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Nacherzählen. Versuch über eine Kulturtechnik

  • Armin Schäfer EMAIL logo
Published/Copyright: July 20, 2023
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Abstract

The article discusses the position of retelling in literary studies. Retelling does neither play a role in narratology, nor raises further questions for text theory. In the focus of literary didactics retelling is often limited to the pragmatics of use. ›Retelling‹, however, is not a term used in literary studies. Although the term denotes a widespread cultural technique, which is used in schools and is accordingly also discussed in the didactics of literature, it has not yet been able to be acknowledged in the discipline. The greatest obstacle standing in the way of a conceptual version of retelling probably lies in its distinction from narrative. Narratology has not found any specifics in retelling that fundamentally distinguish it from narration. And the tools of trans-textuality and intertextuality developed especially in structuralism to describe textual relations are available for narrative texts anyway. Thus, literary studies already apply theories and tools that are useful for analyses of retelling: narratology, text theory and classification of a second-order literature, the theory of trans-textuality and intertextuality, and material history, as well as research on media transposition and adaptation. Defining retelling as a second-order narrative, or meta-narrative, inevitably raises the question of what is being repeated at all, and how, by means of narrative. Medieval studies particularly emphasize the aspect of repetition (›re-telling‹), which precedes a specific mediality of narration. Retelling as a variety of repetition neither presupposes a pre-text nor requires that a narrative be repeated. Rather, in retelling, the narrative procedure enters into the service of repetition. On the one hand, it is a variety of repetition, but not every repetition is also a narrative. On the other hand, one and the same text can be described from the point of view of narration or that of repetition.

Literary studies that focus on the uses of retelling will pay attention to the varieties of repetition and should look at the relationship between the act of narration and repetition. Obviously, in retelling, the modes and ways, but also the degrees of reference to the pre-text can vary, so that it remains to be discussed which varieties of reference count as valid repetitions. In addition, there is the fundamental question of what falls under the concept of narrative and what components constitute it. Is narrative to be understood as a turning back with linguistic means? As an organization of events, which in turn are to be understood as displacements of actors across semantic or even physical boundaries? As little as a repetition by means of narration is linked to a preceding narrative text, it is equally questionable where and how a boundary between narrative and non-narrative representation could be drawn. In this respect, the following discussion of retelling touches, on the one hand, on the distinction between describing and narrating, which itself required its own discussion in literary theory and history. On the other hand, the distinction between retelling and paraphrasing raises the question of the suitability of linguistic and rhetorical categories of analysis for an analysis of narrative. The article will not address such fundamental questions, but only selected examples will be presented to discuss ways of retelling. The article shifts the broad question of what a retelling is into a smaller, more manageable question of how retelling is done. This shift in the problem leads to specific examples and puts the spotlight on the uses of retelling. The selection of examples presents extreme cases that lie at the edges of a normal range where research has mostly focused its attention. The discussion of examples, which comes from Thomas Bernhard/Peter Handke, Wilhelm Termeer/Herman Melville and Clemens J. Setz, is intended to show that retelling allows both an integration, appropriation or fusion of narrative voices as well as an entanglement of narrative discourse and narrative histoire. The ambiguity of the retelling, which, by retelling a histoire, always carries its own discours, contrasts with forms of use such as summary. Although content summary and retelling can be distinguished as text types according to pragmatic criteria, summarizing a narrative text and retelling a histoire can also be mixed and merge into each other. The ease with which the practice of retelling can be understood should not obscure the fact that it is not easily grasped in terms of literary theory or narratology, and brings into play fundamental questions and problems.

1 Auf der Schwelle zum literaturwissenschaftlichen Begriff

›Nacherzählen‹ ist kein literaturwissenschaftlicher Begriff. Zwar bezeichnet der Terminus eine weit verbreitete Kulturtechnik, die nicht zuletzt im Schulunterricht zum Einsatz gelangt und dementsprechend auch in der Literaturdidaktik diskutiert wird. Dennoch konnte er die Schwelle zur literaturwissenschaftlichen Terminologie bisher nicht passieren. So kommt er beispielsweise weder im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (Weimar/Fricke/Müller 1997–2003) noch in The Living Handbook of Narratology vor (Hühn/Meister/Pier/Schmidt 2009 ff.). Das größte Hindernis, das einer begrifflichen Fassung des Nacherzählens entgegensteht, liegt vermutlich in dessen schwieriger Abgrenzung gegenüber dem Erzählen. Die Stellung der Frage, was Nacherzählen sei, mit dem semantisch offeneren englischsprachigen Terminus retelling, der auch als ›Wiedererzählen‹ übersetzt werden kann, eröffnet zwar für Gesprächsanalyse und Kommunikationsforschung neue Perspektiven (Schumann et al. 2015), löst aber noch nicht die narratologische Problemstellung. Denn die Unterscheidung zwischen Erzählen und Nacherzählen besitzt ausgerechnet aus der Perspektive der Narratologie nur geringe Aussagekraft: Es sei dem Erzählakt selbst nicht abzulesen, ob er eine Wiederholung ist und inwiefern er auf eine zweite Stufe tritt. Die Narratologie hat am Nacherzählen keine Spezifika gefunden, die es grundlegend vom Erzählen unterscheiden. Und das Instrumentarium der Transtextualität und Intertextualität, das in der Literaturwissenschaft zur Beschreibung von Textbeziehungen entwickelt wurde, steht ohnehin für Erzähltexte bereit. Die Literaturwissenschaft verfügt also bereits über Theorien und Instrumente, die für Analysen des Nacherzählens dienlich sind: die Narratologie, die Texttheorie und Klassifikation einer Literatur auf zweiter Stufe, die Theorie der Transtextualität und Intertextualität und die Stoffgeschichte sowie Forschungen zur Medientransposition und Adaption.

Die Definition der Nacherzählung als Erzählung über eine Erzählung oder als Erzählung auf zweiter Stufe wirft zwangsläufig die Frage auf, was überhaupt wie mittels des Erzählens wiederholt wird. Das Nacherzählen als eine Spielart der Wiederholung setzt weder einen Prätext voraus noch erfordert es, dass eine – z. B. mündliche, schriftliche, filmische – Erzählung wiederholt wird. Vielmehr tritt im Nacherzählen das erzählende Verfahren in den Dienst einer Wiederholung. Einerseits ist es eine Spielart der Wiederholung, aber nicht jede Wiederholung auch eine Erzählung. Andererseits kann ein und derselbe Text unter dem Gesichtspunkt des Erzählens oder dem der Wiederholung beschrieben werden. Die Mediävistik stellt besonders den Aspekt der Wiederholung (›Wiedererzählen‹) heraus, der einer spezifischen Medialität des Erzählens vorgelagert ist: »Wiedererzählen könnte die fundamentale allgemeinste Kategorie mittelalterlicher Erzählpoetik sein, eine, die noch die Unterscheidung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit, mündlichem und schriftlichem Erzählen übergreift.« (Worstbrock 1999, 130; vgl. auch Schulz 2012, 378–380)

Die Literaturwissenschaft, die auf die Gebrauchsweisen des Nacherzählens abstellt, wird ein Augenmerk auf die Spielarten der Wiederholung legen und das Verhältnis von Erzählakt und Wiederholung in den Blick nehmen. Offensichtlich können beim Nacherzählen die Arten und Weisen, aber auch die Grade der Bezugnahmen auf den Prätext variieren, so dass zu diskutieren bleibt, welche Spielarten der Bezugnahme als gültige Wiederholungen gelten. Hinzu kommt die grundlegende Frage, was unter den Begriff des Erzählens fällt und welche Komponenten ihn ausmachen. Ist das Erzählen als eine Rückwendung mit sprachlichen Mitteln zu begreifen? Als eine Organisation von Ereignissen, die ihrerseits als Versetzungen von Akteuren über semantische oder auch physische Grenzen zu begreifen sind? So wenig eine Wiederholung mittels des Erzählens an einen vorgängigen Erzähltext geknüpft ist – man kann etwa Kochrezepte, Bedienungsanleitungen, Gedichte, Comics, Theaterstücke, Opern, Sinfonien und Filme nacherzählen –, so fraglich ist, wo und wie eine Grenze zwischen narrativer und nichtnarrativer Darstellung zu ziehen wäre. Insofern berührt die Diskussion des Nacherzählens zum einen die Unterscheidung zwischen Beschreiben und Erzählen, die ihrerseits eine eigene literaturtheoretische und -geschichtliche Diskussion erforderte (vgl. Scherpe 1995). Zum anderen werfen Definitionsversuche des Nacherzählens eben auch Fragen nach den disziplinären Perspektiven und Zugriffen auf.

Das Nacherzählen gerät in der strukturalistischen Literatur- und Texttheorie als eine Überschneidung von Phänomenen der Intertextualität, Architextualität und Hypertextualität in den Blick. Insbesondere die Intertextualitätstheorie hat »the literal presence (more or less literal, whether integral or not) of one text within another« (Genette 1992, 81 f.) klassifiziert, skaliert und untersucht, wie solch eine Anwesenheit eines Textes in einem anderen signalisiert und markiert oder auch kaschiert wird. Man muss nämlich zuallererst bemerken, dass ein Text einen anderen wiederholt. Die strukturalistische Texttheorie versucht Spielarten der Wiederholung vor allem nach Gattungen, Genres und Textsorten wie Parodie, Travestie und Pastiche zu ordnen. Die Verfahren selbst harren ihrer Beschreibung im einzelnen Fall. Die Wiederholung in der Wörtlichkeit des Zitats bringt zumeist andere Effekte hervor als eine Wiederholung mittels des Erzählens, das seinerseits verschiedene Arten und Weisen der Textanführung einsetzen kann.

Die Literaturtheorie hat die Nacherzählung nicht zuletzt als eine Gebrauchsform bestimmt. Auch wenn das Nacherzählen keine spezifische Erzählweise ist, kann es durch sein Produkt definiert und durch den Gebrauch gekennzeichnet werden, der von ihm gemacht wird. Gebrauchsweise und Verwendungszusammenhang legen eine Unterscheidung nahe zwischen einem Nacherzählen, das einerseits an der histoire des Prätexts orientiert ist und die literarischen Funktionen seines Produkts zurücktreten lässt. Dieses Nacherzählen wird zum Beispiel im schulischen Unterricht eingesetzt, um Lektüren von Schülern zu evaluieren oder auch den Übergang vom Lesen zum Schreiben zu befördern. Andererseits ist das Einsatzgebiet des Nacherzählens nicht auf eine Produktion von Gebrauchstexten einzugrenzen. Es bringt die selbständige Textsorte Nacherzählung hervor, die sogar literarischen Status erlangen kann; es kann als unselbständiges Element oder als Teil oder Abschnitt eines literarischen Texts auftreten oder mit anderen literarischen Verfahren kombiniert oder vermischt werden.

Das Potential, das in einer Theoretisierung des Nacherzählens steckt, liegt nicht in einer Klärung, was einen Text vom anderen unterscheidet und seine Identität sichert. Die Literaturwissenschaft hat zumeist gefragt, was eine Nacherzählung ist, welche Dignität sie als Textsorte besitzt und welcher Status ihr zugebilligt wird. Die Literaturtheorie kann aber auch in praxeologischer Hinsicht fragen, was das Nacherzählen tut. Das Nacherzählen, so die Vermutung, die im Folgenden leitend ist, produziert rückwirkend eine Differenz, die in dem Text, der nacherzählt wird, bereits angelegt ist – und mit der Nacherzählung zur Darstellung gelangt. Diese Differenz ist kein bloßer Stoff oder auch Mythos, der in einer neuen Variante erzählt oder wiedererzählt wird. Sie definiert nicht die Identität eines Texts gegenüber seinen Varianten, Fassungen, Adaptionen und Nacherzählungen. Vielmehr ist die Differenz im Prätext (oder im Theaterstück, Comic, Film usw.) angelegt und kann in der Nacherzählung als eine dekonstruktive Bewegung nachgezeichnet, aber auch als Affordanz für eine Vermittlung durch das Erzählen ausgemünzt werden.

Im kulturwissenschaftlichen Weitwinkel taucht das Nacherzählen als eine Kulturtechnik auf, die drei Stellplätze – Sender, Referent oder Held sowie den Empfänger einer Erzählung – vorsieht. Die ethnologische Forschung kann an einem Beispiel hierzu Folgendes zeigen: Bei den Cashinahua wird Erzähler nur, wer schon einmal Hörer war, und beides nur, insofern er auch schon einmal Thema, Gegenstand oder Objekt einer Erzählung war. Die Rolle des Erzählers kann oder darf also einnehmen, wer auch in die anderen Rollen geschlüpft ist:

Die narrativen »Rollen« (Sender, Empfänger, Held) sind so verteilt, daß das Recht, die eine, nämlich jene des Senders, zu besetzen, sich auf den doppelten Umstand gründet, die andere, also die des Narratärs [also der, dem erzählt wird; A.S.] eingenommen zu haben, und […] bereits von einer Geschichte erzählt worden zu sein; das heißt bei anderer narrativer Gelegenheit in die Position des berichteten Referenten gestellt worden zu sein. (Lyotard 1985, 70 f.)

Der Erzähler legitimiert also seine Praxis als Nacherzählung. Er »behauptet, seine Kompetenz, die Geschichte weiterzugeben, nur der Tatsache zu verdanken, daß er ihr Hörer gewesen sei. Der gegenwärtige Narratär gelangt im Zuhören potentiell zur selben Autorität.« (ebd., 70) Dem Modell, das am Nacherzählen einen ursprünglichen Wechsel der Rollen von Sender und Empfänger entdeckt, steht ein Modell gegenüber, das die Stärke einer Erzählung an deren Fähigkeit bemisst, an das »Vorkommnis als solches anzuknüpfen, indem sie es bedeutet und sich referentiell auf es bezieht« (Lyotard 1987, 264).[1] Dem Modell, in dem der Erzähler selbst sowohl Hörer als auch Referent einer Erzählung war oder sein wird, steht ein Modell gegenüber, das diese Rollen auseinanderhält. Der Struktur, welche die Stellplätze von Erzählen, Zuhören und Erzählt-Werden vorsieht, die von ein und derselben Person besetzt werden, steht ein dilatiertes Erzählen gegenüber, das nur mehr virtuell auf das Nacherzählen bezogen ist. Es ist fraglich, inwiefern der Befund, wie er für die Cashinahua erhoben wurde, verallgemeinerbar ist. Die Idee aber, dass Erzählen ursprünglich ein dilatiertes, mündliches Nacherzählen sei oder aus ihm herzuleiten wäre, taucht schon früh in der Literaturtheorie, zum Beispiel in dem Aufsatz »Der Erzähler« (1936) von Walter Benjamin auf. Benjamin spekuliert über die Herkunft des mündlichen Erzählens aus dem Nacherzählen, um sodann an gedruckten Texten eine Erzählweise, die in der Tradition mündlichen Erzählen wurzelt, von anderen schriftlichen Formen des Erzählens, wie der Short story oder auch dem Roman, abzugrenzen: »Wir haben das Werden der short story erlebt, die sich der mündlichen Tradition entzogen hat und jenes langsame Einander-Überdecken dünner und transparenter Schichten nicht mehr erlaubt, das das treffendste Bild von der Art und Weise abgibt, in der die vollkommene Erzählung aus der Schichtung vielfacher Nacherzählungen an den Tag tritt.« (Benjamin 1991, 448)

Der Blick durch das historische Weitwinkel hat die Literaturtheorie mittlerweile gelehrt, dass ihr begriffliches Instrumentarium auf spezifische mediale und historische Formationen einzustellen ist. Die mediävistische Erzähltheorie legt nahe, dass das Nacherzählen im Mündlichen anders gelagert ist als bei sekundärer Mündlichkeit und im Schriftlichen (vgl. Schulz 2012, 369). Die Medienwissenschaft hat am Erzählen ein Ensemble von Voraussetzungen und Bedingungen aufgezeigt, das in einer narratologischen Analyse alleine nicht zu erschließen wäre. Das Nacherzählen kann eben in verschiedenen Medien statthaben, die ihrerseits einem historischen Wandel unterliegen. Lange Zeit fand die Erzähltheorie im Medienwechsel einen Probierstein. Der Auffassung, dass das Erzählen sprachliche Formen ausbildet, die bei einem Medienwechsel modifiziert würden, trat die Vorstellung entgegen, dass das Erzählen von seinem Medium nicht abgelöst werden kann. Anstatt nun Medium und Erzählen gegeneinander auszuspielen, ist ein Blickwechsel nötig, der einerseits am Verfahren den Beitrag zur Formbildung im Medium herausstellt, andererseits im Erzählen auch ein Verfahren erkennt, das nützlich ist, um Medienübergänge und Medientranspositionen zu beobachten. Allerdings steigt womöglich auch Zweifel auf, ob Erzählen überhaupt als Formbildung in einem Medium zu begreifen ist. Die Literaturwissenschaft, die ihr Augenmerk auf den Medienwechsel richtet, hat nicht zuletzt den Begriff der Adaption entwickelt, der einen größeren Rahmen als die Narratologie aufspannt und anders gelagert ist. Adaption bezeichnet die Anpassung eines literarischen Ausgangstexts an den Medienwechsel, Nacherzählung hingegen eine Wiederholung mittels des Erzählens. Weder sind die Mittel und Verfahren einer Adaption auf das Erzählen einzuschränken, noch sind die möglichen Prätexte des Nacherzählens einzugrenzen, da eben auch Filme, Theaterstücke und Gedichte nacherzählt werden können.

Im Folgenden sollen Beispiele diskutiert werden, welche die komplexe Frage, was eine Nacherzählung ist, in die Frage verschieben, wie literarische Texte das Nacherzählen gebrauchen. Es wird das Verhältnis von narrativen Verfahren und Wiederholung in den Blick genommen und das Augenmerk auf die Praxis der Nacherzählung gelegt. Die drei ausgewählten Beispiele sind auf erzählende Prosa beschränkt und grenzen die Fragestellung auf einige wenige Aspekte ein. Es geht in den folgenden Beispielanalysen weder um den Wechsel von Medien, Gattungen und Textsorten beim Nacherzählen noch um Funktionen des Nacherzählens für pragmatische und didaktische Zwecke.

2 Vorläufige Bestimmungen des Nacherzählens

Die Nacherzählung hat in dem Gefüge der Textsorten und Gattungen nur einen minderen Status erlangt. Die Textsorte Nacherzählung firmiert im Handbuch Gattungstheorie als eine Gebrauchsform für den Literaturunterricht (vgl. Kaulen 2010, 94–97). Selbst wenn sie als eigenständiger Text gilt und ausgewählte Beispiele, wie etwa Tales from Shakespeare von Charles und Mary Lamb, sogar in den Rang eines autonomen Kunstwerks erhoben wurden (vgl. Warner 2007; Wilson 2022), stehen einer Anerkennung der Nacherzählung als eigenständiger Literatur immer noch weit verbreitete Vorstellungen über Autorschaft, Schöpfertum und Autonomie des literarischen Kunstwerks entgegen. Hinzu kam im Deutschen, dass der Tätigkeit des Nacherzählens anfänglich eine Pejoration anhing. Das Wörterbuch der Deutschen Sprache führt eine Wortbedeutung an, die noch Ende des 18. Jahrhunderts im Gebrauch war: Denn »einem etwas nacherzählen« bedeutet eben nicht nur, »nach seinem berichte es erzählen«, sondern auch »ihm etwas (gewöhnlich schlimmes) nachsagen« (Grimm 2021). ›Nachsagen‹ erläutert das Deutsche Wörterbuch wiederum als: »hinter eines rücken etwas von ihm sagen, das sich auf seinen ruf bezieht, lobend, tadelnd, vorwerfend, verleumdend«. Wer jemanden etwas nacherzählt, so ließe sich die pejorative Bedeutung explizieren und zuspitzen, der verleumdet ihn. Nacherzählen bezeichnete einst also nicht nur eine Wiederholung in Form einer Erzählung, sondern die Struktur der Wiederholung stand selbst lange Zeit unter moralischer Beobachtung. Der Adelung führt unter dem Verb ›Nachsagen‹ Folgendes an:

1) Hinter jemandes Rücken, in dessen Abwesenheit von ihm sagen; wo es so wohl im guten als nachtheiligen Verstande üblich ist, dagegen nachreden im letzteren am gebräuchlichsten ist. […] 2) Eine gehörte oder erfahrne Sache wieder sagen, wieder erzählen. […] 3) Besonders in engerer Bedeutung, auf jemandes Zeugniß wieder erzählen, mit der dritten Endung der Person, wofür doch nachreden üblicher ist. Einem etwas nachsagen. (Adelung 2021)

Auch wenn die Wissenschaft die Pejoration, die am Wort hängt, längst abgestreift hat, wurde die Textsorte Nacherzählung selbst im allgemeinen Diskurs über Literatur häufig geringer geschätzt als eine Literatur ›originaler Schöpfungen‹. Die Vorgängigkeit eines Texts wurde mit Wertungen – Wertsetzungen und Wertschätzungen – verknüpft und aus der Chronologie von Prätext und Nacherzählung das Primat des älteren Textes hergeleitet.[2]

Die Abwertung des Nacherzählens korrespondierte in der Neueren deutschen Literaturwissenschaft mit der Ideologie von Dichtung und Schöpfertum, Autorschaft und Werk, wie sie um 1800 für die deutschsprachige Literatur errichtet wurde. Das Fach trifft mit den Spielarten der Wiederholung und Formen der Textbearbeitung auf eine Problematik, die in der Mediävistik womöglich klarer und deutlicher gesehen wird (vgl. Worstbrock 1999, 129). Der deskriptive Gebrauch des Verbs ist von seinem pejorativen nicht vollständig abzulösen. Joachim Bumke erläutert:

Wer Fragen der Textbearbeitung anspricht, hat ein terminologisches Problem. Der gesamte Wortschatz der Literaturwissenschaft beruht auf der Idee des originalen Kunstwerks, der gegenüber alle Prozesse der literarischen Reproduktion als sekundär, abgeleitet, ›unecht‹ und zweitklassig erschienen. Daher haben alle Wörter, die die deutsche Sprache besitzt, um solche sekundären Prozesse zu bezeichnen, den Beigeschmack des Minderwertigen, gleich ob man von Umschriften, Bearbeitungen, Neufassungen, Adaptationen, Wiederholungen oder Erneuerungen spricht. Das Englische und das Französische verfügen dagegen über neutrale Begriffe wie rewriting, retelling, réécrire, réconter, die in diesem Zusammenhang gute Dienste leisten können. Auf der Suche nach neutralen deutschen Wörtern kann man mit Worstbrock von »Wiedererzählen« sprechen oder man kann sich mit Neubildungen wie ›Prä-Text‹ und ›Re-Text‹ behelfen. ›Retextualisierung‹ soll hier wertungsfrei alle Prozesse der textlichen Bearbeitung bezeichnen. (Bumke 2005, 10)

Die Abwertung des Nacherzählens nährte den Zweifel, ob der Textsorte überhaupt ein literarischer Status zuzuerkennen sei. Einem schmalen Kanon von Ausnahmen stand der grundsätzliche Verdacht entgegen, dass die Nacherzählung nicht nur von geringerem Umfang – also eine quantitative Reduktion eines Prätexts – sei, sondern auch eine »Banalisierung« (Genette 1993, 345).

In neueren künstlerischen Arbeiten sind die Abwertung von Nachfolgebeziehungen und die Priorisierung des Prätexts vielfach problematisiert worden. So stellt der Begriff appropriation an einer Nachfolgebeziehung den Gesichtspunkt des Besitzes heraus, der seinerseits Fragen nach Machtbeziehungen und Legitimität, nach Besitzverhältnissen und Ökonomie aufwirft. Allerdings wird auch der Begriff appropriation infrage gestellt. Im Unterschied zu Begriffen wie Zitat und Übersetzung, so führt Salome Agne in einer Debatte über die Leistungsfähigkeit von kulturwissenschaftlichen Konzepten aus, lenke der Begriff appropriation das Augenmerk auf Besitzverhältnisse. Die Historisierung und Verortung des Begriffs appropriation in den Praktiken der Aneignung erläutert auch ein Stück weit die Strategien, die an ihn geknüpft waren: Es wurde von den Akteurinnen und Akteuren vorwiegend Material verwendet und angeeignet, zu dem es für sie keinen legalen oder auch technischen Zugang gab (Cultural Appropriation – A Roundtable 2017). Insofern hat die Digitalisierung die Spielregeln der Aneignung grundlegend umgeprägt und vielfach eine mehr oder minder versteckte Ausbeutung sichtbar werden lassen. Zahlreiche künstlerische Arbeiten fragen mittlerweile nach der Legitimität von Bezugnahmen und bezweifeln die Tauglichkeit eines Begriffs, der allzu sehr den Aspekt der Besitzverhältnisse herausstellt. »It’s interesting«, bemerkt Hhomi Bhaba, »that nobody makes the claim of appropriation until somebody feels that something inappropriate is happening« (ebd.). Solange man am Primat des Prätexts gegenüber der Nacherzählung festhält, der als der ältere Text einen vermeintlich höheren Wert besitze, ist der Weg zur Debatte über Legitimität und Ethik von Bezugnahmen in der Literatur noch weit. Solange in Nachfolgebeziehungen dem älteren Text – auf implizite Weise – die vermeintliche Eigenschaft einer größeren Natürlichkeit attribuiert wird, erscheinen weder Nacherzählen noch appropriation als Übergang von Artefakt zu Artefakt oder auch als Nachahmung auf zweiter Stufe.

Die Literaturwissenschaft hat aus pragmatischen Zielsetzungen, die mit Textsorten und Genres zumeist verknüpft werden, Kriterien abgeleitet, um die Nacherzählung gegenüber anderen Gebrauchsformen und literarischen Texten abzugrenzen (vgl. Kraut 2021, 159 f.). Der Versuch solch einer systematischen Bestimmung stößt zwangsläufig auf Grenzen, die nicht zuletzt an Epitomen, d. h. Zusammenfassungen, erzählender Texte aufscheinen: »Erzählungen«, so kann Jonas Grethlein in seiner Analyse der in die Odyssee eingebetteten Rekapitulationen zeigen, »haben sich selbst epitomisiert, lange bevor die ersten Kritiker sie in Epitomen zusammengefaßt haben« (Grethlein 2020, 169). Die Eigenart der Nacherzählung wurde in systematischer Hinsicht gegenüber Texten bestimmt, die ihrerseits als Zusammenfassung, Inhaltsangabe, Resümee spezifiziert werden. Tzvetan Todorov fasst den Unterschied wie folgt:

For to describe is to try to obtain, on the basis of certain theoretical premises, a rationalized representation of the object of study, while to present a scientific work is to discuss and transform the theoretical premises themselves, after having experienced the object described. Description is, in literature, a reasoned resumé; it must be done in such a way that the principal traits of the object are not omitted and indeed emerge even more evidently. Description is a paraphrase that exhibits (rather than conceals) the logical principle of its own organization. […] Literary theory cannot avoid literature on the way its own proper discursive goal; and at the same time it is only in going beyond the concrete work that it can reach that goal. (Todorov 1967, zitiert nach Chatman 1978, 17)

Die meisten Nacherzählungen sind kürzer als ihre Prätexte, und diese Eigenschaft, in der sie mit den meisten beschreibenden Gebrauchsformen übereinstimmen, sowie der gleichartige Gebrauch, der von Nacherzählungen wie auch von verkürzenden Beschreibungen gemacht wird, bieten der Texttheorie die Gelegenheit für subtile terminologische Unterscheidungen: »Eine Inhaltszusammenfassung«, so stellt Gérard Genette klar, »ist kein Reader’s Digest. Er [der Digest; A.S.] will vielmehr das Werk besprechen oder anderen die Gelegenheit geben, es ohne Behinderung durch Lücken im Gedächtnis zu besprechen.« (Genette 1993, 335 f.) Einerseits beanspruchen die Digests, die einen Text verkürzend wiederholen, Genette zufolge »genausowenig einen literarischen Status wie die beschreibenden Resümees« (ebd., 342). Inhaltsangabe wie Nacherzählung erlangen als Gebrauchsformen nur in Ausnahmefällen die Würde der Literatur. Oder, als Wiederholung, in anderen Worten:

Als Instrument oder Hilfsmittel des metaliterarischen Diskurses beansprucht das beschreibende Resümee natürlich nicht den Status eines literarischen Werks. Womit keineswegs ausgeschlossen ist, daß es diesen Status erreicht, wenn es – unter anderem – von einem großen Schriftsteller verfaßt wird (manchmal haben wir ja sehr unbedarfte Kriterien), der absichtlich oder unabsichtlich einen Teil seines Talents in das Resümee einfließen läßt. (ebd., 337)

Andererseits kann ein Digest aber auch eine Nacherzählung sein. Der Digest, so führt Genette aus, sei »eine völlig autonome Erzählung ohne Bezugnahme auf seinen Hypotext, dessen Handlung er direkt übernimmt. […] Kurz, der Digest erzählt auf seine, zwangsläufig kürzere Weise (das ist seine einzige Vorgabe) die gleiche Geschichte wie die Erzählung oder das Drama, das er resümiert, aber weder erwähnt noch sonst irgendwie berücksichtigt.« (ebd., 336 f.) Welcher Unterscheid aber besteht zwischen der Kürzung für eine Inhaltsangabe und der in einer Nacherzählung?

Die Zielsetzungen, die mit kürzenden, extrahierenden Texten verfolgt wird, scheinen jedenfalls deren Anerkennung als Literatur zu widerstreben, als ob didaktische und literarische Funktion eines Texts einander ausschließen:

Solche Texte können als Produkte epistemischer Verfahren der Verständlichmachung beobachtet werden […]. In der Alltagspraxis ist ihr offizieller Auftrag nicht Literarisierung einer Vorlage, sondern vielmehr deren Deliterarisierung. […] Ihr Zweck liegt außerhalb ihrer selbst: in der Schule in der praktischen Übung von Textreproduktion und zusammenfassender Textkürzung, mit der z. B. Textverständnis ausgewiesen werden soll, in der Philologie und im Journalismus in ressourcensparenden Überblicken über längere, unverständliche, fremdsprachliche Texte. Sie werden vor allem als little tools of knowledge […] genutzt. (Kraut 2021, 159 f.)

Die Texttheorie findet ihren Rückhalt im Gebrauch, aber auch die Gebrauchsformen erreichen ihre Zielsetzungen nur mittels konkreter rhetorischer Techniken, narrativer Verfahren und performativer Setzungen, die ihrerseits einer literaturwissenschaftlichen Analyse zugänglich sind.

Die Unterscheidung zwischen Inhaltsangabe und Nacherzählung bemüht zwar pragmatische Zielsetzungen, aber stellt auch ein Ensemble von Kriterien auf, in das fiktionstheoretische und narratologische Komponenten eingelassen sind. Die Nacherzählung wird zumeist nach Umfang und Anspruch skaliert: vom Digest, der kürzer ist als der Prätext, aber zumeist länger als dessen Inhaltsangabe, bis zu elaborierten Nacherzählungen, die als Kinder- und Jugendbuch oder gar als autonome Literatur auftreten. Die wesentliche Eigenart des kürzenden, extrahierenden Digests liegt, wie auch die der Nacherzählung, laut Genette, in der Erzählinstanz: Nacherzählungen können von Inhaltsangaben durch die Art und Weise, wie die Äußerungsinstanz, die etwas wiederholt, als Stellplatz konstituiert wird, abgegrenzt werden. Die Unterschiede zwischen Inhaltsangabe, Zusammenfassung, Resümee, Digest, Nacherzählung werden, mit anderen Worten, an der Subjektposition festgemacht, in welche die Instanz der Wiedergabe bzw. des Erzählens eintreten kann: Die Äußerungsinstanz dieser »Beschreibung«, so erläutert Genette seine Auffassung,

ist natürlich der (wirkliche oder putative) Autor des Resümees, wodurch bereits eine Übernahme der Erzählung durch eine ihrer Figuren und somit eine Schilderung in autodiegetischer Form ausgeschlossen wird: Das ich eines Digest kann der Held sein, das ich (oder das akademische wir) einer Zusammenfassung bleibt, selbst wenn es nie auftritt, der exklusive Besitz des Zusammenfassers. (Genette 1993, 337)

Der Prätext kann nicht festlegen, welche Stellung die Erzählinstanz einer Nacherzählung gegenüber ihm einnehmen wird, aber er reizt womöglich zur Etablierung von spezifischen Subjektpositionen an, wie nicht zuletzt Nacherzählungen von Dramen und Theaterstücken demonstrieren, die ja vermeintlich unmittelbar gegeben sind, »lediglich als ein Ganzes zum Autor gehörend« (Szondi 1978, 17).

Die literaturtheoretische Diskussion, die Nacherzählung und Inhaltsangabe als zwei Textsorten unterscheidet, wird vielfach unter Berufung auf Harald Weinrich geführt. Weinrich behauptet – unter Rückgriff auf Käte Hamburgers Ausführungen zum epischen Präteritum –, dass »das Präsens der Inhaltsangabe keine Gegenwartsaussage sein kann« (Weinrich 1977, 43). Die Zusammenfassung, so argumentiert Weinrich, dient als Grundlage für eine Besprechung des literarischen Werks. Es sei also die Zielsetzung für die jeweilige Textsorte, die den Unterschied in der Semantik des Tempus mache. Zweifellos gibt es auch Nacherzählungen im Präsens (vgl. Donhauser 2016).[3] Wenn aber das Präsens bei Wiedergabe oder Wiederholung gebraucht werde, sei es ein »gattungs- oder situationsspezifisches Signal dafür, daß es sich um einen besprechenden Text handelt« (Weinrich 1977, 46). »Die Inhaltsangabe eines Werkes, etwa einer Erzählung,« so Weinrich aus, »ist nicht selber auch Erzählung, sondern Grundlage einer Besprechung.« (ebd., 229) Die Inhaltsangabe besitzt also einen doppelten Status. Sie ist selbst keine Erzählung, aber dennoch gilt: »Andererseits ist die Zusammenfassung aber ein Äquivalent des ganzen Werkes in dem Sinne, daß die Differenz nur quantitativ sein soll.« (ebd.) Weinrichs Position nennen Armen Avanessian und Anke Hennig »eine ›klassische‹ insofern, als sie ihre größte Beschreibungskraft in Bezug auf die klassische Erzählfiktion des 19. Jahrhunderts zeigt« (Avanessian/Hennig 2012, 28). Auch wenn Inhaltsangabe und Nacherzählung als Textsorten, sofern sie einen Bezug auf die Literatur des 19. Jahrhunderts nehmen, leicht zu unterscheiden sind, sind das Zusammenfassen eines narrativen Textes und das Nacherzählen der in ihm erzählten Geschichte keineswegs zwei logisch und sachlich verschiedene Praktiken. Wie ist also die Nacherzählung, die, indem sie eine histoire nacherzählt, immer auch auf einen discours bezogen ist, von der Inhaltsangabe abzugrenzen, die, auf die histoire bezogen, ihre eigene narrative Dimension nicht mehr zu erfassen vermag? Zwar kann man Inhaltsangabe und Nacherzählung als Textsorten auseinanderhalten, aber das Zusammenfassen eines narrativen Textes und das Nacherzählen der in ihm erzählten Geschichte wären von ihrer ursprünglichen Vermischung her zu begreifen. Die leichte Nachvollziehbarkeit der Praxis des Nacherzählens sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um eine Kulturtechnik handelt, die nicht leicht zu fassen ist, und die insbesondere in der Theorie bzw. Klassifikation Genettes einen Fremdkörper darstellt und weitreichende literaturtheoretische Fragen und Probleme ins Spiel bringt. Die Schwierigkeiten, die bei der Unterscheidung zwischen Zusammenfassung und Nacherzählung auftauchen, kehren in der Abgrenzung gegenüber der Paraphrase wieder. So hat das Wort »Paraphrase« im allgemeinen Gebrauch »eine reiche Bedeutungsentfaltung erfahren«, die »von ›sinngemäße Wiedergabe‹ über ›erklärende Umschreibung‹ bis hin zu ›Übersetzeng‹ (in eine andere Sprache oder ein anderes Medium) bzw. im deutschen Aufsatzunterricht und der gehobenen Umgangssprache zu ›verdeutlichende Nacherzählung‹ reicht« (Kilian 2003, 556). In der Literaturwissenschaft »benennt das Wort«, wie es unter dem Lemma ›Paraphrase‹ im Historischen Wörterbuch der Rhetorik heißt, die »vor allem mit einem Gattungswechsel verknüpfte Nachschöpfung bzw. Bearbeitung eines Werkes‹« (ebd., 560; vgl. auch Donhauser 2016). Offensichtlich sind die Unterscheidungen zwischen Erzählen, Zusammenfassen, Paraphrasieren, und Nacherzählen nicht als systematische, feste und den historischen Wandel überdauernde Einteilungen zu treffen. Insofern muss die Exploration der Phänomene inmitten einer Lage beginnen, in der unablässig Grundsatzfragen aufgeworfen sind wie z. B.: Was ist überhaupt Erzählen? Was ist eine Wiederholung? Wo beginnt das Schöpferische? Im Folgenden werden, nach einem kurzen Blick auf einen praxeologischen Aspekt, solche Grundsatzfragen jedoch nicht eigens behandelt, sondern nur ausgewählte Beispiele zur Sondierung des Nacherzählens vorgestellt, die von Prätexten ausgehen.

3 Exkurs zum Nacherzählen als einer schulischen Praxis

Seit dem 19. Jahrhundert gehört das Nacherzählen zu den beliebten Aufgaben in deutschen Schulen. In dem Buch Über die Einrichtung von Bürgerschulen von 1828 wird folgende Übung empfohlen: »Der Lehrer erzählt eine kleine, leicht fassliche Geschichte, läßt diese mehrmals nacherzählen und dann aufsetzen« (Kern 1828, 134). Aber auch in einer Instruktion für Lehrer in städtischen Volksschulen von 1815 steht an vier Tagen die Woche nachmittags eine halbe Stunde »Vor- und Nacherzählen« (Lehmus 1815, 112) auf dem Stundenplan. So verbreitet die Aufgabenstellung in den Schulen war, so überschaubar war ihr hauptsächliches Einsatzgebiet. Seit dem Aufstieg der Autonomieästhetik sei das kreative Potential des Nacherzählens, resümiert Heinrich Kaulen, im Unterreicht zugunsten der kognitiven Leistung, die es erbringe, abgeschattet worden:

Die enge Verknüpfung von professionellem Wissen und Eigenaktivität löste sich mit dem Geltungsverlust der Rhetorik und der Professionalisierung der Handlungsrollen im Zeichen der Autonomieästhetik seit Ende des 18. Jh.s zusehends auf. Dichtung galt nun nicht mehr als erlernbares Handwerk, der Poetikunterricht trennte sich von der rhetorischen Praxis. An die Stelle der Eigenproduktion trat ein ausschließlich auf Lektüre gegründeter Unterricht, der seine Entsprechung in einer primär auf die Reproduktion und Kommentierung der großen Texte ausgerichteten Aufsatzlehre fand […]. Aus dem Schreiben von Texten aus den unterschiedlichsten Genres wurde das Schreiben über Texte (Nacherzählung, Inhaltsangabe, Charakteristik, Problemerörterung, Interpretation). Zur gleichen Zeit wurde aufgrund der semantischen Umcodierung des Spielbegriffs der spielerisch-kreative Umgang mit Textformen und Gattungsregeln auf den kontemplativen Nachvollzug des ›ästhetischen Spiels‹ eingeengt […]. (Kaulen 2010, 95)

Die meisten literaturdidaktischen Theorien, die das Nacherzählen für eine sinnvolle Aufgabenstellung im schulischen Unterricht erachten, folgen einer Texttheorie, die es von anderen Gebrauchsformen abgrenzt. Die Literaturdidaktik hat die Nacherzählung dementsprechend unter die Formen der Textwiedergabe gezählt, die sie ihrerseits nach Merkmalen wie besprechend vs. erzählend und verkürzend bzw. nicht verkürzend (oder längend) ordnet (vgl. Abraham 2009, 245–247).

Das Nacherzählen soll, mit anderen Worten, die Lektüre eines Prätexts belegen. Es ist zwar Ausweis einer Kenntnis, aber verfolgt nicht das Ziel einer Analyse und hat auch keinen Teil am literarturwissenschaftlichen Diskurs. Insofern muss es auch keine Beschreibung leisten. Die Nacherzählung setzt zwar eine Lektüre voraus, die sie ein Stück weit dokumentiert. Aber sie präsentiert die Lektüre nicht im Hinblick auf eine spezifische Zielsetzung, die ihrerseits den Spielregeln der Wissenschaft unterstehen (vgl. Todorov 1967, zitiert nach Chatman 1978, 17).

Insofern gilt die Aufgabenstellung des Nacherzählens als weniger anspruchsvoll als die Zusammenfassung. Die Nacherzählung dürfe nämlich wiedergeben, was im Prätext passiere, müsse die Handlung aber nicht nach einem kausalen Schema ordnen oder sie gar rekonstruieren. Der kognitiven Aufgabe einer Erschließung der histoire in der Zusammenfassung steht ein bloß tautologischer Rekurs auf den discours in der Nacherzählung gegenüber, der keine größere Kompetenz demonstriert. Zusammenfassung und Inhaltsangabe sind hingegen die weitaus anspruchsvolleren Aufgaben: »In den weiterführenden Klassenstufen tritt als eine Möglichkeit des Einstiegs in die Textbesprechung die knappere Textzusammenfassung oder Inhaltsangabe an die Stelle der Nacherzählung.« (Spinner 2014, 199 f.) Allerdings kann das Nacherzählen »in allen Klassenstufen […] als eigenständige Form des literarischen Lebens praktiziert und geübt werden« (ebd., 200). Spinner kennzeichnet das mündliche Nacherzählen als eine »Form des Umgangs mit Literatur, die im familiären Kontext z. B. in Bezug auf Märchen verbreitet ist. In der Schule spielt das mündliche Nacherzählen vor allem in den unteren Klassenstufen eine Rolle als Einstieg in die Textbesprechung und dient der Inhaltssicherung.« (ebd., 199) Die Didaktik hat den Einsatz des Erzählens als »eine[r] bloß ›reproduktive[n] Form‹« (ebd.) kritisiert, sofern es ohne »›Phantasie und Ich-Beteiligung‹« (ebd.) ablaufe und keine ästhetische Erfahrung eröffne. So löblich das Erzählen für die Entwicklung und Förderung des Kindes sei, so fragwürdig scheint in Teilen der Didaktik seine Beschränkung auf Wiedergabe und Wiederholung. Zwar steht ein Nutzen der Aufgabenstellung in der Didaktik außer Frage: Die Nacherzählung, die eine Lektüre und eine hermeneutische Anstrengung dokumentiert, erlaubt eine Kontrolle des Textverständnisses und eine Beobachtung, welche Distanz das Kind, die Schülerin oder der Schüler gegenüber dem Text einnehme. Aber unbeschadet dieser Funktionen und Leistungen kann das Nacherzählen zur Entwicklung der Fähigkeiten des Erzählens und zur Ausbildung der Kreativität eingesetzt werden.

4 Narratologie und Texttheorie

Der Strukturalismus unterscheidet an Erzählungen zwischen histoire, discours und narration, zwischen dem Erzählten, der Erzählweise und den Erzählakten. Er bleibt also nicht stehen bei einer Bestimmung der Erzählung als »Komplex von Handlungen und Situationen«, »die für sich selbst betrachtet werden, ohne Rücksicht auf das sprachliche oder sonstige Medium, das uns über sie unterrichtet« (Genette 1998, 15). Dennoch fällt die Nacherzählung durch das Raster der Strukturen. Weder ist sie das Produkt eigenständiger narrativer Akte eines Nacherzählens, das auf der Ebene der Erzählakte eben keine Dignität gewinnt, noch stellt sie eine spezifische Relation zwischen Texten her. Zwar unterscheidet Genette zwischen narrativen Ebenen, um deren systematische Koppelung innerhalb der Diegese zu klassifizieren: »Jedes Ereignis, von dem in einer Erzählung erzählt wird, liegt auf der nächsthöheren diegetischen Ebene zu der, auf der der hervorbringende narrative Akt dieser Erzählung angesiedelt ist.« (ebd. 163) Das Nacherzählen aber ist als ein Verhältnis diegetischer Ebenen nicht zu fassen. Es findet in einer strukturalistischen Narratologie, die vom Produkt auf die sie hervorbringenden Akte schließt, keinen Ort. So wenig es ein Gegenstand der strukturalistischen Erzähltheorie ist, so sehr ist sein Produkt eines der Texttheorie. Genette hat in Palimpseste, dem Zweig seiner Texttheorie, der einer Literatur auf zweiter Stufe gewidmet ist, erklärt, dass die Nacherzählung nicht auf den discours bezogen sei, sondern die histoire wiederhole. Er stellt einen Gegensatz von Inhaltsangabe (oder auch Zusammenfassung und Resümee) und erzählendem Digest auf. Der Digest ist kürzer als der Prätext, meidet es, ihn zu erwähnen oder über ihn zu sprechen und unterhält eine »stillschweigende Beziehung ohne Bezugnahme« (Genette 1993, 342). Der Digest übernehme die »Handlung« des Prätexts »direkt« (ebd., 336). Die Nacherzählung steige also gar nicht erst auf die Ebene eines discours auf. Zwar wird sie im Klassifikationsraster der Texttheorie erfasst, aber ist hinsichtlich ihrer Gemachtheit von eher geringerem Interesse, das vom Gebrauchswert überschattet wird. Es scheint jedenfalls nicht allzu lohnend zu analysieren, wie eine Nacherzählung in ihrer erzählerischen Bezugnahme auf einen Stoff funktioniert. Und die meisten Beispiele, die im Umlauf sind, sind ohnehin Nacherzählungen des Mythos, des Märchens oder anderer Stoffe, die ihrerseits nicht durch einen spezifischen discours überliefert, sondern eben als histoire allgemein bekannt sind. Die Texttheorie erkennt am Nacherzählen das Primat des Stoffs gegenüber dem discours, der als Wiederholung der histoire den Bannkreis der ursprünglichen Erzählhandlung nicht verlassen kann. Die Nacherzählung, so Genette, sei von geringerem Gehalt als der nacherzählte Text. Der Bezug zum Prätext ist durch dieses negative Merkmal definiert, als ob es verboten sei, über den Prätext hinauszugehen: Die Nacherzählung darf anscheinend nicht in Konkurrenz zum Prätext treten, ihn verdrängen oder ersetzen.

4.1 Der discours in der Nacherzählung (Beispiel Handke/Thomas Bernhard)

Peter Handke präsentiert seine Lektüre von Thomas Bernhards Roman Die Verstörung (1967) nicht als Buchbesprechung oder Literaturkritik, sondern als Lektürebericht, der seinerseits über weite Strecken eine Nacherzählung ist. Die Forschung hat herausgestellt, dass Handkes »Als ich Verstörung von Thomas Bernhard las« (Handke 1967, 14 f., im Folgenden zitiert nach Handke 2016), »eng mit dem Text der Verstörung selbst verwoben« (Gschwandter 2021, 242) ist: Handkes »Lektürebericht«, schreibt Harald Gschwandtner,

entwirft keine Perspektive außerhalb des ›besprochenen‹ Romans, um dessen literarische Machart zu beschreiben, sondern er vollzieht dessen erzählerische Struktur bis ins Detail des Wortbestandes nach: Wenn Handke etwa im vorletzten Satz vom inneren Erfrieren des Fürsten schreibt, nimmt er dabei eine im Roman selbst gebrauchte Formel auf: »Ich erfriere von innen heraus.« (ebd.)[4]

Die Nacherzählung sei, so Gschwandtner, Handkes eigene literarische Form der Reverenz:

Die Idee, von ihm geschätzten Büchern durch die Beschreibung ihrer Lektüre, aber auch durch die bloße Nacherzählung ihrer Fabel literarisch seine Reverenz zu erweisen, ohne sich dabei eines kritisch-analytischen Vokabulars zu bedienen, findet sich bei Handke bereits sehr früh: etwa in dem 1967 im Band Begrüßung des Aufsichtsrats gedruckten Prosatext Der Prozeß (für Franz K.), der Kafkas Roman mit zahlreichen wörtlichen Übernahmen erzählerisch rekapituliert, ohne eine wertende Position außerhalb des ursprünglichen Textes zu etablieren, oder im ebenfalls 1967 erschienenen Bericht Als ich »Verstörung« von Thomas Bernhard las. Obgleich den beiden Texten ganz unterschiedliche literarische Verfahren zugrunde liegen, dokumentieren sie doch jeweils Handkes Abkehr von den Genrekonventionen literaturkritischer Publizistik, seine Erprobung neuer und idiosynkratischer Formen des Schreibens über Literatur. (ebd., 239)

Vielleicht ist Handkes Bericht, der im Kern eine Nacherzählung birgt, aber gar keine Ehrerbietung, die vor einer Analyse innehält, sondern Vollzug einer Strategie, in der die Reverenz in Konkurrenz übergeht? Die Eigenart der narrativen Konstruktion, die Bernhard vornimmt, liegt darin, dass sein Roman selbst über weite Strecken als eine Redewiedergabe präsentiert wird. Der Ich-Erzähler begleitet seinen Vater, einen Landarzt, auf der Visitation seiner Patienten im österreichischen ländlichen Raum, die beim Besuch des Fürsten von Saurau kulminiert. Der Fürst, heißt es bei Handke, »redete immer von sich selber wie von der ganzen Welt und von der ganzen Welt wie von sich selber« (Handke 2016, 212). Handke ersetzt im Folgenden Bernhards Erzählinstanz, welche die Reden des Fürsten wiedergibt, durch seine eigene Erzählinstanz, welche die Reden des Fürsten ebenso wiedergibt. »Ich las,« schreibt Handke, »wie der Fürst seinen Besuchern stundenlang von den Bewerbern erzählte«. (ebd.) Oder: »Folgendes erzählte er [der Fürst; A.S.] dazu von einem Gespräch, das er vor kurzem mit dem Arzt geführt hatte« (ebd., 215). Handke wiederholt also, was er im Buch gelesen hat, aber er ersetzt Thomas Bernhards Erzählweise, die selbst die fingierte Nacherzählung (und Wiedergabe) einer Rede des Fürsten ist, an den ausgewählten Stellen durch seine eigene Nacherzählung.

Handkes Kunstgriff setzt an einer vermeintlichen Gelenkstelle von discours und histoire an: Seine Nacherzählung erweckt den Eindruck, als ob eine schematische Aufteilung von Bernhards Erzählung in einen discours, der vor allem als indirekte Rede und Redewiedergabe geführt wird, und eine histoire, die in den angeführten Aussagen des Fürsten liege, möglich wäre. Auf den ersten Blick scheint Handke auf nachgerade mustergültige Weise eine texttheoretische Bestimmung der Nacherzählung einzulösen, der zufolge die Nacherzählung die »Handlung« des Prätexts »direkt übernimmt« (Genette 1993, 336). Auf den zweiten Blick hingegen wird ein einfach geschnittener Begriff von Erzählhandlung fraglich, der die Handlung von der Wörtlichkeit des Erzählens ablösen zu können vermeint. Die Definition des Nacherzählens als eines erzählenden Verfahrens, das in den Dienst einer Wiederholung tritt, eröffnet die Option auf eine Redeskription des narrativen discours unter neuen Gesichtspunkten. Denn das Nacherzählen hält offensichtlich Abstand zum discours des Prätexts. Handke betreibt eine Wiederholung, die von Bernhards Personalstil abstrahiert. (Insofern der »Stilbegriff« »nicht vornehmlich auf die Erfassung eingrenzbarer Sachverhalte« (Pfeiffer 1986, 696) abzielt, sondern Sammelbezeichnung für ein diffuses Ensemble von Merkmalen und Eigentümlichkeiten ist, tritt er insbesondere im Close reading zutage. Dieser Stil kann an die Person rückgebunden und als Ausdruck von deren Subjektivität und Individualität gefasst werden.) Handke treibt Bernhards Personalstil aus und rückt an dessen Stelle seinen eigenen discours. So ersetzt er zum Beispiel die verba dicendi des Prätexts durch Verben, die entweder seine Erzählinstanz in die Position eines Rezipienten rücken (›ich las‹) oder aber sie auf der Ebene des Narratärs, also der Erzählerfigur, dem der Fürst von Saurau seine Geschichten erzählt habe, situiert. Handke nimmt die Eigenart der Redewiedergabe bei Bernhard zwar auf, schiebt aber die ursprüngliche Erzählinstanz beiseite und tritt an deren Stelle. Diese Erzählinstanz der Nacherzählung ist weder neutral noch dem Prätext äußerlich. Vielmehr vollzieht sie einen Typus von Wiederholung, der unablässig in den Prätext eingreift und ihn fortlaufend umschreibt – auch wenn beim Nacherzählen der Wechsel in der Redeanführung womöglich nebensächlich scheint. Handkes Bericht über eine Lektüre, die ihn begeistert hat, wird zur Demonstration der Virtuosität seiner eigenen Erzählstimme, die in einer Folge von kleinen, unscheinbaren Operationen die Aneignung der Erzählstimme des Prätexts vollzieht.

In der Nacherzählung wird nachträglich eine Differenz im Prätext lesbar, die zu ihrer Vermittlung anleitet. Es besteht zwischen Nacherzählung und Prätext kein Wesensunterschied, sondern nur graduelle Unterschiede und Verhältnisse. Wenn der strukturalistische Textidealismus in seiner Abstraktion von konkreten Textbeziehungen wesenhafte Unterschiede zwischen Gattungen und Textsorten ausmachen kann, besteht zwischen den konkreten Einzeltexten, zwischen Prätext und Nacherzählung, ein Verhältnis der Mischung und der graduellen Unterschiede, das als Differenz bezeichnet wird. Diese Differenz liegt unterhalb der Texttheorie, aber inmitten der Narratologie, insofern sie durch die Akte des Nacherzählens zuallererst hervorgebracht wird. Es gibt in Bernhards Roman eine Affordanz für seine Vermittlung, die Handke mit einem spezifischen Erzählverfahren ausmünzt, das mit einer Neubesetzung der Subjektposition in der Erzählstimme einhergeht. Auch wenn Bernhards Roman verschiedene Optionen für seine Vermittlung eröffnet, setzt Handke an dessen narrativen Verfahren an (anstatt beispielsweise den Roman zu dramatisieren und den Fürsten von Saurau auf eine Bühne zu stellen und sprechen zu lassen). Der Roman fingiert, dass er in wesentlichen Passagen selbst die Wiederholung einer Rede sei. Diese Fiktion einer Wiederholung nimmt die Nacherzählung auf, die den Akt der Wiederholung eben nicht als die Wiedergabe einer histoire (d. h. der Rede des Fürsten), sondern als die Differenz von dicours und histoire (von Redeanführung und angeführter Rede, von Aussageweise und Äußerungen usw.) präsentiert. Handke nimmt die Affordanz des Romans unmittelbar auf: Insofern die Erzählstimme niemals eine neutrale Instanz ist und sie auch keinen vernachlässigbaren discours führt, errichtet er einen eigenen discours, der in seiner Struktur wie Bernhards funktioniert, aber die Subjektposition, die in ihm liegt, neu besetzt.

Jede Nacherzählung verwandelt zwangsläufig die Erzählinstanz des Prätexts. Solche Transformationen sind aber als Umprägungen etwa von Ich-Erzählern in auktoriale Erzähler oder als Umstülpungen von Stimme und Modus nicht hinreichend zu fassen. Das Erzählen – und einzig das Erzählen – erlaubt vielmehr, die Subjektivität einer dritten Person wie die einer ersten hinzustellen (vgl. Hamburger 1980, 79 f.; Genette 1998, 137 u. ö.). Rückhalt findet diese Auffassung in der klassischen Definition der dritten Person Singular. Sie gehört laut Benveniste nicht eigentlich zu den Personalpronomina: »Sie [die dritte Person, A.S.] existiert und kennzeichnet sich jedoch nur durch Opposition zur Ich-Person des Sprechers, der, indem er sie aussagt, sie als ›Nicht-Person‹ festlegt. Dies ist ihr Statut. Die Form er … erhält ihren Wert aufgrund der Tatsache, daß sie notwendigerweise zu einem Diskurs gehört, der von einem ›ich‹ ausgesagt wird.« (Benveniste 1974, 296) Mit anderen Worten: Die dritte Person ist immer nur der Gegenstand der Rede einer ersten Person. Während die erste Person zum Beispiel einen Sprechakt ausführen kann, erlaubt die dritte Person allenfalls dessen Beschreibung. Woher bezieht jedoch die erste Person die performative Kraft, eine dritte Person als Subjektivität zu konstituieren? Sprechakte sind Handlungen nur als Teil eines Gefüges, das die einzelne Äußerung überschreitet. Die dritte Person wird nicht durch die Äußerungen einer ersten Person, sondern als Teil eines sprachlichen Gefüges konstituiert, das mehr und anderes ist als die Äußerungen der ersten Person (vgl. Deleuze/Guattari 1992, 360). Michel Foucault zieht daraus die Konsequenz, die Untersuchung der Pronomina von der Bezugnahme auf konkrete Sprecher abzulösen und stattdessen einzuklammern, wer spricht (vgl. Foucault 2001, 1007; Beckett 2000, 144). Die Erzählinstanz der Nacherzählung hat eine eigentümliche Subjektposition inne, begegnet der Erzählinstanz des Prätexts wie einer dritten Person und muss entscheiden, wie sie dieses Verhältnis mit welchen narrativen Akten ausgestaltet.

4.2 Die histoire in der Nacherzählung (Beispiel Moby-Dick; or, The Whale)

Wilhelm Termeer veröffentlichte 1951 in der Deutsch-Reihe der Texte moderner Literatur eine Nacherzählung von Herman Melvilles Roman Moby-Dick; or, The Whale (1851) unter dem Titel Der weisse Wal (Moby Dick): »Übersetzer und Bearbeiter des vorliegenden Bändchens Studienrat Wilhelm Termeer« (Melville 1951, o.P.). Die Nacherzählung hat einen Umfang von 79 Seiten; hinzu kommt ein zehnseitiges Nachwort von Termeer. Sie präsentiert Ishmael als Erzählerfigur, die auf eine abenteuerliche Fahrt zurückblickt, die ihrerseits im Kampf zwischen Kapitän Ahab und dem weißen Wal mit dem Untergang des Schiffs und dem Tod von Kapitän und Mannschaft endete. Der Roman wird in der Nacherzählung um seine Paratexte sowie seine kulturgeschichtlichen und cetologischen Kapitel gekürzt, aber im Nachwort mit einer umfänglichen Leseanweisung ausgestattet, die werkbiographische Informationen zu Melville mit einem Deutungsangebot des Romans verknüpft, dessen Kern von einer Interpretation Curt Hohoffs übernommen ist: Der Roman präsentiere Ahab in der »heillose[n] Zwiespältigkeit seines Wesens«, das in seinem »Groll und Haß« den weißen Wal für die Verkörperung des Bösen (»das Böse leibhaftig«) nimmt (Termeer 1951, 93).

Die Eigenart dieser Nacherzählung besteht nicht so sehr darin, dass sie die histoire vom discours, die Handlung vom Wortlaut, sondern vielmehr ihre histoire von der histoire des Romans ablöst. Zum einen kupiert sie ihn um die Vorgeschichte der Ausfahrt, die Geschichte der Freundschaft von Ishmael und Queequeg sowie um die Jagd auf andere Wale und die Verarbeitung der Beute. Zum anderen werden die Diskurse, Themen und Motive eskamotiert, die nicht unmittelbar auf den Plot des Romans – Kampf von Ahab und Moby Dick – bezogen sind: Homosexualität, Rassismus und Multikulturalität sind ebenso getilgt wie die Geschichte der Industrialisierung und Wirtschaftsgeschichte. Schließlich ist die Plotbildung auf zwei Szenen reduziert: Die Erzählhandlung springt von der Szene auf dem Achterdeck, in der Ahab seine Mannschaft auf die Jagd nach Moby Dick einschwört, zur Begegnung mit dem weißen Wal und dem Kampf, der sich über drei Tage erstreckt. Termeers Nacherzählung löst ihre histoire aber nicht nur von der des Romans ab, sondern sie muss einen spezifischen discours führen, der diese Ablösung zuallererst ermöglicht – und seinerseits die Voraussetzung für eine eigenwillige Deutung errichtet.

Termeers Nacherzählung tilgt die Paratexte des Prätexts. Die Löschung dieser Leseanweisungen vereinfacht zum einen das Verständnis, wer in dem Roman überhaupt erzählt und wie die Erzählinstanz beschaffen sei, zum anderen beginnt sie den Roman aus einem literarischen (und kulturgeschichtlichen) Netzwerk herauszulösen, in das er mit den Paratexten von vorneherein inseriert wird. Wer Herman Melvilles Moby-Dick; or, The Whale (1851) aufschlägt, betritt mit den Paratexten eine Folge von Schwellen (vgl. Genette 2001; Stanitzek 2010, 160), die in die Fiktion hinüberführen, aber auch zur »Nahbeobachtung von Phänomenen ›materialer‹ Textorganisation« (Stanitzek 2010, 158) an spezifische Ausgaben, Auflagen und Exemplare auffordert. Als ob Melville Autor nur wäre, insofern er bereits zuvor Bücher veröffentlicht hätte, wird auf der Titelseite der amerikanischen Erstausgabe sein Name mit den Titeln seiner fünf früheren Romanen verknüpft. Und auch die Titelseite der britischen Erstausgabe nennt Melville als den Autor seiner fünf früheren Romane. Wer umblättert, stößt auf Melvilles Widmung an Nathaniel Hawthorne. Auch wenn das Ich, das seine admiration für den Widmungsträger ausdrückt, mit dem Autor gleichzusetzen ist, ist unklar, wer in der nachfolgenden Etymology und den Extracts spricht oder auch schreibt. Später, nach der Lektüre des Romans, finden dieselben Fragen womöglich nicht mehr die gleichen Antworten. Nachträglich kann das Ich, das spricht oder schreibt, als Ishmael identifiziert werden. Der Epilogue weist ihn nicht nur als den einzigen Überlebenden des Untergangs der Pequod aus, sondern platziert ihn auf der Schwelle, auf der das Medium des Buchs in den Roman übergeht und in die diegetische Welt hineinführt. Einerseits stellt solch eine Gleichsetzung eben die Grenze infrage, die mit der Schwelle zwischen Buch und Roman auch zwischen Wirklichkeit und Diegese, zwischen Melville und Ishmael vermeintlich gezogen wird. Andererseits weist diese Gleichsetzung einen Weg ins Offene, wo die Assoziation leicht geht, aber die Orientierung erschwert ist. So gelangt man zum Beispiel von Moby-Dick über dessen Titelseite und die dort annoncierte Autorschaft Melvilles zu Redburn: His First Voyage (1849), in dem Melville den Ich-Erzähler schreiben lässt: »So that at last I found myself a sort of Ishmael in the ship, without a single friend or companion; and I began to feel a hatred growing up on me against the whole crew.« (Vincent 1980, 58) Oder man springt in Melvilles Roman Pierre: or, the Ambiguities (1852) in dem es heißt: »Fain, then, for one moment, would he have recalled the thousand sweet illusions of Life; though purchased at the price of Life’s Truth; so that once more he might not feel himself driven out an infant Ishmael into the desert, with no maternal Hagar to accompany and comfort him.« (ebd.)

Vielleicht kann in der Schwebe bleiben, wer überhaupt in den Paratexten des Romans spricht oder schreibt? Das Ich, das auf der Schwelle zum Roman steht, bezeichnet eine Person, »qui ne serait déjà plus ›Melville‹ et pas encore ›Ishmael‹« (Jaworski 1986, 204). Die Zweideutigkeit resultiert aus der spezifischen Konstruktion des Romans, die ihrerseits auf den Status des Paratexts zurückwirkt. Paratexte provozieren zur Beantwortung der Frage ›Was ist ein Autor?‹, Autorennamen aber bezeichnen das Prinzip einer gewissen Einheitlichkeit der Äußerung, und zwar ungeachtet der Person, die vermeintlich spricht oder auch schreibt.

Melvilles komplexe Konstruktion, die jede vorschnelle Gleichsetzung seiner Person mit der Erzählinstanz des Romans hintertreibt, wird in Termeers Nacherzählung zugunsten einer klaren Identifikation des Erzählers Ishmael mit dem Autor Melville suspendiert, um eine Deutung vorzubereiten. »Bei dieser engen Verknüpfung von Erlebnis und Dichtung ist Melvilles Leben für die Deutung seines Werkes besonders aufschlussreich.« (Termeer 1951, 89) Die Erzählinstanz wird zu einer kompakten Erzählerfigur, die sich ihrerseits auf ein stattgehabtes, abenteuerliches Geschehen zurückwendet. Melville hingegen überlagert in seinem Roman das fingierte, stattgehabte Abenteuer mit dem Abenteuer der Niederschrift: Der Erzählakt ist keine transparente Operation, die sich auf eine frühere Handlung zurückwendet, sondern diese Rückwendung wird mit einer stetigen Selbstthematisierung des Schreibens und Erzählens verzollt. Melvilles Erzählakte versteppen den discours unablässig mit der histoire. Die Nacherzählung hingegen führt eine Rückwendung auf ausgewählte Szenen der Handlung aus, die wie in sich abgeschlossen in sachlicher und historischer Hinsicht vor dem Akt des Erzählens liegen. Diese Ablösung der histoire von der des Romans schafft die Voraussetzung für eine Deutung, die weder an Melvilles Roman noch an dessen (deformierter) histoire ansetzt, sondern in »Texte[n] moderner Literatur« noch einmal ein Erlebnis findet, das einen Sinn verbürgt. Der Nacherzähler vertritt die Erzählerfigur Ishmael, die erlebt hat, wovon sie erzählt, in ihren Erzählakten. Das spezifische Erlebnis, das Ishmael als Erzähler legitimiert, der seinerseits durch Melvilles eigene Erlebnisse als Walfänger beglaubigt wird, spielt im Akt des Nacherzählens eine zu vernachlässigende Rolle. Vielmehr soll die Nacherzählung, wie Termeer unter Berufung auf Hohoff ausführt, mit Melvilles »realistisch-metaphysische[m] Epos« das »Grundthema unserer Zeit« in »der Signatur des frei zwischen Himmel und Hölle gestellten Menschen […] erkennen« (ebd., 95). Die Nacherzählung betreibt mit der Ablösung von der histoire des Prätexts eine Literaturvermittlung, die den Roman auf eine Ideologie des Heldentums verpflichtet.

5 Die Nacherzählung als fiktionaler und als faktualer Text

Das Nacherzählen ist ein Verfahren, das nicht zuletzt an die Überkreuzungsstelle von Narratologie und Fiktionstheorie führt. Die Nacherzählung einer Erzählfiktion scheint nicht derselben Modalität wie der Prätext anzugehören. Sie kann die Fiktionsindizes, die im Prätext am Erzählen selbst hängen, aufnehmen oder bearbeiten, aber wird in der Regel weder auf den fiktionalen oder faktualen Status des Prätexts zurückwirken, noch vermag sie ihren eigenen Status ohne weiteres festzulegen. Zwar ist die Nacherzählung, wie Genette bemerkt »eine völlig autonome Erzählung« (Genette 1993, 336). Doch lässt die Texttheorie offen, ob die Nacherzählung eines fiktionalen Prätexts denselben fiktionalen Status hat oder ein faktualer Text ist. Nacherzählungen unterlaufen konventionelle Bestimmungen des Fiktiven als Schein von Wirklichkeit und fordern einfach geschnittene Fiktionsbegriffe heraus.

Vielleicht ist ein Beispiel nützlich, das die Frage nach der Stellung der Nacherzählung zwischen fiktionalem und faktualem Text in grundsätzlicher Weise aufwirft. Das Nacherzählen ist insgesamt auf ein ihr zeitlich, sachlich und logisch vorausliegendes Ausgangsmaterial bezogen. Dieses Ausgangsmaterial muss weder allgemein bekannt sein noch dem Publikum zugänglich. Clemens J. Setz, geboren 1982 in Graz, veröffentlicht 2015 unter dem Titel Glücklich wie Blei im Getreide eine Sammlung von Nacherzählungen »einige[r] alte[r] Texte«, die er »in den Jahren 2001 bis 2003 verfasst hatte« (Setz 2015, 9), aber enthält den Leserinnen und Leser die Prätexte vor.

Setz stößt bei der Nacherzählung seiner eigenen unveröffentlichten, frühen Texte auf einen hermeneutischen Imperativ, der zur forcierten Sinnbildung auffordert: »Um also die Nacherzählungen meiner frühesten Versuche schreiben zu können, musste ich das tun, wofür die meisten dieser Texte gewiss nie gedacht waren: sinnerfassend lesen. Nichts hätte der junge Schriftsteller von damals, mit seinen goldenen achtzehn oder neunzehn Jahren, mehr verachtet. Sein Königreich war das Vage, der poetische Nebel, die aneinandergereihten Einfälle, der einzelne Erzählsatz, der nur um der in ihn eingewickelten Metapher willen geschrieben wurde.« (Setz 2015, 11) Die Nacherzählungen, die er präsentiert, sind nicht über ihre tatsächlichen Bezugnahmen auf Prätexte zu fassen. Es ist nicht auszumachen, ob sie einen Prätext fingieren. Das Verfahren ist mit dem »Pseudoresümee oder fiktiven Resümee, das heißt d[em] simulierten Resümee eines imaginären Textes« (Genette 1993, 348), verwandt, dessen Eigenart laut Genette darin besteht, dass »der vermeintliche Text nicht buchstäblich vorgelegt, sondern bloß beschrieben wird« (ebd.). Die Wiederholung behauptet in solchen Fällen die Existenz eines Prätexts. An den Beispielen von Setz wird obendrein deutlich: Der Akt des Erzählens alleine vermag keinen Prätext zu fingieren. Die Beispiele demonstrieren andererseits nicht, dass Erzählfiktionen schematisch in die Komponenten Erzählen und Fiktionsbildung auseinanderzulegen seien. Vielmehr hängen am Erzählen auch Fiktionsindizes und die Wiederholung ist ein Akt, der in den Beispielen zwischen Fiktionsbildung und Repräsentation oszilliert. Das Erzählen verleiht als Wiederholung rückwirkend dem Prätext, der nicht vorliegt, eine intradiegetische Existenz, die tendenziell ins Wirkliche übergreift. Das Erzählen verschmilzt seinen eigenen Fiktionsindex mit dem der Wiederholung und springt insgesamt auf eine zweite Stufe, auf der unentscheidbar wird, ob es sich um Nacherzählungen von Fiktionen handelt, die ihrerseits als faktuale Texte zu begreifen sind, oder ob es sich um Nacherzählungen handelt, die ihrerseits Prätexte fingieren und insofern als Fiktionen aufzufassen sind. Die Klassifikation der Nacherzählung als fiktionaler oder faktualer Text ist ohnehin fragwürdig. Das Nacherzählen kann fiktionale oder auch faktuale Texte produzieren, über deren Status nicht die Existenz des Prätexts entscheidet.

Die leichte Nachvollziehbarkeit der Praxis des Nacherzählens sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie weder texttheoretisch noch narratologisch leicht zu fassen ist und grundsätzliche literaturtheoretische Fragen und Probleme ins Spiel bringt. Der Beitrag hat die umfassende Frage, was eine Nacherzählung ist, in eine kleinere, überschaubarere Frage verschoben, wie nacherzählt wird. Diese Verschiebung der Fragestellung führt zu konkreten Beispielen und legt das Augenmerk auf die Tätigkeit des Nacherzählens. Die Auswahl der Beispiele stellt extreme Fälle vor, die an den Rändern eines Normalbereichs liegen, auf den die Forschung zumeist ihr Augenmerk gerichtet hat.

Das Nacherzählen erlaubt sowohl eine Integration, Aneignung oder Verschmelzung von Erzählstimmen[5] als auch den Nexus von discours und histoire neu zu knüpfen. Die Zweideutigkeit der Nacherzählung, die, indem sie eine histoire nacherzählt, immer einen eigenen discours führt, steht im Gegensatz zu Gebrauchsformen wie der Inhaltsangabe, die ihre eigene narrative Dimension nicht (mehr) zu erfassen vermag. Zwar können Inhaltsangabe und Nacherzählung als Textsorten nach pragmatischen Kriterien auseinandergehalten werden, aber das Zusammenfassen eines narrativen Textes und das Nacherzählen einer histoire können auch vermischt werden und ineinander übergehen.

›Nacherzählung‹ ist zwar kein literaturwissenschaftlicher Begriff. Die Texte aber, die als ›Nacherzählung‹ bezeichnet, und die literarischen Verfahren, die beim Nacherzählen eingesetzt werden, können produktive Fragen für die Literaturtheorie aufwerfen. Die Literaturtheorie muss die Nacherzählung nicht als Textsorte und das Nacherzählen nicht als Erzählweise definieren, sondern kann auf Praktiken und Gebrauchsweisen blicken, um die Kulturtechnik des Nacherzählens als eine Spielart der Literaturvermittlung zu charakterisieren.

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Published Online: 2023-07-20
Published in Print: 2023-07-18

© 2023 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

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