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#networkframework – Framework Information Literacy Lessons (FILL) aus der Praxis für die Praxis

  • Tessa Sauerwein

    Tessa Sauerwein M.A.

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Published/Copyright: November 9, 2022
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Zusammenfassung

Digitale Informationskompetenz (IK) ist die Zukunft. Das erfordert neue Ideen und interaktive Wege der Vermittlung, aber vor allem die agile Vernetzung von Bibliotheken. Aber wie können wir diesen Herausforderungen gemeinsam begegnen und unsere Kurse zur IK nachhaltig und innovativ gestalten? Dieser Leitfrage geht der folgende Beitrag nach und präsentiert als Lösungsansatz das neue #networkframework. Es stärkt länderübergreifenden Austausch, vernetzt Aktivitäten und verbreitet Praxisbeispiele rund um das Framework Informationskompetenz in der Hochschulbildung (Framework): Diese Framework Information Literacy Lessons (FILL) stellt #networkframework im Open Access zur Nachnutzung zur Verfügung.

Abstract

Digital information literacy (IL) is the future, and that calls for new concepts and interactive paths of communication, and, more importantly, agile networking platforms for libraries. So how can we jointly meet these challenges and offer IL courses on a sustainable and innovative basis? The article addresses these questions suggesting the new #networkframework as a viable solution. Improving national and international exchange, it bundles networks activities and disseminates practical examples around the Framework Information Literacy in Higher Education (Framework): The Framework Information Literacy Lessons (FILL) are now made available via open access by #networkframework for further use.

1 Was ist #networkframework?

Digitale Informationskompetenz (IK) ist die Zukunft.[1] Das ist mittlerweile zwar allgemeiner Konsens, aber für viele Informationseinrichtungen noch ein Desiderat. Zuletzt zeigte das der Bibliothekskongress in Leipzig im Juni 2022. Das Framework ist längst mehr als ein Trend – nämlich das Erfolgsmodell, um diese Vision zu realisieren. Dafür sei die Übersetzung seiner Theorie durchaus nützlich, aber die zentrale Herausforderung bleibe die Praxis, so der Tenor der Teilnehmenden. Aber wie können wir dem gemeinsam begegnen und derartige Kurse nachhaltig und innovativ gestalten?

Klar ist, die Digitalisierung generiert neuartige Aufgabenfelder mit unkonventionellen Themen (z. B. Identifizieren und Bekämpfung von Fake Science) außerhalb der IK-Komfortzone. Schon deshalb sind neue Ideen und interaktive Wege der Vermittlung gefragt, aber vor allem die agile Vernetzung von Bibliotheken.

Aus diesem Hintergrund entstand der Gründungsimpuls zum #networkframework. Wertvolle Anregungen erhielt das Kooperationsprojekt durch kollegiale Beratung. Es basiert auf dem US-amerikanischen Framework for Information Literacy for Higher Education, das im deutschsprachigen Raum Framework Informationskompetenz in der Hochschulbildung heißt.[2] Seine sechs Frames setzen seit 2016 folgende Maßstäbe für die Haltungen, die in Bibliotheksangeboten vermittelt werden können: Wissenschaft als Diskurs, Informationen haben einen Wert, Forschung als Hinterfragen, Informationen schaffen als schöpferischer Prozess, Autorität ist konstruiert und kontextbezogen, Suche als strategische Erkundung. Aber was genau ist darunter zu verstehen und was soll man am Ende damit machen?

Aus dem buchstäblich großen Interpretationsspielraum dieser Frames erwachsen, selbst in ihrem Herkunftsland, Unsicherheiten und Skepsis, die mitunter konkrete Anwendungshürden im Berufsalltag darstellen.[3] Um sie zu überwinden, ist eine öffentlichkeitswirksame Netzwerkarbeit mit multiprofessionellen Weiterbildungsmaßnahmen notwendig.

#networkframework bietet dafür einen tragfähigen Lösungsansatz mit einer intuitiven wie international verständlichen Vermittlungsmethode: die unkomplizierte Verbreitung von Beispielen aus der Praxis für die Praxis. Diese liefert vielfältige Antworten darauf, was das Framework rund um die Schulungskonzeption alles kann und wie es umsetzbar ist, z. B. in einer FILL.[4] #networkframework adressiert Bibliothekar*innen, die das Framework in Kursen, Initiativen oder Projekten einbeziehen oder dies beabsichtigen.

Abb. 1: Logo des neuen #networkframework.
Abb. 1:

Logo des neuen #networkframework.

Das Logo des #networkframework (Abb. 1) spiegelt die Framework-Prinzipien abstrakt und minimalistisch wider. Aber warum gerade ein Spielwürfel als zentrales Element? Damit soll ein multidimensionales wie ganzheitliches Verständnis von IK zum Ausdruck kommen. Wie die Frames können die Würfelseiten ohne Beachtung einer Reihenfolge, einzeln oder kombiniert, betrachtet werden. So ist es möglich, verschiedene Perspektiven, z. B. die der Lehrenden und/oder der Lernenden, einzunehmen. Das korrespondiert mit der langfristig ausgerichteten Strategie des #networkframework, IK gemeinsam zu bereichern und dadurch voranzubringen. Dementsprechend ist das Logo in einen bunten spielerischen Kontext eingebunden, der sie kollaborativ und abwechslungsreich ausgestalten will.

Dieser Artikel bildet den experimentellen Auftakt zu einer Sammlung framework-affiner Konzeptvorschläge, die als Serie in loser Folge erscheinen. Sie sind Herzstück wie Ergebnisse von FILL-Workshops, die für einen kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit Informationen plädieren. Diese Veranstaltungen finden regelmäßig in verschiedenen Einrichtungen und mit unterschiedlicher Besetzung (z. B. Bibliothekar*innen, Studierende) statt. Im Rahmen des #networkframework sollen ausgewählte Arbeitsergebnisse dokumentiert und geteilt werden. Ein begleitender Erlebnisbericht zeichnet relevante Entstehungsprozesse der FILL nach, um weitere anzustoßen. Ziel ist es, dadurch eine – auch extern nachnutzbare – Inspirationsquelle bereitzustellen.

2 Was leistet #networkframework?

#networkframework ermittelt, bündelt und vernetzt didaktische Ressourcen und personelle Kapazitäten zu einer virtuellen Austauschplattform. Das gibt Bibliothekar*innen praktische Anregungen zur Kursgestaltung und zur Weiterentwicklung der eigenen Informationskompetenz. Das entlastet interne Workflows durch kollaborative Synergien, die sich zwischen allen Beteiligten entfalten. Durch ihr aktives Engagement und konstruktives Feedback wird #networkframework modelliert, evaluiert und stetig erweitert. Der Mehrwert von #networkframework liegt also in einem kostenfreien Modernisierungsschub für das IK-Portfolio von Bibliotheken. Er setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

Input und Motivation: #networkframework greift proaktiv Bedarfe aus der Praxis auf und gibt sie für die Praxis frei. Das lädt dazu ein, die eigene Expertise einzubringen, kritisch zu hinterfragen und zu erweitern.

Innovation und Kreativität: #networkframework setzt auf transnationalen und -organisatorischen Dialog. Das baut Schwellenängste ab, erschließt neue Wege für Informationskompetenz und regt an, sie gemeinsam zu gehen.

Teilnehmeraktivierung und Interaktion: #networkframework legt seinen Fokus auf die Handlungsorientierung seiner Teilnehmenden, die sich miteinander über ihre Erfahrungen aktiv austauschen. Von ihrem Output profitieren alle Wissenschaftsakteure.

Open Access und Kooperation: #networkframework fungiert als offene, flexible Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis. Seine Erkenntnisse und Synergien können unkompliziert, da zeit- und raumunabhängig nachgenutzt werden.

Transformation und Übertragbarkeit: #networkframework richtet sich an Bibliothekar*innen mit verschiedenen Lehrniveaus und in unterschiedlichen Organisationsformen. Seine Ergebnisse sind übertragbar und können individuell angepasst werden (z. B. an Fachdisziplin, Zielgruppe oder Technologien).

Effekt und Reichweite: #networkframework impliziert durch die Frames einen Perspektivwechsel und trägt so zur Profilierung des Kursangebots bei. Das vergrößert den Nutzer*innenkreis und den Aktionsradius des Framework.

Qualitätsmanagement und -sicherung: #networkframework professionalisiert Informationskompetenz. Angelehnt an ein Peer-Review-Prinzip ist Austausch und Disput erwünscht. Das zertifiziert die Qualität der Beiträge und setzt damit zukunftsfähige Standards.

Zukunftsrelevanz und Nachhaltigkeit: #networkframework soll als zukunftssicherndes Instrument in der Informationslandschaft etabliert werden. Das koordiniert und stärkt eine Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Bibliothekar*innen und ihren Nutzer*innen.

3 Welche Ergebnisse liefert #networkframework?

Abb. 2: FILL-Team an der HföD, Kurs 2020/23 mit Maskottchen „Theo Thesaurus“.
Abb. 2:

FILL-Team an der HföD, Kurs 2020/23 mit Maskottchen „Theo Thesaurus“.

Den Start der Serie zu #networkframework bilden Beiträge aus dem diesjährigen FILL-Workshop im Sommersemester 2022 an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (HföD), Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen, in München. Dieser stand unter dem Motto „Probieren geht über Studieren“. Die facettenreiche Thematik „Framework“ ist ein integraler Bestandteil des dualen Ausbildungsprogramms, woran sich ein hoher Stellenwert für das gesamte Bibliothekswesen ablesen lässt.

Im Workshop galt es, eine Gebrauchsanleitung für die Frames zu entwickeln. Zudem sollte ausgetestet werden, wie sie im Schulungsbetrieb ein- und umgesetzt werden können. Insbesondere sollten aktuelle wie kritische Aspekte (z. B. Fake Science, Künstliche Intelligenz) miteinbezogen werden.

Gefragt war dafür die Expertise von siebzehn kreativen Köpfen, allesamt Nachwuchsbibliothekar*innen im vierten Semester (Abb. 2). Schon das breitgefächerte Spektrum ihrer Teamprojekte[5] zeigt, wie personenbezogene Bibliotheksdienstleistungen aussehen sollten: integrativ, praxisnah und nutzerfreundlich. Im Hinblick darauf musste das Framework seine Kompatibilität umgebungsunabhängig (on-, offline oder hybrid) unter Beweis stellen. Dafür bietet es sich an, es zu zerlegen, zu visualisieren und anschließend zur Diskussion zu stellen. Das gelingt gemeinsam am besten, ob im Posterlauf oder im Spiel „Fill the Frames“[6] (Abb. 3). Dennoch empfanden es einige Studierende als nicht unproblematisch, die Frames gesondert zu betrachten. Deutlich wurde das am Beispiel des Frames „Informationen schaffen als schöpferischer Prozess“, der das forschungsleitende Prinzip verkörpert. Dieser Frame stellt inhaltliche Zusammenhänge zu den anderen her und verzahnt sie miteinander. Zum Tragen kommt das u. a. im Bereich des wissenschaftlichen Arbeitens und Publizierens. Die Ausgestaltung der Poster spiegelt wider, dass die Frames im Verlauf des Workshops auch in einen ganzheitlichen Kontext eingebettet wurden.

Abb. 3: „Fill the Frames!“ – Prozess und Ergebnis.
Abb. 3:

„Fill the Frames!“ – Prozess und Ergebnis.

Dementsprechend sind die Frames nach Meinung der Studierenden vergleichbar mit Puzzleteilen (Abb. 3). Alle zusammen konstituieren ein in sich schlüssiges Mindset, das zum Nachdenken anregt und dadurch die Mechanismen der Informationswelt entschlüsselt. Die Frames ermöglichen es sogar, sich mit dem eigenen Selbstverständnis auseinanderzusetzen und darüber hinaus zu reflektieren. Aber wie verorten und definieren die Teilnehmenden selbst ihre Position im Geflecht der Frames? Ihre Doppelrolle als Studierende und Bibliothekar*innen wird in dem Workshop unter die Lupe genommen. Sie erwies sich von Vorteil, um unbefangen an die Aufgabenstellung der FILL heranzugehen und daraus passgenau Anforderungsprofile abzuleiten. In Gruppen wurden insgesamt fünf solcher Vorschläge erarbeitet und anschließend im Plenum vorgestellt. Die entstandenen Kompaktkurse im Steckbriefformat charakterisieren zunächst ihre selbstgewählte Zielgruppe (Heimatforscher, Erstsemester der Anglistik, Schüler*innen, Studierende vor Abschluss ihrer Bachelorarbeit). Sie beachten deren heterogene Informationsbedürfnisse ebenso wie individuelle Vorerfahrungen. Zur Überraschung der Studierenden ließen sich die Frames erstaunlich schnell mit Inhalt füllen. Ihr Grundgerüst gibt dafür ausreichend Struktur und lässt aber gleichzeitig genug Raum für selbstgesteuerte Kursdesigns.

Abb. 4: #networkframework – FILL-Beitrag „Trägst du noch vor oder methodierst du schon?“
Abb. 4:

#networkframework – FILL-Beitrag „Trägst du noch vor oder methodierst du schon?“

Einer der FILL-Beiträge mit dem Titel „Trägst du noch vor oder methodierst du schon?“ stellt einen experimentellen Methodenkoffer für die Zielgruppe der Nachwuchsbibliothekar*innen vor. Er bietet die Chance, einen Mix aus Durchführungsarten für Lehrinhalte (z. B. Fishbowl, Planspiel, Quiz) abseits des Frontalunterrichts kennenzulernen.

Das ergänzt das eigene Repertoire und den Erfahrungsschatz, was dem späteren Berufsleben zugutekommt. Und noch weit mehr: Ohne sich gegenseitig zu unterstützen, wäre ein solches Ergebnis in dieser Form und in relativ kurzer Zeit wohl nicht möglich gewesen. Diese wertschätzende Philosophie, die im Framework angelegt ist, überträgt sich auf seine Rezipienten und prägt auch das #networkframework. Daraus resultiert eine spannende und produktive Arbeitsatmosphäre, die vom lebendigen Miteinander und Rückmeldungen lebt.

4 Wie könnte die Zukunft von #networkframework aussehen?

Das Geheimnis der FILL liegt darin, soziale Erlebnisse zu schaffen, die begeistern und allen Beteiligten Spaß machen. Letztlich ist das der entscheidende Faktor, um Zielgruppen zu erreichen und die Zugkraft von Lernorten zu erhöhen. In Konsequenz werden Bibliotheken nach außen als leistungsstark wahrgenommen, ihre Angebote weiterempfohlen und besucht.

#networkframework transformiert Schulungen zu Kursen mit Wiedererkennungswert und erhöht die Besuchsquote. Seine Ausrichtung am Puls der Praxis gewährleistet dauerhafte Aktualität. Insgesamt spiegelt das die Bedeutung des #networkframework wider, die sich im Zuge der Globalisierung multiplizieren wird. Wie kann das geschehen?

Das englischsprachige Hashtag #networkframework funktioniert wie ein Schlagwort. Es wird gesetzt, um entsprechende Inhalte medienübergreifend (z. B. in Publikationen, Blogs und sozialen Netzwerken) sichtbar zu machen und zu interessanten Framework-Praxisbeispielen zu verlinken. Diese Vorgehensweise soll es vereinfachen, den Facettenreichtum des Framework zu entdecken und weiterzuentwickeln. Das katalysiert und transportiert einen länderübergreifenden Diskurs, der Bewegung in die Informationslandschaft bringt, die wie digitale IK keine Grenzen kennt.

Dafür sind eine aktive Beteiligung sowie persönlicher Einsatz ganz entscheidend. Der Aufruf zur Verwendung des #networkframework geht deshalb an alle Pioniere weltweit, die das Framework nutzen und ihre Ideen mit dem Netzwerk teilen wollen. Denn wir wollen gemeinsam mehr erreichen – jeder Beitrag zählt!

About the author

Tessa Sauerwein M.A.

Tessa Sauerwein M.A.

Published Online: 2022-11-09
Published in Print: 2022-11-07

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 26.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bd-2022-0099/html
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