Zusammenfassung
Die Haltung zur nuklearen Frage wurde in der frühen Bundesrepublik maßgeblich vom ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer geprägt. In der Forschung zu dessen Intentionen stehen sich zwei gegensätzliche Interpretationen gegenüber. Die vorherrschende Denkschule sieht im Verzicht auf Kernwaffen eine Grundbedingung der Westintegration, die Adenauer, wenn auch widerstrebend, akzeptierte. Andere Wissenschaftler vertreten hingegen die These, es sei sein zentrales – obgleich sorgfältig verborgenes – Ziel gewesen, aus der Bundesrepublik eine souveräne Atommacht zu machen. Dieser Aufsatz argumentiert auf der Grundlage bislang unveröffentlichter, zum Teil unbekannter Quellen aus dem Adenauernachlass in Bad Honnef-Rhöndorf und dem Bundesverteidigungsrat, dass der Kanzler keine gezielte Politik der unilateralen atomaren Bewaffnung verfolgt hat und dass dabei die Skepsis, ja das fundamentale Misstrauen gegenüber seinen Landsleuten eine Rolle gespielt haben dürfte. Das innere Unbehagen war jedoch nicht so dominant, dass Adenauer die nukleare Option kategorisch ausgeschlossen hätte. Er wollte sie vielmehr in der Schwebe lassen, weil er befürchtete, die Bundesrepublik werde sonst zu einer Macht dritten Ranges, deren Truppen in einem maßgeblich auf deutschem Boden stattfindenden Atomkrieg als „Schlachtvieh“ verheizt würden. Erst nach dem Ende seiner Amtszeit setzte sich die Akzeptanz einer prinzipiellen Ablehnung eigener deutscher Atomwaffen durch.
Abstract
Attitudes towards the nuclear issue in the early Federal Republic were largely shaped by the first Federal Chancellor Konrad Adenauer. In the existing historiography, there are two opposing interpretations of his intentions. The prevailing school of thought regards the renunciation of nuclear weapons as a fundamental condition of Western integration, which Adenauer reluctantly accepted. Other scholars, however, argue that his central – albeit carefully concealed – aim was to turn the Federal Republic into a sovereign nuclear power. We argue on the basis of previously unpublished, partly unknown sources from Adenauer’s papers in Bad Honnef-Rhöndorf and the Federal Defense Council (Bundesverteidigungsrat) that the Chancellor did not pursue a deliberate policy of unilateral nuclear armament and that skepticism, even fundamental mistrust of his compatriots may have played a role in this. However, his inner unease was not so dominant that he would have categorically ruled out the nuclear option. Rather, he wanted to leave it in limbo because he feared that the Federal Republic would otherwise become a third-rate power whose troops would be used as “cannon fodder” in a nuclear war that would take place largely on German soil. It was only after the end of Adenauer’s term of office that the acceptance of a principled rejection of German nuclear weapons prevailed.
Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre bildete sich allmählich ein Konsens zur deutschen nuklearen Frage in Europa heraus, der fast ein Menschenalter Bestand hatte und auch den Epochenumbruch von 1989/90 überdauerte. Die immer noch maßgeblichen Arbeiten von Hans-Peter Schwarz zur Nuklearpolitik in der Ära Adenauer[1] entstanden zu einer Zeit, als dieser Konsens im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erneut bestätigt wurde. Heute, dreieinhalb Jahrzehnte später, haben autoritäre Regime nuklear aufgerüstet oder stehen im Begriff, dies zu tun; Russland droht offen mit dem Einsatz von Atomwaffen im Krieg gegen die Ukraine, und der amerikanische Schutzschirm erscheint wegen veränderter weltpolitischer Prioritäten und innenpolitischer Verwerfungen fraglicher denn je. Unter diesen veränderten Zeitumständen ist der Konsens zur deutschen nuklearen Frage in Europa brüchig geworden. Angezeigt ist deshalb auch ein frischer Blick auf die Anfänge der deutschen Nuklearpolitik unter Konrad Adenauer, der sie als erster Bundeskanzler entscheidend prägte.[2]
In der Forschung hierzu stehen sich, was Intentionen und Ziele des Kanzlers betrifft, zwei gegensätzliche Interpretationen gegenüber. Die vorherrschende Denkschule sieht im 1954 ausgesprochenen Verzicht der Bundesrepublik auf Kernwaffen eine Grundbedingung der Westintegration, die Adenauer, wenn auch widerstrebend, akzeptierte.[3] Eine andere Gruppe von Wissenschaftlern vertritt hingegen die These, es sei sein zentrales – obgleich sorgfältig verborgenes – Ziel gewesen, aus der Bundesrepublik eine souveräne Atommacht zu machen.[4] Obwohl beide Gruppen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen, teilen sie die Grundannahme, dass Adenauer eine nukleare Aufrüstung des westdeutschen Staates per se befürwortete und nur durch äußere Umstände daran gehindert wurde, dieses Ziel aktiv zu verfolgen.
Tatsächlich kann ein solch programmatischer Wille zur Nuklearbewaffnung anhand der Quellen nicht einwandfrei nachgewiesen werden. Er erscheint sogar zweifelhaft, wenn man Adenauers persönliche Prägung und seine politische Mentalität mit einbezieht. Zwar veranlasste ihn die Verschärfung der internationalen Spannungen während der zweiten Berlin-Krise, die nukleare Frage in vertraulichen Gesprächen immer häufiger anzusprechen. Seine diesbezüglichen Äußerungen blieben jedoch vage und unkonkret: „Deutschland will keine Atombomben, es sei denn, die Entwicklung in der Welt zwingt es dazu“, bemerkte er in einem Gespräch mit Charles de Gaulle am 21. Januar 1963.[5] Diese Aussage reflektiert einen prinzipiellen Aspekt von Adenauers Politik, nämlich den bewussten Verzicht auf Atomwaffen. Sie enthält aber auch eine kontingente Dimension, nämlich den ausdrücklichen Hinweis auf den Wandel der Rahmenbedingungen, der zu einer Neubewertung dieser Politik führen könnte.
Der folgende Aufsatz nimmt die beiden konfligierenden Momente zum Ausgangspunkt der Analyse von Adenauers Nuklearpolitik, die zugleich auch eine Erklärung für die eingangs erwähnten Interpretationsunterschiede in der Historiografie zur deutschen nuklearen Frage bietet. Einerseits, so unsere These, wurde der Kanzler von einem tiefen Misstrauen gegenüber seinen deutschen Landsleuten umgetrieben, die er als unvernünftig, unstetig und unkalkulierbar einschätzte. Diese Perzeption legte eine prinzipielle Ablehnung eigener Nuklearwaffen nahe, zumal ein Verzicht ohnehin in der Fluchtlinie seiner Strategie der Westbindung durch eine Politik der Vorleistungen gegenüber den westlichen Siegermächten lag. Andererseits hegte Adenauer spätestens ab Mitte der 1950er Jahre und vor allem im Zuge der zweiten Berlin-Krise eine real- und machtpolitisch bedingte Sorge, dass der Verzicht auf eigene Kernwaffen die Bundesrepublik in eine dauerhafte Abhängigkeit von anderen Mächten – insbesondere den USA – bringen und ihr eine nachgeordnete Stellung im internationalen Mächtegefüge zuweisen würde.
Adenauers Wahrnehmungshorizont – und damit die prinzipielle Motivation seines politischen Handelns – wird im Folgenden durch eine biografische Betrachtung erschlossen, die auf die Instabilitätserfahrungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fokussiert. Es waren die Systembrüche zwischen Monarchie, Demokratie und Diktatur, die Adenauer nachhaltig prägten, vor allem in Bezug auf seine politische Mentalität und sein Menschenbild (I). Sein Misstrauen galt nicht zuletzt den Deutschen selbst, die er im westlichen Teil des Landes immerhin vierzehn Jahre regierte. Eine nicht unwesentliche Aufgabe der Nachkriegspolitik sah er darin, sie auf Dauer zu domestizieren und ihr erneutes Abdriften in einen chauvinistischen Nationalismus zu verhindern. Dieses innere Unbehagen korrespondierte mit der Wahrnehmung äußerer Bedrohungen, die auf seiner mentalen Landkarte des Kalten Krieges eingezeichnet waren (II). Die dominante Gefahr erkannte er in der totalitären Sowjetunion, deren Expansionsdrang sich seiner Ansicht nach aus nationalistischen und kommunistisch-weltrevolutionären Impulsen gleichermaßen speiste. Aus der primären Angst vor der östlichen Supermacht wiederum leiteten sich die Sorgen um den Zustand des westlichen Bündnisses ab, das als geschlossener Block auftreten musste, um den Aggressor wirksam abzuschrecken (und dabei – wiederum nach Adenauers Auffassung – regelmäßig eine schlechte Figur abgab). Atomwaffen spielten in dieser Perzeption eine ambivalente Rolle: Einerseits waren sie selbst eine Quelle tiefer Angst, der apokalyptischen Vernichtungsangst. Andererseits stellten sie ein elementares Instrument zur Abwehr der sowjetischen Bedrohung dar und waren entscheidend für den Abbau der hiermit verbundenen Angst.
Die Untersuchung der kontingenten Dimension von Adenauers Kernwaffenpolitik beginnt mit der Londoner Neun-Mächte-Konferenz im Herbst 1954, als er die unilaterale Bereitschaft der Bundesrepublik erklärte, nicht nur auf die Produktion von biologischen und chemischen, sondern auch von Atomwaffen (auf deutschem Territorium) zu verzichten.[6] Dieser Verzicht war die Voraussetzung für die Pariser Verträge, die Westdeutschland ein hohes Maß an Souveränität gewährten, die Besatzung beendeten und die Aufnahme in die NATO ermöglichten. Hatte Adenauer aber tatsächlich die Absicht, der Bundesrepublik dauerhaft das Recht auf die Herstellung von Atomwaffen abzusprechen, oder wollte er es nur vorläufig aufgeben? Konkret: Wurde die völkerrechtliche Lehre der clausula rebus sic stantibus, welche die Nichtdurchsetzbarkeit eines Vertrags wegen grundlegend veränderter Umstände vorsieht, bewusst eingebracht, um den vorläufigen Charakter dieses Teils der Vereinbarungen zu verdeutlichen? Und wenn ja, wie hätten die „grundlegend veränderten Umstände“ aussehen können?[7]
Einem begriffsgeschichtlichen Ansatz folgend, dienen die clausula rebus sic stantibus hier als Sonde, um Adenauers Nuklearpolitik und deren Wandel im Laufe der Zeit zu beleuchten (III). Dazu wird analysiert, unter welchen Umständen und mit welchen Intentionen Adenauer die Formel im Zusammenhang mit dem westdeutschen Verzicht auf die Produktion von Atomwaffen von der Neun-Mächte-Konferenz 1954 bis zu seinem Lebensende verwendete. Völkerrechtliche Bedenken gegen den deutschen Nuklearwaffenverzicht spielten in seinen Äußerungen zunächst keine Rolle, weder öffentlich noch privat. Ab Sommer 1956 wurden sie jedoch immer offener formuliert, ehe sie während der Zweiten Berlin-Krise und in seiner späteren Ablehnung der Nichtverbreitungspolitik erhebliche Bedeutung erlangten. Abschließend wird erörtert, wie sich dieser allmähliche Bedeutungszuwachs vor dem Hintergrund der Veränderungen in Adenauers Kernwaffenpolitik (IV) erklären lässt, die einen eminent situativen Charakter hatte und von großer taktischer Beweglichkeit gekennzeichnet war, zugleich die inneren Widersprüche einer komplexen „Strategie des Zweifels“ aber nicht vollends auflösen konnte.
I. Prägung, Mentalität und Menschenbild
Im April 1961, wenige Tage vor dem ersten Treffen zwischen Konrad Adenauer und John F. Kennedy in Washington[8], ließ Henry Kissinger dem Weißen Haus unter der Überschrift „Visit of Chancellor Adenauer – Some Psychological Factors“ ein bemerkenswertes Memorandum zukommen. Das Papier des jungen Harvard-Professors, vom Nationalen Sicherheitsberater McGeorge Bundy als „brillant“[9] empfohlen, war – wie der Titel schon nahelegt – keine politische Analyse im klassischen Sinne, sondern eher ein biografisches Psychogramm des 85-jährigen Bundeskanzlers. Kissinger schrieb:
„Like most outstanding and strong men Adenauer is a complex, even contradictory, personality. He is a believer in simple maxims which he holds rigidly. […] Whatever the intensity of the Chancellor’s own religious convictions, both his secular and religious upbringing have left him with a profound belief in certain ‚absolute‘ values. He is nevertheless deeply convinced of the transitoriness of most political constructions – particularly in Germany. Adenauer grew up in Imperial Germany. He experienced three revolutions and an inflation: the collapse of the Empire, the overthrow of the Weimar Republic, the total disintegration of Germany. To an extent hard to understand for an American, he is conscious, perhaps obsessed by the possibility of tragedy. He feels that Germany is not strong enough morally or physically to maneuver independently. He is convinced that any attempt to do so must end in disaster. “[10]
Kissingers psychologische Deutung ist sicherlich überspitzt, in vielerlei Hinsicht aber doch zutreffend. In der Tat glaubte Adenauer an einfache, tiefe Wahrheiten und die Reduktion von Komplexität hielt er sogar für eine politische Tugend: „[M]an muß die Dinge […] so tief sehen, daß sie einfach sind“, so führte er anderthalb Jahre vor seinem Tod im Interview mit Günter Gaus aus: „Wenn man nur an der Oberfläche der Dinge bleibt, sind sie nicht einfach; aber wenn man in die Tiefe sieht, dann sieht man das Wirkliche, und das ist immer einfach.“[11]
Die einfachen Einsichten waren aus Adenauers Sicht unverbrüchlich. Im Gegensatz dazu, auch das erkannte Kissinger, erschien ihm die irdische Ordnung der Dinge als vergänglich, instabil und prekär. Diesen Skeptizismus kann man mit Kissinger auf lebensgeschichtliche Brüche zurückführen, auf die elementare Erfahrung politischer Diskontinuität. Geprägt als Monarchist in der modernisierungsaffinen wilhelminischen Ära, hatte sich Adenauer auf die geänderten Verhältnisse nach 1918/19 bemerkenswert rasch eingestellt. Auch die politisch-ökonomischen Krisen der 1920er und frühen 1930er Jahre konnten seinen Willen zur positiven Zukunftsgestaltung nicht brechen, ganz im Gegenteil. Als Oberbürgermeister von Köln in der Kommunalpolitik produktiv, ja schöpferisch tätig, war Adenauer zwar kein schwärmerischer, wohl aber ein rationaler Optimist, der an die Gestaltbarkeit der Zukunft gerade in Zeiten der Krise glaubte und danach handelte.
Einen tiefen Einschnitt markiert hingegen Hitlers Machtübernahme im Januar 1933.[12] Für Adenauer bedeutete sie das Ende seiner glanzvollen Karriere in Köln. Das allseits hofierte und hochangesehene Stadtoberhaupt wurde geächtet, zur Unperson erklärt, erlebte Repression und Einschüchterung in seinem engsten Umfeld. Nach der Vertreibung aus seiner Heimatstadt empfand Adenauer die Welt, in der er soeben noch fest verankert gewesen war, als „schwankend“ und „ungewiss“.[13] Zwar vermochte er sein Leben in den folgenden Jahren wieder in geordnete Bahnen zu lenken und sich in Rhöndorf bei Bonn eine neue bürgerliche Existenz aufzubauen. Die ländliche Pensionärsidylle blieb allerdings trügerisch: Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Adenauer verhaftet und verbrachte drei Monate im Gestapogefängnis Brauweiler, die er nur mit Glück überlebte; seine ebenfalls inhaftierte Ehefrau Auguste ist nach einem Suizidversuch langfristig erkrankt und später verstorben.
Adenauer, der gläubige Katholik, erlebte das „Böse und die Sünde“ in diesen Jahren als eine „reale Wirklichkeit“, die ihm täglich in der Welt begegnete, wie er in einem Brief vom Oktober 1935 schrieb.[14] In Erinnerung an die Nächte in der Gestapohaft merkte er an, damals sei ihm klar geworden, „dass es doch einen Teufel gibt, dass das Böse wirklich Macht hat“.[15] Die aus seiner Sicht rational nicht fassbaren Aspekte menschlichen Handelns kleidete er also in religiöse Metaphern, womit er freilich eher einzelne Individuen im Blick hatte, die amoralisch, sadistisch und empathielos – „böse“ im weitläufigen Sinne – dachten und agierten. Bezogen auf „den Menschen“ oder „die Menschen als Ganzes“ eignete sich Adenauer hingegen eine kollektivpsychologische Deutung an, die auf die Wankelmütigkeit und Gefühlsanfälligkeit der menschlichen Natur abzielte. Im Interview mit Günter Gaus 1965 wies er die – damals schon geläufige – Zuschreibung „Menschenverächter“ zwar von sich, räsonierte aber über die „Schwächen der Menschen, mit denen sie nunmal behaftet sind“, und gestand ein, sie in sein politisches Kalkül einbezogen zu haben.[16] Dass sich Adenauer in diesem Sinne öffentlich äußerte, erscheint bemerkenswert genug. Er verknüpfte seine Diagnose aber auch mit Ausführungen zu einer spezifischen deutschen Mentalität, die er aus den historischen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts ableitete:
„Das deutsche Volk hat in den letzten Jahrzehnten zu viel erleben müssen, vom Kriege (19)14 angefangen. Erst dieser Krieg, dann der Sturz der ganzen Monarchie […], der Übergang in das republikanische Staatswesen, dann kam der Nationalsozialismus, der ja doch grauenhafte Verwüstungen auch moralischer Art […] hervorgerufen hat […]. Wenn man einmal diese ganzen Ereignisse sich klarmacht […], dann wird man verstehen können, dass das deutsche Volk eben noch nicht aus dieser inneren Unruhe zu einer inneren Festigkeit und Stetigkeit gewachsen ist. “[17]
Aus der Rückschau Mitte der 1960er Jahre stellte Adenauer die Deutschen als traumatisierte Opfer dar, die sich von den säkularen Erschütterungen nicht erholt hätten. In der frühen Nachkriegszeit war er mit ihnen – bezogen auf die Mitschuld an der historischen Katastrophe – noch härter ins Gericht gegangen: „Das deutsche Volk“, heißt es in einem Brief vom Februar 1946, sei willentlich auf die „nationalsozialistische Agitation eingegangen“ und habe sich „fast widerstandslos […] gleichschalten lassen“. Im Übrigen sei auch bekannt gewesen,
„dass die persönliche Freiheit, alle Rechtsgrundsätze, mit Füßen getreten wurden, dass in den Konzentrationslagern große Grausamkeiten verübt wurden, dass die Gestapo, unsere SS und zum Teil auch unsere Truppen in Polen und Russland mit beispiellosen Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung vorgingen“.[18]
Dieses moralische Kollektivversagen führte Adenauer auf den preußischen Staatskult zurück, von dem Deutschland seit der napoleonischen Zeit und insbesondere nach der Reichsgründung von 1871 erfasst worden sei.[19] Seine fundamentale Preußenkritik, die er übrigens erst nach 1945 artikulierte, floss ein in seine Perzeption der ‚Deutschen‘ als labil, unausgeglichen und verführbar, auf der wiederum das Selbstverständnis als paternalistischer ‚Erzieher zur Demokratie‘ beruhte, der ein unruhiges Volk dauerhaft zu zähmen hatte.[20] Das war eine Rolle, die Adenauer in Gesprächen mit westlichen Politikern gezielt vermittelte, um seine Unentbehrlichkeit in der Wahrnehmung des Auslands zu untermauern.[21] Wie Kissinger es in dem Memorandum für Kennedy formulierte:
„Adenauer comes from a tradition to which the unification of Germany under Prussian aegis was highly distasteful. As a result, much of recent German history must seem to him a huge error, compounded by the shortsightedness and pettiness of German public life and the crimes of the Nazi period. The chief lesson he has drawn from that history is that moderation and a sense of proportion are not a forte of the Germans. I agree with him. Much of Adenauer’s rigidity is therefore due to his distrust of his own compatriots. The goal of his policy has been to tie Germany so closely to the West in his life-time that the volatile tendencies of the German people have no chance of reasserting themselves.“[22]
II. Perzeptionen, politische Ängste und nukleare Frage
Adenauers „distrust of his own compatriots“ gleicht einem Grundrauschen, das stets vorhanden war, quellenmäßig jedoch nur punktuell erfasst werden kann. Hierüber legte sich ein angsterfüllter Blick auf die äußere Welt, der sich anhand der Dokumente klarer nachzeichnen lässt. Inwiefern Adenauers Politik von „Angst“ oder multiplen „Ängsten“ motiviert gewesen sein soll, ist erläuterungsbedürftig.[23] Auf einer Rhöndorfer Zeitzeugenkonferenz von 1989 haben ehemalige Weggefährten den Begriff fast durchweg zurückgewiesen. Für den Bundeswehrgeneral Ulrich de Mazière kannte der Kanzler keine „Angst“, sondern nur „tief[e] Besorgnis“. Auch dem Diplomaten Franz Bach war „nie“ der „Eindruck“ gekommen, „dass Adenauer Angst hatte“, wohl aber „immer große Sorge“. Heinz Weber, seinerzeit Chefdolmetscher im Auswärtigen Amt, stimmte zu: „Der treffendere Ausdruck ist vielleicht ‚Sorge‘, ‚Besorgnis‘.“[24] Indem sie sich an die von Golo Mann geprägte Charakterisierung als „Staatsmann der Sorge“[25] anlehnten, vermieden sie die unerwünschten Assoziationen, die der negativen Emotion „Angst“ – gerade für Politiker – anhaften. Der Begriff „politische Angst“ meint freilich weniger einen individuellen emotionalen Zustand, der sich mit einer bestimmten Situation verbindet oder bei einer konkreten Entscheidung einstellt, sondern eine Gefahrenperzeption, die als derart existentiell empfunden wird, dass die gesamte Politik auf die Vermeidung ihrer Realisierung abgestellt ist. Insofern kann eine solche Perzeption mit angstbezogenem Vermeidungsverhalten verglichen werden, ohne dass hieraus gleich ein neurotisches Muster abzuleiten ist. Tiefere emotionale Schichten werden gleichwohl berührt, weil die Gefahrenwahrnehmung beim politischen Entscheidungsträger eine psychologische Angst als handlungsanleitenden Impuls auszulösen vermag. In dieser weit gefassten Definition war „Angst“ ein wichtiges, wenn nicht dominierendes Motiv in der Politik Konrad Adenauers.
Was sind nun die politischen Ängste Adenauers gewesen und in welchem Verhältnis standen sie zueinander? Seine mentale Landkarte des Kalten Krieges steckte er vergleichsweise früh ab.[26] Bereits im Oktober 1945 beschrieb er die Teilung Europas in eine westliche und eine östliche Sphäre als „Tatsache“ und forderte den Zusammenschluss der westlichen Demokratien als Maßnahme gegen den sowjetischen Druck.[27] „Asien steht an der Elbe“, so lautete im März 1946 der Hilferuf an einen in die USA emigrierten Weggefährten der Kölner Jahre.[28] Die Gefahr drohte aus dem Osten, von einer Macht, die Adenauer als außereuropäisch und kulturell fremdartig empfand. Die geistigen Ursprünge seines Russlandbildes wurzeln im Wilhelminismus[29], es wurde zudem konturiert durch einen bürgerlichen Antikommunismus[30] und den antitotalitären Konsens der Nachkriegszeit. In dieser Wahrnehmung erschien die Sowjetunion als sendungsbewusste Großmacht mit imperialen Ambitionen auf dem europäischen Kontinent. Triebfeder des „sowjetrussischen“ Expansionsdrangs war demnach ein aggressiver Nationalismus, der seit der Oktoberrevolution durch die weltrevolutionäre kommunistische Ideologie teils verstärkt, teils überlagert wurde. Die Außenpolitik Moskaus, so Adenauer in einem Gespräch mit John Foster Dulles am 22. Juni 1956, speise sich aus den geistigen Zutaten des „Panslawismus, Nationalismus, der Überzeugung, eine heilige Aufgabe zu haben, und Kommunismus“.[31]
In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren, vor allem nach Ausbruch der Feindseligkeiten auf der koreanischen Halbinsel, hegte der Kanzler eine konkrete Angst vor einem militärischen Angriff auf die Bundesrepublik.[32] Später, ab Mitte der 1950er Jahre, hatte sich die sowjetische Strategie in seinen Augen eher auf die politische Zersetzung des Westens mit Ziel der Einverleibung des intakten ökonomischen Potentials der Bundesrepublik verlegt.[33] Als eine reine Status-quo-Macht nahm er die Sowjetunion jedenfalls zu keinem Zeitpunkt wahr. Dem Ziel der „Weltherrschaft“[34] – der Begriff wird zwar nicht genauer umrissen, meint aber zumindest die Unterwerfung Westeuropas – blieben die Kremlherrscher seiner Auffassung nach stets verpflichtet.
Der sowjetische Expansionismus war also die politische Urangst Konrad Adenauers, auf die sich sein Denken und Handeln in wesentlichen Fragen beziehen lässt. Westbindung und europäische Einigung dienten, obwohl er sie zweifellos als Wert an sich betrachtete, zunächst einmal vorrangig dem Schutz vor der totalitären Macht des Ostens. Auch die Wiedervereinigung Deutschlands konnte Adenauer sich nur unter der Voraussetzung der westlichen Bündniszugehörigkeit vorstellen; das Risiko einer Neutralisierung wollte er, da sie ihm als Vorstufe der Sowjetisierung galt, nicht eingehen. Im Zweifelsfall gab er einem freiheitlichen westdeutschen Teilstaat den Vorzug vor einer gesamtdeutschen kommunistischen Diktatur. Wenn er die außenpolitische Richtungsentscheidung für den Westen im Deutschen Bundestag als „Wahl zwischen Sklaverei und Freiheit“[35] bezeichnete, war dies weniger eine manipulative Sprache kalkulierter Angsterzeugung als vielmehr eine Zuspitzung der Alternativen, wie sie sich seiner Überzeugung nach darstellten. Dies gilt auch ungeachtet der Tatsache, dass die CDU als Kanzlerpartei in den Wahlkämpfen antikommunistische Ängste schürte, um den politischen Gegner zu diffamieren und den eigenen Machterhalt zu sichern.[36]
Nach Adenauers Überzeugung hing die Freiheit der Bundesrepublik von ihrer Einbindung in das westliche Bündnis unter Führung der Vereinigten Staaten ab.[37] Der Kanzler, der 1953 als erster deutscher Regierungschef überhaupt den Atlantik überquerte, sah sich bis zuletzt auf das Sicherheitsversprechen der wechselnden Administrationen in Washington angewiesen. Heikel war diese Abhängigkeit vor allem deshalb, weil er im Laufe seiner Amtszeit zusehends Zweifel an der Verlässlichkeit der amerikanischen Europapolitik hegte. Sein Blick auf die USA als neue Hegemonialmacht war nicht frei von einem gewissen alteuropäischen kulturellen Überlegenheitsgefühl. Ausgerechnet in einem Gespräch mit dem US-Botschafter Walter C. Dowling wurde er darin bestätigt, dass die Amerikaner dazu neigten, sich in internationalen Angelegenheiten „wie Kinder“ zu benehmen.[38] Wie Adenauer ebenfalls gegenüber Dowling feststellte, sah er
„den Hauptfehler der Amerikaner darin, dass sie sich sehr schlecht in die Gedanken eines anderen hineinversetzen könnten. Sie seien manchmal etwas ‚naiv‘ und könnten nur schwer verstehen, dass [...] jedes Volk seine Eigenheiten hat“.[39]
In Adenauers Augen waren die Vereinigten Staaten ein unentbehrlicher, aber auch anstrengender Partner, der immer wieder auf die Interessen seiner europäischen Verbündeten verpflichtet werden musste, ohne dass hiervon etwas nach außen dringen sollte. Nichts beunruhigte ihn mehr als offen zur Schau gestellte Dissonanzen zwischen den NATO-Partnern, weil der politische Wert des Bündnisses nicht zuletzt dadurch begründet wurde, dass es couragiert auftrat und mit einer Stimme sprach.
Adenauer subsumierte die doppelte Notwendigkeit von innerer Einheit und äußerer Entschlossenheit gegenüber der Sowjetunion unter dem Schlagwort „Politik der Stärke“. In Moskau wurde die Formel als Parole einer revanchistisch-militaristischen Ostpolitik verstanden, was Bulganin und Chruschtschow den Kanzler bei den Verhandlungen im September 1955 deutlich spüren ließen.[40] Nach seiner Rückkehr sah sich Adenauer im Deutschen Bundestag zu der Klarstellung veranlasst, „dass, wenn von einer Politik der Stärke gesprochen wird, gar nicht gedacht ist ausschließlich oder sogar auch nur in der Hauptsache an militärische Stärke“. Vielmehr müsse die
„Politik der Stärke […] darin bestehen, dass man seinen Standpunkt in wichtigen politischen Fragen sehr klar und entschieden auch dem Gegner gegenüber vertritt. Das ist die Politik der Stärke!“[41]
Obwohl es hier offensichtlich heruntergespielt werden sollte, besaß die „Politik der Stärke“ selbstverständlich eine militärische Komponente. Für Adenauer bedingte jede wirksame Antwort auf die sowjetische Bedrohung nicht nur die politische Kohärenz des Westens. Sie musste auch eine glaubwürdige militärische Abschreckung auf der Grundlage modernster Waffentechnik beinhalten.
Totalitäre Diktatoren, die sich in einem abgeschlossenen Umfeld bewegten und zu irrationalem Handeln neigten[42], verstanden nach Auffassung des Kanzlers nur die Sprache der Macht. Im Lichte der Erfahrungen seiner Moskaureise von 1955 bezog er sich dabei weniger auf den Ministerratsvorsitzenden Nikolai Bulganin, der ihm in seinem bürgerlich anmutenden Habitus vergleichsweise berechenbar erschien, sondern eher auf den Ersten ZK-Sekretär Nikita Chruschtschow, den er für einen emotional-impulsiven Politiker hielt.[43] Während der folgenden Jahre, vor allem nach dem Rücktritt Bulganins im März 1958, verwendete Adenauer viel Zeit und Energie darauf, sich in Chruschtschows Weltanschauung „einzufühlen“[44] und dessen politische Situation zu analysieren, zum Beispiel in Bezug auf die innere Modernisierung der Sowjetunion oder den Konflikt mit China. Bei dieser Wahrnehmungs- und Verhaltensanalyse kam er grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass der sowjetische Diktator kein Interesse an einer Eskalation des Krieges in Europa haben konnte und vielmehr auf den langfristigen Sieg im Systemkonflikt zwischen Kapitalismus und Kommunismus vertraute.[45] Gelegentlich bezeichnete Adenauer Chruschtschow sogar als „Realiste[n], der die Dinge so sehe, wie sie seien“.[46] Dominanter war jedoch die Wahrnehmung eines unberechenbaren Ideologen, der im Strudel eines eskalierenden Prestigekonflikts oder einer Machtdemonstration mit den USA über Berlin einen Atomkrieg in Europa auslösen könnte.[47]
Obwohl Adenauer nicht müde wurde, eine umfassende international kontrollierte Abrüstung zu fordern, war ihm bewusst, dass die atomaren Waffen so schnell nicht wieder aus der Welt verschwinden würden. Deshalb sah er auch keine andere Möglichkeit, als sich auf die Logik eines „Frieden[s] der Angst“[48], also der Vermeidung eines heißen Krieges durch Angst vor gegenseitiger Vernichtung, einzulassen[49]. Daraus folgte, dass man potenziellen Aggressoren möglichst glaubhaft mit einer nuklearen Antwort drohen musste, um sie von einem Erstschlag abzuhalten. Die Glaubwürdigkeit der Abschreckung war für ihn eine entscheidende Sicherheitsvoraussetzung, welche die Bundesrepublik als nicht nukleare Macht allerdings nicht selbst einlösen konnte: „Sowjetrussland“ müsse „genau“ wissen, „dass auf einen Angriff gegen uns [...] sofort ein Gegenangriff der USA folgen würde“, führte er 1957 auf einer Pressekonferenz aus:
„Ich kann leider nicht verhehlen, dass [...] wir hier in Deutschland den Frieden, den wir haben, nur der Tatsache verdanken, dass die Atomwaffe der USA außerordentlich stark ist.“[50]
Derselbe Mann, der sich so offen über militärische Defizite und Abhängigkeiten beklagte, besaß einen durch und durch zivilen Hintergrund.[51] Sein Vater, ein langjähriger preußischer Soldat und Veteran der Schlacht von Königgrätz, hatte das Soldatentum in der Familie offenbar nicht heroisiert, eher im Gegenteil.[52] Der spätere Kanzler blieb ungedient und sammelte auch keine militärischen Erfahrungen, die seine Einstellungen zum Krieg biografisch unmittelbar im Sinne eines „Fronterlebnisses“ hätten beeinflussen können. Eine gewisse Skepsis gegenüber dem politischen Urteilsvermögen der Generalität wirkte aus dem Erfahrungshorizont der 1930er Jahre zwar zeitlebens nach.[53] Bei den Richtungsentscheidungen zur Wiederbewaffnung wurde Adenauer jedoch durchaus von hochrangigen Offizieren beraten, vor allem von Adolf Heusinger und Hans Speidel. Militärpolitische Diskussionen tauchen in seinem Terminkalender von Anfang der 1950er Jahre bis 1963 regelmäßig auf.[54] In Gesprächen mit NATO-Spitzengenerälen oder den Sitzungen des Bundesverteidigungsrates (seit 1969 Bundessicherheitsrat)[55] erörterte er die Entwicklung und Planung auf allen Feldern der Militärtechnologie, nicht zuletzt der Kernwaffen.
Obwohl in diesen Foren eine nüchterne und strategische Betrachtungsweise angezeigt war, erscheint die Vermutung nicht unplausibel, dass Adenauer von den Implikationen der nuklearen Frage auch emotional tangiert wurde. Sie lastete, wie er später in seinen Erinnerungen schrieb, „auf meinem Herzen“ und beschäftigte ihn „Tag für Tag“.[56] Noch im Todeskampf im April 1967 litt er unter einem „Fiebertraum von den Russen am Rhein“, der mit der Vorstellung eines (atomar) verwüsteten Europas „verbunden“ war: „Es waren ganz bestimmte Bilder, die ihn quälten“, erinnerte sich sein Sohn Monsignore Paul Adenauer Ende der 1980er Jahre.[57] Im Juli 1956 warnte der Kanzler den amerikanischen Außenminister John Foster Dulles in leidenschaftlichen Worten vor einem „totalen Vernichtungskrieg für den größten Teil der Menschheit“, den „niemand, der eine christliche und ethische Einstellung hat, [...] vor Gott und seinem Gewissen verantworten kann“.[58]
Selbst wenn Adenauer die ethische Herausforderung der Nuklearpolitik erkannt und damit gerungen hat, hielt er die Abschreckung für unabdingbar. Nur auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint die Verharmlosung der taktischen Atomwaffen als „Fortentwicklung der Artillerie“ auf einer berühmt-berüchtigten Pressekonferenz am 5. April 1957, die eine Welle der öffentlichen Empörung auslöste und die „Göttinger Erklärung“ führender Atomwissenschaftler zur Folge hatte.[59] Adenauer hegte damals bereits ernsthafte Zweifel, ob die Vereinigten Staaten ihre Schutzgarantie im Ernstfall auch wirklich einlösen würden. In Reaktion darauf strebte er fortan nach Ausrüstung der NATO mit nuklearen Trägersystemen, um die Abhängigkeit von den Amerikanern zu verringern und die Abschreckung durch eine europäische Komponente zu stärken.[60] Vor diesem Hintergrund sollte die Formulierung von der „Fortentwicklung der Artillerie“, obwohl sie das Gegenteil bewirkte, innenpolitisch beruhigend wirken. Die kollektive Atomangst in der westdeutschen Gesellschaft stellte gerade im Bundestagswahljahr 1957 ein ernstes Problem dar: „Es gibt Leute, die den Standpunkt vertreten: Lieber rot als tot“, räsonierte Adenauer am 11. Mai vor dem CDU-Bundesparteivorstand: „Sie sagen, wir würden lieber Jahre der Unfreiheit ertragen, als uns und unsere Kindeskinder ausrotten zu lassen.“[61] Diese Schlussfolgerung machte sich der Bundeskanzler nicht zu eigen. Seine Angst vor der sowjetischen Bedrohung überwog die Angst vor der atomaren Eskalation. Deshalb war er entschlossen, selbst politische Emotionen zu schüren und der Atomangst die Angst vor Bolschewismus und Versklavung entgegenzusetzen. Nimmt man die absolute Mehrheit der Unionsparteien bei der Bundestagswahl als Maßstab, scheint er hiermit durchaus erfolgreich gewesen zu sein.
III. Rebus sic stantibus – eine Begriffsgeschichte
In Reaktion auf die zusehende Aufweichung der westlichen Bündnissolidarität ab 1958 suchte der Bundeskanzler nach Mitteln und Wegen, um die Abschreckung gegenüber dem Osten aufrechtzuerhalten und den sowjetischen Druck auf West-Berlin abzuwehren. Ob er dabei so weit ging, hinter seinen auf der Londoner Konferenz im Herbst 1954 abgegebenen Verzicht auf die Produktion von Kernwaffen zurückzugehen, ist in der Forschung umstritten. Ebenso strittig ist die Frage, ob der Kanzler den Verzicht der Bundesrepublik ausdrücklich unter den juristischen Vorbehalt der clausula rebus sic stantibus gestellt hat oder nicht. In seinen Memoiren behauptete Adenauer 1966, dass es einen solchen Vorbehalt gegeben habe und dass er von US-Außenminister John Foster Dulles eingeführt worden sei. Dieser Version zufolge kam Dulles, nachdem er den Verzicht der Bundesrepublik auf die Produktion von atomaren, biologischen und chemischen Waffen erklärt hatte, zu ihm und sagte
„mit lauter Stimme, so dass es jeder im Raum hören konnte: ‚Herr Bundeskanzler, Sie haben soeben erklärt, dass die Bundesrepublik Deutschland auf die Produktion von ABC-Waffen im eigenen Lande verzichten wolle. Sie haben diese Erklärung doch so gemeint, dass sie – wie alle völkerrechtlichen Erklärungen – nur rebus sic stantibus gilt!‘“.
Daraufhin, so erinnerte sich Adenauer, habe er „ebenfalls mit lauter Stimme“ geantwortet: „‚Sie haben meine Erklärung richtig interpretiert!‘ Die übrigen Anwesenden schwiegen.“[62]
Fast zweieinhalb Jahrzehnte später erinnerte sich Johann Adolf von Kielmansegg, der als Übersetzer und militärischer Berater Adenauers an dem Treffen teilgenommen hatte, an die Geschehnisse ganz anders. Er räumte ein, dass Dulles den Begriff rebus sic stantibus vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt während der Konferenz erwähnt habe, nicht aber bei dieser Gelegenheit. Vielmehr, so Graf Kielmansegg, habe Dulles dem Bundeskanzler gedankt und gesagt, er wisse, was der Verzicht auf ABC-Waffen für ihn bedeute: „Ich […] habe großes Verständnis dafür, dass Sie sich über die weitere Entwicklung Gedanken machen.“ Daraufhin habe der Kanzler zu Kielmansegg gesagt: „Nun ja, sagen Sie mal dem Herrn Dulles: Lassen Sie mich erstmal meine zwölf Divisionen haben. Dann können wir weiter darüber sprechen“; Dulles, so Kielmansegg, habe gelächelt und sei aus dem Raum gegangen.[63]
Adenauers Biografen haben die Belege auf unterschiedliche Weise interpretiert. Hans-Peter Schwarz kam zu dem Schluss, dass sich die Bundesrepublik keineswegs auf unbestimmte Zeit auf den Status einer Nicht-Kernwaffenmacht festgelegt habe. Weder damals noch später war Adenauer in den Augen von Schwarz der Meinung, dass die Bundesrepublik grundsätzlich auf ein nationales Atomprogramm verzichten sollte. Wie ein roter Faden habe sich durch alle seine Äußerungen der Gedanke gezogen, dass die westdeutschen Truppen ebenso wie die Alliierten mit den modernsten Waffen ausgerüstet sein müssten, damit sie nicht zu bloßem „Kanonenfutter“ degradiert würden. Der Produktionsverzicht im Herbst 1954 war nach Ansicht von Schwarz nicht das letzte Wort.[64]
Henning Köhler hingegen hat Adenauers Bemerkung über die zwölf Divisionen als bloßes Gerede ohne tieferen Sinn abgetan. Alles in allem habe Adenauer im Herbst 1954 den deutschen Atomwaffen endgültig abgeschworen. Er habe die „Diskriminierung“ der Bundesrepublik nicht freiwillig, sondern auf Druck der anderen Verhandlungspartner am Tisch akzeptiert. Dass Dulles als erfahrener Jurist die clausula rebus sic stantibus erwähnt habe, erscheint Köhler unmöglich, da weder er noch einer seiner Nachfolger bereit gewesen seien, Adenauer auf dem Gebiet der Kernwaffen ernsthafte Zugeständnisse zu machen.[65]
Als der Bundeskanzler am 5. Oktober 1954 vor dem Deutschen Bundestag die Ergebnisse der Londoner Konferenz erläuterte, verlor er tatsächlich kein Wort über etwaige rechtliche Vorbehalte gegen seinen ABC-Waffen-Verzicht. Stattdessen betonte er, dass die Bedingungen der Pariser Verträge auch in der nuklearen Frage wesentlich günstiger seien als die Konditionen, die er zwei Jahre zuvor im Rahmen der EVG-Verhandlungen akzeptiert hatte. Im Vergleich zu der innerhalb der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft getroffenen Regelung sei nun erstens zivile Atomforschung und Ausnutzung von Atomenergie möglich, zweitens dürften alle Waffen, die die deutschen Truppen brauchten, auch in Deutschland hergestellt werden, und drittens sei die „Flugzeugproduktion, abgesehen von strategischen Langstreckenbombern, frei“.[66]
Auch als der Kanzler eine Woche später vor dem Bundesparteivorstand der CDU sprach, verlor er kein Wort über einen möglichen juristischen Vorbehalt, sondern begründete seine Entscheidung mit finanziellen und technischen Argumenten:
„[E]ine neue H-Bombe [kostet] 10 Millionen Dollar nach dem heutigen Stand. Was sie morgen kosten wird, weiß man nicht. Dass wir nicht in der Lage sind, solche Bomben zu produzieren, liegt auf der Hand“.
Zudem verwies er auch auf Präzedenzfälle. Schließlich hatte sich die Bundesrepublik bereits zwei Jahre zuvor in den (letztlich gescheiterten) Verhandlungen zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft von Atomwaffen losgesagt. Außerdem, so fügte Adenauer bezeichnenderweise hinzu, hätten sich Belgien und die Niederlande auf der Londoner Konferenz dem Kernwaffenverzicht der Bundesrepublik angeschlossen, so dass es bei der Behandlung Westdeutschlands „nicht de[n] Schatten einer Diskriminierung“ gebe.[67]
Knapp zwei Jahre später sprach der Bundeskanzler erstmals nachweislich von möglichen Vorbehalten im Zusammenhang mit der Ablehnung von Nuklearwaffen durch die Bundesrepublik. Dies geschah in einer Kabinettssitzung am 20. Juli 1956 vor dem Hintergrund von Berichten, die US-Regierung plane, auf dem Gebiet der konventionellen Waffen ab- und stattdessen atomar aufzurüsten. Mit Blick auf den Londoner Verzicht von 1954 erklärte er nun, dass wenn „die gesamte Rüstung der Freien Welt umgestellt werden sollte“, man die „deutsche Verpflichtung unter der clausula rebus sic stantibus sehen“ müsse.[68] In einer weiteren Kabinettssitzung zweieinhalb Monate später erklärte er, dass die Bundesrepublik „über Euratom auf schnellstem Wege die Möglichkeit erhalten [sollte], selbst nukleare Waffen herzustellen“.[69] Gegen den Widerstand im Kabinett drängte er auf eine intensive Zusammenarbeit mit Frankreich im Rahmen von Euratom, die nicht nur auf die zivile, sondern auch auf die militärische Nutzung der Kernenergie zielte.[70] Unter Ausräumung rechtlicher Bedenken betonte er, „dass der deutsche Verzicht auf die militärische Verwendung [der Kernenergie] jederzeit widerrufen werden könne“.[71]
Einige Wochen zuvor hatte Adenauer allem Anschein nach sogar davon gesprochen, es solle „gefordert werden, […] nukleare Waffen in der Bundesrepublik herzustellen“. Diese Formulierung ist überliefert in einer auszugsweisen Abschrift des Protokolls der Kabinettssitzung vom 19. Dezember 1956, die am 9. Januar 1957 im Bundesministerium für Verteidigung angefertigt wurde.[72] Neun Tage später, am 18. Januar, bat das Bundeskanzleramt alle Empfänger des Sitzungsprotokolls, die entsprechende Seite auszutauschen.[73] Somit liegt die Vermutung nahe, dass die Aussage des Kanzlers, die im Kontext der Beschwerde über deutsche Abhängigkeiten in der NATO gefallen war, nachträglich als problematisch erkannt und revidiert wurde. Im amtlichen Protokoll ist sie nicht enthalten.[74]
In Hintergrundgesprächen mit Medienvertretern äußerte sich der Bundeskanzler ebenfalls vorsichtiger. Er beharrte jedoch darauf, dass ein Verzicht auf die Herstellung von Kernwaffen nicht gleichbedeutend sei mit einem Verzicht auf deren Einsatz. Momentan, so bemerkte er gegenüber Journalisten im Juli und Oktober 1957, dürfe die Bundesrepublik keine Atomwaffen herstellen, aber sehr wohl „gebrauchen“. Hinsichtlich der Ausrüstung der Streitkräfte mit Trägersystemen für US-Atomwaffen nach NATO-Regeln spielte er auf Zeit. Diese Frage werde sich erst in zwei Jahren stellen, wenn die Bundeswehr vollständig aufgebaut sei. In jedem Fall müsse das westdeutsche Militär „mit den besten und modernsten Waffen“ ausgestattet werden.[75] Trotz aller Bemühungen, sich die Möglichkeit einer wie auch immer gearteten atomaren Bewaffnung der Bundeswehr offen zu halten, war sich der Bundeskanzler der historischen Last, die die Bundesrepublik trug, sehr bewusst. Die nationalsozialistische Vergangenheit sei immer noch da, räumte er in einem Hintergrundgespräch im November 1957 ein, „die kann man nicht so schnell aus der Welt schaffen. Daher werden wir bei all diesen Dingen versuchen, keinen Anstoß zu erregen“.[76]
Im Sommer 1960 wurde Adenauer in Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle und dem US-Botschafter in Bonn Walter C. Dowling deutlicher. Hintergrund war seine Sorge, dass sich die USA, Frankreich und Großbritannien als Atommächte (bzw. im Falle Frankreichs als angehende Atommacht) ohne die Bundesrepublik enger zusammenschließen und aufeinander abstimmen könnten.[77] Die Gespräche zwischen Eisenhower, Macmillan und de Gaulle nach dem Pariser Gipfeltreffen mit Chruschtschow im Mai 1960 interpretierte er als Hinweise auf solche Pläne. In eine ähnliche Richtung wies für Adenauer der Vorschlag de Gaulles, ein amerikanisch-französisch-britisches trilaterales Direktorium für die NATO zu bilden. Der statusbewusste Bundeskanzler war verärgert über eine Bemerkung von Michel Debré, de Gaulles Premierminister, dass Länder ohne Atombomben nur „Satellitenstaaten“ seien.[78]
So legte Adenauer bei seinem Treffen mit de Gaulle am 29. Juli in Rambouillet Wert darauf zu erwähnen, dass Dulles ihm 1954 gesagt habe, der ABC-Waffen-Verzicht gelte nur „rebus sic stantibus“. Möglicherweise in Reaktion auf de Gaulles Bestreben, Atomwaffen für Frankreich zu erwerben, fügte der Bundeskanzler hinzu, Dulles habe offenbar „schon eine Zeit vorausgesehen, in der die nuklearen Waffen allgemeiner zugänglich seien“.[79] In einem Gespräch mit US-Botschafter Dowling in Bonn fünf Tage später wiederholte er fast wörtlich die gleiche Geschichte: Dulles sei zu ihm gekommen und habe ihm gesagt, „das gelte doch nur unter dem Vorbehalt ‚rebus sic stantibus‘“. Diesmal war der Kontext des Gesprächs allerdings etwas anders, denn Adenauer nutzte die Anekdote, um den Amerikaner wissen zu lassen, dass Fragen der nuklearen Weiterverbreitung innerhalb des westlichen Lagers in Zukunft „eine entscheidende Rolle“ spielen würden. Deshalb müsse die von de Gaulle aufgeworfene Frage der Verfügung über Kernwaffen in einer für den französischen Präsidenten zufriedenstellenden Weise geregelt werden. Andernfalls würde die Sowjetunion von der Uneinigkeit innerhalb des Westens profitieren. Er wolle alles tun, betonte Adenauer, „um zu verhindern, dass sich Chruschtschow Hoffnungen auf eine Uneinigkeit der betroffenen Länder mache“.[80]
Adenauers Bedenken nahmen zu, nachdem John F. Kennedy Eisenhower im Weißen Haus abgelöst hatte.[81] Insbesondere das Nassau-Abkommen vom 21. Dezember 1962, mit dem der neue Präsident dem Verkauf von Polaris-Raketen an Großbritannien zustimmte, um dessen U-Boote mit nuklearfähigen Trägersystemen auszustatten und damit den Status als (halb-)unabhängige Atommacht zu erhalten, erregte das Misstrauen des Kanzlers.[82] Ein ähnliches Angebot wurde Paris unterbreitet, obschon mit dem Unterschied, dass Frankreich zu diesem Zeitpunkt nicht über eigene Atomsprengköpfe verfügte. In einer vertraulichen Stellungnahme für Adenauer skizzierte Generalmajor Albert Schnez, was er als „zum Teil positive, zum Teil aber auch beunruhigend[e] und unklar[e] Aspekte“ der „Bahamas-Konferenz“ ansah. Einer der wenigen positiven Punkte war für ihn die Möglichkeit, „dass auch andere Staaten, beispielsweise die BRD, dieser Unterwasser-Kernwaffenstreitmacht – wenn auch sicher nicht in der gleichen Form – beitreten könnten“. Eine offene Frage sei, ob mit den Nassauer Verträgen „ein[e] Trennung von taktischen nuklearen Waffen und konventionellen Truppen in Europa“ eingeleitet werde. Als „Bedenken aus deutscher Sicht“ nannte Schnez vor allem „die Privilegierung der USA, Großbritanniens und Frankreichs als NATO-Mächte“. Die Vereinbarung erwecke den Eindruck, dass die NATO „eingeteilt und klassifiziert“ werde in die Führungsmacht USA, gefolgt von den Atommächten England und Frankreich und in der dritten Reihe die anderen NATO-Länder „in der Rolle des Fußvolkes“. Für die Bundesrepublik bedeute dies eine „Minderung unseres Bündniswertes und unserer Sicherheit“ sowie die Gefahr, dass sie in eine „militärische und politische Vorfeldrolle“ gedrängt werde, „nicht nur von den USA, – auch von de Gaulle!“[83]
Adenauer sah die Lage noch düsterer als sein militärischer Berater. In einer undatierten Notiz aus dieser Zeit sagte er die vollständige „Zerstörung der Arbeit der NATO“ voraus, wenn Frankreich das gleiche Angebot wie Großbritannien erhalten und annehmen würde. Da der Bundesrepublik eine solche Offerte nicht gemacht würde, könnten die westdeutschen Truppen „durch einige Nukleargeschosse der SU“ vernichtet werden. Wenn zudem der Abschuss von mobilen U-Booten an die Stelle von Abschussbasen auf festem Boden träte, würde der Zwang zur Verteidigung dieser Basen – durch Nuklearschläge – verschwinden, konventionelle Waffen würden zunehmend bedeutungslos, konventionelle Truppen wären immer mehr der Gefahr der Vernichtung durch Atomwaffen ausgesetzt. Es entstünde ein „Atomklub“ ohne die Bundesrepublik. Westdeutschland würde zu einer „Macht 3. Ranges“.[84]
Angesichts solcher Horrorszenarien von Diskriminierung und Uneinigkeit im westlichen Bündnis, die nach Adenauers Dafürhalten nur geeignet waren, sowjetische Expansionstendenzen anzufachen, hegte er offenbar die Sorge, dass er hierfür indirekt selbst die Verantwortung trug, weil er den Verzicht auf die Kernwaffenproduktion akzeptiert hatte. So erklärte er ausdrücklich, dass die von ihm damals abgegebene Erklärung nicht verhindere, „der BRD dasselbe zu geben, was US England und Frankreich zu geben bereit“ sei. Ausschlaggebend für die Entscheidung Washingtons war aus Adenauers Sicht der Wunsch nach Entspannung in den Ost-West-Beziehungen. „Offensichtlich“ geschah dies „der SU zuliebe“, die „immer verlangt hat, dass die BRD keine Atomwaffen erhalten soll“. Vertragsvorbehalte oder völkerrechtliche Bedenken könnten jedenfalls keine Rolle gespielt haben, so Adenauer, sei doch „die seinerzeit von mir abgegebene Zusicherung jeder Zeit widerrufbar, da für sie wie für alle völkerrechtlichen Erklärungen die clausula rebus sic stantibus gilt“.[85]
In seinen Hintergrundgesprächen mit Journalisten sprach sich der Kanzler immer offener dafür aus, die Perspektive einer zukünftigen Beschaffung, möglicherweise auch der Produktion, von Kernwaffen durch die Bundesrepublik zumindest offen zu halten. Ein Argument, das er anführte, zielte auf die Weiterentwicklung taktischer Atomwaffen für den Einsatz auf dem Schlachtfeld eines ansonsten konventionell geführten Krieges. Die gesamte Strategie und Entwicklung der Waffentechnik, so der Kanzler, sei „in einem gewissen Fluss“. Deshalb sei er auch gegen einen amerikanischen Vorschlag, „dass kein anderer Staat, der jetzt noch keine nuklearen Waffen hat, jemals welche bekommen soll“.[86]
Als ihn ein amerikanischer Journalist einige Monate vor seinem Rücktritt fragte, ob die Pläne de Gaulles, Frankreich mit Atomwaffen auszustatten, Druck auf Westdeutschland ausübten, dasselbe zu tun, gab Adenauer bezeichnenderweise eine zweifache Antwort. Zum einen behauptete er, die Bundesrepublik habe nur ein Interesse, „nämlich […] dass die nuklearen Waffen Amerikas oder die multilaterale Waffe [...] im richtigen Augenblick funktioniert“. Für die Glaubwürdigkeit der Abschreckung war diese Annahme der entscheidende Faktor. Da sie gewährleistet zu sein scheine, habe die Bundesrepublik nicht die Absicht, sich Kernwaffen zuzulegen. Gleichzeitig erzählte er jedoch – zum wiederholten Male – die Geschichte, wie Dulles zu ihm gesagt hätte, dass sein Verzicht auf ABC-Waffen „wie alle völkerrechtlichen Verpflichtungen nur rebus sic stantibus“ gelte – und ermahnte seinen Gesprächspartner: „Aber das behalten Sie für sich!“[87]
Als Adenauer zwei Jahre später seine Memoiren schrieb, hatte die Debatte über die Herstellung und Verbreitung von Nuklearwaffen mit der Kontroverse um den Atomwaffensperrvertrag einen neuen Höhepunkt erreicht. Der ehemalige Bundeskanzler gehörte zu den entschiedensten Gegnern dieses Vertrags, der, wie er seinem Sohn Paul Adenauer anvertraute, auf eine „Art“ amerikanisch-sowjetisches „Stillhalteabkommen“ hinauslaufen musste,
„dessen Opfer wir sind. Wir kommen nicht an Atombewaffnung und Atomschutz für unser Land und sinken in den Rang einer Nation zweiten Grades, zweiter Klasse ab.“[88]
In seiner letzten großen Rede, die er am 16. Februar 1967 im Ateneo in Madrid hielt, polemisierte er auch öffentlich dagegen. Im Interesse Europas sei es nicht möglich, ja geradezu absurd, dass nur nichtnukleare Mächte kontrolliert würden, nukleare Mächte aber nicht: „Wir können nicht kontrollierte Objekte der herrschenden nuklearen Staaten werden“.[89] Einige Wochen zuvor hatte er sich in einem Gespräch mit Henry Kissinger noch deutlicher geäußert. Die beiden großen „Besitzer“, so schimpfte er, versuchten, die Welt unter sich aufzuteilen, zum Nachteil aller „Habenichtse“. Es sei „empörend, dass die Vereinigten Staaten den Abschluss eines Vertrages, welcher der Bundesrepublik für alle Ewigkeit einen diskriminierenden Status zuweise, auch nur in Erwägung zögen“.[90] Die Schilderung der Londoner Konferenz in Adenauers Memoiren muss im Lichte dieses zeitgenössischen Kontextes interpretiert werden. Offensichtlich ging es dem Kanzler darum, seine Verhandlungsposition von 1954 gegen die in der Bundesrepublik vorherrschende Tendenz abzugrenzen, den Status als Nichtkernwaffenmacht dauerhaft zu akzeptieren.
IV. Eine Strategie des Zweifels – die nukleare Frage im politischen Kontext
Was sagt das alles aus über Adenauers Kernwaffenpolitik? Zunächst einmal war sein Ansatz innerhalb eines festen strategischen Rahmens sowohl situativ als auch reaktiv. Die wechselnde Position des Bundeskanzlers zur nuklearen Frage zeigt, dass die Details seiner Politik nicht vorherbestimmt waren. Sie waren geprägt von der Notwendigkeit, sich durch komplexe und rasch wandelnde Umstände in den internationalen Beziehungen, der Militärstrategie und der Innenpolitik zu bewegen. Der Regierungschef der Bundesrepublik, die erst 1955 ihre (in mancher Hinsicht noch begrenzte) Souveränität erlangte, hatte die Ansichten anderer Akteure der internationalen Politik zu berücksichtigen, insbesondere die der Westmächte, allen voran der Vereinigten Staaten. Kein Wunder also, dass Adenauer seine Kernwaffenpolitik immer wieder an die jeweiligen Umstände anpassen musste.
Mehr als in anderen Bereichen blieb das Vorgehen des Bundeskanzlers auf diesem Gebiet eher reaktiv als aktiv. Während die Bundesrepublik auf die Gestaltung der europäischen Integration dezidiert Einfluss nehmen konnte und zumindest an den sicherheitspolitischen Grundsatzentscheidungen beteiligt war, waren ihre Möglichkeiten, auf die Nuklearpolitik der Amerikaner, Briten und Franzosen Einfluss zu nehmen, begrenzt. Während der gesamten Ära Adenauer, so das Fazit von Hans-Peter Schwarz, war die Bundesrepublik zwar mit den Auswirkungen amerikanischer Atomwaffenentscheidungen konfrontiert, hatte aber keinen direkten Einfluss auf sie. Dies gilt erst recht für Entscheidungen über das System oder die Produktion, über die Strategie oder die Notfallplanung britischer oder französischer Kernwaffen.[91] Adenauer konnte lediglich versuchen, sich zumindest die Möglichkeit offen zu halten, dass die Bundesrepublik eines Tages einen größeren Handlungsspielraum haben würde, sei es durch mehr Mitspracherechte beim Einsatz von Kernwaffen, sei es eine Beteiligung an deren Herstellung oder gar die Produktion in Eigenregie.
Es scheint eher unwahrscheinlich, dass der US-Außenminister dem westdeutschen Bundeskanzler 1954 eine Zusicherung für eine künftige wesentliche Änderung des nuklearen Status der Bundesrepublik so ausdrücklich und öffentlich angeboten hat, wie Adenauer in seinen Memoiren berichtet.[92] Kein anderer Teilnehmer der Neun-Mächte-Konferenz von London kann sich daran erinnern, dass Dulles bei dieser (oder einer anderen) Gelegenheit die Doktrin der clausula rebus sic stantibus erwähnt hat. Das offizielle US-Konferenzprotokoll enthält keinen Hinweis darauf, und auch in der weiteren diplomatischen Korrespondenz wurden keine Belege gefunden, weder in den amerikanischen noch in den französischen oder britischen Akten. Deutsche Dolmetscherprotokolle gibt es nicht, da simultan übersetzt wurde. Selbst Adenauers Mitarbeiter vermochten die Episode nicht zu bestätigen, als der Altkanzler sie Mitte der 1960er Jahre in Vorbereitung auf die entsprechende Passage in seinen Memoiren danach fragte. Herbert Blankenhorn konnte sich „aus eigener Kenntnis nicht daran erinnern“, während Walter Hallstein die Worte sinngemäß bestätigte, aber feststellte, man könne „wohl nicht […] sagen“, dass „alle Konferenzteilnehmer die Erklärung des amerikanischen Delegationsleiters ohne Widerspruch zur Kenntnis genommen haben“.[93] Graf Kielmansegg verifizierte, wie bereits erwähnt, Adenauers Schilderung der Ereignisse ebenfalls nicht. Adenauer selbst erwähnte die clausula rebus sic stantibus zunächst nur im relativ vertraulichen Umfeld des Bundeskabinetts. Den Zusammenhang mit dem amerikanischen Außenminister stellte er erst her, als der im Mai 1959 verstorbene Dulles nicht mehr widersprechen konnte.
Obgleich Adenauer die Unterstützung von Dulles auf der Londoner Konferenz höchstwahrscheinlich überschätzt oder wenigstens nachträglich ausgeschmückt hat, bedeutet dies jedoch im Umkehrschluss nicht, er habe einem dauerhaften und vollständigen Verzicht auf Atomwaffen zugestimmt. Es wäre aber im Kontext des Jahres 1954 unklug gewesen, das Ende des Besatzungsregimes und die Erlangung der Souveränität für die Bundesrepublik zu gefährden, um sich eine vage Möglichkeit zur Herstellung eigener Kernwaffen zu bewahren. Ein derartiges Beharren hätte dem schrittweisen Gesamtansatz seiner Politik diametral widersprochen. Nach seinem situativen Politikverständnis dürfte der Bundeskanzler in Rechnung gestellt haben, dass sich die Handlungsspielräume der Bundesrepublik in Zukunft weiter verbessern könnten – sei es durch Änderung der militärstrategischen Umstände, sei es durch eine Verschiebung der diplomatischen Konstellationen oder wenn das wirtschaftliche Gewicht der Bundesrepublik weiter zunahm.
Dulles könnte ihn in dieser Annahme in bilateralen Gesprächen vor der Londoner Konferenz und/oder am Rande der Konferenz bestätigt haben. Zwar hatte der US-Außenminister kein Interesse daran, die Bundesrepublik zur Atommacht aufzuwerten, wollte aber auch nicht, dass die NATO „unnötig durch vertragliche Verpflichtungen gebunden wird“. Sollte es irgendwann in der Zukunft aus strategischen Gründen notwendig werden, der Bundesrepublik die Verfügungsgewalt über Atomwaffen im Auftrag der NATO zu übertragen oder solche Waffen in Deutschland zu produzieren, sollte dies möglich sein.[94] Solche vagen Andeutungen mögen die Grundlage für Adenauers Überzeugung gebildet haben, dass der Verzicht auf deutsche Nuklearwaffen nur vorübergehend sein könnte. Diese Lesart wird durch kürzlich zugänglich gewordene Protokolle des Bundesverteidigungsrates gestützt. In diesem Kabinettsausschuss nahm Adenauer, auf dem Höhepunkt der zweiten Berlin-Krise, noch einmal Bezug auf die Umstände seiner Londoner Entscheidung von 1954. Wiederum erwähnte er die Zusicherung von Dulles in Bezug auf die clausula rebus sic stantibus. Anders als später in den Memoiren lokalisierte er die Aussage jedoch nicht auf die Verhandlungen im großen Kreis aller Beteiligten, sondern sagte, Dulles habe ihm gegenüber „privat […] sogleich bemerkt, dass dieser Verzicht natürlich unter der clausula rebus sic stantibus gesehen werden müsse“.[95]
Das Vertrauen, das Adenauer bis Mitte der 1950er Jahre in amerikanische Zusicherungen setzte, schwand gegen Ende des Jahrzehnts. Die zunehmende Vehemenz, mit der er seit 1956 auf dem Vorbehalt der clausula rebus sic stantibus beharrte, wurzelte in seiner wachsenden Skepsis gegenüber der Verlässlichkeit des amerikanischen Versprechens eines nuklearen Schutzes für eine nicht nukleare und geostrategisch exponierte Bundesrepublik. Das erste Indiz für die amerikanische Unzuverlässigkeit waren für ihn militärische Planspiele von Eisenhowers Generalstabschef Arthur W. Radford, die im Juli 1956 öffentlich wurden. Sie zielten auf eine Reduzierung der US-Streitkräfte um insgesamt 800 000 Mann ab und stützten sich in hohem Maße auf eine verstärkte nukleare Feuerkraft. Der Schwerpunkt der konventionellen Truppenreduzierung sollte nach Radfords Überlegungen in Übersee liegen, vor allem in Europa.[96] Adenauer war höchst beunruhigt und schrieb an Dulles, dass solche Pläne eine verheerende Wirkung hätten und der Sowjetunion „den größten, vielleicht entscheidenden Sieg im kalten Krieg“ bescheren würden, weil Europa einschließlich Westdeutschlands das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Vereinigten Staaten verlieren würde.[97] Der Bundeskanzler kritisierte die Planungen der USA, die seiner Ansicht nach dazu tendierten, ausschließlich auf Atomwaffen zu setzen und konventionelle Waffen „auf ein solches Maß zu reduzieren, dass diese außerhalb der Vereinigten Staaten tatsächlich keine Rolle mehr spielten“. Wenn kleinere Kriege nicht mehr konventionell geführt werden könnten, gäbe es nur noch die Möglichkeit, „bestehende Konflikte weiterbrennen zu lassen oder sofort nukleare Waffen einzusetzen“. Dies würde zu „einer Katastrophe“ führen.[98]
Wenig später wuchs Adenauers Misstrauen, als sich die US-Regierung während der Suez-Krise demonstrativ gegen ihre britischen und französischen Verbündeten stellte und damit deutlich machte, dass es Situationen gab, in denen andere Erwägungen die Solidarität innerhalb des westlichen Bündnisses überwogen.[99] Wenn die nationalen Interessen Großbritanniens und Frankreichs im Nahen Osten durch amerikanische Befürchtungen, den arabischen Nationalismus zu reizen und ins sowjetische Lager zu treiben, überstimmt werden konnten, so Adenauer, würde es auch Situationen geben, in denen deutsche Interessen, zum Beispiel in Bezug auf Berlin, hinter amerikanischen Prioritäten zurückstehen müssten.
Als Chruschtschow am 27. November 1958 mit seiner Forderung, Berlin in eine „Freie Stadt“ unter UN-Verwaltung umzuwandeln oder der DDR die Kontrolle über die Zufahrtswege nach Berlin zu überlassen, die zweite Berlin-Krise auslöste, wurden in allen NATO-Hauptstädten Worst-Case-Szenarien in den Mittelpunkt gestellt. Chruschtschows Ultimatum bezweckte im Kern den Rückzug der Westmächte aus Berlin. Es hatte aber von Anfang an auch eine nukleare Dimension. Denn zu den grundsätzlichen Statusfragen Deutschlands, die Chruschtschow mit seinem Schritt neu eröffnete, gehörte die Frage der Kernwaffen. Marc Trachtenberg hat sogar die Vermutung geäußert, dass Chruschtschow die Krise nicht zuletzt deshalb auslöste, weil er auf den Schritt der NATO zur Einführung der nuklearen Teilhabe und damit einer nuklearen Rolle Deutschlands in der NATO reagierte.[100] Hinzu kam, dass Berlin nicht durch die unterlegenen konventionellen Truppen des Westens verteidigt, sondern nur durch die Bereitschaft zum Einsatz von Atomwaffen gehalten werden konnte.
Chruschtschow legte ein grundlegendes Dilemma von Adenauers Politik offen: Auf der einen Seite musste er die amerikanische Unnachgiebigkeit und eine Politik des brinkmanship fürchten. Im Extremfall hätte dies Deutschland zum Schauplatz eines Atomkrieges gemacht. Als Dulles ihm im Februar 1959 die Notfallplanung für Berlin offenlegte und die Bereitschaft der USA für einen Atomkrieg betonte, zeigte der Kanzler vergleichsweise konkrete Anzeichen einer nuklearen Vernichtungsangst und bestand darauf, dass „unter keinen Umständen“ Kernwaffen eingesetzt werden dürften, um die Zugangswege nach Berlin zu öffnen.[101]
Andererseits reagierte Adenauer überempfindlich auf jegliches Anzeichen eines Einlenkens der Amerikaner gegenüber der Sowjetunion. Das konnte der Empfang des stellvertretenden Ministerratsvorsitzenden Anastas Mikojan auf dem Höhepunkt der Krise 1959 in Washington sein oder die von Dulles entwickelte sogenannte Agententheorie, nach der ostdeutsche Beamte die von Moskau übertragenen Kontrollbefugnisse nicht selbst, sondern lediglich als „Agenten“ der Sowjetunion ausüben würden.[102] Auch jedes Anzeichen einer westlichen Bereitschaft, Rüstungskontrollzonen in Erwägung zu ziehen, beunruhigte Adenauer, ganz gleich, ob diese Pläne aus dem Westen (George F. Kennan, Hugh Gaitskell) oder aus dem Osten (Adam Rapacki) stammten. Er sah in der Entflechtung eine Diskriminierung der Bundesrepublik – „ein Stück politische Kontrolle durch die ehemaligen Siegermächte“, wie er gegenüber Journalisten sagte. Solange er Bundeskanzler sei, werde es „keine deutsche Unterschrift unter einen Diktatfrieden“ geben.[103] Als die Westmächte auf der Genfer Gipfelkonferenz im Juli 1959 versuchten, Chruschtschows Ultimatum durch langwierige Verhandlungen zu entschärfen, blieb Adenauer misstrauisch. Alle Vorschläge eines modus vivendi für Berlin hielt er für „sehr gefährlich“, weil sie so verstanden werden könnten, dass die bisherige Rechtsgrundlage für den Status Berlins aufgegeben werden sollte.[104]
Adenauers Bedenken wuchsen, nachdem Kennedy ins Weiße Haus eingezogen war. Dies lag nicht nur an dem großen Altersunterschied zwischen den beiden Politikern und dem Misstrauen des Kanzlers gegenüber Kennedys Standhaftigkeit in der Berlinfrage. Der geplante Strategiewechsel von der massiven Vergeltung (massive retaliation) zur flexiblen Reaktion (flexible response) erschien ihm fatal, weil die Sowjetunion die Entschlossenheit des Westens als gering einschätzen könnte. Ein solcher Krieg könnte zwar „begrenzt“ bleiben, hätte aber genügend Eskalationspotential, um Deutschland und weite Teile Mitteleuropas in Schutt und Asche zu legen, ohne einen ausgewachsenen thermonuklearen Krieg auszulösen (und damit die Existenz der Sowjetunion selbst zu bedrohen).[105] Er sei schon lange nicht mehr so beunruhigt über Amerika gewesen wie jetzt, vertraute der Bundeskanzler dem ehemaligen NATO-Generalsekretär Paul-Henri Spaak im Juli 1962 an, „gerade wegen des nuklearen Problems und der Frage, wann die nuklearen Waffen eingesetzt würden“. Er befürchtete, dass „der Gedanke der Amerikaner, den nuklearen Schlag nicht zu führen, nicht notwendigerweise bedeute, dass auch die Sowjets einen solchen Schlag nicht führen würden“.[106]
Neben der Erosion der Abschreckung registrierte Adenauer auch besorgt, dass Verteidigungsminister Robert McNamara und das Pentagon auf eine stärkere Zentralisierung der Kontrolle über das amerikanische Atomwaffenarsenal drängten, was den westdeutschen Bestrebungen nach nuklearer Teilhabe zuwiderlief. Der Bundeskanzler reagierte alarmiert auf Anzeichen, dass die neue Regierung in Washington die nukleare Teilhabe der Bundesrepublik innerhalb der NATO zu einem Verhandlungsgegenstand im Rahmen der Entspannungsinitiativen mit der Sowjetunion machen könnte, und schien sogar bereit, die Frage der Nichtverbreitung mit dem Berlinproblem zu verknüpfen. Seiner Meinung nach, so Adenauer in einem Gespräch mit Kissinger im Februar 1962, mache die amerikanische Planung
„die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion zu Schutzzonen und verlagere die gesamten Lasten eines Konfliktes auf Westeuropa und die sowjetischen Satellitenstaaten“.[107]
Adenauers Bedenken hinsichtlich der amerikanischen Nuklearpolitik gingen über tatsächliche oder vermeintliche Fehleinschätzungen und Unzulänglichkeiten einzelner Staatsmänner hinaus. Sie hatten einen strukturellen Kern. Wenn nur „zwei große Staaten in der Welt allein im Besitze von nuklearen Waffen sind“, sei das „für die anderen Völker ein unerträglicher Zustand“, führte er im September 1956 vor dem Bundesvorstand der CDU noch unter dem Eindruck des Radford-Plans aus.[108] Wenig später erklärte er im Kabinett, dass es bei der Entwicklung von Kernwaffen für die Großmächte letztlich nur zwei Möglichkeiten gebe: „[E]ntweder muß man sich bekämpfen, was furchtbar ist, oder sie teilen die Herrschaft der Welt unter sich auf und alle anderen Länder bedeuten nichts mehr“.[109] Es sei eine unmögliche Situation, vertraute Adenauer de Gaulle an, dass nur die Vereinigten Staaten über Atomwaffen verfügten. Ebenso unerträglich sei es, dass die Sicherheit aller NATO-Mitglieder allein davon abhänge, „ob der Präsident der Vereinigten Staaten im entscheidenden Moment handele oder nicht“.[110]
Es gab also eine ganze Reihe von Gründen, warum Adenauer den Schulterschluss mit de Gaulle suchte, nachdem dieser im Januar 1959 französischer Präsident geworden war. Die beiden Staatsmänner einte die Überzeugung von der Bedeutung der deutsch-französischen Achse für die Einigung und Selbstbehauptung Europas. In der zweiten Berlin-Krise sah der Bundeskanzler in dem Franzosen den einzigen verlässlichen Verbündeten, um den Status quo zu erhalten und Europa gegen sowjetische Expansionsabsichten zu verteidigen.[111] Auch teilte er im Prinzip de Gaulles Bedenken gegen ein amerikanisch-sowjetisches Kernwaffenmonopol. Er stimmte ihm zu, dass „man Europa lehren müsse, auf eigenen Beinen zu stehen“, und fügte hinzu, man könne sich nicht ewig darauf verlassen, dass Amerika die Verteidigung Europas als notwendig erachte.[112] In einem Gespräch mit de Gaulles Premierminister Michel Debré im Oktober 1960 äußerte der Bundeskanzler seine Besorgnis über die zu große Abhängigkeit des Bündnisses von den Vereinigten Staaten, die sich insbesondere in der Verpflichtung zeigte, für den Einsatz von Atomwaffen die Zustimmung des amerikanischen Präsidenten einzuholen: „Wenn man diesen Strick, an dem man hänge, einmal los sei, könne man in vielen anderen Punkten mit den Amerikanern ganz anders reden“. Um dies zu erreichen, so der Bundeskanzler, müssten Frankreich und Deutschland zusammenarbeiten.[113]
Der französische Staatspräsident versuchte, Adenauers wachsende Skepsis gegenüber den USA auszunutzen, indem er dem Kanzler – zugegebenermaßen vage – Hoffnungen auf eigene deutsche Nuklearwaffen machte. Er glaube nicht, sagte er im Juli 1960, „dass Deutschland für immer auf Atomwaffen verzichten könne, falls andere Mächte weiterhin Atomwaffen hätten“.[114] Doch Adenauer nahm den Köder nicht auf. Trotz der Bedeutung, die er der Zusammenarbeit mit Paris beimaß, war er sich der Tatsache bewusst, dass das Bündnis mit Frankreich niemals die Unterstützung der USA aufwiegen konnte. Ohne deren Schutz, davon war Adenauer überzeugt, wäre Westeuropa, insbesondere die geostrategisch exponierte Bundesrepublik und vor allem das isolierte Berlin, dem sowjetischen Expansionismus ausgeliefert. Wenn es darauf ankam, zog der Kanzler die Abhängigkeit von den USA einer alleinigen französischen Unterstützung vor. Als der Pariser Außenminister Couve de Murville im Dezember 1959 mit der Forderung hervortrat, die europäische Verteidigung müsse neu organisiert werden, weil sich die Amerikaner angeblich aus Europa zurückzögen, widersprach ihm der Kanzler. Solange eine kontrollierte nukleare Abrüstung nicht stattfinde, betonte er, seien die europäischen Länder schon aus Mangel an finanziellen Mitteln nicht in der Lage, aus eigener Kraft ein nukleares Gleichgewicht gegen die Sowjetunion herzustellen.[115]
Deshalb stellte Adenauer in seinen Gesprächen mit de Gaulle immer wieder die Notwendigkeit der westlichen Einigkeit heraus. Der Wunsch Frankreichs nach eigenen Kernwaffen sei zwar verständlich, erlaube es der Sowjetunion aber, die westlichen Verbündeten zu spalten.[116] Umgekehrt forderte der Kanzler die USA vorsichtig auf, Frankreichs nukleare Eskapaden innerhalb und außerhalb der NATO zu tolerieren.[117] Adenauers Bemühen um ein ausgewogenes Verhältnis zu Washington und Paris verbunden mit dem Bestreben, den Handlungsspielraum der Bundesrepublik für eine eigenständige Politik auf dem Gebiet der nuklearen Rüstung zu vergrößern, bildeten die Voraussetzungen für jeden Schritt, den die Bundesrepublik während seiner Amtszeit auf dem verminten Terrain der Nuklearpolitik unternehmen konnte: Erstens sollten nationale Alleingänge vermieden werden; zweitens waren bilaterale Unternehmen möglich, wenn die Initiative nicht von der Bundesrepublik ausging, obgleich drittens multilaterale Projekte, idealerweise im Rahmen der NATO und/oder der europäischen Integration, vorzuziehen seien. Viertens mussten die USA immer im Blick behalten werden, während gleichzeitig, fünftens, äußerste Vorsicht, das heißt Geheimhaltung, geboten war, teils aus Rücksicht auf die skeptische öffentliche Meinung in der Bundesrepublik, teils wegen der Sowjetunion, für die eine atomar bewaffnete Bundesrepublik ein rotes Tuch darstellte. Sechstens sollte die zukünftige Möglichkeit einer eigenständigen deutschen Politik in der nuklearen Frage offengehalten werden, um der Diskriminierung innerhalb des Bündnisses entgegenzuwirken und Notfalloptionen zu wahren.
Die konkreten Vereinbarungen und Absprachen, zu denen sich die Bundesrepublik nach 1956 verpflichtete, erfüllten diese Bedingungen. Das galt für die ersten bilateralen Gespräche mit Frankreich im Herbst 1956, als Ministerpräsident Guy Mollet eine deutsch-französische Rüstungskooperation vorschlug, die auch eine nukleare Komponente besitzen konnte. Es galt auch für das im Januar 1957 unterzeichnete Abkommen über die Erforschung und Entwicklung von – so die vage Titulierung – „neuen Waffen“, das in erster Linie auf Trägersysteme abzielte, die aber möglicherweise mit Atomsprengköpfen auszustatten waren.[118] Nach französischer Lesart (die mit dem Text des geänderten WEU-Vertrages tatsächlich übereinstimmte) erstreckte sich der Verzicht der Bundesrepublik auf ABC-Waffen nur auf die Produktion auf deutschem Boden. Die Deutschen seien „frei, das im Ausland zu tun“, sagte – wenn man den Strauß-Erinnerungen an dieser Stelle glauben darf – der französische Verteidigungsminister Jacques Chaban-Delmas zu seinem deutschen Kollegen. „Und wenn wir Franzosen das anbieten, gibt es keine Bestimmung des Brüsseler Protokolls, die dem im Wege stehen würde.“[119]
Als im November 1957 die Zusammenarbeit trilateral um Italien erweitert wurde, blieb die Geheimhaltung bestehen. Die politisch treibende Kraft hinter diesen Unternehmungen war Verteidigungsminister Strauß. Der Kanzler ermutigte ihn zwar, gab ihm aber auch zu verstehen, dass er ihm im Falle eines Scheiterns des Projekts keine Rückendeckung geben werde: „Machen Sie es“, sagte Adenauer nach Strauß’ Erinnerung, „aber wenn es Ärger gibt, weiß ich von nichts“.[120] Ob ein solches trilaterales Abkommen tatsächlich Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, wenn de Gaulle es nicht abrupt beendet hätte, bleibt eine offene Frage.[121] Entscheidend ist, dass Adenauer bereit war, sich auf ein solch ehrgeiziges Unternehmen einzulassen, wenn auch mit der gebotenen Vorsicht, und dass er dabei alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausschöpfte. Das Vertragswerk von 1954 stellte für ihn jedenfalls kein unüberwindliches Hindernis dar.
Der Kontrast zwischen dem Kanzler und seinem Verteidigungsminister auf diesem Feld war eher eine Frage des Stils als der Substanz. Während Adenauer durchaus Möglichkeiten ausloten ließ, den Verzicht auf eigene Kernwaffen zu relativieren, wenn nicht zu revidieren, blieb sich auch Strauß, obgleich er offensiv für eine nukleare Modernisierung warb, der Begrenzung des deutschen Handlungsspielraums bewusst. England sehe wie Deutschland, dass es sich von Amerika nicht vollständig abhängig machen dürfe, bemerkte er am 5. Dezember 1961 im Bundesverteidigungsrat:
„In Frankreich sei der Prestigeaspekt wichtiger, im übrigen würden aber ähnliche Erwägungen angestellt. Angesichts dieser Situation wäre es logisch [und] konsequent, wenn Deutschland sich auf dieselbe Linie wie England und Frankreich begeben würde. Das sei aber unmöglich. Der Ausweg sei die Atommacht der NATO.“[122]
Beiden Politikern erschienen somit Initiativen in Richtung Multilateralisierung im Rahmen der NATO letztlich vielversprechender als rein europäische Unternehmungen. Der Norstad-Plan, mit dem der damalige NATO-Oberbefehlshaber Lauris Norstad nukleare Mittelstreckenraketen dem NATO-Oberkommando unterstellen wollte, stieß auf ungeteilte Zustimmung Adenauers. Der Vorschlag sei „ausgezeichnet“, meinte er. Seine Annahme durch die US-Regierung könne „uns alle von einer großen Sorge befreien“.[123] Adenauer unterstützte auch die Multilateral Force (MLF), die die Kennedy-Administration den Alliierten 1963 schließlich anbot, um die Bundesrepublik von einem nuklearen Alleingang abzuhalten. Gleichzeitig verstärkte der Umstand, dass die MLF weit hinter dem Norstad-Plan zurückblieb, in Verbindung mit den offensichtlichen Bemühungen der USA, die Multilateralisierung der NATO einzuschränken (geringe Größe der MLF, Vetorecht des US-Präsidenten, unklare Aussicht auf die künftige Schaffung einer europäischen Nuklearstreitmacht), die zunehmenden Bedenken des Bundeskanzlers hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Vereinigten Staaten.
Diese Skepsis verwies auf ein zentrales Dilemma von Adenauers Kernwaffenpolitik. Er zweifelte zunehmend an der Bereitschaft der Amerikaner, in einem Atomkrieg mit der Sowjetunion die eigene Existenz zu riskieren. Gleichzeitig wusste er aber auch, dass unter den gegebenen Umständen keine Alternative zum amerikanischen Nuklearschirm existierte. Aufgrund dieser unauflösbaren Zwangslage agierte der Kanzler in dieser Frage bisweilen scheinbar irrational oder widersprüchlich. Einerseits versicherte er de Gaulle, dass ein amerikanisches Atomwaffenmonopol im westlichen Bündnis „unerträglich“ sei.[124] Andererseits zielte seine gesamte Strategie darauf ab, im Rahmen der nuklearen Hegemonie der USA ein deutsches Mitspracherecht zu erlangen. Er glaube nicht mehr, erklärte der Ex-Kanzler kurz vor seinem Tod gegenüber Henry Kissinger, dass die Amerikaner die Bundesrepublik schützen würden:
„Ihr Vorgehen in den letzten Jahren hat deutlich gemacht, dass Ihnen die Abrüstung wichtiger ist als alles andere. Ich glaube nicht, dass irgendein amerikanischer Präsident für Berlin einen Atomkrieg riskieren wird; uns rettet allein, dass die Sowjets sich dessen nicht sicher sein können.“[125]
In seinem letzten Buch hat Kissinger die Anerkennung der „inhärenten Zweideutigkeit“ jeder nuklearen Bedrohung als Kernelement von Adenauers politischem Denken über die nukleare Frage beschrieben. Kissinger charakterisierte die politische Philosophie des ersten Bundeskanzlers insgesamt als eine „Strategie der Bescheidenheit“.[126] Im Hinblick auf die Kernwaffen wäre es vielleicht angemessener, sie als „Strategie des Zweifels“ zu bezeichnen. Der Begriff hat in diesem Zusammenhang eine doppelte Bedeutung: Einerseits war es für Deutschland überlebenswichtig, dass die Sowjetunion immer im Zweifel blieb, ob die USA auf einen sowjetischen Angriff in Europa nicht doch mit strategischen Kernwaffen antworten würden. Diesen Zweifel am Leben zu erhalten, war die Überlebensstrategie der Bundesrepublik und erst recht Berlins, auf die Adenauer die Vereinigten Staaten einzuschwören versuchte. Dieses Kalkül war letztlich erfolgreich.
Andererseits strebte der Bundeskanzler nach der Gewissheit, dass die Vereinigten Staaten im Falle eines sowjetischen Angriffs die Bundesrepublik sofort und uneingeschränkt (also nicht nur mit konventionellen Truppen, sondern auch nuklear) verteidigen würden, indem sie strategisch wichtige Ziele im Warschauer Pakt einschließlich der westlichen Sowjetunion angreifen würden. In seinen Gesprächen mit amerikanischen Politikern erklärte er, er sei „überzeugt, dass nichts passieren werde, wenn die Sowjets wüssten, dass in jedem Fall ein voller Gegenschlag erfolgen werde“.[127] Die nukleare Komponente wollte er daher in der westlichen Notfallplanung unbedingt berücksichtigt sehen.[128] 1962 äußerte er gegenüber John F. Kennedy sogar die Meinung, dass ein Atomkrieg begrenzt werden könne, wenn nur die „kleinen“, das heißt taktischen, Atomwaffen eingesetzt würden.[129] Die Vereinigten Staaten versetzten den Bundeskanzler nicht in die Lage, eine Strategie der Gewissheit zu verfolgen, und während der zweiten Berlin-Krise schien es manchmal unklar, ob Adenauer selbst bereit war, deren Folgen (nämlich die Möglichkeit eines umfassenden thermonuklearen Krieges) zu tragen. Stattdessen musste er selbst mit einer Strategie des Zweifels leben, indem er ständig abzuwägen hatte, wann die Nachteile einer möglichen Unzuverlässigkeit der USA (bzw. des Fehlens absoluter Gewissheit über ihre Zuverlässigkeit) die Nachteile eines deutschen Alleingangs überwogen.
* * *
Das heute verfügbare Quellenmaterial liefert keinen Hinweis darauf, dass Adenauers Zweifel jemals so groß wurden, dass er tatsächlich konkrete Schritte unternahm, um den Verzicht auf die Produktion von ABC-Waffen zu revidieren. Seine Berufung auf die clausula rebus sic stantibus blieb ein rhetorischer Vorbehalt ohne unmittelbare operative Untermauerung. Eine gezielte Politik der unilateralen atomaren Bewaffnung hat Adenauer nicht verfolgt. Wie wir in diesem Aufsatz argumentiert haben, dürfte die Skepsis, ja das fundamentale Misstrauen gegenüber seinen Landsleuten und ihrer politischen Berechenbarkeit hierbei eine Rolle gespielt haben. Im engeren Sinne kausal nachweisen lässt sich der Zusammenhang zwischen Perzeption und Schlussfolgerung zwar nicht. Die biografische Perspektive auf Adenauer eröffnet aber Einblicke in seine politische Mentalität, die der These Plausibilität verleihen.
Das innere Unbehagen war nicht so dominant, dass es gegenteilige Erwägungen unterbunden hätte. Ganz im Gegenteil mochte Adenauer die nukleare Option eben nicht kategorisch ausschließen. Er wollte sie vielmehr in der Schwebe lassen, weil er befürchtete, die Bundesrepublik werde sonst zu einer Macht dritten Ranges, deren Truppen in einem maßgeblich auf deutschem Boden stattfindenden Atomkrieg als „Schlachtvieh“ verheizt würden.[130] Genauere Überlegungen zu den Fragen, ob ein eigenes deutsches Nuklearwaffenprogramm technologisch, wirtschaftlich, personell und politisch überhaupt umsetzbar gewesen wäre, wie lange es bis zur Einsatzfähigkeit strategischer Kernwaffensysteme gedauert hätte und durch wen in der Proliferationsphase Schutz gewährt worden wäre, finden sich weder in den jetzt zugänglichen Protokollen des Bundesverteidigungsrats noch in den bisher unveröffentlichten Dokumenten des Rhöndorfer Nachlasses. Der Kanzler begnügte sich damit, der Bundesrepublik über den Status einer Schwellenmacht „die Hintertür für eine Nuklearbewaffnung offen“ zu halten.[131]
Adenauer war der erste und letzte Bundeskanzler, dessen Denken von einer derartigen Ambivalenz gekennzeichnet war. Nach dem Ende seiner Amtszeit setzte sich – beginnend mit Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger, deutlicher dann noch unter Willy Brandt – für Jahrzehnte die Akzeptanz einer prinzipiellen Ablehnung eigener deutscher Atomwaffen durch. Adenauers Abgang, so ist kürzlich festgestellt worden, leitete eine „Ära kreativer Experimente in den deutschen Außenbeziehungen“ ein, in der seine Nachfolger militärische Problemlösung verlernt und es zugleich immer besser verstanden hätten, die ökonomischen und finanziellen Mittel ihres Landes zu nutzen.[132] In Form der bereitwilligen Anerkennung des nuklearen Verzichts und durch die Ausprägung einer Politik vor allem wirtschaftlicher Machtprojektion hatte dieser breite Konsens Bestand bis an die Schwelle unserer Gegenwart.
Zusammenfassung
Die Haltung zur nuklearen Frage wurde in der frühen Bundesrepublik maßgeblich vom ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer geprägt. In der Forschung zu dessen Intentionen stehen sich zwei gegensätzliche Interpretationen gegenüber. Die vorherrschende Denkschule sieht im Verzicht auf Kernwaffen eine Grundbedingung der Westintegration, die Adenauer, wenn auch widerstrebend, akzeptierte. Andere Wissenschaftler vertreten hingegen die These, es sei sein zentrales – obgleich sorgfältig verborgenes – Ziel gewesen, aus der Bundesrepublik eine souveräne Atommacht zu machen. Dieser Aufsatz argumentiert auf der Grundlage bislang unveröffentlichter, zum Teil unbekannter Quellen aus dem Adenauernachlass in Bad Honnef-Rhöndorf und dem Bundesverteidigungsrat, dass der Kanzler keine gezielte Politik der unilateralen atomaren Bewaffnung verfolgt hat und dass dabei die Skepsis, ja das fundamentale Misstrauen gegenüber seinen Landsleuten eine Rolle gespielt haben dürfte. Das innere Unbehagen war jedoch nicht so dominant, dass Adenauer die nukleare Option kategorisch ausgeschlossen hätte. Er wollte sie vielmehr in der Schwebe lassen, weil er befürchtete, die Bundesrepublik werde sonst zu einer Macht dritten Ranges, deren Truppen in einem maßgeblich auf deutschem Boden stattfindenden Atomkrieg als „Schlachtvieh“ verheizt würden. Erst nach dem Ende seiner Amtszeit setzte sich die Akzeptanz einer prinzipiellen Ablehnung eigener deutscher Atomwaffen durch.
© 2025 The author(s), published by Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Aufsätze
- Das Ende des Aufstiegs? Die Idee von einer „Abschließung des Ritterstandes“ neu gedacht
- „Kosmopolitischer Idealismus“ und „nationale Realpolitik“ Aspekte der Sicherheitspolitik der deutschen Liberalen zur Mitte des 19. Jahrhunderts
- Adenauer und die Kernwaffen. Neue Antworten auf alte Probleme
- Privatrechtsgeschichte als Imperiengeschichte. Neue Wege zur Rechtsgeschichte des Habsburgerreichs
- Rezensionen
- John W. Arthur, Beer. A Global Journey through the Past and Present. Oxford, Oxford University Press 2024
- Christian Alexander Neumann (Ed.), Old Age Before Modernity. Case Studies and Methodological Perspectives, 500 BC – 1700 AD. Heidelberg, Heidelberg University Publishing 2023
- Birgit Aschmann / Klaus Herbers, Eine andere Geschichte Spaniens. Schlüsselgestalten vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Köln, Böhlau 2022
- Giacomo Bonan / Katia Occhi (Eds.), Environment and Infrastructure. Challenges, Knowledge and Innovation from the Early Modern Period to the Present. (Studies in Early Modern and Contemporary European History, Vol. 6.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Christian Jansen / Oliver Janz, Geschichte Italiens. Vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Stuttgart, Kohlhammer 2023
- Christof Dipper, Die Entdeckung der Gesellschaft. Sattelzeit in Europa, 1770–1850. Berlin, Vergangenheitsverlag 2023
- Rainer Nicolaysen (Hrsg.), Hamburger Historikerinnen und Historiker im Gespräch. Interviews mit Gabriele Clemens, Hans-Werner Goetz, Frank Golczewski, Arno Herzig, Franklin Kopitzsch und Barbara Vogel. Göttingen, Wallstein 2024
- Frank Bernstein, Vergessen als politische Option. Zur Einhegung interner Konflikte in der Antike. Stuttgart, Steiner 2023
- John W. I. Lee, The First Black Archaeologist. A Life of John Wesley Gilbert. Oxford, Oxford University Press 2022
- Silvia Castelli / Ineke Sluiter (Eds.), Agents of Change in the Greco-Roman and Early Modern Periods. Ten Case Studies in Agency in Innovation. (Euhormos. Greco-Roman Studies in Anchoring Innovation, Vol. 4.) Leiden, Brill 2023
- Aaron Gebler, Die Verwendung und Bedeutung von Losverfahren in Athen und im griechischen Raum vom 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. (Hamburger Studien zu Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne, Bd. 27.) Stuttgart, Steiner 2024
- Madalina Dana, La correspondance grecque privée sur plomb et sur tesson. Corpus épigraphique et commentaire historique. (Vestigia. Beiträge zur alten Geschichte, vol. 73.) München, Beck 2021
- Julian Wünsch, Großmacht gegen lokale Machthaber. Die Herrschaftspraxis der Seleukiden an den Rändern ihres Reiches. (Philippika. Altertumswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 164.) Wiesbaden, Harrassowitz 2022
- Panayiotis Christoforou, Imagining the Roman Emperor. Perceptions of Rulers in the High Empire. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Angela Hug, Fertility, Ideology, and the Cultural Politics of Reproduction at Rome. (Impact of Empire, Vol. 45.) Leiden, Brill 2023
- Brenda Longfellow / Molly Swetnam-Burland (Eds.), Women’s Lives, Women’s Voices. Roman Material Culture and Female Agency in the Bay of Naples. Austin, TX, University of Texas Press 2021
- Isidor Brodersen, Das Spiel mit der Vergangenheit in der Zweiten Sophistik. (Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge, Bd. 86.) Stuttgart, Steiner 2023
- Steve Mason, Jews and Christians in the Roman World. From Historical Method to Cases. (Ancient Judaism and Early Christianity, Vol. 116.) Leiden, Brill 2023
- Brouria Bitton-Ashkelony / Martin Goodman (Eds.), Essays on Jews and Christians in Late Antiquity in Honour of Oded Irshai. (Cultural Encounters in Late Antiquity and the Middle Ages, Vol. 40.) Turnhout, Brepols 2023
- Tabea L. Meurer / Veronika Egetenmeyr (Eds.), Gallia docta? Education and In-/Exclusion in Late Antique Gaul. Tübingen, Mohr Siebeck 2023
- Lucy Grig, Popular Culture and the End of Antiquity in Southern Gaul, c. 400–550. Cambridge, Cambridge University Press 2024
- Peter Brown, Journeys of the Mind. A Life in History. Princeton, NJ, Princeton University Press 2023
- Johannes Preiser-Kapeller, Der lange Sommer und die kleine Eiszeit. Klima, Pandemien und der Wandel der Alten Welt von 500 bis 1500 n. Chr. (Globalhistorische Skizzen, Bd. 38.) Wien, Mandelbaum 2021
- Christoph Mauntel, Die Erdteile in der Weltordnung des Mittelalters. Asien – Europa – Afrika. Stuttgart, Hiersemann 2023
- Józef Dobosz, The Church and Cistercians in Medieval Poland. Foundations, Documents, People. (East Central Europe, 476–1795, Vol. 2.) Turnhout, Brepols 2023
- Frank-Michael Kaufmann (Hrsg.), Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht. Petrinische Glosse. (Monumenta Germaniae Historica. Fontes Iuris Germanici Antiqui, Bd. 11.) Wiesbaden, Harrassowitz 2021
- Katherine Ludwig Jansen, Peace and Penance in Late Medieval Italy. Princeton, NJ, Princeton University Press 2020
- Volker Leppin, Ruhen in Gott. Eine Geschichte der christlichen Mystik. München, Beck 2021
- Susanne Thürigen, Turm, Spiegel, Buch. Astronomische Tischuhren in Süddeutschland zwischen 1450 und 1650. (Object Studies in Art History, Bd. 6.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
- Daniel Bellingradt / Anna Reynolds (Eds.), The Paper Trade in Early Modern Europe. Practices, Materials, Networks. (Library of the Written Word, Vol. 89.) Leiden, Brill 2021
- Joachim Fichtel, Die Zwickauer Propheten. Nicolaus Storch und die radikale Reformation. Leipzig, Leipziger Universitätsverlag 2023
- James R. Fichter, Tea. Consumption, Politics, and Revolution, 1773–1776. Ithaca, NY, Cornell University Press Services 2023
- Jeremy Adler, Goethe. Die Erfindung der Moderne. München, Beck 2022
- Eduardo Posada-Carbó / Joanna Innes / Mark Philp (Eds.), Re-imagining Democracy in Latin America and the Caribbean, 1780–1870. Oxford, Oxford University Press 2023
- Daniel Ristau, Die Familie Bondi und das „Jüdische“. Beziehungsgeschichte unter dem bürgerlichen Wertehimmel, 1790–1870. (Bürgertum. NF., Bd. 22.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Hans-Joachim Hoffmann, Johann Anton Joseph Hansen (1801–1875). Ein streitbarer Trierer Theologe und seine Anstöße zu Reformen in Kirche, Staat und Gesellschaft. Münster, Aschendorff 2023
- Katrin Brösicke, Kulturkontakt Krieg. Spanienbilder deutschsprachiger Teilnehmer am spanischen Unabhängigkeitskrieg 1808–1814. 2., durchges. und korr. Aufl. (Krieg in der Geschichte, Bd. 116.) Paderborn, Schöningh 2023
- M. Talha Çiçek, Negotiating Empire in the Middle East. Ottomans and Arab Nomads in the Modern Era, 1840–1914. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Jennifer C. Snow, Mission, Race, and Empire. The Episcopal Church in Global Context. New York, Oxford University Press 2024
- Saskia Coenen Snyder, A Brilliant Commodity. Diamonds and Jews in a Modern Setting. Oxford, Oxford University Press 2023
- Kevin Kenny, The Problem of Immigration in a Slaveholding Republic. Policing Mobility in the Nineteenth-Century United States. Oxford, Oxford University Press 2023
- Alexander Sievers, Die Ökonomisierung der Kartografie. Kartenhandel im 19. Jahrhundert in Deutschland. (Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, Beih. 31.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Gundula Gahlen, Nerven, Krieg und militärische Führung. Psychisch erkrankte Offiziere in Deutschland (1890–1939). (Krieg und Konflikt, Bd. 17.) Frankfurt am Main, Campus 2022
- Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät alleruntertänigster Diener (Bearb.), „Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät alleruntertänigster Diener“. Briefe Georg Ernst Hinzpeters an Kaiser Wilhelm II. aus den Jahren 1897–1906. Edition und Kommentar von Georg Schneider. (Sonderveröffentlichung des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg e. V., Bd. 27.) Bielefeld, Verlag für Regionalgeschichte 2023
- Antonio Scaglia, Max Weber – Der revolutionäre Wandel zur Moderne. Nichtlegitime Herrschaft und Demokratisches Charisma. Berlin, Duncker & Humblot 2024
- Stefan Berger / Philipp Müller (Eds.), Dynamics of Emigration. Émigré Scholars and the Production of Historical Knowledge in the 20th Century. Oxford, Berghahn 2022
- Hans-Peter Ullmann, Kontrolle und Beratung. Der deutsche Rechnungshof im Wechsel der politischen Systeme des 20. Jahrhunderts. Göttingen, Wallstein 2021
- Pepijn Corduwener, The Rise and Fall of the People’s Parties. A History of Democracy in Western Europe since 1918. Oxford, Oxford University Press 2023
- Dennis Werberg, Der Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten. Eine Veteranenorganisation und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus. (Zeitalter der Weltkriege, Bd. 25.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Günter Erbe, Nicolaus Sombart. Utopist, Libertin, Dandy. Köln, Böhlau 2023
- Jens Wehner, „Technik können Sie von der Taktik nicht trennen“. Die Jagdflieger der Wehrmacht. (Krieg und Konflikt, Bd. 15.) Frankfurt am Main, Campus 2022
- Stefanie Palm, Fördern und Zensieren. Die Medienpolitik des Bundesinnenministeriums nach dem Nationalsozialismus. (Veröffentlichungen zur Geschichte der deutschen Innenministerien nach 1945, Bd. 7.) Göttingen, Wallstein 2023
- Andrea Erkenbrecher, Oradour und die Deutschen. Geschichtsrevisionismus, strafrechtliche Verfolgung, Entschädigungszahlungen und Versöhnungsgesten ab 1949. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 126.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Jutta Braun, Politische Medizin. Das Ministerium für Gesundheitswesen der DDR 1950 bis 1970. Göttingen, Wallstein 2023
- Luiz Guilherme Burlamaqui, The Making of a Global FIFA. Cold War Politics and the Rise of João Havelange to the FIFA Presidency, 1950–1974. Übers. von John Ellis-Guardiola. (RERIS Studies in International Sport Relations, Vol. 1.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Louis Howard Porter, Reds in Blue. UNESCO, World Governance, and the Soviet Internationalist Imagination. Oxford, Oxford University Press 2023
- Erik Linstrum, Age of Emergency. Living with Violence at the End of the British Empire. Oxford, Oxford University Press 2023
- Jane Freeland, Feminist Transformations and Domestic Violence Activism in Divided Berlin, 1968–2002. (British Academy Monographs.) Oxford, Oxford University Press 2022
- Stephen Brooke, London, 1984. Conflict and Change in the Radical City. Oxford, Oxford University Press 2024
- Michael Hecker / Bärbel Friedrich, Die ostdeutschen Universitäten im vereinten Deutschland. Eine Erfolgsgeschichte in Ost-West-Perspektive. Halle, Mitteldeutscher Verlag 2023
- Eingegangene Bücher
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- Das Ende des Aufstiegs? Die Idee von einer „Abschließung des Ritterstandes“ neu gedacht
- „Kosmopolitischer Idealismus“ und „nationale Realpolitik“ Aspekte der Sicherheitspolitik der deutschen Liberalen zur Mitte des 19. Jahrhunderts
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- Privatrechtsgeschichte als Imperiengeschichte. Neue Wege zur Rechtsgeschichte des Habsburgerreichs
- Rezensionen
- John W. Arthur, Beer. A Global Journey through the Past and Present. Oxford, Oxford University Press 2024
- Christian Alexander Neumann (Ed.), Old Age Before Modernity. Case Studies and Methodological Perspectives, 500 BC – 1700 AD. Heidelberg, Heidelberg University Publishing 2023
- Birgit Aschmann / Klaus Herbers, Eine andere Geschichte Spaniens. Schlüsselgestalten vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Köln, Böhlau 2022
- Giacomo Bonan / Katia Occhi (Eds.), Environment and Infrastructure. Challenges, Knowledge and Innovation from the Early Modern Period to the Present. (Studies in Early Modern and Contemporary European History, Vol. 6.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
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- Christof Dipper, Die Entdeckung der Gesellschaft. Sattelzeit in Europa, 1770–1850. Berlin, Vergangenheitsverlag 2023
- Rainer Nicolaysen (Hrsg.), Hamburger Historikerinnen und Historiker im Gespräch. Interviews mit Gabriele Clemens, Hans-Werner Goetz, Frank Golczewski, Arno Herzig, Franklin Kopitzsch und Barbara Vogel. Göttingen, Wallstein 2024
- Frank Bernstein, Vergessen als politische Option. Zur Einhegung interner Konflikte in der Antike. Stuttgart, Steiner 2023
- John W. I. Lee, The First Black Archaeologist. A Life of John Wesley Gilbert. Oxford, Oxford University Press 2022
- Silvia Castelli / Ineke Sluiter (Eds.), Agents of Change in the Greco-Roman and Early Modern Periods. Ten Case Studies in Agency in Innovation. (Euhormos. Greco-Roman Studies in Anchoring Innovation, Vol. 4.) Leiden, Brill 2023
- Aaron Gebler, Die Verwendung und Bedeutung von Losverfahren in Athen und im griechischen Raum vom 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. (Hamburger Studien zu Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne, Bd. 27.) Stuttgart, Steiner 2024
- Madalina Dana, La correspondance grecque privée sur plomb et sur tesson. Corpus épigraphique et commentaire historique. (Vestigia. Beiträge zur alten Geschichte, vol. 73.) München, Beck 2021
- Julian Wünsch, Großmacht gegen lokale Machthaber. Die Herrschaftspraxis der Seleukiden an den Rändern ihres Reiches. (Philippika. Altertumswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 164.) Wiesbaden, Harrassowitz 2022
- Panayiotis Christoforou, Imagining the Roman Emperor. Perceptions of Rulers in the High Empire. Cambridge, Cambridge University Press 2023
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- Lucy Grig, Popular Culture and the End of Antiquity in Southern Gaul, c. 400–550. Cambridge, Cambridge University Press 2024
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- Katherine Ludwig Jansen, Peace and Penance in Late Medieval Italy. Princeton, NJ, Princeton University Press 2020
- Volker Leppin, Ruhen in Gott. Eine Geschichte der christlichen Mystik. München, Beck 2021
- Susanne Thürigen, Turm, Spiegel, Buch. Astronomische Tischuhren in Süddeutschland zwischen 1450 und 1650. (Object Studies in Art History, Bd. 6.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
- Daniel Bellingradt / Anna Reynolds (Eds.), The Paper Trade in Early Modern Europe. Practices, Materials, Networks. (Library of the Written Word, Vol. 89.) Leiden, Brill 2021
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- Jeremy Adler, Goethe. Die Erfindung der Moderne. München, Beck 2022
- Eduardo Posada-Carbó / Joanna Innes / Mark Philp (Eds.), Re-imagining Democracy in Latin America and the Caribbean, 1780–1870. Oxford, Oxford University Press 2023
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- Hans-Joachim Hoffmann, Johann Anton Joseph Hansen (1801–1875). Ein streitbarer Trierer Theologe und seine Anstöße zu Reformen in Kirche, Staat und Gesellschaft. Münster, Aschendorff 2023
- Katrin Brösicke, Kulturkontakt Krieg. Spanienbilder deutschsprachiger Teilnehmer am spanischen Unabhängigkeitskrieg 1808–1814. 2., durchges. und korr. Aufl. (Krieg in der Geschichte, Bd. 116.) Paderborn, Schöningh 2023
- M. Talha Çiçek, Negotiating Empire in the Middle East. Ottomans and Arab Nomads in the Modern Era, 1840–1914. Cambridge, Cambridge University Press 2023
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- Jens Wehner, „Technik können Sie von der Taktik nicht trennen“. Die Jagdflieger der Wehrmacht. (Krieg und Konflikt, Bd. 15.) Frankfurt am Main, Campus 2022
- Stefanie Palm, Fördern und Zensieren. Die Medienpolitik des Bundesinnenministeriums nach dem Nationalsozialismus. (Veröffentlichungen zur Geschichte der deutschen Innenministerien nach 1945, Bd. 7.) Göttingen, Wallstein 2023
- Andrea Erkenbrecher, Oradour und die Deutschen. Geschichtsrevisionismus, strafrechtliche Verfolgung, Entschädigungszahlungen und Versöhnungsgesten ab 1949. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 126.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Jutta Braun, Politische Medizin. Das Ministerium für Gesundheitswesen der DDR 1950 bis 1970. Göttingen, Wallstein 2023
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- Michael Hecker / Bärbel Friedrich, Die ostdeutschen Universitäten im vereinten Deutschland. Eine Erfolgsgeschichte in Ost-West-Perspektive. Halle, Mitteldeutscher Verlag 2023
- Eingegangene Bücher
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