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Editorial zur Rili-BÄK

  • Matthias Nauck
Published/Copyright: March 6, 2015

Liebe Leserinnen und Leser,

1970 wurde die erste verbindliche Vorschrift zur Qualitätssicherung in der Laboratoriumsmedizin in der Eichpflicht-Ausnahmeverordnung verankert. 1972 erschien als Konsequenz daraus die erste Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK). Die heute vorliegende Rili-BÄK enthält im Gegensatz zu den Vorgängerversionen zum ersten Mal umfassende Anforderungen für das allgemeine Qualitätsmanagement medizinischer Laboratorien (Teil A) und geht damit weit über den Bereich der analytischen Qualität hinaus. Im Jahr 2008 traten der allgemeine Teil A und der erste spezielle Teil B1 in Kraft. Inzwischen sind auch die Teile B2 bis B5 erarbeitet. Im Jahr 2014 wurde die vierte Rili-BÄK erstmals als Gesamtversion im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.

Eine Besonderheit im internationalen Kontext stellt der für die interne Qualitätskontrolle verbindliche, vom Hersteller des Kontrollmaterials vorgegebene Sollwert dar. Die Zielwerte werden also nicht wie in vielen anderen Qualitätskontrollsystemen üblich, vom Anwender selbst ermittelt. Die Anforderungen für die internen Qualitätskontrollen wurden auch dadurch auf ein neues Niveau gehoben, in dem nun für alle im Labor durchgeführten Analysen die internen Qualitätskontrollen durchzuführen sind. Um die aus damaliger Sicht herausfordernden Grenzen für interne Qualitätskontrollen auf ihre Alltagstauglichkeit zu untersuchen, wurden im Vorfeld umfangreiche Evaluierungsarbeiten im Routinebetrieb zahlreicher Laboratorien durchgeführt. Die Ergebnisse der Evaluierungen wurden in den Fachgremien ausgewertet und gemeinsam auf Symposien mit den zuständigen Behörden diskutiert. Die Herausgabe der damals als sehr streng bewerteten Anforderungen markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer verbesserten analytischen Qualität. Vor dem Hintergrund der individualisierten oder personalisierten Medizin bekommt eine hohe analytische Qualität eine zunehmende Bedeutung im Rahmen der Stratifizierung von Patienten.

Wie in dem Essay von Prof. Vogt skizziert, dem langjährigen Vorsitzenden des Beirats der Bundesärztekammer, sind mit der neuen Rili-BÄK auch alte überholte Konzepte – wie die Serienlänge – verlassen worden. Dies sind notwendige Anpassungen an die Realität des Alltags, damit die Qualitätssicherung den gestiegenen Ansprüchen an die zeitnahe Patientenversorgung weiter gerecht werden kann.

Durch die Einführung des quadratischen Mittelwerts der Messabweichung (QMMA) (Professor Macdonald, PTB) als Prüfgröße quantitativer Laboranalysen hat sich die Bewertungsgrundlage gegenüber den Vorgängerversionen der Rili-BÄK stark verändert, trotzdem sind die Impräzision und Unrichtigkeit weiterhin als wichtige Elemente der täglichen Laborarbeit unverzichtbar geblieben. Durch die Möglichkeit, die laboranalytische Qualität der Analyse anhand eines einzigen statistischen Parameters bewerten zu können, wird aber die Arbeit bei der Durchführung labormedizinischer Verfahren deutlich vereinfacht.

Herr Prof. Neumaier, Präsident der DGKL, betont in seinem Essay die Arbeiten der DGKC zur Standardisierung der Analytik im Rahmen des Referenzmethodenkonzepts. Er führt weiter aus, dass es mit der vorliegenden Rili-BÄK gelungen ist, neben den Regelungen zur analytischen Qualität quantitativer Untersuchungen auch belastbare Qualitätskriterien für qualitative Untersuchungen zu erarbeiten, die früher nur auf freiwilliger Basis bestanden. Durch den Beirat der BÄK wurden interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppen gebildet, die diese neuen Vorgaben erfolgreich über Jahre gemeinsam erarbeitet haben.

Der Beitrag von Dr. Kruse und Dr. Geilenkeuser vom Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB) unterstreicht, dass sich in den letzten Jahrzehnten die analytische Qualität klar verbessert hat, wie aus den Ergebnissen der externen Ringversuche zu ersehen. Durch Standardisierungsbemühungen insbesondere durch die Nutzung der Referenzmethoden im Rahmen der externen Qualitätssicherung, ist die übereinstimmung zwischen den einzelnen Messsystemen deutlich verbessert worden, wie auch von Dr. Eller vom INSTAND e.V. eindrücklich beschrieben wird. Dr. Walger, Geschäftsführer des Verbands der Diagnostica-Industrie (VDGH e.V.) hebt in seinem Beitrag den Nutzen dieses einheitlichen und gemeinsam entwickelten Standards hervor.

Die heute gültige Rili-BÄK macht bewusst keinen Unterschied bei den Vorgaben für die unterschiedlichen Durchführungsarten und -orte der Analytik. Es gelten dieselben Qualitätsanforderungen für Patientennahe Sofortdiagnostik und die Analytik in den medizinischen Laboratorien. Der Verzicht auf eine Differenzierung und andere Ausnahmeregelungen für einzelne Gerätegruppen tragen zur Harmonisierung und damit wesentlich zur Patientensicherheit bei.

Die Vorgabe von klaren analytischen Zielen stellt ein Alleinstellungsmerkmal der Rili-BÄK dar. Sie hebt sich damit von Normen, wie sie z.B. im Rahmen der Akkreditierung verwendet werden, ab, sie trägt auch damit wesentlich zur Patientensicherheit bei und bietet eine belastbare Grundlage für Sanktionierungen. Herr Brüggemann, Referent Dezernat 3 - Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung und Patientensicherheit der Bundesärztekammer (BÄK), betont aber auch den edukativen Charakter der externen Qualitätssicherung vor allem bei qualitativen Untersuchungen.

Mit der Publikation der nun vollständigen Rili-BÄK in englischer Sprache wird ein internationaler Dialog zur Qualitätssicherung und zum Qualitätsmanagement für den Bereich der labormedizinischen Untersuchungen wesentlich erleichtert. Dadurch kann auch die Diskussion um das im Zusammenhang mit der europäischen Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika bedauerlicher Weise gekippte Referenzmethodenkonzept neue Anstöße bekommen und dazu beitragen, international weitere Anhänger für diesen sinn- und anspruchsvollen Weg zu finden.

Gestaltet und begleitet wurde die Rili-BÄK über die Jahre durch eine Vielzahl von Institutionen und Personen, die Herr Professor Vogt in seinem Essay zu recht namentlich aufführt. An dieser Stelle gilt ihm besonderer Dank. Er hat als Vorsitzender des Beirates der Bundesärztekammer und der Arbeitsgruppen die Weiterentwicklung der Rili-BÄK über viele Jahre zielstrebig und unermüdlich vorangetrieben. Er wurde dabei wesentlich durch Herrn Brüggemann von der BÄK unterstützt, der durch seine ruhige und sachliche Vorgehensweise stets dazu beitrug, kontroverse Standpunkte in einen Konsens münden zu lassen.

Online erschienen: 2015-3-6
Erschienen im Druck: 2015-3-1

©2015 by De Gruyter

Downloaded on 27.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/labmed-2015-0024/html
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