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Die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten

  • Julia Bredtmann EMAIL logo and Lisa Sofie Höckel EMAIL logo
Published/Copyright: November 15, 2024

Zusammenfassung

In der bestehenden Literatur werden langfristig positive Effekte von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung auf verschiedene Arbeitsmarktindikatoren beschrieben. Unklar ist bislang jedoch, inwiefern die Förderung der beruflichen Weiterbildung zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten beitragen kann. Julia Bredtmann und Lisa Sofie Höckel untersuchen daher anhand der Sondersituation der Fluchtmigration seit 2015 mit Hilfe administrativer Daten und einer Propensity-Score-Methode die kurz- und mittelfristigen Effekte von Weiterbildungsmaßnahmen auf die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Es zeigt sich, dass sich die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme positiv auf die Beschäftigungswahrscheinlichkeit und die Höhe des erzielten Lohns auswirkt. Dabei variieren die Effekte für verschiedene Personengruppen, beispielsweise in Bezug auf das Geschlecht sowie das Alter der Geflüchteten.

JEL Classification: J24; J61; J68
  1. Anmerkung: Dieser Beitrag nimmt Bezug auf Forschungsergebnisse, die im Zusammenhang mit der Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete entstanden sind (Bonin et al. 2021). Dieses Evaluationsvorhaben wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) finanziert und in den Jahren 2017–21 durch das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW), das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen sowie das Marktforschungsunternehmen Kantar durchgeführt. Die hier vertretenen Ansichten geben allein die Meinung der Autorinnen und nicht unbedingt die Ansicht des Auftraggebers der Begleitevaluation oder der übrigen daran beteiligten Institutionen oder Personen wieder.

Literaturverzeichnis

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Anhang

Tabelle A1:

Soziodemografische und erwerbsbiografische Merkmale der Teilnehmenden und Nicht-Teilnehmenden an einer FbW-Maßnahme

  

FbW-Teilnehmende

Nicht-Teilnehmende

t-Test/χ2-Test (in Tsd.)

Geschlecht

  

  

 0.5*** 

weiblich

10

18

Altersgruppe

  

  

 1,8*** 

jünger als 25 Jahre

17

35

25–34 Jahre

49

35

35–44 Jahre

24

20

45 Jahre und älter

9 

11

Höchster Schulabschluss

  

  

 2,6*** 

ohne Schulabschluss

29

42

Haupt-/Volksschulabschluss

11

14

Mittlere Reife

7 

6 

Fachhochschulreife oder Abitur

46

26

Höchster beruflicher Abschluss

  

  

 3,2*** 

keine abgeschlossene formale Berufsausbildung

68

81

Berufsausbildung

8 

5 

Studienabschluss

23

9 

Beruflicher Abschluss in Deutschland anerkannt 

  

  

 0,2*** 

ja

87

84

Familienstand

  

  

 0,4*** 

ledig

52

49

verheiratet oder in Lebenspartnerschaft

42

41

Zahl der Kinder

  

  

  0,6***

keine

73

66

1–2

17

17

3 und mehr

9 

10

Einreisedatum

  

  

 0,6*** 

2015

76

65

2016

13

16

2017–18

2 

5 

Aufenthaltsstatus

  

  

 0,4*** 

Aufenthaltserlaubnis

83

88

Aufenthaltsgestattung

16

11

Duldung

1 

1 

Erwerbshistorie

  

  

  

Dauer seit Erstkontakt mit BA (Median in Tagen)

657

556

24,1***

jemals beschäftigt seit Erstkontakt mit BA

32

30

 4,1***

Dauer Beschäftigung seit Erstkontakt mit BA (Median in Tagen) 

147

153

 2,4**

jemals arbeitslos seit Erstkontakt mit BA

99

98

12,6***

Dauer Arbeitslosigkeit seit Erstkontakt mit BA (Median in Tagen)

581

486

45,6***

Anmerkung: Die Gruppe der Teilnehmenden schließt alle Personen ein, die im jeweiligen Monat zwischen August 2017 und September 2018 in eine FbW-Maßnahme eingetreten sind. Die Gruppe der Nicht-Teilnehmenden schließt alle potenziellen Kontrollpersonen für die jeweilige Monatskohorte ein. Für die Teilnehmenden wird der Stand zum Zeitpunkt des Maßnahmeneintritts gemessen. Für die Nicht-Teilnehmenden wird der Stand im jeweiligen Monat der Nicht-Teilnahme gemessen. Die letzte Spalte zeigt das Ergebnis eines t-Tests (für kontinuierliche Variablen) bzw. eines χ2-Tests (für dichotome und kategoriale Variablen) auf statistische Unterschiedlichkeit der Ausprägungen für Teilnehmende und Nicht-Teilnehmende. *, **, *** weisen auf eine statistische Signifikanz von jeweils 10 %, 5 % und 1 % hin.

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Grundlage von Daten der Bundesagentur für Arbeit

Tabelle A2:

Güte des Matchings (Balancing-Statistik)

Stichprobe

Pseudo-R2

LR chi2

P>chi2

Mean Bias

Median Bias

B 

R 

%Var

ungematched

0,0061

721,86

0,000

11,1

6,2

96,8*

0,49*

50

gematched

0,001

1,30

1,000

0,5

0,2

5,6

0,89

33

Anmerkungen: Spalte 2 zeigt das Pseudo-R2 aus der Probit-Schätzung der bedingten Treatmentwahrscheinlichkeit (Propensity Score) für alle Variablen sowohl vor als auch nach dem Matching. Die Spalten 3 und 4 zeigen die entsprechenden (p-)Werte des Likelihood-Ratio-Tests auf die gemeinsame Insignifikanz aller Regressoren vor und nach dem Matching. Die Spalten 5 und 6 zeigen die mittlere und mediane Verzerrung als zusammenfassende Indikatoren der Verteilung der absoluten Verzerrung. Die Spalten 7 und 8 zeigen das Rubins‘ B, also die absolute standardisierte Differenz der Mittelwerte des linearen Indexes des Propensity Scores in der Treatment- und (gematchten) Kontrollgruppe, und Rubins‘ R, also das Verhältnis der Varianzen des Propensity-Score-Index zwischen Treatment- und (gematchter) Kontrollgruppe. * gibt an, dass die entsprechenden Werte außerhalb der empfohlenen Grenzwerte (B kleiner als 25 und R zwischen 0,5 und 2) liegen, die eingehalten werden müssen, damit die Stichproben als ausreichend ausgewogen gelten. Spalte 9 gibt den Anteil der kontinuierlichen Variablen an, die Varianzverhältnisse aufweisen, die das 2,5. und 97,5. Perzentil der F-Verteilung überschreiten.

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Grundlage von Daten der Bundesagentur für Arbeit

Tabelle A3:

Heterogene durchschnittliche Effekte von FbW-Maßnahmen auf die Qualität der Beschäftigung

Frauen

Männer

Junge

Ältere

Dauer bis zum Eintreten der Wirkung

  

  

Wahrscheinlichkeit, jemals die Arbeitslosigkeit (AL) zu verlassen

  0,18***

  0,16***

  0,13***

  0,18***

  

(0,02)

(0,01)

(0,01)

(0,01)

Dauer bis zum Verlassen der AL (in Monaten)

  1,56***

 –0,41***

 –0,79***

 –0,12

  

(0,35)

(0,10)

(0,21)

(0,10)

Wahrscheinlichkeit, jemals eine Beschäftigung aufzunehmen

  0,20***

  0,12***

  0,11***

  0,14***

  

(0,02)

(0,04)

(0,01)

(0,01)

Dauer bis zur Aufnahme einer Beschäftigung (in Monaten)

  0,77***

 –0,03

 –0,51***

  0,21***

  

(0,27)

(0,07)

(0,15)

(0,07)

Zeit in Beschäftigung insgesamt (in Tagen)

 59,10***

 55,93***

 58,92***

 58,42***

(6,23)

(2,32)

(5,18)

(2,42)

Stabilität der Beschäftigung

  

  

Dauer des ersten Beschäftigungsverhältnisses (in Tagen)

 –0,050

  8,54***

 14,36***

  5,47**

  

(8,02)

(2,00)

(4,35)

(2,15)

Dauer aller Beschäftigungsverhältnisse (in Tagen)

 59,840

 23,48***

 32,94***

 17,60***

  

(8,99)

(2,31)

(5,03)

(2,50)

Anzahl der neu aufgenommen Beschäftigungsverhältnisse

 –0,010

  0,10***

  0,16***

  0,07***

  

(0,04)

(0,02)

(0,038)

(0,02)

Löhne und Hilfebezug

  

  

  

  

Tagesentgelt im ersten Beschäftigungsverhältnis (in Euro)

  9,77***

 13,49***

  7,89***

 14,02***

  

(1,44)

(0,37)

(0,64)

(0,42)

Lohnsumme (in 1.000 Euro)

  3,05***

  5,92***

  4,75***

  5,63***

  

(0,63)

(0,20)

(0,38)

(0,22)

Dauer des Hilfebezugs (in Tagen)

–27,69***

–42,54***

–51,73***

–44,28***

  

(8,91)

(2,66)

(6,19)

(2,75)

Anmerkungen: *, **, *** weisen auf eine statistische Signifikanz von jeweils 10 %, 5 % und 1 % hin. Gezeigt sind die durchschnittlichen Teilnahmeeffekte sowie die entsprechenden Standardfehler auf Basis von Matching-Analysen. „Junge“ bezieht sich auf Geflüchtete, die jünger als 25 Jahre alt sind, und „Ältere“ auf Geflüchtete, die 25 Jahre und älter sind.

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Grundlage von Daten der Bundesagentur für Arbeit

Online erschienen: 2024-11-15
Erschienen im Druck: 2024-11-28

© 2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 24.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/pwp-2023-0048/html
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