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Narrative Exempelkritik. Eine Erwiderung

  • Ralf-Henning Steinmetz
Veröffentlicht/Copyright: 15. Januar 2008
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Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur
Aus der Zeitschrift Band 125 Heft 3

Die ›Sieben weisen Meister‹, diese von ihrer Entstehung bis in die 1920er Jahre auch in Deutschland prominente Novellensammlung, wurde von der Germanistik des 20. Jahrhunderts beinahe völlig vergessen. Um so erfreulicher ist es, daß inzwischen eine kontroverse Diskussion über die Deutung der ›Historia septem sapientum‹, der lange vernachlässigten lateinischen Vorlage beinahe aller deutschen Fassungen, in Gang kommt. Detlef Roth hat in dieser Zeitschrift vor kurzem die These aufgestellt, die ›Historia‹ sei als geistliche Erbauungsliteratur verfaßt worden. Gegen diese These wäre an sich wenig einzuwenden, wenn sie nicht einseitig wäre und die Komplexität eines Textes unterliefe, der in der ältesten uns erhaltenen Fassung, wie sie im Innsbrucker Codex latinus 310 (J) überliefert wird, bereits zahlreiche Bearbeitungsstufen hinter sich hat. Mit seiner einsinnigen Interpretation wendet sich Roth gegen die Auffassung, die ›Historia‹ sei als narrative Kritik des Argumentierens mit Exempeln konzipiert worden. Dafür führt er drei Argumente ins Feld. 1. »Die Textgrundlage läßt sich nicht als vom Autor intendiert erweisen« (S. 85). 2. Die exempelkritische These messe »die Exempla der Kaiserin und die der Meister mit unterschiedlichen Maßstäben« (ebd.). 3. Die Binnenerzählungen der ›Historia‹ hätten nicht »die Funktion argumentativer Exempla, mit deren Hilfe etwas bewiesen bzw. widerlegt werde« (ebd.). Was ist davon zu halten? Manche Feststellungen Roths sind im einzelnen richtig. Doch lassen sich seine Thesen damit auch beweisen? Ich lege meine Zweifel an der Richtigkeit vieler Textbeobachtungen und vor allem an der Schlüssigkeit der vorgetragenen Argumente dar.

Online erschienen: 2008-01-15
Erschienen im Druck: 2003-December-19

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2003

Heruntergeladen am 12.10.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/BGSL.2003.524/html
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