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Überflusswesen

  • Karl-Josef Pazzini

    Karl-Josef Pazzini, Prof. em. Dr. phil., Psychoanalytiker, Supervisor, Berater; bis 2014 Professor für Bildungstheorie und Bildende Kunst an der Universität Hamburg. Arbeitet zu Übertragung, Pornographie, Laienanalyse, Film als Analytiker, Boullées Konzept „Museum“ als Utopie der bürgerlichen Gesellschaft.

Veröffentlicht/Copyright: 6. Oktober 2023
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Paragrana
Aus der Zeitschrift Paragrana Band 31 Heft 2

Abstract

Gefragt wird, ob die Erzählung vom „Mängelwesen“ bei Gehlen und in der Psychoanalyse eine Inversion ist, wie sie Freud beim Deuten von Träumen entdeckt: Nicht geredet werden kann von einem Füllewesen. Mängelwesen ist Reflex eines unbegriffenen Erschreckens über die Realabstraktion des Menschen zum Individuum im Kapitalismus. Dieses Wesen ist nicht von der Ordnung der Biologie. Es mangelt nicht an Reißzähnen oder Fell, sondern an gelebter Kollektivität, einem sozialen Band, an der Realisierung einer nicht nur in der psychoanalytischen Kur vorkommenden Übertragung. Die Realabstraktion zum Einzelwesen wird immer wieder aufgehoben, so entdeckt Freud, in der Übertragung. Dem anthropologischen Mängelwesen wird spielerisch ein Überflusswesen gegenübergestellt. Die Paradoxie von gleichzeitigem Mangel und Überfluss ist ein Tribut an das Auftauchen des Realen bei der Bestimmung des Individuellen und Kollektiven der Menschheit im Einzelnen.

About the author

Prof. em. Dr. phil. Karl-Josef Pazzini

Karl-Josef Pazzini, Prof. em. Dr. phil., Psychoanalytiker, Supervisor, Berater; bis 2014 Professor für Bildungstheorie und Bildende Kunst an der Universität Hamburg. Arbeitet zu Übertragung, Pornographie, Laienanalyse, Film als Analytiker, Boullées Konzept „Museum“ als Utopie der bürgerlichen Gesellschaft.

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Published Online: 2023-10-06
Published in Print: 2022-12-16

© 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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