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Ian Anthony/Carrie Weintraub: Closing Sweden’s Military Security Deficit: the National Debate on NATO Membership. Rom: NATO Defence College (Research Paper Nr. 144), März 2018

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Published/Copyright: September 9, 2018

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Anthony Ian Weintraub Carrie Closing Sweden’s Military Security Deficit: the National Debate on NATO Membership Rom NATO Defence College (Research Paper Nr. 144) März 2018


Das Sicherheitsumfeld Schwedens verändert sich rapide. Vor allem die aggressive Großmachtpolitik Russlands stellt das Land vor neue Herausforderungen. Die sinkende Bereitschaft Moskaus, sich an völkerrechtliche Grundsätze zu halten sowie die massive Verbesserung der militärischen Fähigkeiten Russlands sind für Schweden besonders gefährlich. Zudem verstärkt die Schwäche der eigenen Streitkräfte die Bedrohungslage für Stockholm. Ein möglicher Beitritt zur NATO wird daher mit Blick auf die im September 2018 anstehenden Parlamentswahlen intensiv diskutiert.

Mit dieser Debatte sowie den möglichen Alternativen zum NATO-Beitritt befassen sich die Autoren Ian Anthony und Carrie Weintraub vom Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI). Dabei stellen sie die schwedische Debatte zuerst in den verteidigungspolitischen Kontext. Angesichts der Bedrohungslage und der eigenen Schwäche der schwedischen Streitkräfte sei es nur logisch, dass sich der verteidigungspolitische Diskurs um die etwaige Mitgliedschaft in einem Verteidigungsbündnis dreht. Trotz der gestiegenen Bedrohung sei eine Mitgliedschaft Schwedens in der NATO sowohl innerhalb der schwedischen Bevölkerung als auch in der Politik aber nach wie vor hoch umstritten.

Die Autoren halten zwar fest, dass der Verteidigungshaushalt bis zum Jahr 2020 aufgestockt wurde, um beispielsweise Boden-Luft-Raketen, Flugzeuge und Helikopter sowie U-Boote zu beschaffen. Ein drängenderes Problem der schwedischen Streitkräfte werde dadurch aber nicht behoben: der Personalmangel. Nach jüngsten Berechnungen benötigen die schwedischen Streitkräfte 5.000 neue Rekruten pro Jahr, um die neu beschafften Waffensysteme auch benutzen zu können. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2017 die Wehrpflicht in Schweden wieder eingeführt. Jedoch wird es laut den Autoren bis mindestens 2021 dauern, bis die benötigten 5.000 Rekruten pro Jahr zur Verfügung stehen. Die Studie kommt daher zu dem Schluss, dass Schweden daher auf die Kooperation mit Partnern angewiesen ist.

Nach dieser Bestandsaufnahme widmen sich Anthony und Weintraub den bestehenden Sicherheitspartnerschaften, die Schweden angesichts der russischen Annexion der Krim sowie des beständig aggressiveren Auftretens Moskaus in der Ostsee-Region bisher eingegangen ist. Schweden ist seit Juni 2017 Mitglied der von Großbritannien geführten Joint Expeditionary Force (JEF) geworden. Dabei stehen militärische Abschreckung und humanitäre Einsätze im Fokus. Die Teilnahme an Operationen im Rahmen der JEF wird allerdings von jedem der neun Mitgliedstaaten von Fall zu Fall entschieden. Damit sei die JEF kein klassisches Verteidigungsbündnis, sondern eine Ad-hoc-Koalition. Ebenso baue Schweden bilaterale Verteidigungskooperationen mit den USA, Großbritannien und Finnland auf. Nach Ansicht der Autoren bieten derartige Kooperationen innerhalb der EU und NORDEFCO sowie mit der NATO die besseren Optionen für die schwedische Landesverteidigung. Die EU sei seit der Einführung der Beistandsklausel des Artikel 42(7) sicherheitspolitisch handlungsfähiger geworden. Trotzdem könne sie im Krisenfall nur einen marginalen Beitrag zur schwedischen Landesverteidigung leisten.

Schwedens Mitgliedschaft in der NORDEFCO bewerten die Verfasser positiver. Die NORDEFCO ist die Dachorganisation, die die sicherheitspolitische Kooperation zwischen Schweden, Finnland und Norwegen koordiniert. Jedoch biete die Organisation keine Planungsmechanismen für eine kollektive Verteidigung der Mitgliedsstaaten. Somit bleibe der positive Effekt auf gemeinsame Manöver beschränkt.

Die privilegierte Partnerschaft, die Schweden mit der NATO unterhält, sei schon sehr weitreichend. Schweden habe an jeder NATO-Mission, die durch die Vereinten Nationen mandatiert war, mitgewirkt. Ebenso nähmen schwedische Streitkräfte regelmäßig an Manövern teil. Das entscheidende Element der Allianz, die Beistandsgarantie nach Art. 5, bleibe Schweden als Nicht-Mitglied jedoch verwehrt.

Die Autoren halten abschließend fest, dass die Bemühungen Schwedens, die eigene Landesverteidigung zu ertüchtigen, als ein mittel- bis langfristiges Projekt angesehen werden muss. Ebenso kann keines der Partnerschaftsformate die Sicherheitslücke in der schwedischen Landesverteidigung schließen, da Schweden kein vollwertiges Mitglied eines Systems kollektiver Verteidigung ist. Vor den Wahlen im September 2018 sei allerdings vorerst kein überparteilicher Konsens über einen Beitritt zur NATO zu erwarten.

http://www.ndc.nato.int/news/news.php?icode=1144#

Published Online: 2018-09-09
Published in Print: 2018-09-03

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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