Formulararbeitsverträge auf dem Prüfstand – Teil 1: Grundsätze der Klauselkontrolle
-
Wolfgang Hamann
Jährlich werden in Deutschland Millionen von Arbeitsverträgen geschlossen. Dabei gibt der Arbeitgeber zumeist den Vertragstext vor. Das hat vor allem praktische Gründe. Der Arbeitgeber muss sich nicht bei jeder Einstellung zeitraubend Gedanken über den Inhalt des Arbeitsvertrags machen. Ein »bewährtes« Arbeitsvertragsformular lässt inhaltliche Vollständigkeit und rechtliche Unbedenklichkeit vermuten. Außerdem wird so sicher gestellt, dass für die Arbeitnehmer zumindest grundsätzlich die gleichen Arbeitsbedingungen gelten. Das vereinfacht die Personalverwaltung und verhindert zugleich Unzufriedenheit innerhalb der Belegschaft. Rechtlich sind Formularverträge, die von einem Vertragsteil gestellt werden, als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) einzuordnen. Das war für Formulararbeitsverträge bis zur Reform des Schuldrechts wenig bedeutsam, nahm doch § 23 AGBG a. F. das Arbeitsrecht aus dem fachlichen Anwendungsbereich des AGBG aus. Deshalb befanden die Gerichte Klauseln in Arbeitsverträgen nur innerhalb sehr enger Grenzen für unwirksam. Es musste eine »gestörte Vertragsparität aufgrund struktureller Unterlegenheit des Arbeitnehmers« festgestellt werden. Das hat sich mit der zum 1.1.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsmodernisierung grundlegend geändert. Die arbeitsrechtliche Bereichsausnahme wurde im Prinzip aufgehoben. Gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB sind lediglich »die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen«. Damit ist mit den §§ 305 ff. BGB eine neue Grundlage für die Überprüfung von Arbeitsvertragsklauseln geschaffen. Das hat in der Praxis zu großer Unsicherheit bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen geführt. »Bewährtes« wurde auf den Prüfstand gestellt. Inzwischen gibt es eine umfangreiche Judikatur zu den typischen Vertragsklauseln, an der sich die Personalpraxis orientieren kann. Abgeschlossen ist die Entwicklung indes noch nicht. Dieser Beitrag zeigt in seinem ersten Teil die rechtlichen Grundlagen für die Beurteilung von Formulararbeitsverträgen auf. Im zweiten Teil werden typische Klauseln in Formulararbeitsverträgen untersucht.
© Copyright 2009 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, Berlin
Articles in the same Issue
- ZR Schönheitsreparaturenklausel mit starrer Fristenregelung im Gewerberaummietvertrag
- ÖR Missachtung des gemeindlichen Einvernehmens im Baugenehmigungsverfahren
- Zur Verfassung von Weimar – eine Einführung
- Der Erbschein (Teil 1)
- Formulararbeitsverträge auf dem Prüfstand – Teil 1: Grundsätze der Klauselkontrolle
- Der EuGH und die Goldenen Aktien – zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Kapitalverkehrsfreiheit
- Waffen und (gefährliche) Werkzeuge im Strafrecht
- Der andere Bologna-Prozess: Ursprünge europäischer Juristenausbildung im Mittelalter
- ZR Das neue FamFG
- ÖR Der Zweckveranlasser im Gefahrenabwehrrecht
- ÖR Die Untätigkeitsklage des Europäischen Gemeinschaftsrechts (Art. 232 I EGV)
- Arbeit und Soziales Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
- Die klassische Entscheidung »Über den Einfluß des Irrthums im Objekte beim Morde und bei der Anstiftung zu diesem Verbrechen.« – Zum 150-jährigen Jubiläum des Falls Rose-Rosahl
- Übungsklausur ZR Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a BGB als Möglichkeit zur Lösung vom Vertrag?
- Übungshausarbeit ÖR Der Wanderkessel
- Anfängerklausur StR Zwei Geisterfahrer begegnen sich: der beidseitige Verkehrsverstoß
- Übungsklausur Schwerpunktbereich Völker- und Europarecht Erbsenzählerei
- Masterstudiengang Medienrecht und Medienwirtschaft (LL.M.) in Köln
Articles in the same Issue
- ZR Schönheitsreparaturenklausel mit starrer Fristenregelung im Gewerberaummietvertrag
- ÖR Missachtung des gemeindlichen Einvernehmens im Baugenehmigungsverfahren
- Zur Verfassung von Weimar – eine Einführung
- Der Erbschein (Teil 1)
- Formulararbeitsverträge auf dem Prüfstand – Teil 1: Grundsätze der Klauselkontrolle
- Der EuGH und die Goldenen Aktien – zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Kapitalverkehrsfreiheit
- Waffen und (gefährliche) Werkzeuge im Strafrecht
- Der andere Bologna-Prozess: Ursprünge europäischer Juristenausbildung im Mittelalter
- ZR Das neue FamFG
- ÖR Der Zweckveranlasser im Gefahrenabwehrrecht
- ÖR Die Untätigkeitsklage des Europäischen Gemeinschaftsrechts (Art. 232 I EGV)
- Arbeit und Soziales Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren
- Die klassische Entscheidung »Über den Einfluß des Irrthums im Objekte beim Morde und bei der Anstiftung zu diesem Verbrechen.« – Zum 150-jährigen Jubiläum des Falls Rose-Rosahl
- Übungsklausur ZR Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a BGB als Möglichkeit zur Lösung vom Vertrag?
- Übungshausarbeit ÖR Der Wanderkessel
- Anfängerklausur StR Zwei Geisterfahrer begegnen sich: der beidseitige Verkehrsverstoß
- Übungsklausur Schwerpunktbereich Völker- und Europarecht Erbsenzählerei
- Masterstudiengang Medienrecht und Medienwirtschaft (LL.M.) in Köln