Ancien Régime, Aufklärung und Revolution
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Herausgegeben von:
Sünne Juterczenka
, André Krischer , Hillard von Thiessen und Christine Vogel
Die Reihe Ancien Régime, Aufklärung und Revolution ist der Geschichte Europas, auch in ihren globalen Bezügen, von der Frühen Neuzeit bis ins Zeitalter der Revolutionen gewidmet. Sie greift damit bewusst über die Epochenschwelle von 1800 hinaus. Die Bände der Reihe – bisher sind mehr als 45 erschienen – bilden ein breites Methodenspektrum und eine Vielfalt von Themen ab.
Die Reihe wurde 1979 begründet und herausgegeben durch Rolf Reichardt und Eberhard Schmitt sowie später Hans-Ulrich Thamer.
Fachgebiete
Dieses Werk verfolgt zweierlei Zwecke: Einerseits geht es um eine Analyse des Schweiz-Bildes der Nuntien von 1586 bis 1654, andererseits will diese Studie künftige Forschungen durch die Edition der Korrespondenz unterstützen.
Die Grundlage für die Meinungsbildung der Päpste über "fremde Völker" lieferten vor allem ihre Gesandten. Sie waren die Augen, Ohren und Zunge der Päpste in der Ferne. Was die Nuntien nach Rom berichteten und was man ihnen aus Rom mitteilte, erhellt, wie das Papsttum und die damalige Schweiz miteinander verbunden waren und wie Menschen damals dachten.
Ausgehend von der Verwendung und Bedeutung des Begriffes in Zeiten einer starken Königsmacht unter den späten Tudors und den Stuarts wird „authority“ zunehmend als handlungsleitendes Konzept politischer Herrschaft und Legitimation begriffen, das tief in der Gesellschaft verankert war. Dies erklärt auch die prominente Instrumentalisierung des Terminus durch den Staatsphilosophen Thomas Hobbes, der mit seinem Hauptwerk „Leviathan“ vor allem auch eine Theorie der absoluten „authority“ liefert. Ausgehend von seiner 1651 veröffentlichten Definition der „authority“ wird die deterministische Kraft des Begriffes untersucht und seine Bedeutung in den Debatten der Bürgerkriegszeit ebenso belegt, wie für die Phase des Interregnums. Dabei wird eine Vielzahl unterschiedlicher politischer, gesellschaftlicher und religiöser Akteure und Gruppen beleuchtet, die in ihrer Vielschichtigkeit einen Eindruck der heterogenen, zeitgenössischen Gesellschaft vermitteln. „Authority“ ist das sie verbindende Argument – eine Sonde zur Erforschung ihrer gedanklichen Ausrichtung in einer Zeit des politischen Umbruchs, der Konkurrenz unterschiedlicher sozialer Gruppen um Vorherrschaft und Deutungshoheit und der religiösen Zersplitterung.
Die vorliegende Arbeit ist dabei keine rein begriffsgeschichtliche Untersuchung, sondern trägt im Sinne der „Cambridge School of political ideas“ der Vernetzung innerhalb der Gesellschaft Rechnung, indem sie einen multiperspektivischen Ansatz verfolgt und die Ergebnisse immer wieder mit politischen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen kontextualisiert. Neben bekannten Autoren, wie Thomas Hobbes, James Harrington und John Milton, werden auch unbekanntere Autoren für ein möglichst aussagekräftiges Bild des zeitgenössischen Meinungsspektrums untersucht. Im Sinne von Gadi Algazis und Rolf Reichhardts Kritik an der klassischen Begriffsgeschichte soll damit auch ein Beitrag zur gewinnbringenden Verknüpfung und Modernisierung der Konzepte der Begriffs- und Ideengeschichte mit der „Intellectual History“ Quentin Skinners und John Pococks geleistet werden.
Die Universitätsstadt Göttingen war im 18. Jahrhundert ein Zentrum der
Aufklärung im deutschsprachigen Raum. Zwei Freimaurerlogen öffneten
nach dem Siebenjährigen Krieg hier ihre Pforten. Adelige, Bürger, Dozenten
und Studenten versammelten sich, um gemeinsam ihr Brauchtum zu zelebrieren,
mit auswärtigen Logen zu korrespondieren, Besucher zu empfangen
und Bedürftige zu unterstützen. Doch auch Streit und Exklusion waren den
Logen nicht fremd. Das Buch legt eine erste quellenbasierte Alltagsgeschichte
der beiden Freimaurerlogen vor.
In der vorliegenden Studie werden Friedensverträge als funktionale Elemente spätmittelalterlicher Verfassungs- Völkerrechts- und Diplomatiegeschichte neu beleuchtet. Die konfliktreiche, deutsch-französische Vertragsdiplomatie zu Zeiten Maximilians I. (1459 – 1519) wird als facettenreiche, kulturell gebundene Rechtsform begriffen, die entstehende gemeinsame Standards als Ergebnis von Prozessen innerhalb sozialer Ordnungen erklärt. Friedensverträge stellen dabei die textliche Visualisierung von konstitutionellem Transfer und transnationaler Verflechtung dar. Gesandtenberichte, Instruktionen und Vertragsentwürfe liefern dazu die erklärenden Kontexte: Sie identifizieren handlungstragende Akteure und erhellen Probleme akribischer Vertragstextgestaltung. Entstehendes Völkerrecht wird damit als ein Feld der Praxis und der Aushandlung betrachtet und erforscht.
Die Altgläubigen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden in der Forschung lange als die kulturell und rituell unproduktive Kehrseite der Reformation gesehen. Die Analyse von fünf Fallstudien aus dem Alten Reich und Frankreich sowie von überregionalen Flugschriften widerlegt dieses Bild. Der Blick in die Dörfer und auf den gemeinen Mann offenbart eine lebendige, dynamische und äußerst vielfältige Kultur. Die Altgläubigen entwickeln einen neuen alten Glauben als Reaktion auf die reformatorischen Herausforderungen. Im Rahmen der Untersuchungen kommen nicht nur neue Erkenntnisse über die Praxis und Rezeption von Propagandaschriften zutage. Auch in der Welt der Rituale zeigen sich die Altgläubigen flexibel und anpassungsfähig. Sie aktualisieren Bedeutung und Performanz ihrer Zeremonien und markieren Raum und Zeit mit ihrer neuen Zugehörigkeit.
Zeitgenössische Republiken bündelten Perspektiven politischen Reformdenkens in der Frühaufklärung (1650-1750). Als wirtschaftlich und strategisch wichtige Konkurrenten in einer Phase der konfliktreichen Verschiebung des europäischen Mächtegeflechts wurden sie zum Gegenstand einer neuen rationalen und pragmatisch ausgerichteten Analyse. Die Erkenntnisse, die aus dieser Analyse gewonnen wurden, sollten für den eigenen Staat nutzbar gemacht werden – egal ob in England, in Frankreich oder in einzelnen Territorien des Reichs. Reformvorschläge zielten damit auf eine vom Menschen gestaltbare Zukunft im Diesseits und bedienten so nicht länger eschatologische oder zyklische Interpretationsmuster historischer Entwicklung. Wirtschaftlicher Erfolg, Stabilität, Effektivität und Schnelligkeit sowie Freiheit und Rechtssicherheit avancierten zu normativen Zielvorstellungen des bestmöglichen Staates. Wie diese zu erreichen seien, wurde anhand von Venedig, den Vereinigten Provinzen der Niederlande und der Eidgenossenschaft quer zu nationalen und konfessionellen Grenzen europaweit kritisch diskutiert.
Das antike Griechenland und insbesondere dessen kulturelles Zentrum, Athen, wird nicht erst seit Hannah Arendts "Vita Activa" als Wiege europäischer Kultur und Politik angesehen. Diese Sicht auf den antiken Stadtstaat ist das Ergebnis einer frühneuzeitlichen Neubewertung: Während politische Theoretiker der italienischen und französischen Renaissance Athen als politisches oder soziales Vorbild verwarfen, veränderte sich die Einstellung zur attischen Polis in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zuerst in Frankreich im Umfeld der von Kardinal Richelieu unterstützen Académie française, und schließlich auch im post-revolutionären England. Athen wurde nun für sein Diskussionen anregendes Leben in der Öffentlichkeit gelobt und zum urbanen Modell für gute Umgangsformen, Bildung und Geschmack, für die Raffinesse der Sprache, für gute Sitten und Höflichkeit erhoben. Der Verweis auf Athen war nun strategisches und rhetorisches Kampfmittel sozialer Aufsteiger, die ihre Position innerhalb ihrer Monarchie festigen und die kulturelle Überlegenheit des eigenen Landes proklamieren wollten. So konnte das demokratische Athen zum sozio-kulturellen Vorbild in den beiden Monarchien Frankreich und England werden.
Im Zeitraum zwischen den beiden apostrophierten "konfessionellen Zeitaltern" (1648–1800) entstanden auf dem Boden des Alten Reichs sich voneinander abgrenzende Konfessionskulturen. Eine Analyse von Reiseberichten aus dem exemplarisch gewählten Gebiet des Mittelrheintals gibt Einblick in die Genese wechselseitiger Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster dieser Kulturen und die damit verbundenen Prozesse von Selbstvergewisserung und -darstellung.
Im Mittelpunkt der Studie stehen Zeitungen und Zeitschriften einer Gruppe von deutschen Emigranten, die sich zur Zeit der Französischen Revolution dauerhaft im Elsaß niederließ. Susanne Lachenicht macht anschaulich, wie bedeutsam diese Emigranten für die Entwicklung des Pressewesens im späten 18. Jahrhundert waren, und zeigt neue Facetten des Phänomens "deutscher Jakobinismus" auf. Welchen Stellenwert hatte das journalistische Wirken deutscher Jakobiner im französischen Exil für Transferprozesse im untersuchten Zeitraum und inwiefern motivierten ihre Presseerzeugnisse das Entstehen neuer (Teil-)Öffentlichkeiten? Neben einem Gruppenprofil der journalistisch in Straßburg tätigen deutschen Jakobiner entsteht eine Analyse von Herstellung, Formen, Diskurs, Inhalten, Verbreitungsraum und -modus ihrer Periodika.
Das Martyrium eröffnet Zugänge zu jenen oft genug verdeckten Selbst- und Weltdeutungen, die Gemeinschaften konstituieren. Über das Martyrium als Ort, an dem Gemeinschaften sich offenbaren müssen, als Ort, an dem entschieden wird, was wahr ist und was unwahr, gelingen Peter Burschel Einblicke in den Prozess der Genese und der Profilierung konfessioneller Kulturen. Er versteht das Martyrium als Medium kollektiver Leidenserfahrung, kollektiver Erinnerung und kollektiver Selbstvergewisserung - und lässt keinen Zweifel daran, dass es dazu beitrug, aus Glaubensgemeinschaften Bekenntnisgemeinschaften und aus Bekenntnisgemeinschaften Bekenntniskulturen werden zu lassen.
Phänomene "jenseits vom Glück" hatten im späten 18. Jahrhundert Konjunktur: Mit Melancholie, Suizid und Hypochondrie beschäftigte sich in den letzten Dekaden vor 1800 eine wahre Flut von Schriften. Ein eingehender Blick auf die "dunklen" Seiten der Aufklärung lohnt sich also; auch wenn (oder: gerade weil) die Forschung bisher eher die strahlende Seite des "Zeitalters des Lichts" in den Mittelpunkt rückte. Beide Seiten, die dunkle und die strahlende, sind untrennbar miteinander verbunden. Denn das große Interesse, das man den düsteren, unglücklichen Themen im späten 18. Jahrhundert entgegenbrachte, offenbart grundsätzliche Denkweisen in dieser Zeit. Anders herum gilt jedoch auch: Die zeitgenössischen Bedeutungen von Suizid, Melancholie und Hypochondrie können nur entschlüsselt werden, wenn man sich umfassend auf die Gedankenwelt des späten 18. Jahrhunderts einlässt. Deutlich werden so etwa die Besonderheiten der Kommunikationskultur, die Auffassungen vom menschlichen Sein, Vorstellungen über Moral und Recht. In ihrer interdisziplinären und diskursanalytischen Ausrichtung leistet Schreiners Arbeit einen Beitrag zur Kultur- und Geistesgeschichte des späten 18. Jahrhunderts.
Der fundamentale Transformationsprozess des Strafsystems zwischen 1750 und 1850 machte die Strafanstalt zum Zentrum des staatlichen Strafvollzugs. Mit ihrer Hilfe hofften die Zeitgenossen, den Delinquenten in einen nützlichen Staatsbürger umschaffen zu können. Doch welches Design mußte diese Institution haben? Mit welchen Techniken war die Besserung des Delinquenten zu erreichen? Und wie sollte diese neue Straftechnologie in das bestehende Anstaltssystem implementiert werden? Die Geburt des Gefängnisses war ein langwieriger Erfindungsprozeß, der sich über drei Generationen hinzog. Thomas Nutz zeichnet nach, wie sich im ausgehenden 18. Jahrhundert ein spezifischer Diskurs über die Reform der Haftanstalten formierte und ein internationales Fachwissen herausbildete. Eine Entwicklung, die schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts in der Entstehung einer eigenständigen Disziplin der "Gefängniskunde" mündete. Am Beispiel Preußens demonstriert der Autor, wie eng die staatlichen Bürokratien bei der Durchführung der Reformen des Vollzugswesens mit den gefängniskundlichen Experten zusammenarbeiteten.
Zentrale Sektoren der Rechtspraxis wurden dort seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert kaum mehr von dem rigiden Moralstrafrecht und den ordentlichen Gerichten beeinflußt, sondern von der Polizei beherrscht. Ihr Vorgehen gegen männliche Homosexuelle zeigt, daß das Interesse der Ordnungsmacht, abweichende Sexualität strafend zu unterbinden, im Verlauf des 18. Jahrhunderts immer geringer wurde. Es ging in dem Maß zurück, wie es der Polizei gelang, sich gegenüber der herkömmlichen Magistratur zu profilieren und sich damit institutionell zu etablieren. Auch der Umgang der Zentralgewalt mit der "Todsünde Sodomie" war mehr von Machtpolitik als von Moral bestimmt.
Bisher wurde die Geschichte der Grund- und Menschenrechte in bezug auf die Zeit vor 1789 überwiegend als ideengeschichtlicher und philosophischer Prozeß begriffen. Schmales Studie zeigt hingegen die sozial- und mentalitätsgeschichtliche Dimension dieses Prozesses. Erstmals kann gezeigt werden, daß Theorie und Praxis der Grund- und Menschenrechte in der Frühen Neuzeit durch regionalspezifische Konjunkturen ("Grundrechtekonjunkturen") gekennzeichnet werden, die mit der Bewältigung umfassender Krisen verknüpft sind. Ausgehend vom mikrohistorisch ver-tieften Vergleich zweier Regionen (Kursachsen und Herzogtum Burgund) wird die Ebene des deutsch-französischen Vergleichs erreicht und in eine europäische Perspektive eingebettet. Der methodische Zugriff der rechtshistorischen Archäologie des Rechts einerseits und der Archäologie des Wissens von Michael Foucault andererseits wur-den als "Archäologie der Grund- und Menschenrechte" zu einem neuen methodischen Konzept verknüpft. Die Studie enthält die erste Begriffsgeschichte von "Menschen-recht" von der Antike bis 1789 sowie erstmals einen historiographischen Überblick über die Erforschung der Geschichte der Grund- und Menschenrechte vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis heute.
Naturkatsatrophen sind bisher kaum Thema umfassender historischer Abhandlungen gewesen. Solange die Geschichtswissenschaft sich vor allem der politischen Geschichte widmete, hatte sie keinen Sinn für Ereignisse, die nicht menschlichem Handeln entsprangen, sondern durch die Natur verursacht wurden. Aber auch die neuere Sozial- und Wirtschaftsgeschichte hat Naturkatastrophen als eigenständiges Thema noch nicht entdeckt. Dabei lösten Naturkatastrophen oft viel tiefer gehende Einschnitte im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben aus als alle kriegerischen Ereignisse. Diese Buch ist die erste umfassende Darstellung einer großen Naturkatastrophe in Deutschland in der Frühen Neuzeit. Im Mittelpunkt steht nicht die Beschreibung der Katastrophe und der durch sie verursachten Schäden, obwohl auch dieses geschieht, sondern die Frage, wie die betroffenen Länder, die staatlichen Organe ebenso wie die einzelnen Menschen diese Katastrophe mit ihren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen bewältigten.
Das Handbuch behandelt in über 150 eigenständigen Artikeln den grundlegenden Wortschatz des französischen Ancien Régime und der Revolution. Gestützt auf eine reichhaltige Quellenbasis erarbeiten mehr als 50 Forscher aus Deutschland, Frankreich und den USA ein Grundlagenwerk zur Geistes- und Mentalitätsgeschichte.