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„Feuergriffel“ – Mannheimer Stadtschreiber für Kinder- und Jugendliteratur

Eine öffentliche Bibliothek engagiert sich in der Literaturförderung
  • Bettina Harling

    Bettina Harling

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Published/Copyright: November 9, 2022
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Zusammenfassung

Die Stadtbibliothek Mannheim schreibt seit 2006 alle zwei Jahre ein Stadtschreiber-Stipendium für Kinder- und Jugendbuchautor*innen aus. Drei Monate leben und arbeiten die Preisträger*innen im Turm der Alten Feuerwache. Die Stadtbibliothek sorgt für Begegnungen zwischen den Schreibenden und kleinen und großen Mannheimer*innen. Was als besondere Aktion zum Stadtjubiläum 2007 begann, hat inzwischen einen festen Platz im Kalender der Stadt und mit dem BUNTSTIFT auch noch einen kleinen Bruder bekommen. Hier prämieren Vorschulkinder ihren liebsten Bilderbucherstling.

Abstract

Since 2006, the municipal library of the city of Mannheim has biennially awarded a residency grant for authors of children’s and young adult literature for a period of three months, during which these writers live and work at Mannheim’s Alte Feuerwache tower. The library regularly organises encounters between the writers and small and grown-up citizens of Mannheim. Initially a special programme in the context of the 2007 city anniversary, it has become a fixture in the city’s event calendar. With the BUNTSTIFT award, the programme has got a little ‘brother’ designed for pre-schoolers to award a prize to their favourite first picture book.

1. Ausschreibung

2007 wurde in Mannheim das 400. Stadtjubiläum gefeiert. Jede Institution war im Vorfeld dazu aufgerufen über eine besondere Aktion für das Jubiläumsjahr nachzudenken. Die Stadtbibliothek entwickelte verschiedene Ideen und entschied sich zusammen mit dem Förderkreis der Bibliothek für ein Stadtschreiber-Stipendium für Kinder- und Jugendbuchautor*innen. Ziel war es von Anfang an zwei Dinge miteinander zu verbinden: Einem Autor oder einer Autorin drei Monate Zeit für kreative Arbeit zu geben und damit den Austausch zwischen Schreibenden und ihrer Zielgruppe zu ermöglichen – aber auch Mannheimer Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten, den Entstehungsprozess eines Buches mitzuerleben. Auf diese schöne Idee folgten jede Menge Fragen. Wo findet man eine passende Wohnung? Wie finanziert man das Ganze? Und wie erreicht man potenzielle Stipendiat*innen? Aber das Projekt sollte auch einen passenden Namen und ein Logo bekommen. Die Namensfindung lief über einen kleinen Wettbewerb unter den Mitarbeiter*innen. Es gab verschiedene Vorschläge, die sich meist um ein Schreibwerkzeug drehten wie Feder, Stift oder die altmodische Bezeichnung Griffel. Das Feuer kam über die Wohnung dazu. Diese fanden wir nämlich im Kulturzentrum Alte Feuerwache[1]. Im ehemaligen Schlauchturm gibt es zwei kleine Künstlerwohnungen und wir hatten das große Glück, die obere für drei Monate nutzen zu dürfen. Den Schriftzug und das passende Logo entwarf eine Studierende der Mannheimer Hochschule für Gestaltung.

Jetzt konnte es losgehen. Die Resonanz war großartig. Zwischen April und September 2006 trafen 43 Bewerbungen ein. Die Jury las, diskutierte und nominierte am Ende: Tamara Bach, Aygen-Sibel Çelik und Michael Wildenhain. Am Ende wurde Tamara Bach[2] unsere erste „Feuergriffel“-Stadtschreiberin und lebte und arbeitete von April bis Juli 2007 in der sehr ungewöhnlichen Wohnung hoch über Mannheim. Ungewöhnlich ist vieles an der Wohnung: die Lage hoch oben mit Blick über die Stadt, die kulturelle Nachbarschaft (Kinder- und Jugendtheater und Kulturzentrum), der Weg nach oben über viele, viele Stufen einer Wendeltreppe und der Grundriss. Eigentlich eine Ein-Zimmer-Wohnung mit Küchenzeile und Bad, aber mit vielen Ecken und Fenstern in fast alle Himmelsrichtungen.

Abb. 1: Das „Feuergriffel“-Logo mit Schriftzug. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 1:

Das „Feuergriffel“-Logo mit Schriftzug. © Stadtbibliothek Mannheim.

Tamara Bach war keine Unbekannte und brachte als Preisträgerin des Deutschen Jugendliteraturpreises 2004 nicht nur eine spannende Buchidee, sondern zwei Jugendromane mit nach Mannheim. Eine gute Basis für Lesungen, Werkstattgespräche und weitere Aktionen. Bei der Abschluss-Veranstaltung nach drei Monaten gab es für die Zuhörer*innen erste Auszüge aus dem Mannheim-Buch zu hören und für Tamara Bach einen symbolischen „Feuergriffel“ und ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Im Laufe der Jahre wurde entschieden, das Preisgeld zu teilen. Inzwischen gibt es 3.000 Euro am Ende des Aufenthaltes und weitere 3.000 Euro bei Veröffentlichung des Buches.

2. Ausschreibung

Die Jubiläumsjahr-Aktion lief so gut, dass es keine einmalige Sache bleiben sollte. Darüber waren sich Stadtbibliothek und Förderkreis einig und auch die Sponsoren zogen mit. Dies war der wichtigste Aspekt, denn der gesamte „Feuergriffel“ ist bis heute ausschließlich über Sponsoren finanziert. Es gibt Unterstützer, die über viele Jahre dabeigeblieben sind. Für andere war es eine einmalige Sache, aber immer ging es darum, ein Projekt in der eigenen Stadt und für Kinder und Jugendliche zu fördern. Im ersten Jahr waren dies der Energieversorger MVV Energie AG, die Heinrich-Vetter-Stiftung und die Firma Lochbühler, die seit vielen Generationen Aufzüge in Mannheim baut. Seit 2014 gehört die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG zu den Unterstützern und aktuell ist die „Karin und Carl-Heinrich-Esser-Stiftung“ zum zweiten Mal dabei. Auch die „Bülent Ceylan für Kinder-Stiftung“ unterstützte das Projekt in einem Jahr. Und zum Glück durften wir über all die Jahre die ungewöhnliche Turmwohnung nutzen.

Die zweite Ausschreibungsrunde 2008 überwältige uns, denn 59 Bewerbungen fanden ihren Weg zu uns, sogar aus Uruguay und Jamaika kam Post. Viel Arbeit für die Jury, die Andrea Karimé, Torsten N. Siche und Antje Wagner nominierten. Antje Wagner[3] setzte sich am Ende mit „Isabella am Rande“ durch und brachte 2009 unglaublich viel positive Energie mit nach Mannheim. Ihre große Begeisterung für das literarische Schreiben gab sie in mehreren Schreibwerkstätten an Jugendliche weiter, die davon inspiriert selbst an einem Schreibwettbewerb teilnahmen. Der Aufenthalt war aber auch geprägt von viel Regen. Schon die Begrüßungsrundfahrt mit der Fahrrad-Rikscha fiel fast ins Wasser und bei der Abschlussveranstaltung flutete ein Unwetter ganz Mannheim und den Koffer der Autorin.

Abb. 2: Der „Feuergriffel“-Blog informiert über alles Wichtige. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 2:

Der „Feuergriffel“-Blog informiert über alles Wichtige. © Stadtbibliothek Mannheim.

Um neben der klassischen Pressearbeit einen weiteren Kommunikations-Kanal zu haben, wurde ein Wordpress-Blog[4] eingerichtet. Hier sollte es nicht nur regelmäßig Informationen zur Ausschreibung, den Preisträger*innen oder Veranstaltungen geben, sondern über die Kommentarfunktion auch einen Austausch mit den Bürger*innen Mannheims. Außerdem werden Hinweise auf Schreibwettbewerbe für Kinder und Jugendliche veröffentlicht.

3. Ausschreibung

2010 ging es dann schon in die dritte Ausschreibungsrunde, die uns wieder eine „Berlinerin“ brachte. Rike Reiniger, die zuvor schon viel für das Theater geschrieben hatte, konnte sich gegen Andreas Hauffe und Corinna Waffender durchsetzen. Die Autorin arbeitete in ihrer Mannheimer Zeit nicht nur an der Buchidee „Samika aus dem weißen Land“[5], sondern gewann während ihres Mannheim-Aufenthaltes beim Heidelberger Stückemarkt einen Preis für ihr Theaterstück „Der Zigeunerboxer“[6]. Rike Reiniger gehört zu den Preisträger*innen, die langfristig ihrem bisherigen Metier treu blieben.

Abb. 3: Hartwig Trinkaus, Heinrich Vetter-Stiftung, Dr. Ingeborg Nikitopoulos und Dr. Michael Wegner vom Förderkreis Stadtbibliothek Mannheim e.V. verabschieden Rike Reiniger. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 3:

Hartwig Trinkaus, Heinrich Vetter-Stiftung, Dr. Ingeborg Nikitopoulos und Dr. Michael Wegner vom Förderkreis Stadtbibliothek Mannheim e.V. verabschieden Rike Reiniger. © Stadtbibliothek Mannheim.

Die Pressearbeit ist ein wichtiger Baustein und gleichzeitig eine Herausforderung, denn die Pressemitteilungen der Stadt Mannheim werden meist nur von der regionalen Presse aufgegriffen. Wenn man aber in ganz Deutschland und im Ausland Autor*innen erreichen möchte, muss man viele Kanäle bedienen. Wir haben uns im Laufe der Jahre einen Verteiler aufgebaut, der vor allem die Fachpresse, Schriftstellervereinigungen und -verbände, Literaturagenturen und Literaturportale umfasst. Auch Funk und Fernsehen tragen dazu bei, den „Feuergriffel“ überregional bekannt zu machen. Gerade im ersten Jahr hatten wir großes Glück, mit einem kleinen „heute“-Nachrichtenbeitrag im ZDF zu landen. Und auch der Südwestrundfunk berichtet regelmäßig über die Preisträger*innen.

4. Ausschreibung

Die vierte Ausschreibung 2012 bescherte uns den ersten männlichen Preisträger. Und den ersten Stipendiaten, der zuvor nur für Erwachsene geschrieben hatte. Die Jury nominierte Angela Mohr, Saša Stanišić und Corinna Waffender und entschied sich am Ende für den ehemaligen „Heidelberger“ und damaligen Finalisten des Deutschen Buchpreises Saša Stanišić[7]. Der Autor brachte die Buchidee „W.U.M.M.E – Wir Unterstützen Mehrheitlich Merkwürdige Ereignisse“ mit und las viel im Freien bei hochsommerlichem Wetter. Er begeisterte die Teilnehmer*innen des 1. Forums Bibliothekspädagogik zur Blauen Stunde im Schillerpark und die Teilnehmer*innen einer Leseradtour an mehreren Stationen den Neckar entlang. Und für Schüler*innen gestaltete er einen Fotoworkshop zum Thema „Langeweile“.

Noch ein anderes Ereignis beschäftigte uns 2012, die Nominierung unseres „Feuergriffels“ für den BKM-Preis für kulturelle Bildung[8]. Eine große Ehre und eine aufregende Sache, denn wir wurden eingeladen, den „Feuergriffel“ im Park von Schloss Genshagen bei Berlin zu präsentieren. Bei diesem besonderen Anlass, aber auch grundsätzlich, spielen Werbemittel eine wichtige Rolle. Wir wollten den „Feuergriffel“ bekannt machen und für verschiedene Gelegenheiten auch kleine Geschenke haben. Im Laufe der Jahre ist viel zusammengekommen: Radiergummis, Bleistifte, abwaschbare Tattoos, T-Shirts und verschiedene Aufkleber. Auch bei den Abschlussveranstaltungen werden deshalb Torten, Pralinen und Sektflaschen mit dem Logo geschmückt.

Abb. 4: Saša Stanišić las aus seinen Texten während einer Radtour am Neckar. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 4:

Saša Stanišić las aus seinen Texten während einer Radtour am Neckar. © Stadtbibliothek Mannheim.

5. Ausschreibung

Der 5. Stadtschreiber Tobias Steinfeld[9] hatte das Glück, in eine frisch renovierte Turmwohnung zu ziehen. Nominiert hatte die Jury 2014 außerdem noch Stefanie de Velasco und Tania Witte. Seine Antrittsveranstaltung begann mit einer Lesung und endete mit einer Torte, denn Tobias Steinfeld feierte an diesem Tag mit uns seinen Geburtstag. Mit seiner Buchidee „Im Himmel gibt es Sucuk, so viel wie du willst“ begeisterte er viele, auch leseungewohnte Schüler*innen. In den Pfingstferien ging er mit Kindern und Aufnahmegeräten auf die Suche nach Stadtgeräuschen und gestaltete daraus am Ende ein Hörbuch. Der „Feuergriffel“-Blog wurde vom Autor für eine besondere Aktion genutzt. Alle Mannheimer*innen waren eingeladen, an einem Wimmeltext mitzuschreiben. So kulinarisch wie sein Aufenthalt begann, endete er auch, denn natürlich gab es zur Abschlussveranstaltung Sucuk so viel die Besucher*innen wollten.

Abb. 5: Blick in die ungewöhnliche Wohnung im Turm der Alten Feuerwache. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 5:

Blick in die ungewöhnliche Wohnung im Turm der Alten Feuerwache. © Stadtbibliothek Mannheim.

Eine wichtige Rolle bei einem Literaturstipendium spielt die Jury. Unsere Jury setzt sich aus Fachleuten zusammen, die uns teilweise seit der ersten Runde begleiten und aus jugendlichen Jurymitgliedern. Die Sicht von Jugendlichen ist uns wichtig und so sind alle zwei Jahre ein bis zwei Schüler*innen oder auch Auszubildende Teil der Jury. Die Fachleute kommen aus verschiedenen Bereichen wie dem Kinder- und Jugendtheater, dem Goethe-Institut, dem Institut für Deutsche Sprache, der Frankfurter Buchmesse, der Universität, dem Buchhandel oder dem Journalismus. Die Jurysitzungen sind intensive Treffen mit durchaus auch kontroversen Diskussionen, am Ende aber immer mit einer Entscheidung, die alle mittragen können. Die Jury arbeitet übrigens ehrenamtlich und wird nur mit gutem Essen belohnt.

6. Ausschreibung

2017 konnte sich wieder ein Autor durchsetzen, der bisher nur für Erwachsene geschrieben hatte. Florian Wacker[10] überzeugte die Jury mit der Buchidee um eine Frankfurter Turnerin mit dem Arbeitstitel „Wenn wir fliegen“ und setzte sich gegen die ebenfalls nominierte Andrea Karimé und Kathrin Schrocke durch. Während seines Aufenthaltes gab es das erste Zusammentreffen mit dem Peter-Härtling-Preisträger. Der Peter-Härtling-Preis ist ein Kinderliteraturpreis, der ebenfalls alle zwei Jahre vom Verlag Beltz & Gelberg in benachbarten Weinheim vergeben wird. Da es 2017 mit Claudia Kühn und Andrea Bardey gleich zwei Preisträgerinnen gab, kam es zu einem anregenden Austausch und sogar einer Dreifachlesung für mehrere Schulklassen. Auch zur Abschlussveranstaltung, die an einem Samstag im Mannheimer Kinder- und Jugendtheater Schnawwl stattfand, kamen ebenfalls viele Schüler*innen.

Abb. 6: Die Vorschulkinder stimmen mittels Murmeln und Gläsern mit dem Buchcover ab. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 6:

Die Vorschulkinder stimmen mittels Murmeln und Gläsern mit dem Buchcover ab. © Stadtbibliothek Mannheim.

Da sich über die Jahre gezeigt hatte, dass sich vor allem Ideen für Jugendromane bei den Jurysitzungen durchsetzen konnten, wollten wir unbedingt noch etwas für jüngere Kinder anbieten. So bekam der „Feuergriffel“ einen kleinen Bruder. Beim „BUNTSTIFT“ sind Vorschulkinder die Juror*innen und wählen aus 10 bis 15 deutschsprachigen Bilderbucherstlingen ihr Lieblingsbuch aus. Es handelt sich um einen symbolischen Preis, der aber von den Illustrator*innen trotzdem sehr geschätzt wird. Auf diesem Weg wurden seit 2014 Gosia Kollek[11], Dominik Rupp[12], Mareike Engelke[13], Annette Feldmann[14] und Karolina Benz[15] ausgezeichnet und waren jeweils für eine Veranstaltung zu Gast in Mannheim.

7. Ausschreibung

2014 gehörte Tania Witte[16] zu den nominierten Autor*innen, 2018 schaffte sie es dann auf den ersten Platz und kam 2019 nach Mannheim. Agnes Ofner und Katharina Schlender waren ihre engsten Konkurrentinnen. In Wittes Bewerbungstext ging es um ein 15jähriges Mädchen, das wegen psychischer Probleme in die Kinder- und Jugendpsychiatrie muss. Die Autorin nutzte ihren Aufenthalt deshalb auch für einen Besuch und intensive Gespräche im Mannheimer Zentralinstitut für psychische Gesundheit. Auch das möchte der „Feuergriffel“: Türen öffnen, Kontakte herstellen, um die Schreibenden zu unterstützen.

Tania Witte gehört zu den Autorinnen, deren in Mannheim begonnenes Buch inzwischen veröffentlicht wurde. Ihr „Feuergriffel“-Jugendroman erschien 2021 im Arena Verlag unter dem Titel „Marilu“. Den Anfang aber machte 2012 das Buch „Vakuum“ von Antje Wagner. Ihr Stoff soll sogar verfilmt werden. Wir warten gespannt auf die Umsetzung. 2013 erschien „Wolfsliebe“ von Rike Reiniger im KLAK Verlag und 2018 veröffentlichte der Thienemann Verlag das Jugendbuch von Tobias Steinfeld unter dem Titel „Scheiß bauen: sehr gut“. Alle „Feuergriffel“-Bücher gibt es natürlich in der Stadtbibliothek zum Ausleihen und für Schulklassen sogar als Klassensatz. Zu einigen Titeln haben wir zusätzlich Unterrichtsmaterial erstellen lassen. Und noch eine Besonderheit gibt es. Antje Wagner und Tania Witte veröffentlichten unter dem Pseudonym Ella Blix[17] bereits zwei spannende Jugendromane gemeinsam. Daran ist natürlich nicht der „Feuergriffel“ schuld, aber wir freuen uns trotzdem.

Abb. 7: Das „Feuergriffel“-Logo schmückt auch die Abschiedstorte. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 7:

Das „Feuergriffel“-Logo schmückt auch die Abschiedstorte. © Stadtbibliothek Mannheim.

8. Ausschreibung

Und dann kam Corona … Kann man trotzdem ein Aufenthaltsstipendium ausschreiben? Wird es Bewerbungen geben? Wir wagten es aus zwei Gründen. Zum einen wollten wir gerade in schwierigen Zeiten die Literaturförderung nicht unterbrechen und zum anderen hofften wir tatsächlich auf ein baldiges Ende der Pandemie. Zur Belohnung trafen 42 Bewerbungen aus Deutschland, Österreich und Großbritannien ein und die Jury nahm mit Katrin Bongart, Jana Heinicke und Julia Willmann drei starke Frauen in die engere Auswahl. Julia Willmann[18] machte am Ende des Rennen und reiste im April trotz Corona-Einschränkungen nach Mannheim. Diese sollten uns die ganzen drei Monate über begleiten. Die Antrittslesung fand online statt, ebenso alle Schulveranstaltungen und die Drehbuch-Werkstatt in den Pfingstferien. Zur Abschlussveranstaltung wagten wir uns an ein hybrides Format. Einige wenige geladene Gäste saßen mit viel Abstand, aber glücklich in unserem Veranstaltungssaal und der Rest verfolgte das Geschehen zu Hause am Bildschirm. Die Preisträgerin erlebte eine stille Stadt, offene Türen gab es nur wenige. Trotzdem genoss Julia Willmann das Leben hoch über der Stadt und die Schreibzeit.

Abb. 8: Ein Banner an der Hauswand informiert die Bürger*innen darüber, wenn „Feuergriffel“-Zeit ist. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 8:

Ein Banner an der Hauswand informiert die Bürger*innen darüber, wenn „Feuergriffel“-Zeit ist. © Stadtbibliothek Mannheim.

Und dies waren nicht die einzigen digitalen „Feuergriffel“-Veranstaltungsangebote während der Pandemie. Tobis Steinfeld und Tania Witte boten eine mehrteilige Schreibwerkstatt an und im März 2021 feierten wir die Buchpremiere von „Marilu“, ebenfalls mit Online-Aktionen auf verschiedenen Social-Media-Kanälen.

9. Ausschreibung

2023 wird wieder ein ganz besonderes Jahr für Mannheim werden. Zum zweiten Mal richtet die Stadt eine Bundesgartenschau[19] aus. Da liegt es nahe, das Stadtschreiber-Stipendium mit diesem Großereignis zu verknüpfen. Von der Ursprungsidee einer Stadtschreiberwohnung auf oder am BUGA-Gelände mussten wir Abstand nehmen, aber Gelegenheit für Inspiration auf dem Konversionsgelände und Begegnungen im Rahmen von Veranstaltungen wird es auf alle Fälle geben. Wir warten geduldig aber gespannt auf die Bewerbungen. Die haben sich übrigens über die Jahre sehr verändert. Während zur ersten Ausschreibung 2006 noch fast alles mit der Papierpost und über den Ausschreibungszeitraum verteilt ankamen, wird inzwischen 99 Prozent digital versandt und meist auch auf den letzten Drücker. Und wir warten ungeduldig auf das „Feuergriffel“-Buch von Julia Willmann, welches Anfang 2023 im Peter Hammer Verlag erscheint.

Abb. 9: Viele verschiedene Dinge werden mit dem „Feuergriffel“-Logo geschmückt. © Stadtbibliothek Mannheim.
Abb. 9:

Viele verschiedene Dinge werden mit dem „Feuergriffel“-Logo geschmückt. © Stadtbibliothek Mannheim.

Ein Stadtschreiber-Stipendium ist vielleicht keine klassische Bibliotheksaufgabe, aber für uns eine Herzensangelegenheit und eine Möglichkeit, das Bild von Öffentlichen Bibliotheken zu verändern. Nach wie vor haben viele Menschen eine veraltete Vorstellung von reinen Ausleihstellen mit staubigen Büchern und streng blickendem Personal. Dabei gibt es kaum vielfältigere, offenere Begegnungsorte für Bürger*innen in einer Stadtgesellschaft. Wir hoffen, der „Feuergriffel“ kann auch dazu beitragen, das Bild positiv zu verändern. Viele Preisträger*innen machen im Kolleg*innen-Kreis Werbung für den „Feuergriffel“ und würden am liebsten noch einmal nach Mannheim kommen. Literaturagenturen und Verlage ermutigen ihre Autor*innen sich zu bewerben und viele Schulen sind Stammkunden für Lesungen, Werkstattgespräche und Schreibwerkstätten. Auch freuen wir uns sehr, wenn wir andere Städte inspirieren und ermutigen können. So gibt es jetzt auch in Nördlingen ein Aufenthaltsstipendium für Kinder- und Jugendbuchautor*innen.[20]

About the author

Bettina Harling

Bettina Harling

Published Online: 2022-11-09
Published in Print: 2022-11-07

© 2022 bei den Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 23.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bd-2022-0097/html
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