Vergänglichkeit in Serie
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Mareike Post
Abstract
Die Art-House-Ästhetik der Fernsehserie Hannibal entfacht eine düstere Bilderwelt, die von verschiedenen Symbolen der Vanitas erfüllt ist. Jedoch erweist sich nicht nur die Symbolik, sondern vielmehr die Gestaltung eines eigenen Zeitparadigmas, das durch die formende Kraft des Seriellen erzeugt wird, als zentraler Bezug zur barocken Denkfigur: Die ästhetische Modellierung von Zeit entfaltet eigene Formen der Zeitenthobenheit sowie der simultanen Präsenz und versucht zugleich das Vergängliche medial zu überwinden. Dabei lotet die Serie einerseits die Schönheit des Vergehens wie die des Verfalls aus, andererseits setzt sie die eigene Medialität mit der Vanitas in Beziehung, indem die Wiederholungstruktur das Vergessen als Erkenntnisprozess instituiert und so Verwandlung und Neubeginn im Zeichen der Vergänglichkeit konstituiert
Literatur
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Fernsehserie
Hannibal. Fernsehserie, USA 2013 – 2015, 44 min. NBC. C: Bryan Fuller. (Netflix; 30. Dezember 2017).
Abbildungsnachweise
© Robert Trachtenberg 2013 (Pressefotografie der Serie Hannibal, NBC Universal Media LLC). Online unter: https://www.sat1.de/tv/hannibal/bilder/hannibal Letzter Zugriff: 02.09.2018. DVD-Screenshots aus Hannibal, Archiv der Autorin.
© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Einleitung
- „Seltenheitswert in der Zeit“
- Nachleben der Antike und Figurationen barocker Zeiterfahrung in Cy Twomblys Orpheus-Studien
- Jean Tinguely: Vanitas und die Kunst des Ephemeren
- Vergänglichkeit für die Ewigkeit?
- Die Ästhetik des Todes und der Vanitas im Italo-Western
- Vergänglichkeit in Serie
- Performative Strategien des memento mori
- Aufzeichnung von Vergänglichkeit
- Enden und Verfliegen
- Mediale Vanitas
- Sound Monuments
- „Ein Rauch / diß Leben ist“
- En camino hacia el olvido
- Sommes-nous François?
- Autorinnen und Autoren
Artikel in diesem Heft
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- „Seltenheitswert in der Zeit“
- Nachleben der Antike und Figurationen barocker Zeiterfahrung in Cy Twomblys Orpheus-Studien
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