Abstract
In our paper, we discuss the role of deception (apáte) in the conflict between rhetoric and philosophy. While Parmenides and Plato seek to escape the possibility of being deceived in general, their counterparts, the sophists and early theorists of rhetoric, emphasize that this is neither possible nor desirable. In contrast to their philosophical contemporaries, they do not assume a dualism of truth and deception, but rather a gradualist spectrum that contains many shades of gray. Furthermore, they emphasize a certain productivity of particular deceptions that can help us increase our imagination and prefigure possibilities of life and praxis that would not be possible without being deceived. Moreover, we ask whether and how the potential of classical rhetoric for theorizing deception can be used for a critique of deception that is aware of its own proneness to illusions. The guiding hypothesis is that rhetoric, as a technique of verbal deception, can also provide an important key for criticizing deceptive strategies. This applies in particular to the concept of dissimulatio artis, which goes back to Aristotle’s Rhetoric and had been developed further by Quintilian, Ovid, and the anonymous author of the treatise Perí hýpsous. This concept makes it possible to describe simulations of unsimulatedness in philosophy as well as in politics.
„denn die großen Kräfte behalten viel Dunkel,
solange ihnen die Hymnen fehlen“
Pindar
1 Einleitung
Seit ihrer Entstehung in der klassischen Antike wurde Rhetorik von Seiten der Philosophie mit dem Verdacht belegt, sich auf eine Kunstlehre des Täuschens, Manipulierens und Betrügens zu beschränken. Das Täuschen war dabei immer negativ konnotiert. In unserem Text wollen wir betrachten, welche Rolle Konzepte der Täuschung und Täuschungsvorwürfe in der Debatte zwischen Philosophie und Rhetorik gespielt haben. Den Ausgangspunkt bildet dabei die These des Sophisten Gorgias, dass „derjenige, der täuscht [vgl. apatésas] mehr Recht hat als der, der nicht täuscht, und der Getäuschte andererseits mehr versteht als der, der nicht getäuscht wird“[1]. Diese genuin rhetorische These, die nahelegt, dass Täuschungen nicht nur nicht in jedem Fall ethisch verwerflich sein müssen, sondern sogar „gerecht“ und „schön“[2] sein können, und zwar sowohl für diejenigen, die täuschen, als auch für diejenigen, die getäuscht werden, konnte aus philosophischer Sicht nur als Provokation wahrgenommen werden. Indem wir die These von Gorgias aufgreifen und nach Gründen fragen, die sie plausibilisieren könnten, stellen wir das philosophische Verdikt über das Täuschen als einer ausschließlich manipulativen Strategie, die häufig dem Lügen angenähert wird, in Frage. Täuschungen gelten im Rahmen dieses Verdikts, im Gegensatz etwa zu Aussagen und Handlungen, die auf einem bloßen Irrtum beruhen, immer als zweckgebunden und absichtsvoll. Die Täuschung (apáte) gehe, wie die Lüge (pseúdos), mit einer Nichtreziprozität einher, mit einem ungleichen Wissensstand: Die Täuschende kenne die Wahrheit, verhehle sie aber gegenüber ihren Adressat:innen.
Ausgehend von der klassischen Rhetorik entwickeln wir demgegenüber eine Perspektive auf Täuschungen, die sich auf den Vollzug des Täuschens als eines Spiels bezieht, das es schwer macht, Subjekt- und Objektpositionen, Erzeugen und Erleiden, eindeutig zuzurechnen. Wir konzentrieren uns also nicht auf die Frage, welche individuellen strategischen Absichten mit einer Täuschung verfolgt werden können, sondern fragen, welche Lebens- und Handlungsmöglichkeiten sich im Täuschen und Getäuschtwerden eröffnen, insbesondere, wie Täuschungen zu Präfigurationen oder „Vorahmungen“[3] von Praktiken und Lebensformen werden können. Täuschungen helfen uns, einen Abstand vom „Absolutismus der Wirklichkeit“[4] zu gewinnen, einen Abstand vom Faktischen und Tatsächlichen, das uns häufig als unveränderliches Schicksal auferlegt wird, in welches wir uns zu fügen haben. Sie erkunden und eröffnen Möglichkeitsräume. Insofern können rhetorisch und künstlerisch erzeugte Täuschungen auch als „Vor-Schein“[5] von Lebensmöglichkeiten fungieren, die von den Hütern des Status Quo zunächst als „unmöglich“ oder „unstatthaft“ abgewehrt wurden. Das Vor-Täuschen einer Lebensmöglichkeit kann sich retroaktiv als erster Schritt zu ihrer Verwirklichung erweisen, etwa so, wie eine Freiheit, die öffentlich eingefordert wird, im Moment dieser Forderung auch schon in Anspruch genommen und damit präfiguriert wird.[6] Statt zu versuchen, Täuschungen generell zu überwinden, sollten wir uns aus rhetorischer Sicht also besser darauf konzentrieren, sie klug zu verwenden, sie etwa daraufhin zu befragen, wo sie dabei helfen können, in hoffnungslos anmutenden Zeiten Funken der Hoffnung zu entzünden.
Wir begreifen Täuschungen in diesem Zusammenhang nicht nur als Gegenstände, sondern auch als mögliche Instanzen der Kritik. Im Mittelpunkt steht für uns die Entwicklung einer kritischen Strategie, die sich einerseits ihrer eigenen Täuschungsanfälligkeit bewusst bleibt, und die andererseits Täuschungen zweiter Ordnung in den Blick zu nehmen vermag. Zu diesen Täuschungen zweiter Ordnung rechnen wir insbesondere Inszenierungen einer Uninszeniertheit,[7] die wir sowohl in der Politik (etwa im Bemühen populistischer Politiker:innen, sich als volksnah und authentisch zu präsentieren) wie auch in der Philosophie antreffen können, etwa dort, wo Philosoph:innen vorgeben, nicht als sie selbst zu sprechen, sondern einem überindividuellen Wahrheitsgeschehen zum Ausdruck zu verhelfen. Die Inszenierung der Uninszeniertheit vollzieht sich hier über ein bewusstes Ausblenden der Kontingenz philosophischer Sprachen, Darstellungsmittel, Vermittlungsformen und Subjektpositionen. Wer vorgibt, im Namen der Musen, der Götter, der Ideen, der Sachen selbst, des Menschen oder der Natur zu sprechen, verbirgt dabei, dass diese Instanzen, die die Wahrheit des eigenen Diskurses garantieren sollen, immer auch Konstruktionen dieses Diskurses sind, dass sie immer auch aus einer partikularen Perspektive heraus in Anspruch genommen werden und als Einsätze in gesellschaftlichen Kämpfen um Deutungshoheit fungieren.[8]
Die klassische Rhetorik weist insbesondere mit der Denkfigur der dissimulatio artis darauf hin, dass auch eine vermeintlich täuschungsfreie Wirklichkeit vorgetäuscht werden und dass der Eindruck von Authentizität ein Ergebnis sprachlicher Authentifizierungsstrategien sein kann.[9] Die in dieser Figur implizite Kritik richtet sich, wie wir sehen werden, auch gegen philosophische Positionen, die vorgeben, eine nicht länger täuschungsanfällige Wahrheit verwalten und von ihr ausgehend die menschliche Praxis expertokratisch regieren zu können. Einige der frühesten Philosophen, insbesondere Parmenides und Platon, sehen sich selbst, um eine Formulierung Marcel Detiennes zu bemühen, als „Meister der Wahrheit“[10], als Erben von inspirierten Dichtern, weisen Propheten und gerechten Königen, die über einen privilegierten Zugang zu einer prädiskursiven Wahrheit verfügen, der ihnen eine unbedingte Autorität verleiht. Eine rhetorische Kritik am Anspruch dieser Philosophen, eine prinzipiell täuschungsfreie Position einnehmen zu können, wertet die von der Philosophie unterstellte Hierarchie von Wahrheit und Täuschung, alétheia und apáte, nicht einfach um. Die rhetorische Kritik an der Philosophie weist demgegenüber darauf hin, dass die Grenze zwischen Wahrheit und Täuschung nicht immer eindeutig gezogen werden kann, dass sich Konfliktparteien oft wechselseitig Täuschungsabsichten unterstellen, vor allem aber, dass bestimmte Täuschungen auch positive Eigenschaften haben können.
In unserem Beitrag werden wir zunächst zeigen, welche Rolle der Anspruch, Täuschungen entlarven und ausgehend von unverbrüchlichen Wahrheitskriterien korrigieren zu können, für die Konstitution der Philosophie als Disziplin spielt (2). In einem zweiten Schritt verdeutlichen wir, dass die apáte in der griechischen Literatur und Mythologie vor Platon keineswegs nur negativ konnotiert war (3). Im dritten Abschnitt wird beleuchtet, wie die Sophistik, insbesondere Gorgias und der Autor der Díssoi lógoi, ein Konzept produktiven und präfigurativen Täuschens entwickelt haben (4). Abschließend wenden wir uns den kritischen Möglichkeiten der dissimulatio artis zu. Hier analysieren wir, wie die rhetorische Kunst, die Kunst zu verbergen, einerseits als konkrete Gestalt einer als produktiv ausgezeichneten Täuschung verstanden werden konnte, und wie sie andererseits in eine frühe Form der Ideologiekritik eingehen konnte, die sich gegen Inszenierungen von Unmittelbarkeit, Natürlichkeit und Authentizität richtet (5).
2 Philosophie als Täuschungskritik
In der klassischen Antike etabliert sich Philosophie als Disziplin über ihre selbstgesetzte Aufgabe, uns von Täuschungen zu befreien. Sie geht dabei von mehreren Voraussetzungen aus. In ihrer parmenideisch-platonischen Hauptlinie unterstellt sie zunächst, dass Menschen konstitutiv vom Getäuschtwerden bedroht sind, dass sie sich von ihren beschränkten Sinnen, ihren kontingenten Meinungen und Vorurteilen, aber auch von absichtlichen Manipulationen durch Reden, Texte und Bilder immer wieder aufs Neue täuschen lassen. Die Täuschungen umgeben uns, so das vielleicht wirkmächtigste Gleichnis der Philosophiegeschichte, wie die Wände einer Höhle, aus der uns erst die philosophische Täuschungskritik zu befreien vermag. Produziert werden die uns in Unwissenheit gefangensetzenden Täuschungen nicht zuletzt unter Zuhilfenahme von Techniken wie der Rhetorik und der Poetik, aber auch von mimetischen Künsten, denen gegenüber die Philosophie beansprucht, einen ungekünstelten Diskurs zu führen. Die Philosophie als solche gründet sich, so ließe sich aus rhetorischer Perspektive bemerken, auf eine dissimulatio artis, auf ein Verbergen der Tatsache, dass auch philosophische Argumente inszeniert werden, dass sie sich bestimmter Darstellungsmittel und Evidenzialisierungsstrategien bedienen.
Mit ihrem Selbstverständnis als Instanz der Täuschungskritik unterstellt die Philosophie zugleich, dass sie über einen Maßstab verfügt, der diese Kritik ermöglichen und legitimieren kann, über ein Wissen um eine täuschungsfreie Realität. Diese Realität nahm im Laufe der Philosophiegeschichte immer wieder andere Gestalten an: die des „Seins“ bei Parmenides, der „Ideen“ bei Platon, einer geoffenbarten religiösen Wahrheit im Mittelalter, der Evidenz des Selbstbewusstseins in der frühen Neuzeit, der naturwissenschaftlichen Ergebnisse und formallogischen Geltungen in der Moderne. Mit der im disziplinären Selbstverständnis der Philosophie verkörperten Täuschungsdiagnose und -kritik verbindet sich ein Dualismus von Wahrheit und Täuschung, von alétheia und apáte, der eine Vielzahl weiterer Dualismen nach sich zieht, mittels derer die Philosophie den Raum gerechtfertigten Wissens zu strukturieren sucht. Entscheidend ist dabei, dass Täuschungen von der Philosophie pathologisiert werden, sie gelten auch in normativer Hinsicht als etwas zu Vermeidendes. Ein Täuschungsvermeidungsgebot drückt sich etwa in der Überzeugung des Sokrates aus, dass nur ein der Suche nach Wahrheit verpflichtetes Leben ein moralisch qualifiziertes Leben sein kann.[11] Täuschungen zu überwinden, wird damit zur Pflicht, Täuschungen gelten als das Nicht-Sein-Sollende schlechthin.
Gegenüber älteren Thematisierungen der apáte, denen wir uns im folgenden Kapitel widmen werden, besteht das Neue bei Platon und Parmenides darin, dass wir aus ihrer Sicht zwischen alétheia und apáte wählen müssen. In seiner Politeia entwickelt Platon eine Vorstellung der zwei Wege, die später auch von christlichen Heilslehren aufgegriffen werden sollte, vom „langen und steilen Weg hinauf“[12], der zur Wahrheit führt, und vom Weg des Scheins, der Strategie und der apáte, die hier klar mit Ungerechtigkeit konnotiert wird und als verwerflich gilt. Platon zitiert in diesem Zusammenhang Pindar, der die Unterscheidung der beiden Wege, „durch Recht [vgl. díkai]“ oder durch „schlängelnden Betrug [vgl. skolíais apátais]“[13], bereits vorgedacht hatte. Apáte wird an der gleichen Stelle der Politeia der dóxa angenähert, einem „Scheinen“, das „die Wahrheit selbst bewältigt“[14]. Der Weg des „verschlagenen und gewinnkundigen Fuchses“[15], der die apáte seit Archilochos von Paros symbolisiert, wird dann zugleich als der Weg beschrieben, den uns die „Lehrer der Überredung“ einschlagen lassen, „welche Geschick in den Volksversammlungen und vor den Gerichten beibringen“[16]. Platons Rhetorikkritik bedient sich also nicht nur des Gegensatzes von epistéme (dem wahrem und gerechtfertigtem Wissen) und dóxa (der bloßen Meinung) bzw. pseúdos (der Lüge)[17], sondern auch des Gegensatzes von alétheia und apáte. Diejenigen, die dem Weg des Fuchses folgen, sind zugleich die, die „verborgen bleiben“ und „Verschwörungen und Parteien stiften“[18], die demokratischen Aufwiegler und Aufrührer. In seiner Analogisierung der Rhetorik mit Kochkunst und Kosmetik wirft Platon in seinem Dialog Gorgias allen drei Künsten vor, sie seien apatelé, täuschend und betrügend, und damit verderblich; sie „täuschen [vgl. apatósa]“ in der gleichen Weise, wie „durch Gestalten und Farben und Glätte [die] Bekleidung die Menschen so betrügt, daß sie, fremde Schönheit herbeiziehend, die eigene, welche durch die Kunst der Leibesübungen entsteht, vernachlässigen“[19].
In der sozialgeschichtlichen (also dezidiert nicht-philosophischen) Forschung zur Täuschungskritik Platons, ist betont worden, dass und wie Platon mit seiner Philosophie immer auch eine bestimmte Politik verfolgt. Wir werden kurz zwei dieser, im weitesten Sinne genealogischen, Lesarten Platons vorstellen, diejenige von Marcel Detienne und die von John Hesk. In seiner 1967 erschienenen Studie Les Maîtres de vérité dans la Grèce archaïque liest Marcel Detienne Parmenides und Platon als Erben einer archaischen, mystisch-religiösen Tradition von „Meistern der Wahrheit“, die sich mit ihren philosophischen Entwürfen einer „Säkularisierung der Sprache“ entgegenstellen. Für diese Säkularisierung macht Detienne sozialgeschichtlich die sogenannte „Hopliten-Reform“[20] um das Jahr 650 vor Christus verantwortlich. Im athenischen Heer etablierten sich in dieser Zeit gleichheitliche Praktiken, die zunächst die Aufteilung der Kriegsbeute betrafen. Diese wurde nach dem Ende einer erfolgreichen Schlacht in der Mitte des sich kreisförmig versammelnden Heeres zusammengetragen und galt als allen gemein (xuneía); was dort, in der leeren Mitte des Kreises, zusammengetragen wurde, war „nicht länger Privateigentum“[21], sondern eine allen gemeinsame und alle mit allen verbindende Sache. Detienne verweist auf eine etymologische Nähe zwischen dem zur Benennung dieser Sachen schon bei Homer gebräuchlichen xunón[22] und koinón, dem Gemeinbesitz und den öffentlichen Angelegenheiten, für die mit der Hopliten-Reform erstmals ein Bewusstsein geweckt wird.[23] Diese egalitäre ökonomische Konfiguration überträgt sich dann auf eine Konfiguration der Rede. Wer die „Mitte [vgl. méson]“ des Zirkels der Hopliten betritt, um zu sprechen, spricht nicht mehr „für die eigenen Angelegenheiten“, sondern für die Allgemeinheit und über die „Angelegenheiten von allgemeinem Interesse“[24]. Die demokratischen Konzepte der agorá (der Ort der Volksversammlung) und der isegoría (die allen zustehenden Redefreiheit) werden für Detienne im Bürgerherr angebahnt und gehen von dort allmählich auf die Stadt als Ganze über.
Entscheidend ist dabei, dass mit der Hopliten-Reform auch eine Demokratisierung der Sprache einsetzt, die vorher als privilegierter Besitz von Meisterfiguren galt, von Apollon unterstehenden Verkündern des Orakels, von museninspirierten Dichtern und von souveränen Königen, deren Worte deshalb als gerecht galten, weil sie unmittelbar rechtsetzend waren.[25] Die Sprache dieser Meister hatte eine magisch-religiöse Kraft, die im Griechischen mit dem Verb kraínein ausgedrückt wird:[26] „Einmal ausgesprochen, wird diese Sprache Macht, Kraft, Handlung.“[27] Ihr implizites Vorbild ist die Sprache Apollons, von der Euripides sagt, dass sie „im Sprechen das verwirklicht“[28] wovon sie spricht.
Gegen die mit der Hopliten-Reform einhergehende Säkularisierung der Sprache, die sich zu einem Medium des gemeinsamen Gestaltens gemeinsamer Angelegenheiten wandelt, formierte sich, so Detiennes These, mit der parmenideisch-platonischen Philosophie eine politische Reaktion, ein Versuch, die Sprache neuen Meistern zu unterstellen und damit ihrer Demokratisierung entgegenzuwirken. Platon definiert „Demokratie“ durch den Skandal, dass in ihr „ohne Unterschied Gleichen und Ungleichen dieselbe Gleichheit zu[ge]teilt“[29] werde, auch und gerade in Bezug auf die Rechte, zu sprechen und an der Regierung zu partizipieren. Um diesen Skandal zu unterbinden, darf die Rede nicht weiter frei zirkulieren, sondern muss erneut von einem Meister beherrscht werden.
Vor Platon greift bereits Parmenides den älteren dichterischen Gestus auf, sich als von Göttern oder Musen inspirierten Autor in den eigenen Text einzuführen. Zu Beginn seines Lehrgedichts empfängt Parmenides von der Göttin Dike nichts Geringeres als die „Wahrheit selbst“, die er nur noch niederzuschreiben braucht. Seine Philosophie repräsentiert damit „das unerschütterliche Herz der wirklich überzeugenden Wahrheit“, die es erlaubt, „die Meinungen der Sterblichen, denen keine wahre Verläßlichkeit innewohnt“[30], zu korrigieren. Für Detienne besteht die Paradoxie der parmenideischen Philosophie darin, dass sie „der Öffentlichkeit eine Wahrheit anbietet und zugleich erklärt, dass diese Wahrheit für die meisten Menschen unzugänglich bleibt“[31], dass sie Meistern reserviert bleibt. Philosophie als akademische Disziplin beerbt dieses Paradox bis heute und organisiert sich um Meisterfiguren. Die Frage, die Philosoph:innen aneinander richten, wenn sie sich zum ersten Mal begegnen, lautet in der Regel nicht, „Woran arbeitest Du?“, sondern, „Woher kommst Du?“, „Wer ist Dein Meister?“.
Auch Platon, der sich mehrfach zustimmend auf die Seins-Lehre des Parmenides beruft,[32] inszeniert sich in vergleichbarer Weise als Meister einer Wahrheit, die für ihn nur über den noús zugänglich ist, über ein prädiskursives Vermögen intuitiver Einsicht in den Wesensgehalt der Dinge.[33] Mit Hilfe des noús, über den nur diejenigen verfügen, denen der Gott bei ihrer Geburt Gold in die Seele gelegt hat,[34] vermögen diese Privilegierten, unmittelbar die Ideen zu schauen, die ihnen wiederum erlauben, sich von der „notwendigen Schlechtigkeit der Mehrzahl“[35] abzuheben und den Geltungsbereich des lógos, der diskursiven Sprache, zu beschränken.
Jon Hesk hat, mit anderen Akzenten als Detienne, aber von diesem beeinflusst, hervorgehoben, dass die Täuschungskritik Platons in einem gesellschaftlichen Konfliktfeld interveniert und nur vor dem Hintergrund dieses Konfliktfelds angemessen verstanden werden kann. In Deception and Democracy in Classical Athens, einer Studie aus dem Jahr 2000, stellt Hesk zunächst heraus, dass es nicht (nur) Platon war, der aus innerphilosophischen Gründen dazu beigetragen hat, die Rhetorik zu verunglimpfen, sondern dass die Ursprünge der Rhetorik- und Täuschungskritik in jenen politischen, rechtlichen und kulturellen Diskursen liegen, die die Attische Demokratie definierten. Diese Diskurse sahen die Rhetorik insofern als eine Gefahr für die Demokratie an, als das exklusive Verfügen über rhetorische Techniken eine fundamentale Gleichheit gefährdete, die sich im Prinzip der isegoría ausdrückte.[36] Das Vermitteln (bzw. Verkaufen) rhetorischer Techniken höhlte die Gleichheit der Stimmen aus, da sie den Stimmen derer, die sich Rhetorik-Unterricht leisten konnten, eine größere Wirksamkeit verlieh. Vor diesem Hintergrund wurde im Athen der klassischen Zeit eine „Rhetorik der Anti-Rhetorik“[37] praktiziert, die Platon dann aufgenommen und philosophisch transformiert hat.[38] Platons Rhetorik-Kritik wird damit selbst als Teil einer rhetorischen Strategie rezipierbar, als Intervention in einem öffentlich geführten Konflikt, dessen Spuren sich in den uns erhaltenen Reden, Komödien und Tragödien verfolgen lassen.[39]
Platons Kritik an den Sophisten kann von Hesk insofern als Ausdruck einer komplexen politischen Strategie lesbar gemacht werden. Platon geht davon aus, dass einzelne Subjekte den Widerstreit der Perspektiven und die Möglichkeiten des Getäuschtwerdens überwinden können, wenn sie auf das Ideenwissen zurückgreifen, auf das sie die Philosophie vorbereitet. Wenn wir die Ideen „geschaut“ haben, können wir „wirklich“ sagen, was das „Gute“ ist und sind nicht mehr auf den Marktplatz der unterschiedlichen Meinungen angewiesen. Platon kritisiert die Demokratie, weil er die Herrschaft des Volkes mit einer Herrschaft der Ungebildeten gleichsetzt. Er plädiert für eine exklusive Herrschaft derjenigen, die über Wissen verfügen. Doch noch in diesem Anspruch, so Hesk, gibt sich Platon als Kind seiner Zeit zu erkennen. Er war nicht der alleinige Urheber des schlechten Images der Rhetorik,[40] sondern greift einen politischen Diskurs auf, den er epistemologisch verfestigt und damit entpolitisiert. Seine Philosophie erscheint dann als eine Politik, die ihren eigenen politischen Charakter verleugnet, und verfolgt, so ließe sich Hesks Darstellung ergänzen, eine der dissimulatio artis analoge Strategie. Die philosophische Engführung der Täuschung auf ein rein epistemologisches Problem erweist sich bei genauerer Betrachtung als Ausdruck einer (meta-)politischen Strategie der Politikverdrängung. Oder mit anderen Worten: Die Philosophie, die sich auf ein prädiskursives Ideenwissen beruft, radikalisiert eine im politischen Feld bestehende Rhetorik der Anti-Rhetorik so weit, dass sie für sich selbst eine metapolitische Position und einen Anspruch auf universale Geltung reklamieren kann. Hesks Analyse lässt sich insofern, ähnlich wie die Arbeit Detiennes, als Beitrag zu einer kritischen Genealogie der Philosophie lesen. Sie macht deutlich, dass sich der philosophische Anspruch auf Wahrheit einem strategischen Zug in einem politischen Konfliktfeld verdankt.
Hesk weist in seiner Studie immer wieder auf überraschende Korrespondenzen zwischen den antiken Debatten, etwa im Zusammenhang der Konflikte des Peloponnesischen Krieges, und der Politik des 19. und 20. Jahrhunderts hin. Er räumt dabei ein, dass sich antike und moderne politische Konstellationen nicht umstandslos und in allen Hinsichten vergleichen lassen. In Athen hatten wir es mit einer direkten Demokratie zu tun, die sich in einer relativ überschaubaren Polis entfaltet hat; moderne Demokratien binden sich demgegenüber an wesentlich größere Nationalstaaten und haben repräsentative Verfahren ausgebildet. Trotzdem ist ein Vergleich hilfreich und wird von Hesk genutzt, um generelle Mechanismen im Kontext von Rhetorik, Täuschung und Täuschungskritik aufzuzeigen.[41] Ähnlichkeiten bestehen vor allem insofern, als Politik gestern wie heute mit Täuschungen und Formen der Täuschungskritik, mit Evidentialisierungsstrategien und mit Formen der Kritik dieser Strategien gearbeitet hat und weiterarbeitet.
Damals wie heute engagieren Akteur:innen im politischen Feld PR-Expert:innen oder Öffentlichkeits-Arbeiter:innen; sie beauftragen spin doctors und persuasion labs damit, Kampagnen zu organisieren, und belegen ihre Gegner:innen zugleich selbst mit spin-Vorwürfen, sodass „spin and anti-spin“[42], dissimulatio und Dissimulationskritik, oft kaum mehr unterschieden werden können. Aus heutiger Sicht können wir ergänzen, dass sich, etwa mit Blick auf England und Amerika, zwei ehemaligen Kernländern der neuzeitlichen Demokratie, die Lage noch verschärft hat, dass die letzten Wahlkämpfe vor allem als Kämpfe um Aufmerksamkeitsressourcen in und um Soziale Medien geführt wurden; Kämpfe, in denen immer umfassender getäuscht und zugleich der Versuch unternommen wurde, das Täuschen zu verbergen.
Trotz aller Kritik, die die Philosophie am Schein, an der Täuschung sowie an den Täuschungs- und Scheinkünsten übt, können wir, so Hesk, auch Kontinuitäten zwischen Philosophie und Rhetorik beobachten, vielleicht sogar so etwas wie eine Rhetorik in der Philosophie. Diese Kontinuitäten bestehen einerseits darin, dass Täuschungen auch von Philosoph:innen als persuasive Mittel eingesetzt werden, etwa dann, wenn Sokrates sich in seinen Dialogen immer wieder unwissend in Bezug auf ein bestimmtes Thema stellt (die lateinische dissimulatio übersetzt auch die griechische eironeía), um seine Gesprächspartner dazu zu ermächtigen, selbst eine Antwort auf eine Frage zu finden, oder wenn er umgekehrt Begeisterung vortäuscht für ein Anliegen, auf das sich dann im Weiteren seine Kritik und Entzauberung richtet. Dies ist ein häufiges Motiv in Dialogen, in denen zunächst jemand anderes eine Rede hält, wie etwa Lysias im Phaidros. Hier täuscht Sokrates mit der ersten seiner beiden Antwort-Reden nur vor, sich der Eros-kritischen Position des Lysias anzuschließen, um diese Position dann in einer weiteren Rede umso entschiedener entzaubern zu können. Sokrates verkörpert hier gerade nicht die Haltung eines „Meisters der Wahrheit“, der seine Weisheit einfach an seine Schüler weitergibt, sondern verfolgt ein mäeutisches Programm, für das Erkenntnishindernisse insofern notwendig sind, als sie ein selbstständiges Denken anregen.
Im Phaidros deutet Sokrates sogar die Möglichkeit eines legitimen Täuschens an. Nach seiner zweiten Rede über den Eros nimmt er den Faden der Kritik an der Rhetorik, die er im Gorgias geübt hatte, wieder auf, schwächt diese Kritik aber zugleich dadurch ab, dass er nun eine philosophische, in einem Wissen fundierte Rhetorik zulässt. Auch hier assoziiert er die Rhetorik mit der apáte, lässt aber eine positive apáte als Denkmöglichkeit zu. Sokrates fragt zunächst. „Entsteht Täuschung [vgl. apáte] eher zwischen dem, was viel voneinander unterschieden ist oder wenig?“[43] Sein Gesprächspartner Phaidros räumt ein, dass wir uns vor allem in dem täuschen können, was nur schwer voneinander zu unterscheiden ist. Sokrates bemerkt daraufhin: „Es muß also, wer andere zwar täuschen [vgl. apatésein], selbst aber nicht getäuscht werden [vgl. apatésesthai] will, die Ähnlichkeit der Dinge und ihre Unähnlichkeit erkennen.“[44] Hier kommt es jetzt nicht mehr länger darauf an, das Täuschen insgesamt auszuschließen, sondern das Spiel des Täuschens zu beherrschen, indem es in einem Wissen fundiert wird. Darauf, dass die Philosophie es nicht vermochte, der Täuschung völlig zu entsagen, verweist schließlich auch das in der Politeia entfaltete Konzept einer noblen Lüge, das Platon ebenfalls den politischen Debatten seiner Zeit entlehnt.[45]
3 Vorphilosophische Konfigurationen des Täuschens
In die Entstehung der Philosophie als Disziplin gingen, so hebt Detienne unter Verweis auf Arbeiten von Louis Gernet[46] hervor, mythische Vorstellungen und religiöse Praktiken ein. Die parmenideischen, pythagoreischen und platonischen Philosophien nehmen ihren Ausgang in „philosophisch-religiösen Kreisen des späten sechsten Jahrhunderts“[47] und folgen in ihren Versuchen, den Wahrheitsbezug zu monopolisieren, drei idealtypischen „Meistern der Wahrheit“, dem Propheten oder Wahrsager, dem Dichter und dem König der Gerechtigkeit. Deren Rede ist durch einen konstitutiven Bezug auf eine alétheia definiert[48], die allerdings in komplexer Weise gebrochen bleibt. So unterhält die archaische alétheia eine Verbindung zur Göttin Lethe, der Göttin des Vergessens und Verbergens, des Dunklen und Abgründigen, der letztlich auch die apáte zugerechnet werden kann. „Es gibt keine alétheia“, so Detienne in Bezug auf die archaische Zeit, „ohne ein gewisses Maß an Lethe.“[49] Im vorphilosophischen Denken bildeten alétheia und apáte keine strikten Gegensätze, sondern extreme Möglichkeiten in einem breiten Spektrum von Übergängen und Verhältnissen wechselseitiger Implikation. Im Gegensatz zu Martin Heideggers etymologisierender Deutung der alétheia als „Unverborgenheit des Seienden als des Seienden“[50], der Detienne eine prinzipielle Politikvergessenheit vorwirft,[51] betont dieser einen im Wesentlichen praktischen Charakter der vorphilosophischen alétheia.
Um diesen praktischen Charakter zu verdeutlichen, geht Detienne auf die Konnotationen des Substantivs alétheia bei den Odendichtern Pindar und Bakchylides ein, die alétheia im Sinne von Lob (im Gegensatz zum Tadel), Licht (im Gegensatz zur Dunkelheit) und Erinnerung (im Gegensatz zum Vergessen) verwenden.[52] Alétheia, so wird Bakchylides von Detienne zitiert, „verleiht allen Dingen einen Glanz“[53], sie bemüht sich darum, dass Handlungen und Personen nicht vergessen werden und in der Fülle ihrer Möglichkeiten aufscheinen. Eine so verstandene alétheia bindet sich weder an die Repräsentation eines (parmenideischen) vollkommenen Seins, noch einer (platonischen) höchsten Idee, sondern steht für eine ethisch-ästhetische Praxis, für den mit der Dichtung einhergehenden Anspruch, ihre Gegenstände davor zu bewahren, der Nacht des Vergessens oder der Verleumdung anheimzufallen.
Die apáte befindet sich, wie Detienne weiter herausarbeitet, seit Homer und Hesiod in einer spannungsreichen Konstellation mit der alétheia; sie ist Teil eines Bedeutungsfelds, zu dem auch mykterismós (Verstellung), métis (List), pseúdos (Lüge) und dólos (Betrug) gehören[54], wird in diesem Bedeutungsfeld allerdings nicht so negativ besetzt wie etwa die pseúdea, die Lügen. In Hesiods Werken und Tagen wird die Lüge regelrecht verdammt: „Wenn aber einer [...] absichtlich lügt [vgl. pseúdetai] und verletzt das Recht in heilloser Blindheit, dessen Geschlecht versinkt für alle Zeiten ins Dunkel.“[55] Die apáte oder Täuschung wird dabei von Hesiod gerade nicht mit der Lüge gleichgesetzt. Die Lügen gelten ihm als Töchter der Eris, der Göttin der Zwietracht,[56] sie sind Geschwister des Hungers, des Vergessens, der Schmerzen, der Morde und der Kriege. Die Göttin Apate wird demgegenüber als Tochter der Nemesis (der Göttin des gerechten Zorns und der ausgleichenden Gerechtigkeit) und als Schwester der Philotes (der Göttin der Freundschaft und geschlechtlichen Vereinigung) eingeführt.[57] Wie alle Göttinnen und Götter, die uns bei Homer und Hesiod begegnen, ist auch Apate zunächst eine genuine Dimension menschlichen Lebens. Sie geht mit einem Gefahrenpotenzial einher, kann aber auch, im Sinne der alétheia und diese unterstützend, positiv genutzt werden kann.
Auch Homer unterscheidet in vergleichbarer Weise zwischen pseúdos und apáte. In der Illias taucht apáte als legitime, selbst von Göttern genutzte Form der Verstellung auf, etwa dann, wenn Athene im zweiundzwanzigsten Gesang die Gestalt von Deïphobos, von Hektors Bruder, annimmt, um Hektor in aussichtsloser Lage aufzufordern, sich dem Kampf mit Achilleus zu stellen und ihm sogar einen Speer anzubieten, der sich im Nachhinein als Simulakrum erweisen wird. Nachdem es bereits zu spät ist, durchschaut Hektor die Finte und ruft: „Denn ich dachte, der Held Deïphobos wolle mir beistehn; aber er ist in der Stadt, und es täuschte [vgl. exapátesen] mich Pallas Athene.“[58]
Besonders prominent wird das Thema der Täuschung im vierzehnten Gesang der Ilias, in einer Episode, die auch als Díos apáte bekannt ist, als Täuschung des Göttervaters Zeus.[59] Hera lenkt ihren Gemahl hier dadurch vom Kampfgeschehen vor den Mauern Trojas ab, dass sie in ihm, mit Hilfe von Aphrodites magischem Gürtel[60], heftiges Liebesverlangen weckt, ihn in einer goldenen Wolke über dem Berg Ida verführt und danach in einen tiefen Schlaf fallen lässt.[61] Dieser Episode gehen wiederum zwei weitere Täuschungen voraus. Der ersten dieser beiden Täuschungen bedient sich Hera, um Aphrodite dazu zu bewegen, ihren Gürtel zu verleihen. Hera gibt vor, mit diesem Gürtel einen Ehestreit zwischen Okeanos und Thetys schlichten zu wollen. Die zweite List wendet sie gegenüber Hypnos, dem Gott des Schlafes, an. Hypnos kann, erst nach längeren Verhandlungen, mit einem (wiederum erotisch konnotierten) Geschenk (Pasiteha, eine der Grazien, die er heimlich begehrt), dazu bewegt werden, Hera in ihren Plänen zu unterstützen.[62] Die durch die Kombination dieser Listen und Täuschungen bewirkte Absenz des Göttervaters können die von Poseidon unterstützten Helenen dann nutzen, um den Kämpfen eine für sie günstige Wendung zu geben.
In der Odyssee findet sich ein regelrechtes Lob der Täuschung an einer Stelle im dreizehnten Gesang, an der Athene, immerhin die Göttin der Weisheit, Odysseus für seine „Verschlagenheit“ und Fähigkeit zur „Verstellung [vgl. apatáon]“ ebenso lobt wie für seine (protorhetorische) Fähigkeit, „erdichtete Worte“ zu nutzen, um Drangsale abzuwehren.[63] Athene bezieht sich in ihrem Lob des Odysseus auf das Wortfeld der apáte, nicht jedoch auf das Wortfeld der pseúdea. Pseúdos und apáte scheinen bei Homer wie bei Hesiod nicht den gleichen Bedeutungsumfang zu haben. Thomas G. Rosenmeyer schreibt dazu: „Apáte ist ein aktives Verfälschen, sie bezeichnet das Vorgehen des Künstlers oder des Verbrechers, während pseúdos die objektive Unwahrheit benennt, unabhängig davon, ob sie auf einen Irrtum oder eine Lüge zurückzuführen ist.“[64] Apáte scheint also auch bei Homer eher die Tätigkeitsform des Täuschens zu betonen als deren Ergebnis, eine Illusion oder falsche Vorstellung, die mit pseúdos belegt wird. Als Tätigkeitsform steht die apáte nicht notwendig im Gegensatz zur alétheia, die wir, im archaischen Kontext, ja ebenfalls als Praxis kennengelernt hatten, die etwas „erglänzen“ lässt.
Dass die apáte in der archaischen Mythologie und Dichtung keineswegs moralisch verdammt wird, hat bei späteren, stärker philosophisch geprägten Autoren wie Platon Unverständnis hervorgerufen. So klagt der Vorsokratiker Xenophanes: „Homer und Hesiod haben die Götter mit allem belastet, was bei Menschen übelgenommen und getadelt wird: stehlen und ehebrechen und einander betrügen [vgl. apateúein].“[65] Das sich hier, wie auch in Platons späterer Homer-Kritik, ausdrückende Unverständnis ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass das Täuschen zu vorschnell mit der Lüge identifiziert wird. Im folgenden Kapitel werden wir sehen, dass sich die sophistische Rhetorik demgegenüber in einer anderen Weise auf die apáte bezieht, die ihr vorahmendes, präfigurierendes und Lebensmöglichkeiten realisierendes Potenzial betont. „Es gibt keine Alétheia ohne Peithó“[66], die Göttin des rednerischen Erfolgs, die personifizierte Wirksamkeit der Rede.[67] Detienne weist darauf hin, dass Peitho mit Apate im Gefolge Aphrodites auftritt[68], dass beide Göttinnen mit einem zwanglosen Zwang einhergehen, der der alétheia nicht entgegensteht, sondern sie vollendet, indem sie, wie Pindar schreibt, „auch das Unglaubwürdige glaubhaft“[69] machen können.
4 Rhetorische Theorien produktiven Täuschens
Im Gegensatz zu Parmenides und Platon gehen die Sophisten und Verfasser rhetorischer Techniken davon aus, dass es weder möglich noch erstrebenswert ist, ein prinzipielles „Außen“ in Bezug auf Praktiken des Täuschens und Risiken des Getäuschtwerdens einnehmen zu können. Aus rhetorischer Sicht leben wir eher in einer porösen Welt der Wahrscheinlichkeiten als in einer soliden Welt der Wahrheiten. Sophistik und Rhetorik machen gegenüber den neuen philosophischen Meistern der Wahrheit geltend, dass auch und gerade die Evidenz einer vermeintlich täuschungsfreien Realität vorgetäuscht werden kann, dass die höchste Kunst des Täuschens gerade darin bestehen könnte, diese Kunst so weit zu verbergen, dass sie uns als Ausdruck der Natur erscheint. Da wir den Täuschungen nie prinzipiell entkommen können, sollten wir uns aus rhetorischer Sicht darin üben, sie für uns und andere zu nutzen. Die Rhetorik vermittelt Techniken eines produktiven Täuschens, das Lebens- und Erkenntnismöglichkeiten eher eröffnet als verstellt.
Normativ orientiert sie sich dabei, etwa bei Gorgias und Aristoteles, an einem ethischen Perfektivismus, der wiederum mit einem Denken der Entelechie einhergeht. Die Rhetorik versteht sich als Kunst, eine Person oder Sache mittels Rede in der höchsten Fülle ihrer Möglichkeiten darzustellen, sie, im Sinne des Bakchylides, „erglänzen“ zu lassen. Um diese höchste Fülle von Möglichkeiten zu erreichen, sehen wir uns aus rhetorischer Sicht immer auch auf (Selbst-)Täuschungen verwiesen, etwa auf (Ich-)Ideale, denen wir vielleicht faktisch nicht entsprechen, ohne deren Artikulation wir uns andererseits aber auch niemals weiter entwickeln würden. Apáte und alétheia können sich in der rhetorischen Rede insofern ohne Spannung begegnen und sinnvoll ergänzen.
Die Vereinbarkeit von apáte und alétheia wird in Gorgias’ Enkomion auf Helena explizit vorgeführt. Im Schlusssatz seiner Lobrede merkt Gorgias an: „Ich nahm durch die Rede die Verleumdung von der Frau und handelte so im Einklang mit dem Gesetz, das ich zu Anfang der Rede aufstellte.“[70] Im ersten Satz der Rede, auf den hier angespielt wird, heißt es wiederum: „Zier [vgl. kósmon] – das ist für eine Stadt die gute Mannschaft, für einen Körper Schönheit, für die Seele Weisheit, für ein Ding Tauglichkeit und für die Rede Wahrheit [vgl. alétheia].“[71] Die Wahrheit dieser konkreten, von Gorgias als exemplarisch konzipierten Rede erweist sich darin, dass sie Helena aus dem Reich der Lethe zu befreien vermochte, sie von misogynen Verleumdungen befreit hat, die ihr die Schuld am Trojanischen Krieg zuschrieben. Gorgias bezieht sich hier auf eine alétheia, die uns bereits von Pindar vertraut ist, der sein poetologisches Selbstverständnis wie folgt ausdrückt: „Dunklen Tadel fernhaltend, will ich, indem wie Wasserströme auf den befreundeten Mann ich führe wirklichen Ruhm, ihn preisen.“[72]
Noch Aristoteles fühlt sich dem bei Pindar und Gorgias anklingenden Ethos verpflichtet und definiert die Rhetorik im ersten Buch seines gleichnamigen Werks als „die Fähigkeit, das Überzeugende, das jeder Sache innewohnt, zu erkennen“[73], es hervorzuholen und rednerisch zu steigern. Den Gegenstand der Rede oder Dichtung müsse man, so führt Aristoteles auch in der Poetik aus, in der „bestmöglichen Form des sprachlichen Ausdrucks [vgl. léxeos areté]“[74] zur Erscheinung bringen, und zwar auch dann, wenn er selbst diese Form noch nicht erreicht hat. Mit der steigernden und perfektionierenden Darstellung geht dabei immer auch ein gewisses Maß an Fiktionalisierung einher.
Das sich hier manifestierende, täuschungsaffine ethische Anliegen der Rhetorik könnte, wie Rosenmeyer[75] bemerkt, von Heraklit beeinflusst sein, der schreibt: „Wenn das Unerwartete nicht erwartet wird, wird man es nicht entdecken, da es dann unaufspürbar ist und unzugänglich bleibt.“[76] Was eine bloße Illusion ist und was eine Lebensmöglichkeit oder lebendige Option, steht aus dieser Perspektive nicht vorab fest, sondern wird sich erst nachträglich erweisen. Über eine Täuschung kann ich so durchaus zu einer Wahrheit finden bzw. etwas Unmögliches in einer Weise wirklich werden lassen, dass es die Voraussetzungen, die darüber bestimmen, was als unmöglich, möglich oder wirklich gelten kann, neu verhandelt.
Wie Täuschungen produktiv werden können, wird insbesondere von Gorgias und vom anonymen Autor der Díssoi lógoi, einem sophistischen Traktat, diskutiert. Wir hatten bereits eingangs auf Gorgias’ These hingewiesen, dass derjenige, der täuscht, in einer bestimmten Hinsicht „mehr Recht haben“ könnte als der, der sich allen Täuschens enthält. Die vollständige, von Plutarch überlieferte Belegstelle lautet:
In voller Blüte jedoch stand die Tragödie [in Athen] und war in aller Munde; sie geriet zum wunderbaren Hör- und Schauspiel für die Menschen damals und bot durch ihre Mythen und Leidenschaften eine Täuschung, bei der, wie Gorgias sagt, derjenige, der täuscht [vgl. apatésas], mehr Recht hat als der, der nicht täuscht, und der Getäuschte andererseits mehr versteht als der, der nicht getäuscht wird. Wer täuscht, hat nämlich mehr Recht, weil er ausgeführt hat, was er versprach; der Getäuschte aber versteht mehr: denn schön läßt sich hinreißen von der Lust der Worte, was nicht empfindungslos ist. (Gorgias 1989, 92)
Die Schauspielkunst, die von Gorgias bis Cicero häufig mit der Kunst des Redners analogisiert wird, täuscht die Menschen und nützt ihnen doch: Der Getäuschte versteht im Theater mehr als der nicht Getäuschte. Mit demjenigen, der sich gegenüber dem Getäuschtwerden immunisiert, könnte hier der Philosoph gemeint sein, der sich, wie etwa Sokrates, kühl und distanziert zum tragischen Geschehen verhält, der zuschaut, ohne innerlich bewegt zu sein, der das Schauspiel als bloße Inszenierung wahrnimmt. Diesem distanzierten Zuschauer, der sich nicht täuschen lassen will, entgeht etwas Entscheidendes. Gerade ihm, der an die volle metaphysische Präsenz eigentlicher Ideen (oder einer objektiven Realität) glaubt, entleert sich die Welt zur bloßen Kulisse. Den vermeintlich naiven Zuschauer:innen dagegen, die sich hinreißen lassen von der Lust an den Worten, wird die Tragödie zu einer integralen Form der Welterschließung. Gerade weil sie keine unwandelbare Wahrheit hinter dem Schauspiel suchen, werden die Zuschauer:innen selbst zu einem Teil des Geschehens, lassen sich in Bann nehmen und in einer komplexen, zugleich affektiven, ästhetischen, ethischen und epistemischen Weise überzeugen.
Ebenfalls von Plutarch ist eine Anekdote zum Dichter Simonides überliefert, die Gorgias’ Plädoyer für das Recht der Täuschung im Schauspiel unterstützt. Als Simonides gefragt wurde, „Wie kommt es, dass es dir nicht gelingt, ausgerechnet die Thessalier zu täuschen [vgl. exapátas]?“, soll der Dichter geantwortet haben: „Weil sie zu unwissend sind, um sich von mir täuschen zu lassen“[77]. Um sich erfolgreich täuschen zu lassen, bedarf es einer gewissen Kultiviertheit und ästhetischen Erziehung. Detienne kommentiert das wie folgt: „Diese Anekdote, die manchmal eher mit Gorgias als mit Simonides in Verbindung gebracht wird, weist deutlich darauf hin, dass die Alten die Dichtung des Simonides als eine Kunst der Täuschung betrachteten, eine Ausdrucksform, in der der apáte positiv bewertet wurde.“[78]
Mit seinem Hinweis auf die Option eines produktiven Täuschens bereitet Gorgias eine Aufwertung der Kunst vor, die von Aristoteles in der Poetik noch weitergeführt werden konnte. Im Gegensatz zu Platon, der die nachahmenden Künste aus seinem idealen Staat verbannen will, kennt Aristoteles eine „gute“, psychologische, pädagogische und politische, Wirkung der Künste. Dabei wird insbesondere der Begriff der Mimesis zu einer Bühne, auf der ein Konflikt um die Legitimität der Täuschung ausgetragen wird. Platon nähert Mimesis und eine moralisch disqualifizierte apáte einander an, für ihn ist die künstlerische Nachahmung Teil einer Täuschungsstrategie. Er denkt dabei vor allem in optischen Metaphern des Trugbildes, etwa der skiagraphía,[79] einer Form Wirklichkeit vortäuschender oder hyperrealistischer Malerei. Aristoteles thematisiert die Mimesis dagegen als eine práxeos mimésis, als in sich selbst handlungsförmige Nachahmung von Handlungen.[80] Sie kann uns, auf einer psychologischen Ebene, von extremen Affektlagen befreien, eine kátharsis bewirken, und hat darüber hinaus eine persönlichkeitsbildende Funktion. Die Aufgabe des Dichters sieht Aristoteles darin, den Charakter und das Verhalten eines Menschen vollkommen miteinander in Einklang zu bringen. Im Theater werden uns edle Handlungen edler Charaktere vorgeführt, kurz: Nachahmenswertes, das, um nach-geahmt werden zu können, zunächst vor-getäuscht und vor-geahmt werden muss.
Nicht nur Gorgias weist im Kontext der Sophistik auf positive Möglichkeiten des Täuschens hin, sondern auch der anonyme Traktat Díssoi lógoi (Zweierlei Reden), der vermutlich um 420 vor Christus verfasst wurde. Auch hier wird die Tragödie als Paradigma „gerechten“ Täuschens erwähnt: „Denn wer in der Tragödiendichtung und in der Malerei am vollkommensten täuscht [vgl. exapateí], indem er Dinge bildet, die den wahren ähnlich sind, der ist der beste.“[81] Der weitere Kontext dieser Passage ist ein im heutigen Sinne medizinethischer. Der Autor fragt nach dem Recht der Täuschung in Situationen, in denen Patient:innen die Behandlung verweigern: „Wenn Vater oder Mutter die Arznei trinken oder essen soll und nicht will, ist es da nicht gerecht, sie ihnen im Brei oder im Trank zu verabreichen, ohne zu sagen, daß sie darin ist? Folglich ist es gerecht, die Eltern [...] zu täuschen“[82], zumindest in Situationen der Dringlichkeit. Die Díssoi lógoi plädieren generell für eine situationsangemessene Ethik. Was jeweils gerecht und geboten ist, ist eine Frage der Umstände, des kairós. Dies gilt auch und gerade für das Täuschen.
Der Autor zitiert in diesem Zusammenhang Aischylos als Gewährsmann: „Gerechter Täuschung [vgl. apátes dikaías] ist Gott nicht abhold. Umstände gibt’s, da Gott die Lügen lohnt.“[83] Aischylos schweben mit dieser – ausschließlich in den Díssoi lógoi überlieferten – Sentenz vielleicht Szenen vor Augen, in denen Menschen zu ihren Gunsten von Göttern getäuscht werden. Zu denken wäre etwa an eine Figur wie Zeus Xenios, Zeus, der die Gestalt eines Fremden oder eines Landstreichers annimmt, der an unsere Tür klopft, um unsere Gastfreundschaft auf die Probe zu stellen, und sich dann denen dankbar zu erkennen gibt, die, wie etwa Philemon und Baucis, die Probe erfolgreich bestanden haben. Aischylos erwähnt das gerechte Getäuschtwerden vielleicht auch deshalb, weil es ihm um eine Verteidigung des illusorischen Moments in der Tragödie zu tun sein könnte. Er versteht die Tragödie als Instanz einer organisierten Täuschung, die die Getäuschten moralisch bessert, sie etwa auf die demokratischen Ideale der Polis verpflichtet, sie vor Hybris, Beratungsresistenz und der Gefahr einer jederzeit möglichen Gewaltepidemie warnt.
Neben Aischylos führt der Autor der Díssoi lógoi noch Kleobuline als Gewährsfrau für eine Theorie produktives Täuschen an, eine Rätsel-Dichterin des sechsten Jahrhunderts, die er mit einem Rätsel zitiert: „Einen Mann sah ich, der trog [vgl. kléptonta] und täuschte [vgl. exapatónta] mit Macht, und dies mit Macht zu tun, war ganz gerecht.“[84] Gemeint ist mit diesem Mann Prometheus, der die Götter betrog, den Menschen damit aber Gerechtigkeit widerfahren ließ. Zugleich ist dieses Rätsel in gewisser Weise auch selbstexplikativ, da ein Rätsel als Rätsel immer nur über eine Täuschung funktioniert, über ein gleichzeitiges Andeuten und Vorenthalten der Wahrheit, die die Adressat:innen des Rätsels selbst ermitteln müssen. Auch die Orakelsprüche wurden ja in der Regel in Form von Rätseln verkündet, was, nebenbei bemerkt, Detiennes Deutung der Wahrsager als „Meister der Wahrheit“ ein wenig relativiert. Thomas G. Rosenmeyer diskutiert in diesem Zusammenhang einen möglichen Einfluss der Orakelsprüche auf Gorgias’ Theorie der gerechten Täuschung. Er verweist dazu auf folgendes Fragment von Heraklit: „Der Fürst, dem das Orakel von Delphi gehört, erklärt nicht, verbirgt nicht, sondern deutet an.“[85] Apollon als Gott des Orakels spricht in Gleichnissen, Sinnbildern und Rätseln, er fordert uns nicht direkt dazu auf, etwas Bestimmtes zu tun oder zu unterlassen, sondern gibt uns die Möglichkeit, selbst Antworten zu finden. Rosenmeyer bemerkt dazu: „Bestimmte wichtige Sachverhalte, so scheint es, sind nicht leicht zu vermitteln; nur Rätsel, Paradoxa und die Ambivalenzen orakelhafter Äußerungen können dem lógos gerecht werden.“[86] Die Wahrheit lässt sich nicht in allen Fällen direkt in Worte fassen, sondern oft nur umwegig, über Gleichnisse, Rätsel, Andeutungen und eben auch gezielte Täuschungen offenbaren.
Wenn die Sophisten im Anschluss an Aischylos (und vielleicht auch Heraklit) von einem gerechten Täuschen sprechen, nähern sie das rhetorische Sprechen dem Sprechen im Kontext der Tragödie an. Auch das rhetorische Sprechen geht mit Momenten einer Inszenierung einher, die Handlungspfade eröffnet, mit einem „Als Ob“, das uns erlaubt, vom vermeintlichen Zwang des Faktischen abzusehen. Rhetorik lehrt uns also, zu täuschen und uns täuschen zu lassen, und zwar beides in einer Weise, die uns am Ende „mehr verstehen“ lässt. Das Verstehen wird dabei prozesshaft gedacht, nicht als Überwinden einer Illusion, sondern als Durchgang durch die Illusion und als eine Weise des kreativen Umgangs mit ihr. Zur Erkenntnis komme ich für die Sophisten nicht dadurch, dass ich den Bereich des Scheins, der Illusion, der Meinung und der Täuschung verlasse und mich unmittelbar einem Bereich zeitloser Wahrheiten zuwende. Erkenntnis ist aus sophistischer Sicht vielmehr nur im lernenden Umgang mit Erkenntnishindernissen möglich.
Die Kunst, darin behält Platon mit seiner Kritik der dichterischen und bildnerischen Mimesis recht, täuscht bewusst. Doch, und dies unterschlägt Platons Kritik, sie täuscht nicht nur, sondern eröffnet uns ganze Welten. Wenn wir ein Gemälde betrachten, Homers Odyssee lesen oder der Aufführung einer Tragödie beiwohnen, profitieren wir davon nur, sofern wir uns bereit zeigen, unseren Wirklichkeitssinn einzuklammern. Das Kunstwerk macht uns ein Angebot, mittels unserer Einbildungskraft in eine andere Welt einzutauchen.[87] Die künstlerische Täuschung setzt sich nicht, wie Platon in seiner Kritik der Künstler unterstellt, an die Stelle der Wirklichkeit, sie ist gerade kein einfaches Simulakrum, sondern erweitert Möglichkeiten der Wirklichkeitserkenntnis und vielleicht sogar der Wirklichkeit selbst, die nicht länger als unveränderliches Verhängnis hingenommen werden muss.
Rhetorische Rede vermag es, etwas vor unseren Augen entstehen zu lassen. Sie regt unsere Phantasie an und ist auf einer gewissen Ebene nichts anderes als eine Verkörperung der Phantasie. „Worte können“, wie Debra Hawhee im Anschluss an Aristoteles schreibt, „sehend machen“[88]. Die Kraft der Rede, uns etwas vor Augen zu führen (im Griechischen: enárgeia, im Lateinischen: evidentia), lässt sich also im Sinne von Theorien lesen, die das Erkenntnispotenzial der Rhetorik betonen. Hesk macht auf einen engen Zusammenhang von phantasía und enárgeia[89] im rhetorischen Denken aufmerksam, wenn er schreibt: „Die Worte selbst [...] können die Phantasiefähigkeit wecken“[90]; Rhetorik gilt ihm als „Ausübung der Phantasie“[91]; „ein lebendiger Stil [...] lässt Worte als lebendige Bilder vor den Augen entstehen“[92]. Was aus einer kritischen Sicht zunächst als Hyperoche, als „exzessive Übertreibung“ wahrgenommen werden könnte, kann sich im Falle eines rednerischen Erfolgs rückwirkend in eine „exzessive Unterstützung“[93] verwandeln. Damit Rhetorik wirkt, nutzt und aktiviert sie eine Phantasie, in der die Täuschung potenziell immer schon angelegt ist.
5 Eine rhetorische Kritik philosophischer Inszenierungen der Uninszeniertheit
Die antike Rhetorik versteht sich nicht nur als Technik, die Täuschungen strategisch als Mittel zur Persuasion einsetzt, sondern ebenso als theoretischer Versuch der Aufdeckung der Funktionsweise sprachlicher Täuschungen, die damit kritisierbar werden. Erving Goffman bemerkt zu dieser doppelten Ausrichtung:
The study of how to uncover deceptions is also by and large the study of how to build up fabrications [...], one can learn how one’s sense of the ordinary reality is produced by examining something that is easier to become conscious of, namely, how reality is mimicked and/or how it is faked. (Goffman 1974, 151)
In ihrem Potenzial, Täuschungen auch theoretisch zu reflektieren, eröffnet Rhetorik nicht nur Dimensionen einer Kritik, die einen mit der Philosophie einhergehenden kritischen Anspruch vertiefen und erweitern können, sondern erlaubt es, die Philosophie selbst zu kritisieren, sie bestimmter Täuschungen zweiter Ordnung zu überführen. Die Perspektive einer Kritik von Täuschungen zweiter Ordnung bindet sich dabei insbesondere an das Konzept der dissimulatio artis,[94] das der Sache nach auf Aristoteles zurückgeht.
Im Kontext derjenigen Passagen des dritten Buchs seiner Rhetorik, in denen er dieses Konzept einführt, fragt Aristoteles nach dem angemessenen Stil für eine Prosarede. „Überzeugend“ wirke diese nur, wenn „der Redner unauffällig ans Werk geht und keinen gekünstelten, sondern einen natürlichen Eindruck“ erwecke. Ein Erkanntwerden der Kunst als Kunst führe dazu, dass sich „die Leute betrogen fühlen“, als würde man „heimlich etwas gegen sie im Schilde“ führen, „ähnlich wie wenn Wein gepanscht wird“[95]. In diesem Sinne „unauffällig“ werde die Rede, wenn sie nicht gleich als Umsetzung eines Programms oder eines Plans erscheint, wenn sie sprachlich schlicht daherkommt, sich etwa fremdartiger Formulierungen oder kühner Metaphern enthält, und stattdessen ihren „Wortschatz“ bevorzugt „aus der gewöhnlichen Umgangssprache nimmt“[96].
In der lateinischen Rhetorik wird dieses Gebot aufgenommen und universalisiert. Quintilian erhebt die dissimulatio von einer Stilqualität zu einem wesentlichen Zug der Rede insgesamt. Rhetorik gilt ihm nicht nur als eine Kunstlehre des schönen und wirksamen Redens, sondern auch als Kunstlehre des Verbergens ihres eigenen Kunstcharakters. Mit seiner Institutio oratoria bezieht er noch einmal Position zur Debatte um den Asianismus und den Attizismus, die zu Lebzeiten Ciceros geführt wurde, und präferiert, wie sein Vorbild Cicero, einen gemäßigten Attizismus, also einen Stil, der sich gerade nicht durch die „ostentative Verfasstheit“[97] des Asianismus als Kunstprodukt zu erkennen gibt. Quintilian bemerkt hierzu: „Das aber können wir Heutigen nicht aushalten und meinen, die Kunst gehe gerade verloren, wenn sie nicht zum Vorschein kommt, während sie doch aufhört, eine Kunst zu sein, wenn sie erscheint [cum desinat ars esse, si apparet].“[98] An anderer Stelle merkt er an, dass, wenn es „bei den Redenden einer Kunst bedarf“, dann vor allem derjenigen, „nicht als Kunst zu erscheinen [ne ars esse videatur]“[99]. Die Ausübung der Rhetorik geht also eher mit einer Selbstbegrenzung und Selbstzurücknahme einher, als dass sich die Kunst als Kunst in all ihrer Virtuosität ständig ausstellen würde.
Sein Echo findet das sich hier ausdrückende Redeideal bei Seneca dem Älteren, der in Bezug auf den Redner Gaius Albucius Silus lobend bemerkt: „Für ihn bestand ein Teil der Redekunst darin, die eigene Redekunst zu verbergen [partem esse eloquentiae ... eloquentiam abscondere].“[100] Auch im anonymen, wahrscheinlich im ersten Jahrhundert erschienen Traktat Perí hýpsous, der sich ja eigentlich dem hohen und erhabenen Stil widmet, also einem Stil, den wir nicht unbedingt mit Natürlichkeit und ordinary language assoziieren würden, findet sich ein klassisch gewordener Beleg für die dissimulatio artis: „Dann nämlich ist Kunst [vgl. téchne] am Ziel, wenn sie Natur [vgl. phýsis] scheint; die Natur wieder ist vollendet, wenn sie die Kunst unmerkbar einschließt.“[101] Die Lehre der dissimulatio wird hier eingebunden in eine generelle Verhältnisbestimmung von Natur und Kultur, die Nähen zur stoischen Oikoiosis-Lehre aufzuweisen scheint, zum Gebot, sich im Handeln (und Reden) in die Allnatur einzufügen. Als höchstes Ziel der (Rede-)Kunst gilt es dann, natürlich zu sprechen. Ovid schließlich, dem die celare-artem-Lehre oft zugeschrieben wird, erweitert sie dezidiert über den rhetorischen Rahmen hinaus und macht sie zu einer allgemeinen Lebensmaxime: „Kunst ist nützlich, wenn sie verborgen bleibt; wird sie entdeckt, bringt sie Schande und nimmt dir verdientermaßen für alle Zeit die Glaubwürdigkeit [si latet ars prodest; adfert deprensa pudorem atque adimit merito tempus in omne fidem].“[102] Hier geht es nicht mehr nur noch um ein sprachliches Stilideal, sondern um eine Ästhetik der Existenz, an die dann frühneuzeitliche Konzepte einer sprezzatura[103] und romantische Ästhetiken der Anmut anknüpfen konnten.
Zu einem kritischen Instrument wird die Lehre von der dissimulatio artis bei Quintilian dadurch, dass er sie für eine Analyse von Eigentlichkeitsinszenierungen zu nutzen vermag, mit deren Hilfe in der Philosophie der Anschein von Evidenz erzeugt wird. Gerade philosophische Versuche, im Namen der „Sachen selbst“ zu sprechen, im Namen des Seins, der Ideen oder der universalen logischen Gesetze, diesen zu einem unmittelbaren Ausdruck zu verhelfen und dabei die Kontingenz der eigenen Sprache und Sprecher:innen-Position auszublenden, werden für Quintilian als Täuschungen zweiter Ordnung beschreibbar, denen eine der dissimulatio artis analoge Strategie vorausgeht. Philosophen wir Parmenides, Pythagoras und Platon geben vor, nicht als sie selbst, in ihrer jeweiligen Sprache und individuellen Stimmlage zu sprechen, keinen Diskurs zu führen, sondern geführt zu werden, von einer prädiskursiven, die absolute Wahrheit verbürgenden Instanz wie dem Sein, der kosmischen Ordnung oder den Ideen. Philosophie inszeniert sich hier als verschwindende Vermittlerin und macht sich als historisch gewachsene und gesellschaftlich situierte Praxisform unsichtbar. Gerade weil sie sich durch ihren exklusiven Bezug zur alétheia definiert, kann Philosophie aus Quintilians Sicht als solche vorgetäuscht werden: philosophia enim simulari potest, eloquentia non potest[104].
Philosophie wird dann vorgetäuscht, wenn in einer letztlich politischen Debatte das Register gewechselt und versucht wird, kontingente politische Forderungen dadurch zu legitimieren, dass ihre Geltung unmittelbar auf metaphysische Prinzipen zurückgeführt wird. Platon weist etwa im Timaios ganz explizit darauf hin, dass sich die politische „Gesetzgebung [vgl. tòn nómon] gleich von Anfang an um die Weltordnung [vgl. kósmon]“[105] zu bemühen habe, die nur Philosophen zugänglich sei, dass die etwa in der Politeia vorgeschlagene soziale Aufteilung der Polis in der kosmischen Hierarchie von Idee und Erscheinung verankert werden könne. Aus rhetorischer Sicht ließe sich dieser Forderung entgegenhalten, dass Platon die Metaphysik, die sich um Aussagen über die „Weltordnung“ insgesamt bemüht, nur einführt, um mit ihr seine Politik eines antidemokratischen Souveränismus gegenüber Kritik zu immunisieren.
Quintilian deutet, indem er eine spezifische Rhetorik der Philosophie freilegt, ein proto-dekonstruktivistisches Argument an: „Mit ihrem Mienenspiel, düsterem Ernst und von den anderen abstechender Tracht“[106], geben viele Philosophen bloß vor, Philosophen zu sein und über eine aller Täuschungsanfälligkeit vorausliegende Wahrheit zu verfügen. Mit Quintilian kommt also eine Selbstinszenierung und Habitusform des Philosophen als eines „Meisters der Wahrheit“ in den Blick, die sich von den Geltungsbedingungen philosophischer Rede nie völlig trennen lässt. Die dissimulatio besteht hier darin, vorzutäuschen, zwischen Geltungsbedingungen und kontingente Praxisformen des Philosophierens strikt trennen zu können. Die Philosophie als „erste Wissenschaft“ wird durch diese dissimulatio überhaupt erst konstituiert.
Es wäre weitere Untersuchungen wert, die von Quintilian kritisierte Habitusform bis in die akademische Philosophie der Gegenwart hinein zu verfolgen, die von einem anderen Disziplinen gegenüber häufig arrogant vorgetragenen Anspruch eines „Doing Klarheit“[107] bestimmt wird. Zwar beruft sich diese Philosophie nicht mehr auf die gleichen Geltungsgründe wie Parmenides, Pythagoras oder Platon, beerbt aber sehr wohl deren universalistischen Anspruch auf eine alétheia, die heute eher an einem selbstgenügsamen Spiel inferentieller Implikationen festgemacht wird. Die begriffliche, oft formallogische Bearbeitung dieser Implikationen wird dabei von zwei intellektualistischen Vorurteilen dominiert, die die pragmatistische Philosophin Jennifer Welchman treffend auf den Punkt bringt: „Erstens: Je abstrakter ein begriffliches Problem ist, desto größer wird auch sein Anspruch auf philosophische Relevanz. Zweitens: Ein Ranking philosophischer Expert:innen kann sich nach ihrer Fähigkeit richten, abstrakte begriffliche Probleme anzugehen und zu lösen.“[108] Mit dem Verhaftetsein an diese Vorurteile marginalisiert sich die akademische Philosophie zunehmend selbst. Gerade im Versuch, sich gegen die apáte zu immunisieren, manövriert sie sich in eine Situation der Welt- und Erfahrungslosigkeit. Ein Dialog mit der Rhetorik könnte ihr dabei helfen, ins Leben zurückzufinden.
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Zoepfll, Renate: Die List bei den Griechen. In: Harro von Senger (Hrsg.), Die List. Frankfurt am Main 2017, 111–133.Search in Google Scholar
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Articles in the same Issue
- Frontmatter
- Frontmatter
- Einleitung
- Produktives Täuschen. Dissimulatio artis zwischen Rhetorik und Philosophie
- Simulatio/dissimulatio – Stellung/Verstellung: Rhetorik, höfische Verhaltenslehre, Ethik (mit Überlegungen zur Rezeption von Balthasar Graciáns Handorakel in Deutschland)
- Die Macht der Dissimulation
- Täusch-Verhältnisse. Der „Große Austausch“ als rhetorisches Manöver der Neuen Rechten
- Ars est celare artes. Zur Rocca di Tristano-Episode in Ariostos Orlando furioso
- Vers pompeux – cadavre oratoire. Rhetorische, galante und dramaturgische Ausformungen der dissimulatio artis im frühneuzeitlichen Theater am Beispiel von Corneilles Pompée
- Das Paradoxon der Dissimulation – Über die Notwendigkeit der Täuschung zur Gestaltung von Natürlichkeit in Marivauxʼ Le Jeu de l’amour et du hasard
- Melanie Möller: Rhetorik zur Einführung, Hamburg 2022.
- Ramón Reichert: Selfies – Selbstthematisierung in der digitalen Bildkultur, Bielefeld 2023.
- Janosik Herder: Kommunizieren und Herrschen. Zur Genealogie des Regierens in der digitalen Gesellschaft, Bielefeld 2023.
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- Die Macht der Dissimulation
- Täusch-Verhältnisse. Der „Große Austausch“ als rhetorisches Manöver der Neuen Rechten
- Ars est celare artes. Zur Rocca di Tristano-Episode in Ariostos Orlando furioso
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