Herrn Ulrichs letzte Liebe(sgeschichte)
-
Artur R. Boelderl
Abstract
Der Beitrag verfolgt die These, dass Musils Novellenband Vereinigungen und hier insbesondere Die Vollendung der Liebe thematisch im Mann ohne Eigenschaften in Agathes Rede von der „letzten Liebesgeschichte“ (GA 4, S. 92) mündet, welche die Geschwisterliebe zwischen ihr und Ulrich sein solle, ja sein werde, und propagiert eine Abkehr von der ,psychobiographischen‘ Lesart zugunsten einer strukturalen: Analog zu Hegels Rede vom ,Ende der Geschichte‘ sind auch im Falle von Musils ,Vollendung der Liebe‘ die Rollen verteilt, die Plätze zugewiesen und die Liebesgeschichte zwischen den Geschwistern Ulrich und Agathe im Roman daher die letzte: Ihre literarische Darstellung durch Musil verwirklicht ein Programm, das in unverkennbarer Nähe zu Lacans durchaus pessimistischer struktural-psychoanalytischer Auffassung vom inexistenten Geschlechtsverhältnis liegt, dem die Liebe diskursiv zu Hilfe kommt, um letztlich zu scheitern.
Abstract
Der Beitrag verfolgt die These, dass Musils Novellenband Vereinigungen und hier insbesondere Die Vollendung der Liebe thematisch im Mann ohne Eigenschaften in Agathes Rede von der „letzten Liebesgeschichte“ (GA 4, S. 92) mündet, welche die Geschwisterliebe zwischen ihr und Ulrich sein solle, ja sein werde, und propagiert eine Abkehr von der ,psychobiographischen‘ Lesart zugunsten einer strukturalen: Analog zu Hegels Rede vom ,Ende der Geschichte‘ sind auch im Falle von Musils ,Vollendung der Liebe‘ die Rollen verteilt, die Plätze zugewiesen und die Liebesgeschichte zwischen den Geschwistern Ulrich und Agathe im Roman daher die letzte: Ihre literarische Darstellung durch Musil verwirklicht ein Programm, das in unverkennbarer Nähe zu Lacans durchaus pessimistischer struktural-psychoanalytischer Auffassung vom inexistenten Geschlechtsverhältnis liegt, dem die Liebe diskursiv zu Hilfe kommt, um letztlich zu scheitern.
Chapters in this book
- Frontmatter I
- Inhalt V
- Psychologie und Phänomenologie als diskursive Kontexte von Musils Werk 1
-
I
- Weltzugänge, Weltverluste: Max Schelers Phänomenologie als Herausforderung für den späten Musil (Das Ulrich-Tagebuch) 13
- Flegeljahre der Psychologie. Ulrichs geschichtlicher Abriss der Gefühlspsychologie 37
- Zur Frage des strengen Denkens bei Heidegger und Musil 57
-
II
- „Ich will dir meine Geschichten erzählen, um zu erfahren, ob sie wahr sind“. Das Erhabene und das Erzählen in Musils Novelle Die Amsel 75
- Im Dreieck von Psychologie, Literatur und Mythologie: Die Funktion des Vogelsymbols in Musils Novelle Die Amsel 95
-
III
- Das Gedankenexperiment als Schnittstelle zwischen Literatur und Wissenschaft. Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften 115
- Experimentieren im Großen. Über Summativität und Übersummativität (MoE I, 81–84) 135
-
IV
- Zur Selbstkonstitution in der Moderne. Die Gestaltung der Mentalitätstransformation im 20. Jahrhundert in Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften 151
- Selbstliebe und Seele. Das andere Erleben in Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften mit Blick auf Geburt und vorgeburtliche Welt 171
-
V
- Konflikte zwischen Libido und Sublimierung. Zum Hysterie-Syndrom in Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften 193
- Wagen und Landschaft. Gestaltpsychologisches und (quasi‐)psychoanalytisches Wissen in Musils Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß 225
-
VI
- „… in der glashellen Einsamkeit …“ Felddynamiken in Musils Triëdere und Ein Soldat erzählt 249
- Die „motorische Extase“ des Gehirns in der Hand. Musil und die Neurophänomenologie 267
-
VII
- „Unfug“. „Unzeit“. „Unding“. Über Musils ‚Un-‘ 291
- Herrn Ulrichs letzte Liebe(sgeschichte) 311
- Kant avec Musil 333
- Autorinnen und Autoren 351
- Personenregister 355
Chapters in this book
- Frontmatter I
- Inhalt V
- Psychologie und Phänomenologie als diskursive Kontexte von Musils Werk 1
-
I
- Weltzugänge, Weltverluste: Max Schelers Phänomenologie als Herausforderung für den späten Musil (Das Ulrich-Tagebuch) 13
- Flegeljahre der Psychologie. Ulrichs geschichtlicher Abriss der Gefühlspsychologie 37
- Zur Frage des strengen Denkens bei Heidegger und Musil 57
-
II
- „Ich will dir meine Geschichten erzählen, um zu erfahren, ob sie wahr sind“. Das Erhabene und das Erzählen in Musils Novelle Die Amsel 75
- Im Dreieck von Psychologie, Literatur und Mythologie: Die Funktion des Vogelsymbols in Musils Novelle Die Amsel 95
-
III
- Das Gedankenexperiment als Schnittstelle zwischen Literatur und Wissenschaft. Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften 115
- Experimentieren im Großen. Über Summativität und Übersummativität (MoE I, 81–84) 135
-
IV
- Zur Selbstkonstitution in der Moderne. Die Gestaltung der Mentalitätstransformation im 20. Jahrhundert in Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften 151
- Selbstliebe und Seele. Das andere Erleben in Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften mit Blick auf Geburt und vorgeburtliche Welt 171
-
V
- Konflikte zwischen Libido und Sublimierung. Zum Hysterie-Syndrom in Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften 193
- Wagen und Landschaft. Gestaltpsychologisches und (quasi‐)psychoanalytisches Wissen in Musils Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß 225
-
VI
- „… in der glashellen Einsamkeit …“ Felddynamiken in Musils Triëdere und Ein Soldat erzählt 249
- Die „motorische Extase“ des Gehirns in der Hand. Musil und die Neurophänomenologie 267
-
VII
- „Unfug“. „Unzeit“. „Unding“. Über Musils ‚Un-‘ 291
- Herrn Ulrichs letzte Liebe(sgeschichte) 311
- Kant avec Musil 333
- Autorinnen und Autoren 351
- Personenregister 355