Home „EU Governance“ und Staateninsolvenz: Optionen jenseits der Kommissionsvorschläge / “EU Governance“ and Insolvency of Governments: Options beyond the Commission Proposals
Article
Licensed
Unlicensed Requires Authentication

„EU Governance“ und Staateninsolvenz: Optionen jenseits der Kommissionsvorschläge / “EU Governance“ and Insolvency of Governments: Options beyond the Commission Proposals

  • Ansgar Belke
Published/Copyright: May 11, 2016
Become an author with De Gruyter Brill

Zusammenfassung

Das am 29. September 2010 von der Europäischen Kommission vorgestellte und dem Europäischen Parlament vorgelegte umfangreiche Maßnahmenpaket stellt die umfassendsten Versuch einer Verstärkung einer europäischen „Economic Governance“ seit Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion dar. Angesichts der Mängel der existierenden Gesetzgebung werden dabei eine weiter reichende und verbesserte Überwachung der Fiskalpolitiken, aber auch makroökonomischer Politiken sowie Strukturreformen angestrebt. Neue Durchsetzungsmechanismen für Mitgliedsstaaten, die gegen die Regeln handeln, sind ebenfalls geplant. Im Hinblick auf das sehr wichtige und entscheidende Paket der Kommission, das 6 Gesetzes-Dossiers umfasst, wird in diesem Beitrag versucht, fehlende oder überflüssige und/oder gar nicht verwendbare Elemente zu identifizieren. Weiterhin wird überprüft, was außerhalb und über diese Vorschläge hinaus (überhaupt) noch fehlt, um das gesamte Paket der Governance-Reformen vollständig und durchführbar zu machen. Dies können potenziell Mechanismen zur Krisenlösung und Umschuldung, ein Europäischer Währungsfonds, Projekt-Bonds und/oder Euro-Bonds sein. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf dem Europäischen Währungsfonds, der als Mittel der Wahl bezeichnet wird.

Schließlich erweitert der vorliegende Beitrag seinen Fokus auf aktuelle Ereignisse wie die EU-Gipfel bis einschließlich März 2011, die die institutionellen Grundlagen des Europäischen Stabilitätsmechanismus schufen. Es wird ausführlich erörtert, ob die sich abzeichnende Perspektive eines ab 2013 existierenden permanenten Rettungsmechanismus (ESM) in Verbindung mit der vorher installierten Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF) einen Teufelskreis drohender weiter steigender Zinsdifferenzen und steigender Schulden in der Eurozone auslösen kann. Zu diesem Zweck wird aus ordnungspolitischer Perspektive skizziert, wie eine langfristige Strategie gegen Überschuldungskrisen im Euroraum aussehen sollte. Darauf aufbauend werden Gründe für anhaltende Marktspannungen in der Eurozone herausgearbeitet und institutionelle Mängel der gefundenen institutionellen Lösung zum Umgang mit der Illiquidität und der Insolvenz von Eurostaaten abgeleitet. Der Beitrag endet mit einem Ausblick und liefert eine Einschätzung darüber, ob die Eurozone ihre Schuldenkrise in den kommenden Jahren in den Griff bekommen wird.

Summary

The comprehensive package of measures proposed by the European Commission on 29 September 2010, and presented to the European Parliament provides the most comprehensive attempt to create a European "economic governance" since the introduction of the Economic and Monetary Union. In view of the shortcomings of existing legislation they aim at a wider and improved monitoring of fiscal policies but also of macroeconomic policies and structural reforms. New enforcement mechanisms for member states which act against the rules are also planned. With an eye on the very important and decisive package of the Commission which includes six legislative dossiers, this paper attempts to identify missing or superfluous and / or unusable items. Furthermore, it is checked what measures beyond these proposals out are, if at all, still missing to make the whole package of governance reforms and overall feasible. These potentially include mechanisms for crisis resolution and debt restructuring, a European Monetary Fund, Project Bonds and / or Euro-bonds. The main focus of the analysis, however, is on the European Monetary Fund, which is called the preferred method.

Finally, this paper expands its focus on current events such as the sequence EU summits in 2010 and 2011, which laid the institutional foundations of the European stability mechanism. It is discussed at length whether the looming prospect of a permanent rescue mechanism (ESM) from 2013 on in conjunction with the previously- installed European Financial Stability Facility (EFSF), have the potential to trigger a vicious circle of imminent further increases in interest rate differentials and rising debt in the euro zone. For this purpose, it is sketched from an “Ordnungspolitik” perspective, how a long-term response to crises indebtedness in the euro area should look like. Taking this as a starting point, the paper identifies the reasons for continuing market pressures in the euro zone and derives institutional deficiencies of the found institutional solutions for dealing with the illiquidity and the insolvency of euro area member states. The paper concludes with an outlook and provides an assessment of whether the euro zone debt crisis in their coming years will get a grip.

Online erschienen: 2016-5-11
Erschienen im Druck: 2011-1-1

© 2011 by Lucius & Lucius, Stuttgart

Articles in the same Issue

  1. Vorwort
  2. Inhalt
  3. Hauptteil
  4. Krisenreaktion und Krisenprävention im Euro-Raum: Wandel zum Besseren? / Crisis Mangement and Prevention for the Eurozone: A Change for the Better?
  5. „EU Governance“ und Staateninsolvenz: Optionen jenseits der Kommissionsvorschläge / “EU Governance“ and Insolvency of Governments: Options beyond the Commission Proposals
  6. Ordnungspolitische Überlegungen zu einer Insolvenzordnung für Staaten / Principles for an Insolvency Code for States
  7. Leerverkäufe verbieten? – Eine ordnungstheoretische Sicht / Should Short Sales Be Prohibited? - A View from Institutional Perspective
  8. Vom Wert der Blase – Die Funktion der Spekulation in der Marktwirtschaft / On the Value of Bubbles – The Function of Speculation for a Market Order
  9. Aktuelle Herausforderungen der deutschen Bildungspolitik: Ordnungspolitischer Rahmen und konkrete Handlungsfelder / Current Challenges for German Education Policy: Institutional Framework and Concrete Fields of Action
  10. Suchtpolitik im paternalistischen, aktivierenden oder ermöglichenden Staat: Versuch einer Entwirrung / Drug policy in paternalistic, activating or enabling states: An attempt at unmuddying the waters
  11. Wettbewerbspotenziale im deutschen Apothekenmarkt / The Potential for Competition between Pharmacies in Germany
  12. Wie sollte die Managementvergütung (nicht) reguliert werden? – Ordnungspolitische Überlegungen zur Haftungsbeschränkung von und in Organisationen / How Managerial Compensation Should (not) be Regulated - Analyzing Limited Liability of Organizations and Within Organizations
  13. Normierungseffekte der Co-Regulierung von Standards guter Corporate Governance / Normative effects of co-regulatory regimes of corporate governance
  14. Moralisches Verhalten in einem korrupten Markt: Anreize und Erfolgsfaktoren anhand einer Fallstudie aus Argentinien / Moral behaviour in a corrupted market: Incentives and success factors – a case study from Argentina
  15. Corporate Governance und Ordnungsökonomik / Corporate Governance and Constitutional Economics
  16. Ordnungsökonomik als angewandte Wissenschaft. Zur notwendigen Zusammenführung von Theorie und Praxis / Constitutional Economics as an Applied Social Science. About the Essential Combination of Theory and Practice On the
  17. Das „Bruttonationalglück“ als Leitlinie der Politik in Bhutan – eine ordnungspolitische Analyse / An Ordo-Liberal Analysis of “Gross National Happiness” as Guideline of Politics in Bhutan
  18. Scham- und Schuldgefühl: Zur ökonomischen Bedeutung zweier kulturell motivierter Emotionen / Shame and Guilt: On the economic meaning of two emotions gained with culture
  19. Vom »Gesetz« zur »Form« Überlegungen zum epistemischen und methodologischen Status der Volkswirtschaftslehre / From »Law« to »Form«. Considerations about the epistemic and methodological status of economics
  20. Gefangen im Dilemma? Ein strategischer Ansatz der Wahlund Revolutionsteilnahme / Trapped in Dilemma? A Strategic Approach to explain Participation in Elections and Revolutions
  21. Vorträge zur Ordnung der Wirtschaft und Gesellschaft
  22. Liberty outside the West
  23. Moral und Wirtschaftsordnung: Zu den ethischen Grundlagen einer freien Gesellschaft / Morality and Economic Order: On the Ethical Foundations of a Free Society
  24. Das fatale Einheitsdenken in der EU. Lehren aus Selbsttäuschungen und Fehlschlägen / The fatal approach to european unification: Lessons from selfdeceptions and failures
  25. Zur Krise des Euro. Ein währungspolitisches Problem und seine Ordnungsfolgen / The crisis of the Euro – A problem of currency policy and its consequences for the economic order
  26. Wie viel gemeinsame Ethik braucht eine Weltwirtschaftsordnung? – Eine historisch-genetische Annäherung / How much concerted ethics does our international economic order need?
  27. Diesseits von Angebot und Nachfrage / On this side of supply and demand
  28. Buchbesprechungen
  29. Inhalt
  30. Feuer – Rad – Geld
  31. Der akademische Lehrer Hayeks
  32. Entscheidungen zum Europäischen Kartellrecht
  33. Zur Rezeption von Hayeks in der Bundesrepublik
  34. Märkte und Politik – Einsichten aus Perspektive der Politischen Ökonomie
  35. Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie
  36. Gesundheitsökonomie: Strukturen – Methoden – Praxis
  37. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!
  38. Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit in der Ordnungskonzeption der Sozialen Marktwirtschaft
  39. Von der Stammesmoral zur Ethik der Globalisierung
  40. Postwachstumsgesellschaft – Konzepte für die Zukunft
  41. Ökonomische Theorie als politische Ideologie – Das ökonomische Argument in der ordnungspolitischen Debatte
  42. Kirchliche Träger im deutschen Krankenhausmarkt – eine theoretische und empirische Analyse
  43. Die große Finanzmarktkrise – Eine staatswissenschaftlichfinanzsoziologische Untersuchung
  44. Die neue Europäische Union nach dem Vertrag von Lissabon
  45. Effizienz und Wettbewerb
  46. Reduzierung von Risikoselektionsanreizen im System der gesetzlichen Krankenversicherung
  47. Theorie und Praxis der europäischen Wettbewerbspolitik auf dem Prüfstand
  48. Kurzbesprechungen
  49. Personenregister
  50. Sachregister
  51. Anschriften der Autoren
Downloaded on 2.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/ordo-2011-0104/html
Scroll to top button