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Tate Nurkin: The Five Revolutions: Examining defense innovation in the Indo-Pacific Region. Washington, D.C.: The Atlantic Council, 30. November 2020

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Published/Copyright: March 27, 2021

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Nurkin Tate The Five Revolutions: Examining defense innovation in the Indo-Pacific Region Washington, D.C. The Atlantic Council 30. November 2020


Zu Beginn dieses Jahrhunderts sprach man insbesondere in den USA von der Revolution in Military Affairs. Auch der Drohnenkrieg um Nagorno-Karabach im Jahr 2020 wird in den Medien als revolutionär eingestuft. Bei näherer Betrachtung dürften beide Entwicklungen allerdings eher mit dem Etikett evolutionär bezeichnet werden, da Technologien über Jahre bis Jahrzehnte entwickelt werden und deren Wirksamkeit durch gezielte Abwehrmaßnahmen oder verändertem taktischen Geschehen begrenzt werden konnten und können. Dennoch dürften die Staaten im Vorteil sein, die neue Technologien schnell in ihre Streitkräfte integrieren können.

In diesem Grundverständnis sind die vorliegenden Gedanken des Autors sehr hilfreich, zumal diese die möglichen Auswirkungen auf den künftigen regionalen Raum lenken, der für die politischen Machtverhältnisse bis Mitte des Jahrhunderts bestimmend sein dürfte – der Indo-Pazifik. Und in diesem Raum steht China mit seiner Modernisierung der Streitkräfte, Stärkung seiner Logistik und Einführung neuer Technologien. Das Gegengewicht sieht Nurkin vor allem in der notwendigen Zusammenarbeit zwischen den USA, Australien, Japan und Indien (Quadrilateral Security Dialogue – Quad) und ihrer verteidigungspolitischen Modernisierung.

Haupttreiber für Prioritäten im Bereich Verteidigungstechnologien stellt für ihn die digitale Transformation dar. Daher untersucht und bewertet er die Studie des australischen Verteidigungsministeriums mit dem Titel Defence Science and Technology Strategy 2030. Er bewertet diese im Vergleich zu Chinas Modernisierungsanstrengungen. Dortige Schwerpunkte sind Informationsüberlegenheit, Anti-Schiff Hyperschall Raketen und Kommunikationsüberlegenheit (Discourse Power). Zusätzlich bedürfen Chinas Anstrengungen unbemannter fliegender, Überwasser- wie Unterwassersysteme und deren möglicher Einsatz in Schwärmen gesonderter Betrachtungen und Überlegungen zu deren Bekämpfung.

Eine Betrachtung der Grauzonen-Bereiche sollte sich nach der Bewertung von Nurkin nicht nur auf China, sondern auf alle Anrainer der Region beziehen, da neben der militärischen Auswirkung auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereiche betroffen sein können. In diesem Kontext hebt er das Total Defence-Konzept Singapurs als gutes Beispiel für das Erkennen von und die Reaktion auf Gefährdungen hervor. Auch Australien gehe nun einen ähnlichen Weg im Bereich Cybersicherheit.

Im Weiteren folgt ein Eingehen auf „neue“ Domänen des Krieges: Weltraum, Cyberraum und elektromagnetisches Spektrum. Diese seien für den militärischen und zivilen Bereich von großer Bedeutung. Deshalb müssten die Staaten der Region auch sehr sorgfältig auf Bemühungen Chinas zur Bekämpfung von Satelliten im Weltraum achten. Das Eindringen von Hackern in Computersysteme, die erfolgreiche Vermischung des Internets mit Falschmeldungen, die gezielte Störung von öffentlichen und wirtschaftlichen Informationssystemen seien lediglich jüngste Entwicklungen im Cyberraum. Hier könnten künftig durchaus Kriege ohne jeden Schuss gewonnen werden. Ähnliches gilt auch für das elektromagnetische Spektrum. Diese Entwicklungen hätten zu einem jüngst entwickelten Einsatzkonzept der Multi-Domain Operations geführt.

Aus dem bisher Gesagten arbeitet der Autor jene Bereiche der neuen Technologien heraus, die seiner Ansicht nach revolutionäre Folgen haben werden. Diese sind: 1) Perfect Situational Awareness; 2) Hyper-Enabled Platforms and People; 3) New Efficiencies and the Impending Designs; 4) Connectivity, Lethality, and Flexibility, 5) Monitoring, Manipulation, and Weaponization.

Für jedes dieser fünf Felder untersucht der Autor bisherige Entwicklungen im militärischen Bereich. Er wägt Vorteile, gegenseitige Beeinflussungen und mögliche Nachteile der bisher bekannten Einwicklungen der Anrainerstaaten ab. China, Japan und Australien sind für ihn Taktgeber der Entwicklungen. Spannend erscheinen seine Schlussfolgerungen im Bereich 3 zu neuen Produktionsformen (u. a. 3D-Druck), Neugestaltung der Versorgungsketten und der weiter wachsenden Bedeutung der Logistik. Hier hat für den Autor Indien den größten Nachholbedarf, da es bisher fast ausschließlich militärische Güter einkaufe und nicht selber entwickelt hätte.

Nurkin schließt seine Betrachtungen und Überlegungen mit einigen wichtigen Erkenntnissen und deren möglichem Einfluss auf Strategie und Politik. Neben Verbesserungen im vielfältigen militärischen und zivilen Lagebild geht es ihm um die Nutzung wirksamer elektronischer Mittel, um Eskalationen nach Möglichkeit zu vermeiden. Auf der anderen Seite gelte es natürlich auch, den Schutz elektronischer Mittel mittels Härtung zu sichern.

Aktion und Reaktion beim Einsatz elektronischer Mittel sind im Grundsatz nicht neu, allerdings bedarf es heute vermehrter Anstrengungen zum Erkennen, Abwehren und Schutz eigener Systeme vor äußerst schnell und vernetzt ablaufenden Angriffen. Wie eingangs erwähnt, ist diese Entwicklung eher evolutionär statt revolutionär. Zu Letzterem wird sie nur, wenn man über Jahre auf diesen Gebieten nicht geforscht, entwickelt und neue Systeme eingeführt hat.

https://www.atlanticcouncil.org/in-depth-research-reports/report/the-five-revolutions-examining-defense-innovation-in-the-indo-pacific-region/

Published Online: 2021-03-27
Published in Print: 2021-04-01

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  31. Sebastian Bruns/Sarandis Papadopoulos (Hg.): Conceptualizing Maritime & Naval Strategy. Festschrift for Captain Peter M. Swartz, United States Navy (ret.), ISPK Seapower Series. Baden-Baden: Nomos Verlag, 2020, 373 Seiten
  32. Bildnachweise
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