Der EuGH entwickelt mit seinem jüngsten Urteil[1] in der Rechtssache Polbud-Wykonawstwo seine Rechtsprechung zur Reichweite der Niederlassungsfreiheit nach den Artikeln 49, 54 AEUV weiter. Die Territorialbezogenheit der Wirtschaftsordnungen der Mitgliedstaaten wird weiter relativiert, da der EuGH den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit auf den isolierten Herausformwechsel erstreckt. Die Entscheidung des EuGH steht damit in auffallendem Kontrast zu seiner nur wenige Wochen älteren Entscheidung in dem Verfahren Erzberger./.TUI[2], in der er den Ausschluss von Konzernmitbestimmungsrechten der an ausländischen Standorten beschäftigten Arbeitnehmer gebilligt hatte. Schutzmaßnahmen des Wegzugsstaates zugunsten von Minderheitsaktionären, Gläubigern und Arbeitnehmern sind als gerechtfertigte Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit freilich weiterhin möglich, wenn sie angemessen sind. Ein generelles Liquidationserfordernis erfüllt das Kriterium der Angemessenheit nicht.
With its recent judgement in the case of Polbud-Wykonawstwo, the ECJ is further developing its case law on the scope of the freedom of establishment according to Articles 49 and 54 TFEU. The ECJ further reduces the relation of Member States’ economic orders to their territories by extending the scope of the freedom of establishment to conversions that do not encompass the transfer of the actual seat. Thus, the decision of the ECJ is in clear contrast to its decision in the case of Erzberger v. TUI which was rendered just a few weeks beforehand. In that decision, the ECJ accepts the exclusion of employees at foreign sites from group-related co-determination rights. However, measures of the state of origin protecting minority shareholders, creditors and employees remain permissible as justified restrictions of the freedom of establishment if they are appropriate. A general obligation to undergo a liquidation procedure does not pass this test of appropriateness.
© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Artikel in diesem Heft
- Was dem einen sein Ideal, ist dem anderen sein Geschäft
- Gesellschaftsrecht und Digitalisierung
- Sanierung nach der geplanten EU-Restrukturierungs-Richtlinie
- Der Aufsichtsrat von Kreditinstituten drei Jahre nach dem „Regulierungstsunami“ – eine Bestandsaufnahme
- Eigene Anteile im Formwechsel
- Eine Rom-VO für das Internationale Gesellschaftsrecht
- Von der Niederlassungsfreiheit zur Rechtswahlfreiheit?
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