Analyse einbezogen.

Ergebnisse der Baseline Befragung

Tab. 1:

Sample und Einstellungen zu Spiritual Care in der Hausarztpraxis

Patienten

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Gesamt

(n=164)

(n=133)

(n=297)

Durchschnittsalter in Jahren (range, SD)

78.34 (70–91; 4.66)

78.69 (70–91; 4.89)

78.49 (70–91; 4.76)

weiblich n (%)

87 (53.0)

76 (57.1)

163 (54.9)

alleinlebend n (%)

50 (32.1)

40 (30.5)

90 (31.4)

höchster Bildungsabschluss n (%)

– Volks-, Haupt- oder Realschule

– Abitur

– Universitätsabschluss

133 (85,3)

7 (4.5)

16 (10.3)

111 (84,8)

6 (4.6)

10 (7.6)

244 (85,1)

13 (4.5)

26 (9.1)

Durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Medikamente laut Medikationsplan (range, SD)

7.70 (3–20; 3.23)

7.57 (3–16; 2.68)

7.64 (3–20; 2.99)

Religion n (%)

– Christlich

– andere

– keine Religion

136 (87.2)

8 (5.1)

12 (7.7)

112 (86.1)

3 (2.3)

15 (11.5)

248 (86.7)

11 (3.8)

27 (9.4)

– Wie sinnvoll finden Sie es, dass Patienten mit Ihrem Hausarzt über *

– ihre persönlichen Kraftquellen sprechen?

– Glaubensfragen sprechen?

– Einsamkeit sprechen?

106 (65.9)

78 (48.8)

122 (75.3)

67 (58.4)

60 (45.8)

104 (78.8)

183 (62.4)

138 (47.4)

226 (76.9)

* Antworten ja und eher ja/n (%)

Intervention: Spirituelle Anamnese

Die untersuchte Intervention fand im Rahmen eines verlängerten DMP-Termins statt. Der vorliegende Artikel evaluiert nur das spirituelle Anamnesegespräch mit Unterstützung eines Gesprächsleitfadens, genannt „SPIR“.

SPIR ist ein Instrument zur Erhebung spiritueller Bedürfnisse von Patienten und Patientinnen, das eine Erfassung ihrer spirituellen Orientierung durch vier Fragen und optionale Unterfragen (hier beispielhaft) ermöglicht (Puchalski C & Romer 2000; Frick et al. 2006; Frick et al. 2019):

In der HoPES3-Studie wird das Angebot des SPIR schon als Intervention verstanden: durch das Angebot werden die Patientinnen und Patienten auf die eigene Spiritualität aufmerksam gemacht und es wird die Möglichkeit eröffnet, sofort oder auch in Zukunft existenzielle Fragen nach eigenem Bedarf im Rahmen der Sprechstunde zu thematisieren. Zudem wird angenommen, dass bereits das Gesprächsangebot Einfluss auf die Arzt-Patienten-Beziehung hat (Mächler et al. 2023).

Datenerhebung und -analyse nach der Intervention

Die 164 Patienten/Patientinnen der Interventionsgruppe wurden gebeten, innerhalb von zwei Wochen nach der Intervention einen Fragebogen auszufüllen. Die 133 zurückgeschickten Fragebögen wurden digitalisiert, validiert und mit IBM SPSS Statistics 25 ausgewertet. Einige Wochen nach der Intervention wurde eine nicht-standardisierte Prozessevaluation durchgeführt. Von Februar bis Juni 2020 konnten 29 qualitative Interviews mit Patientinnen bzw. Patienten, die sich zur Teilnahme an einem Telefoninterview bereiterklärt hatten, geführt werden, teilweise am Telefon, teilweise bei den Teilnehmenden zu Hause; die Gesprächsdauer variierte zwischen 14 und 42 Minuten. Die Audioaufnahmen wurden pseudonymisiert und transkribiert. Für die Auswertung wurde die Software MAXQDA Analytics Pro 2020 (Release 20.0.8) verwendet.

 (Deutsche Fassung des SPIR, veröffentlicht in Weber & Frick 2002) , www.spiritualcare.de/downloads

(Deutsche Fassung des SPIR, veröffentlicht in Weber & Frick 2002) , www.spiritualcare.de/downloads

Die Analyse wurde mittels Reflexive Thematic Analysis (Braun & Clarke 2006, 2013, 2020) durchgeführt.

Vorannahmen und Entscheidungen im Laufe der Auswertungen

Im Laufe der Interviews zeichnete sich schnell ab, dass viele der Befragten entgegen der Vorannahmen das Angebot der spirituellen Anamnese abgelehnt hatten. Daher wurde nach den ersten elf Interviews ein stärkeres Augenmerk auf die Frage: „Wie reagieren die Patientinnen/Patienten auf das Angebot des spirituellen Gespräches und was sind ihre Beweggründe, wenn sie ablehnen?“ gelegt. Weiterhin fiel bei den Gesprächen auf, dass die Personen einen Schwerpunkt auf ihre persönliche Beziehung zum Arzt legten. Daraufhin wurde bei der Befragung der Blick stärker auf die Arzt-Patienten-Beziehung gelenkt.

3 Ergebnisse

3.1 Themen

3.1.1 Ablehnung des Gesprächsangebotes

Häufigkeit

Insgesamt haben von den 29 befragten Patienten und Patientinnen 11 ein vollständiges spirituelles Anamnesegespräch (SPIR) geführt in dem Sinne, dass sie sich wirklich darauf eingelassen haben. Von den 18 Personen, die keine spirituelle Anamnese gemacht haben, gaben zwei explizit an, sie seien nicht auf das Thema angesprochen worden. Die anderen 16 hatten das Gespräch abgelehnt. Es zeigte sich hierbei kein erkennbarer Unterschied zwischen Männern und Frauen.

Gründe für die Ablehnung des Angebots

Oft ist die Begründung für die Ablehnung eher vage, beispielsweise es fehle der Bezug zum Thema. Die Patienten und Patientinnen gaben aber immer wieder auch spezifischere Gründe für die Ablehnung an. Besonders häufig ging es dabei um Kirche oder andere Formen institutionalisierter Religion, die mit dem Angebot des Arztes bzw. der Ärztin in Verbindung gebracht wurden und Misstrauen hervorriefen. Sieben der 29 Befragten hatten die Wahrnehmung, dass sie im SPIR vor allem auf die Kirche angesprochen wurden, obwohl in der hausärztlichen Schulung mehrfach explizit darauf hingewiesen worden war, dass dies zu vermeiden ist (Kunsmann-Leutiger et al. 2021). Es kann sein, dass diese Verbindung in den Gedanken der Patienten und Patientinnen hergestellt wurde.

PAT: Einmal, da hat er mich bestellt ja, da hat er, (da wusste ich im ersten xxx) Moment gar nicht, da hat er eigentlich, ja hatte so allerhand von wegen Kirche und ja, haben wir über alles gesprochen.

INT: Mhm, mhm. Also er hat Sie, was hat er Sie gefragt, wenn ich fragen darf?

PAT: Ja, ob ich, wie ich es mit der Kirche hielt. (…)

INT: Hat er Sie direkt auf die Kirche angesprochen?

PAT: Ja (P32RE103).

INT: Hat ihre Hausärztin auch mit Ihnen mal ein Gespräch geführt so zum Thema Glauben, was gibt mir Kraft und Sinn?

PAT: Ja gut das ist eigentlich kurz gewesen. Also ich muss vorrausschicken ähm, ich bin nicht aus der Kirche ausgetreten. Ich bin nach wie vor in der Kirche, (.) aber mein Bild, der Glauben ist halt so, wie ich ihn empfinde. Also, ich bin kein Kirchengänger (P12EE210).

Einige lehnten dann das Gespräch aufgrund dieser Assoziation ab, weil sie von der Kirche enttäuscht sind:

INT: Hat er mit Ihnen auch ein Gespräch über Glaubensfragen geführt oder darüber was Ihnen persönlich Kraft und Sinn gibt?

PAT: Ja, da habe ich nur abgelehnt. Weil ich bin nicht dafür. Ich war früher sehr aktiv in der Hinsicht (Anmerkung: ehrenamtliches Engagement in der Kirche) und da war ich enttäuscht und seitdem habe ich total abgeblockt (P12EE210).

Andere hatten in ihrer Kindheit negative Erfahrungen mit der Kirche gemacht:

PAT: Der Bruder meiner Mutter, der war ein Erzkatholik. (--) Und, der hat mich auch ganz schwer traktiert und wenn da, wenn der so auch in diese Richtung ging, da war puuh, war dann, der Onkel furchtbar da (P26AA212).

Doch nicht immer war es die Assoziation mit der Kirche, die zur Ablehnung führte. Eine Patientin erzählte, sie sei von Gott selbst enttäuscht:

PAT: Ja, der hat mich gefragt, wie meine Einstellung zu Gott ist. Da habe ich gesagt, also ich habe da nicht so einen großen (.), also ich habe 5 Geschwister schon verloren, also da ist mir nicht so was Gott angeht, weiß ich nicht. Habe ich nicht so einen Bezug (P32NI107).

Ein weiterer Ablehnungsgrund ist, dass Patientinnen und Patienten das Thema als zu privat empfinden.

Bei den Interviews machte RM als Befragende oft die Erfahrung, dass die Befragten ihr zunächst sagten, dass sie dem Arzt bzw. der Ärztin zu dem Thema nichts zu sagen hätten, sie ihr aber dann später im selben Interview offen und vertrauensvoll spirituelle Erlebnisse erzählten:

INT: Und wenn Sie jetzt jemand anspricht auf Spiritualität?

PAT: Ah, apropos Spiritualität: (--) dann will ich nicht, (--) mag ich dieses Thema nicht (P04EA107).

Diese Befragte erzählte aber bald danach von ihrer gelebten Spiritualität:

PAT: … ich glaube an Gott. Ich versuche zu beten. Ich versuche zu, mit, so, (.) Verbindung zu sein (P04EA107).

Mit dem Arzt hatte sie jedoch darüber nicht sprechen wollen.

3.1.2 Wunsch nach einer Begegnung auf Augenhöhe

Auffallend oft wird ungefragt darüber berichtet, wenn es eine private Begegnung mit der Ärztin oder dem Arzt gab oder wenn diese/r etwas Privates preisgegeben hatte. Man spürt heraus, dass es wichtig für die Patienten/Patientinnen ist, dass ihre Ärztin oder ihr Arzt sich als Mensch zeigt.

PAT: Er [der Arzt, Anm. RM] hatte, wir haben uns draußen schon mal getroffen auf dem Spielplatz. Er, er winkt mir auch, dann habe ich irgendwann auf der Bank gesessen und er ging, ach Gott, ganz weit von mir weg, vorbei, ich glaube Mittagspause hatte er. Dann, er hat mich erkannt, dann winkt er mir zu. Auf dem Spielpatz (…) habe ich ihn auch schon mal mit seiner Tochter getroffen. Haben wir auch ganz normal gesprochen, nicht so wie, wie man so manchmal denkt, ach hier die Herren in Weiß (P32RE103).

PAT: Nicht, also, es ist so, dass, früher hat man ja irgendwie den Hut gezogen vor einem Arzt und das war ein ganz besonderer Mensch, (…) aber man, wenn man sich in der Stadt sieht und trifft und dann, ja grüßt man sich und (wechselt) ein, zwei Worte, aber nicht über medizinische Dinge.

Also mehr so, sage ich mal, auf gleicher Ebene. Nicht, dass man, dass der Arzt auf dem Thron steht (P12LC104).

PAT: Und da hat er mir unter anderem ein Video gezeigt von seiner Tochter. Also so, Sie sehen darauf, dass ich auch (…) ein gutes Verhältnis, also auch, dass man auch mal über etwas Privates spricht. Er kennt auch meine Tochter sehr gut, (…) also, ja ich bin da also wirklich in guten Händen und kann da alles mit ihm besprechen (P32AC108).

Nahbarkeit oder ein persönliches Interesse an dem Patienten oder der Patientin werden sehr dankbar angenommen und als wichtig für diese beschrieben:

PAT: … er ist nicht so unnahbar. Er ist wirklich, er fühlt mit (P19IÖ107).

PAT: So nicht das, kann man sagen, das Helfende, sondern das (Abgrenzende). Das ist das, was mich an vielen Ärzten stört, so das von oben herab, so: „Wer bist, wer bist du eigentlich?“

INT: Und durch dieses Gespräch war das dann nicht so?

PAT: Ja, da habe ich den Eindruck gekriegt, sie ist ja ganz menschlich, ne? (P12RE206)

Gegensätzliche Erlebnisse des „Behandeltwerdens“ werden aber auch angesprochen und stets kritisch bewertet:

PAT: Dass der Arzt auch mal von sich aus auf einen zu (---) geht und sagt: „Wie geht es Ihnen denn? Wie fühlen Sie sich denn?“ (…) Das vermisse ich heute, in der heutigen Zeit (P08AO201).

Entsprechend kam es dann in dieser Beziehung in der Wahrnehmung der Patientin auch zu keinen Gesprächen.

Eine Patientin berichtete, dass sie sich unter Druck fühle, wenn sie zur Hausärztin gehe (und dass dieser Druck durch das spirituelle Gespräch abgenommen habe).

PAT: Aber ich habe jetzt nicht mehr den Druck so wie vorher, wenn ich zum Doktor musste war mein Blutdruck ja schon ganz oben. (…) Und das habe ich jetzt nicht mehr. Also was sich auf dieses bezieht. Wenn ich irgendetwas habe, wo ich mit ihr, wo ich zu ihr rein muss, da habe ich nicht mehr diesen Ausbruch, ne? 160, 180 Blutdruck, bloß, weil ich da zur Tür reingehe.

INT: Aha, also Sie gehen quasi mit weniger Aufregung oder weniger Angst zum Arzt.

PAT: Jaja, ja.

INT: Nach dem, seit dem Gespräch?

PAT: Seit diesem Gespräch, ja. (…)

PAT: Also, ich sehe da jetzt keine Hemmschwelle mehr drin (…). Ich kann da rein und kann, kann einfach sagen, wo es brennt (P12NE110).

Die Begriffe Druck und Hemmschwelle beschreiben hier, wie sie die Beziehung zur Ärztin vorher empfunden hat. Eine andere Patientin sprach von einer Barriere zwischen ihr und dem Arzt:

PAT: Da ist dann diese Barriere aufgebrochen, wenn man mit dem Doktor auch über alles reden kann (P32RE103).

Die Ärztin bzw. der Arzt als Autoritätsperson wird auch implizit spürbar, wenn Patienten oder Patientinnen über ihre Krankheiten sprechen. Mehrere Diabetesbetroffene erzählten beispielsweise, wie sie sich rechtfertigen müssen, wenn ihre Langzeitwerte nicht gut sind.

PAT: … ob ich zu viel mal Schokolade gegessen habe ((lacht)), und das sage ich ihm auch, ich sage da kann er ruhig meckern, das ist mir egal. Weil ab und zu ist es, esse ich ein Stück Kuchen und dann guckt er mich so an: „Naja gut“, sagt er. Oder er sagt: „Ja ist Weihnachten gewesen“, oder: „Ist Ostern gewesen“, ((lacht)) sagt er dann so, ne? Er ist ja selber einer. Ich weiß es ja. Er müsste sich auch mehr zusammennehmen ((lacht)), von daher. Also ich achte, aber ab und zu (.) dann darf es über die Stränge schlagen. Ist ja gut, gebe ich auch zu (P32NI107).

3.1.3 Zeitmangel in der Praxis

Ein weiterer Hinderungsgrund, der häufig thematisiert wurde, ist Zeitmangel. Zehn Befragte sprachen dies direkt an, andere erwähnten dies indirekt, zum Beispiel indem sie das volle Wartezimmer ansprachen. Immer wieder wurde dabei der gute Wille der Ärztin/des Arztes anerkannt.

PAT: Ja, aber wissen Sie, (.) die Zeit haben die Ärzte ja nicht. Dass, dass man da so (2s) ewig lange Gespräche führt, die, ja, gerade zum Kennenlernen des Menschen ist sicherlich nicht unwichtig, aber (3s), ja, ich glaube nicht, dass die Zeit da ist, vom Arzt her (P12LC104).

PAT: Du bist eigentlich schneller wieder draußen, wie du drin warst (P15RO202).

Wenn die Ärztin oder der Arzt sich dennoch tatsächlich Zeit nimmt, wird das als wertvoll empfunden:

PAT: Wenn irgendetwas ist, also da weiß ich ganz genau, ich kann mit meinem Doktor schwatzen und, und ist er auch, er hört auch zu. Nicht, dass er dann sagt: „Jetzt, jetzt musst du gehen“, oder: „Die Zeit ist abgelaufen“ Hat er noch gar nie, er sagt immer: „Reden Sie, wenn Sie etwas wollen wir schwatzen miteinander und dann ist das in Ordnung“. Und das tut dann auch gut, finde ich (P32AR112).

Die Patientinnen bzw. Patienten berichten eher verständnisvoll als klagend über mangelnde Zeit im Sprechzimmer. Gleichzeitig spricht die Häufigkeit, mit der das Thema angesprochen wird, dafür, dass der Faktor Zeit eine große Rolle spielt.

3.2 Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung – die overall story

Die Methode der RTA nach Braun und Clarke empfiehlt, nach der Erarbeitung der Themen noch die Frage zu stellen „What is the overall story the different themes reveal about the topic?“ (Braun & Clarke 2006: 24). Für die Beantwortung dieser Frage werden im Folgenden Aussagen der Patienten und Patientinnen vorgestellt und bereits interpretiert.

Es war auffällig, wie bereitwillig die Befragten der Interviewerin von ihrer Spiritualität erzählten, vor allem auch solche, die dieses Thema in der Praxis abgelehnt hatten. Diese Beobachtung lässt vermuten, dass die Menschen wohl häufiger bereit wären, über ihre Spiritualität zu sprechen, als sie es in der hausärztlichen Praxis dann tatsächlich tun. Diese Beobachtung und die anderen oben vorgestellten Ergebnisse können durch die Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung erklärt werden.

Gerade wenn in der hausärztlichen Praxis Spiritualität angesprochen wird, scheint es von Bedeutung zu sein, dass das Gespräch auf Augenhöhe stattfinden kann und man sich als Patient nicht einer distanzierten Autoritätsperson gegenübersieht. Dies wird auch anschaulich durch die vielen Erzählungen über private Bezüge zum Arzt: Das Treffen auf dem Spielplatz, das Video von der Tochter des Arztes, das Achtel Wein, das man zusammen trinkt, der Gruß – diese Dinge stehen für Begegnungen von Mensch zu Mensch, die von den Patienten/Patientinnen als bedeutsam erzählt werden. Die Bilder, die für Autorität und Distanz gewählt werden, sprechen ebenfalls eine starke Sprache: Den Hut ziehen vor einem Arzt, die Herren in Weiß, der Arzt, der auf dem Thron steht – hier gibt es eine intensive Wahrnehmung von Machtasymmetrie seitens der Patientinnen und Patienten.

Es kann somit angenommen werden, dass die Wahrnehmung einer Machtasymmetrie zu den Hinderungsgründen für spirituelle Gespräche zählt. Die geringe Anzahl und vor allem die hohe Komplexität der Interviews, bei denen manchmal nicht eindeutig eingeschätzt werden kann, ob eine Beziehung gut oder schlecht ist, machen hier eine statistisch valide Einschätzung unmöglich (die auch kein Ziel qualitativer Auswertungen ist). Es kann aber generell gesagt werden, dass die Patienten und Patientinnen, die von einem engeren persönlichen Kontakt mit der Hausärztin bzw. dem Hausarzt berichteten, sich auch eher auf eine Spirituelle Anamnese eingelassen hatten (z. B. P03IR209, P12EE210, P12NE110, P19IÖ107, P32RE103), wobei es allerdings auch Personen gab, die den Kontakt als positiv beschrieben und dennoch ablehnten (P32AC108, P32AR112). Eine ganze Reihe Patienten und Patientinnen hatte explizit über eine schlechte Beziehung zu ihrem Arzt bzw. zu ihrer Ärztin geklagt und zugleich kein SPIR geführt (z. B. P08AO201, P15ER208, P26AA212, P32NI107). Keine der befragten Personen sprach explizit von einer schlechten oder distanzierten Beziehung und hatte dennoch das SPIR-Gespräch geführt. Diese Befunde stützen die These, dass eine (seitens des Patienten) wahrgenommene Asymmetrie einen Hinderungsgrund für spirituelle Gespräche darstellt.

Die Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung zieht sich in Bezug auf die Reaktionen auf das Angebot eines spirituellen Gesprächs durch die Interviews und kann daher als „overall story“ gewertet werden. Sie spielt in allen Themen eine Rolle, und sie bietet einen zentralen Erklärungsansatz.

Asymmetrie wird hier verstanden als strukturelle Ungleichheit in Hinblick auf Ressourcen und Einflussmöglichkeiten in einer sozialen Beziehung, bei der eine Partei der anderen überlegen ist. In den gefundenen Ablehnungsgründen kann die Wirkung einer Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung erkannt werden. Das Bedürfnis nach einer Beziehung auf Augenhöhe kann als Wunsch interpretiert werden, die Asymmetrie zu mindern.

Die Asymmetrie gründet in den jeweiligen Rollen: Diese beinhalten, dass der Arzt bzw. die Ärztin in ihrer professionellen Funktion das Gespräch führt, während der/die Patient/in ein Problem hat, zu dessen Lösung sie Hilfe benötigt. Zur ärztlichen Rolle gehören die Eigenschaften kompetent, bestimmend, verordnend, zur Patientenrolle die Eigenschaften krank, wartend, unwissend und bedürftig sein.

Oftmals wird im Rahmen der Arzt-Patienten-Beziehung auch eine Schamgrenze überschritten: Patienten oder Patientinnen müssen über Alkoholkonsum und Gewicht Auskunft geben, sie müssen sich ausziehen, es wird in Körperöffnungen geblickt, während Ärzte und Ärztinnen sich in keiner Hinsicht offenbaren müssen.

Mehrfach betonen die Patientinnen/Patienten, dass sie versuchen mitzudenken und sich aktiv um ihre Gesundheit zu kümmern. Dies lässt sich auch als Versuch verstehen, die Machtasymmetrie zu verringern.

PAT: Ich sage mir eines: ich muss irgendwo von mir aus die Initiative ergreifen, damit ich regelmäßig zu den bestimmten wichtigen Ärzten gehe, und lasse mich dort untersuchen (P08AO201).

PAT: … ich (…) messe dann meinen Blutdruck und sehe, der ist dann immer irgendwie zu hoch oder zu niedrig, dann variiere ich das aus meiner Sicht und laufe nicht gleich zum Arzt (…) Man muss ja selber Mensch genug sein, um an sich und mit sich und mit den Medikamenten zu leben und zu arbeiten (P12LC104).

PAT: Ja ich nehme schon mit, dass es einfach in meiner Hand liegt, ob ich gesundwerde oder nicht. (…) Also für mich ist das sowieso, jetzt sage ich mal, die, die, die generelle Frage im Leben. Du musst in Eigenverantwortung musst du dein Leben führen und nicht warten, bis andere deine Entscheidungen treffen (P15RO202).

Dem Wunsch der Patientinnen und Patienten, eigenständig Sorge für die Gesundheit zu tragen, steht jedoch entgegen, dass sie nicht genug wissen, um über die eigene Behandlung selbst entscheiden zu können. Auch die „Informationsasymmetrien in der Arzt-Patienten-Beziehung“ (Schneider 2002) werden seitens der Betroffenen als Machtasymmetrien erlebt.

Machtasymmetrien sind generell in Arzt-Patienten-Gesprächen wirksam, aber im Themenfeld Spiritualität kommt noch ein weiterer Faktor hinzu, nämlich Parallelen des Gesundheitssystems mit religiösen Systemen, die beim Angebot einer spirituellen Anamnese (unbewusst) zum Tragen zu kommen scheinen. Erkennbar wird dies beispielsweise daran, wie häufig die Befragten sagen, sie seien direkt auf die Kirche angesprochen worden, obwohl in der vorbereitenden Schulung klar darauf hingewiesen worden war, dass das Gesprächsangebot ohne Hinweis auf Religion oder Kirche gemacht werden sollte und bei Interviews mit Ärzten/Ärztinnen der Eindruck entstanden war, dass dies auch umgesetzt worden war (Huperz et al. 2022). (Zur Semantischen Unterscheidung von Spiritualität und Religion siehe Říčan 2004; Streib & Hood 2011; La Cour et al. 2012; Berghuijs et al. 2013; Keller et al. 2013; Murphy 2017). Dennoch wurde bei der (bewusst vage und offen gestellten) Frage nach dem SPIR-Gespräch von den Patienten und Patientinnen im Forschungsinterview oftmals direkt über Kirche gesprochen.

Auffällig ist in Zusammenhang mit Parallelen zwischen Arztpraxis und Kirche weiterhin, dass die Befragten manchmal vom Arztgespräch berichten, als handle es sich um eine Beichte. Beispiele aus dem Datenmaterial:

PAT: Da soll ich ja, ich muss ja immer hier Blut abnehmen, ne? „Oh“, sagte sie: „Das ist wieder ein bisschen“, da habe ich gesagt: „Ja, Frau Doktor ich habe sieben Viertel Wein getrunken. Aber die habe ich gleich wieder“, und das merkt sie (P03UL211).

In dieser Weise erlebte Parallelen zwischen der Situation in einer ärztlichen Praxis und einer Beichte unterstützen die Hypothese einer erlebten Ähnlichkeit des medizinischen und des religiösen Systems.

4 Diskussion

4.1 Antworten auf die Forschungsfragen

Die Forschungsfragen können folgendermaßen beantwortet werden:

  1. Die Gespräche werden in der Praxis häufig abgelehnt. Manche Patienten/Patientinnen sind aber sehr offen für das Angebot.

  2. Als Gründe für die ablehnende Reaktion werden Vorbehalte gegenüber religiösen Institutionen angegeben, eine Einschätzung der Thematik als „zu persönlich“ sowie empfundener Zeitdruck im Setting der Sprechstunde. Die Arzt-Patienten-Beziehung wird mehrheitlich sehr positiv geschildert, gleichzeitig wird ein Bedürfnis nach einem Austausch auf Augenhöhe deutlich.

  3. In allen Punkten kann die störende Wirkung der Asymmetrie in der Arzt-Patienten-Beziehung beobachtet werden. Verstärkt wird das Erleben der (Macht-)Asymmetrie durch das strukturelle Setting der Praxis sowie durch Parallelen des Gesundheitssystems mit religiösen Systemen, die bei der spirituellen Anamnese zum Tragen kommen.

4.2 Aspekte der Macht im Arzt-Patienten-Verhältnis

Max Weber (1864–1920) definiert Macht als „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf die Chance beruht“ (Weber M 1921/22/2002: § 16). In diesem Sinne ist die Arzt-Patienten-Beziehung keine offensichtliche Machtbeziehung, da Ärzte und Ärztinnen ihre Patienten bzw. Patientinnen zumindest vordergründig zu nichts zwingen können. Faktisch haben jedoch Erstere eine stärkere Position als Letztere. Auch wenn Ärzte/Ärztinnen nicht versuchen werden, ihren Willen durch Zwang durchzusetzen und zum Wohle der Patienten und Patientinnen agieren wollen, können sie sich doch gegebenenfalls gegen den Willen dieser durchsetzen, nur eben in subtiler Weise (Goranson et al. 2020).

Dies entspricht einem paternalistischen Verhältnis von Ärzten/Ärztinnen gegenüber Patienten/Patientinnen. Die Stanford Encyclopedia of Philosophy definiert Paternalismus als „the interference of a state or an individual with another person, against their will, and defended or motivated by a claim that the person interfered with will be better off or protected from harm” (Dworkin 2020). Es geht also auch im Paternalismus um die Ausübung von Macht, bei der eine Person ihren Willen gegen den einer anderen Person durchsetzt, jedoch unter der Bedingung, dass dies zum Wohle der Person geschieht. Beispielhaft ein Zitat aus dem deutschen Ärzteblatt:

Der Wunsch „nach gleicher Augenhöhe“ im Sinne des Patienten ist jedoch differenziert zu betrachten. Die vielfach beklagte Asymmetrie zwischen Arzt und Patient ist geradezu konstitutiv für dieses Verhältnis. Die Medizinsoziologie belegt die These, dass die unterschiedliche Wissensverteilung und die Macht zur Definition und Steuerung einer Erkrankung seitens der Ärztin eine prinzipiell ungleichrangige Beziehung begründet und rechtfertigt (Hansen & Meier 2006).

Es wird dennoch versucht, den Paternalismus in der Medizin zu mildern, indem immer mehr Aspekte eines Vertragsverhältnisses und mehr Mitsprache eingeführt werden. Dennoch sind „informed-consent“-Entscheidungen oft in der Praxis nicht herbeiführbar. „Eine symmetrische Arzt-Patient-Beziehung (…) existiert realiter nur ausnahmsweise“ (Geisler 2002).

Bei SC muss die Machtfrage in besonderer Weise berücksichtigt werden, denn ein spirituelles Gespräch bedarf der Augenhöhe (Heller & Heller 2014: 37 f.). Dies mag ein Grund dafür sein, dass in dieser Befragung der Wunsch nach einer Beziehung auf Augenhöhe so deutlich war. Hierzu passt auch der Wunsch nach Eigenständigkeit, der für eine Beziehung, in der Spiritualität Raum finden soll, absolut angemessen ist. Die Ablehnung des Angebotes selber ist ein selbstermächtigendes Handeln, zu dem man beim Arztbesuch nur selten die Möglichkeit hat. Die Patienten und Patientinnen erleben hier zum einen die Macht, Grenzen zu setzen, zum anderen wissen sie aber nach dem Gespräch, dass die Tür offen wäre, sollten sie solche Themen einmal von sich aus ansprechen wollen (Huperz et al. 2022; Mächler et al. 2022; Mächler et al. 2023).

4.3 Parallelen zwischen dem medizinischen und dem religiösen System

Die Rolle des Arztes bzw. der Ärztin kann hinsichtlich einiger Aspekte mit der eines Priesters oder einer Pfarrerin verglichen werden: In beiden Fällen handelt es sich um Experten in einem Bereich, der für ihre Klienten von lebenswichtiger Bedeutung ist. Die Ärzte und Ärztinnen wissen Bescheid über die Krankheiten, die das Leben bedrohen, während die Priester/-innen über Gott Bescheid wissen und die Experten für das Ewige Leben sind. Das Expertentum wird durch Kleidung symbolisiert; was für den Arzt oder die Ärztin der weiße Kittel, ist für die Pfarrerin oder den Priester der Talar.

Eine weitere Parallele zeigt sich in der Ähnlichkeit der räumlichen Institutionen Arztpraxis und Kirche. Beide können als Machtinstitutionen wahrgenommen werden. Man begibt sich in eine räumliche Sphäre, in der man als Patient/-in oder Gläubige/r Bittende/r ist und sich den Regeln zu unterwerfen hat. Die Institution Kirche ist ebenso wie die Arztpraxis eine Machtinstitution, in der Experten und Expertinnen das Verhalten von Laien beeinflussen können. Foucault hat Parallelen zwischen den Machtstrukturen von medizinischem System und Kirche beschrieben. Er spricht vom „Mythos eines nationalisierten ärztlichen Berufsstandes, der in der Art des Klerus organisiert ist und auf der Ebene der Gesundheit und des Körpers mit ähnlichen Vollmachten ausgestattet ist wie jener im Hinblick auf die Seelen“ (Foucault 197348). Die von der Kirche ausgeübte Pastoralmacht wurde gemäß Foucault in der Moderne weiterentwickelt zur Bio-Macht (französisch: le biopouvoir), die ebenfalls mit Leben und Tod und mit der Überwachung und Disziplinierung des Körpers zu tun hat und eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung und Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse spielt.

Auch Vertreter/-innen von SC warnen davor, dass Ärzte und Ärztinnen Spiritualität den medizinischen Machtmechanismen unterwerfen könnten (siehe auch Schäfer 1981; Frick 2014: 59).

Werden Ärztinnen und Ärzte sowieso schon als Personen empfunden, die gesundheitliche „Sünden“ herausfinden und die Grenzen des Intimen überschreiten, so verstärkt sich das Machtgefälle noch, wenn der/die Patient/in etwas über das eigene Seelenleben preisgeben soll. So kann „Ganzheitlichkeit“ in der Medizin auch bedeuten, dass die Patienten sich körperlich und seelisch „nackt machen“ müssen. Gerade die spirituelle Anamnese könnte in dieser Hinsicht problematisch sein, da hier sehr persönliche Fragen gestellt werden (Noth 2014). Frick (2019) greift diesen Hinweis auf und verweist darauf, dass sich „insbesondere aus der theologischen Kritik wichtige Gesichtspunkte für die Qualitätssicherung der Spirituellen Anamnese“ ergeben. Aber: „der Weg beim Aushandeln von mehr oder minder großer Tiefe im spirituellen Dialog kann nicht in der Vermeidung (…) bestehen, sondern im respektvollen Umgang mit den Grenzen des anderen Menschen“ (Frick 2019: 298 f.).

So soll hier die These aufgestellt werden, dass bei SC die Parallelen von „Machtsystem Gesundheit“ und „Machtsystem Religion“ problematisch wirken können, wenn sie nicht beachtet werden.

Wichtig ist in beiden Systemen, dass die in der Expertenrolle agierenden Personen diese Dynamik reflektiert haben. Wenn Priester- und Arztrolle in einer Person zusammenkommen, wird dies umso wichtiger sein; zum einen wegen der sich verstärkenden Dynamik der Asymmetrie, zum anderen, weil Ärzte und Ärztinnen sich dieser Dynamik eventuell nicht bewusst sind.

5 Implikationen

Die diskutierten Zusammenhänge haben wichtige Implikationen für die Implementierung von SC in ärztlichen Praxen:

5.1 Gestaltung der Praxisstrukturen

Die Praxis sollte so gestaltet sein, dass gute Rahmenbedingungen für SC gegeben sind. Hierzu gehören beispielsweise Standards und Kontrollmechanismen, die einem Machtmissbrauch entgegensteuern, wie z. B. Inter- und Supervision, Balint-Gruppen, Qualitätssicherung, gemeinsame Reflexion in Teambesprechungen oder eine bewusste Gestaltung der Fehlerkultur. Wichtig ist, dass auch SC mit diesen Strukturen erfasst wird, beispielsweise als Themenpunkt in den Fallbesprechungen des Teams.

5.2 Aus-, Fort- und Weiterbildung

Eine wichtige Voraussetzung für SC ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Spiritualität. (Curlin et al. 2006; Olson et al. 2006; Meredith et al. 2012; Balboni et al. 2013; Voltmer et al. 2014; Best et al. 2015; Bar-Sela et al. 2019; Vasconcelos et al. 2020).

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Selbstreflexion bei Spiritual Care in Arztpraxen eine besonders wichtige Rolle spielt. Daher sollte in Aus- und Fortbildungen sowohl eine Auseinandersetzung mit der eigenen Spiritualität als auch mit der ärztlichen Rolle stattfinden.

Ebenso sollte hierbei Sensibilität für das Thema „Macht“ und Bewusstsein für die Problematik der Assoziation von Spiritualität mit institutionalisierter Religiosität geweckt werden (Huperz et al. 2022; Mächler et al. 2022).

About the authors

Dr. rer. pol. Ruth Mächler

Dr. rer. pol., Dipl.-Soz., MAS Theologie, wiss. Mitarbeiterin an der Professur für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit, Klinikum rechts der Isar der TU München.

PD Dr. med. Cornelia Straßner

PD Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, wiss. Mitarbeiterin und priv. Doz., Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg.

Noemi Sturm

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg.

Dr. sc. hum. Johannes Krisam

Dr. sc. hum., Institut für medizinische Biometrie und Informatik, Universitätsklinikum Heidelberg.

Regina Stolz

Wiss. Mitarbeiterin, Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen.

Dr. med. Friederike Schalhorn

Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin in eigener Hausarztpraxis. Von 2019 bis 2021 wiss. Mitarbeiterin am Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen.

Dr. med. Jan Valentini

Dr.med. Dr.med.univ., Facharzt für Allgemeinmedizin, Akupunktur, Leitung Bereich Komplementäre und Integrative Medizin am Institut für Allgemeinmedizin und interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen.

Prof. Dr. med. Eckhard Frick sj

Prof. Dr. med., Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychiatrie, Psychoanalytiker, Priester. Seit 2021 Forschungs-Professur für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.

Danksagung

Wir danken Martina Bentner (Studienassistentin) und Carolin Huperz (Forschungsassistentin) für ihre hervorragende Unterstützung.

  1. Author contributions: All the authors have accepted responsibility for the entire content of this manuscript and approved its submission.

  2. Research funding: This study is part of the “HoPES3” project funded by Bundesministerium für Bildung und Forschung, (funding code 01GL1803), registered in Deutsches Register Klinischer Studien (DRKS00015696).

  3. Competing interests: Authors state no conflict of interest.

  4. Informed consent: Informed consent was obtained from all individuals included in this study.

  5. Ethical approval: The research related to human use complied with all the relevant national regulations, institutional policies, is in accordance with the tenets of the Helsinki Declaration (2008 version, Seoul, Korea) and has been approved by the Ethics Committee of the University of Heidelberg (ref. nr. S-730/2018).

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Published Online: 2023-07-14
Published in Print: 2023-07-10

© 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Editorial
  3. Spiritual Care bei der Hausärztin?
  4. Originalia
  5. „Seelsorge beim Hausarzt?“ Möglichkeiten und Hinderungsgründe für spirituelle Gespräche in der hausärztlichen Praxis – eine qualitative Studie
  6. Die spirituelle Anamnese aus ärztlicher und patientenseitiger Sicht – eine Gegenüberstellung im Rahmen des Projekts HoPES3
  7. Selbstfürsorge älterer Menschen durch die Selbstanwendung von Hausmitteln – Eine Analyse im Rahmen der HoPES3-Studie
  8. Was Schweizer Hausärztinnen und Hausärzte glauben und welchen Einfluss des Glaubens sie bei ihren Patientinnen und Patienten beobachten
  9. Spiritual Care-Kompetenz in der Ausbildung – Skizze einer analytisch-konzeptionellen und empirisch-anwendungsbezogenen Untersuchung
  10. Semistrukturierte Interviews mit jüdisch-deutschen Ärztinnen und Ärzten über Verlust, Trauer und ärztliche Trauerbegleitung
  11. Erfahrungsbericht
  12. „Wenn der Hausarzt halt ein Ansprechpartner wäre …“ – Der hausärztliche Besuch im Seniorenheim
  13. Essay
  14. Mitten im Leben?
  15. Anthropologische Aspekte der Einsamkeit
  16. Wie kann ich als zukünftige Gesundheits- und Pflegepädagogin Selbstsorge im Kontext von Spiritual Care im Unterricht der generalistischen Pflegeausbildungüben?
  17. Erfahrungsbericht
  18. Selbst zurückholen
  19. In einem Masterstudium Spiritual Care lehren
  20. Spiritueller Impuls
  21. Oh Gott! oje! Um Gottes Willen!
  22. Interviews
  23. „In meiner innersten Kammer begegnet mir Gott jeden Tag.“ Ein Gespräch mit Hans van der Geest
  24. Tagungsbericht
  25. 10. Symposion Religion & Psychoanalyse der Arbeitsgruppe Psychoanalyse und Religion der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) vom 27.–28. Mai 2022 in München
  26. Rezensionen
  27. Christa Baum (Hg.) (2021) Liebe in wirren Zeiten. Eine Münchner Familienbiografie. Würzburg: Königshausen & Neumann. ISBN: 978-3-8260-7401-1; 200 Seiten; Preis: D 28,00 €; A 28,80 €; CH 39,90 CHF
  28. Markus Mai (Hg.) (2021) Die Pflege und die Coronapandemie in Deutschland: Folgen für Profession und Versorgung. Stuttgart: Kohlhammer. ISBN: 978-3-170-40496-0; 125 Seiten; Preis: D 20,00 €; CH 27,90 CHF; E-Book 17,99 € Nursing and the Corona pandemic in Germany. Consequences for the profession and care.
  29. Johanna Anneser und Eckhard Frick (Hg.) (2023) Psychosomatische Medizin und Palliative Care, Perspektiven und Ansätze aus multiprofessioneller Sicht. Stuttgart: Kohlhammer. ISBN 978-3-17-036248-2; 230 Seiten; Preis D 39,00 €, E-Book 34,99 € Psychosomatic medicine and palliative care, Perspectives and approaches from a multi-professional point of view.
  30. Forschungsprojekt
  31. What motivates critical care nurses to stay in their job? A scoping review protocol
  32. Das Stichwort
  33. Anamnese, spirituelle
  34. Mitteilungen
  35. Mitteilungen
Downloaded on 21.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/spircare-2021-0097/html
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