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Editorial

Published/Copyright: August 9, 2022
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Archive und Bibliotheken befinden sich mehr denn je in einem intensiven Wettbewerb um technisch und digital qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Große Förderinitiativen wie die NFDI oder auch zunehmend digital forschende geisteswissenschaftliche Projekte, darunter immer mehr auch größere Projektgruppen, haben dazu geführt, dass die gesteigerte Nachfrage nach digital qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Laufe der letzten ein bis zwei Jahre voll auf alle abnehmenden Einrichtungen durchschlägt. Quasi täglich werden Stellenangebote in Mailinglisten und auf Portalseiten veröffentlicht. Im Mittelpunkt der Diskussion um qualifiziertes Personal steht die Frage, wie Archive und Bibliotheken Talente in einem wettbewerbsintensiven und sich wandelnden Arbeitsmarkt an sich binden und eine überzeugende und attraktive Laufbahn bieten können, die nicht unbedingt von Gehältern auf Marktniveau abhängt. Archive und Bibliotheken können zwar immer wieder mit unbefristeten Stellenangeboten punkten, es sind aber noch immer viel zu wenige Spezialistinnen und Spezialisten auf dem Markt. Wann das wachsende Angebot an wissenschaftlichen Qualifikationsstellen und die entsprechenden Absolventenzahlen auch auf Archive und Bibliotheken durchschlagen, die die geborenen Abnehmer dieser Programme sein könnten, ist unklar. International ist bereits von einer „Großen Resignation“ (The Great Resignation era: attracting and retaining research library talent, IARLA Symposium 14. Juni 2022) die Rede, was die Wettbewerbsfähigkeit von Informationseinrichtungen auf einem hart umkämpften Arbeitsmarkt angeht. Wenn es zumindest mittelfristig nur schwer möglich ist, neues qualifiziertes Personal zu rekrutieren, das die digitalen Angebote von Archiven und Bibliotheken weiterentwickeln kann, müssen Wege gesucht werden, das bereits in Bibliotheken befindliche Personal zu qualifizieren und die Institutionen von innen heraus umzustrukturieren.

Dieser Weg ist nicht einfach, sind passende Weiterbildungsangebote doch eher dünn gesät. Viele Hochschulen kämpfen gegenwärtig mit der allerdings durchaus umstrittenen Vorgabe, dass ihre Weiterbildungsangebote umsatzsteuerrechtlich als wirtschaftliche Tätigkeit bewertet werden müssen. Die Gebühren dieser Angebote werden bei einer solchen Bewertung so exorbitant hoch, dass dies die Teilnahme verhindert. Hinzu kommen die unterschiedlichen landesrechtlichen Vorgaben. Während etwa berufsbegleitende Bachelorstudiengänge in einigen Bundesländern untersagt sind, sind sie in anderen Bundesländern ausdrücklich gewollt. Außerdem fehlen einheitliche Regelungen, Lehrende in Nebentätigkeit oder auch über das Deputat zu beschäftigen. Somit tritt der Ausbau von Weiterbildungsangeboten als dritter Kernaufgabe von Hochschulen auf der Stelle. Gerade wenn aber talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter strukturiert für neue digitale Aufgaben weitergebildet werden sollen, sind jedoch bezahlbare und qualitätvolle Angebote im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung einfach essentiell.

Konstanze Söllner

Published Online: 2022-08-09
Published in Print: 2022-08-03

© 2022 bei der Autorin, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 30.12.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/abitech-2022-0027/html
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